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Lust auf Anarchie und Umsturz

Im Presseclub wur­de heu­te das Phänomen Donald Trump dis­ku­tiert. Obwohl die Parallelen zur poli­ti­schen Entwicklung in Europa nur am Rand ange­spro­chen wur­den, lie­gen sie auf der Hand. In Deutschland hören auch immer mehr Leute lieber

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Im Presseclub wur­de heu­te das Phänomen Donald Trump dis­ku­tiert. Obwohl die Parallelen zur poli­ti­schen Entwicklung in Europa nur am Rand ange­spro­chen wur­den, lie­gen sie auf der Hand. In Deutschland hören auch immer mehr Leute lie­ber denen zu, die das poli­ti­sche Establishment, Eliten und Medien ver­teu­feln als sich mit den schwe­ren Bedingungen der Niederungen prak­ti­scher Politik abzu­mü­hen. Einfache Konzepte haben Konjunktur.

Geschimpft wurde schon immer

Anhänger für radi­ka­le Sichtweisen fin­den sich – gera­de im Zeitalter des Internets – immer. Wie die ame­ri­ka­ni­sche durch­le­ben auch die euro­päi­schen Demokratien Identitätskrisen, die sich ähn­lich sind. Eine die­ser Gemeinsamkeiten könn­ten die sozia­len Verwerfungen sein, die die Globalisierung mit sich gebracht hat. Neoliberale Kreise wer­den so argu­men­tie­ren, dass die Wirtschaftskrise nach 2008 auf die von den jewei­li­gen Staaten ver­ur­sa­chen Schuldenkrisen zurück­zu­füh­ren waren. Für ande­re lie­gen die Gründe in der Maßlosigkeit der Finanzmärkte. Welche Rolle spielt es, dass im Süden Europas seit Jahren eine Jugendarbeitslosigkeit von 50 % und mehr herrscht? In den USA hat der Mittelstand dra­ma­tisch gelit­ten. Obamas Regierung war bei der Bekämpfungen der Folgen der Finanzmarktkrise erst sehr spät erfolg­reich. Von die­sen Erfolgen kann er offen­sicht­lich nicht mehr hin­rei­chend pro­fi­tie­ren. Sein Renommee ist in Europa und in Deutschland stark ram­po­niert. Die Gründe in Deutschland und Europa waren wahr­schein­lich ande­re als in den USA. Obama war nicht in der Lage, „sei­ne” Gesundheitsreform, die erst seit etwas mehr als zwei Jahre aktiv ist, so zu eta­blie­ren, dass die Mehrheit der Bevölkerung dies als ech­ten Fortschritt betrach­tet. Donald Trump wür­de die­se Reform ver­mut­lich auch des­halb pro­blem­los ein­kas­sie­ren kön­nen. Die Republikanische Partei spielt in den USA aus der Sicht der Europäer wohl eine unrühm­li­che Rolle. Die destruk­ti­ve Verweigerungshaltung hat dem eige­nen Land für alle Menschen gut nach­voll­zieh­bar sehr gescha­det. Die Bürger wer­den – trotz einer gro­ßen Abneigung gegen die aktu­el­le Administration – das wohl eben­falls so sehen. Insofern haben die Republikaner einen stark Anteil dar­an, dass sich immer mehr Leute von der eta­blier­ten Politik abge­wen­det haben. Hier wie dort ist es letzt­end­lich eine ziem­lich umfas­sen­de Vertrauenskrise der demo­kra­ti­schen Institutionen. Festzustellen ist, dass sich der Vertrauensverlust nicht auf die poli­ti­sche Klasse beschrän­ken lässt. Das Misstrauen erstreckt sich eben­so auf wei­te Teile pri­va­ter Lebensbereiche: auf Kirchen, Mediziner, Anwälte, die Eliten des Landes und nicht zuletzt auf die auf die Medien. Das Internet wur­de lan­ge als Fanal für mehr rei­ne Demokratie betrachtet.  Es ist das ein­zi­ge Medium, dass es uns ermög­licht, alle zur Verfügung ste­hen­den Informationen unmit­tel­bar mit unse­rer eige­nen Meinung zu ver­se­hen unge­prüft und unzen­siert zu ver­brei­ten. Die im Web ver­füg­ba­ren Techniken (Foren, „sozia­le” Netzwerke) ermög­li­chen eine Form der Vernetzung zwi­schen ähn­li­chen Denkweisen (Blasen), die in ihrer Wirkung (ver­hält­nis­mä­ßig) neu und hoch­ef­fi­zi­ent sind. Das klingt gut, hat aber lei­der sei­ne Schattenseiten. Bundespräsident Gauck hat vor eini­gen Jahren vor den Gefahren des Internets für unse­re Demokratie gewarnt. Die den Diskurs damals ver­folgt haben, wis­sen sicher noch, wie unfair die Jünger die­ses Mediums die Warnungen auf­ge­nom­men haben?! Wir erle­ben die Anzeichen einer nicht gekann­ten Demokratieverdrossenheit. Wir ken­nen die­se u.a. als Pegida und AfD. Und was sagen die „netz­af­fi­nen Bürger” zu die­ser Entwicklung? Es ist eine rhe­to­ri­sche Frage, denn wer kann Zahlenverhältnisse im Internet in einem sol­chen Fall schon rich­tig ein­schät­zen? Ich fürch­te, dass sich bei die­sen Leuten an der Haltung zu ihrem „hei­li­gen Gral” – genannt Internet – seit­dem gar nichts geän­dert hat. Sie spie­len die Wirkungen für die Gesellschaften her­un­ter und behaup­ten, all dies sei ein Ausweis gewach­se­nen demo­kra­ti­schen Verständnisses. Die zwei­te gro­ße Gemeinsamkeit zwi­schen den USA und Europa heißt also Polarisierung. Die Form der Verstärkung von Meinungsunterschieden hat eine neue Dimension erreicht. Sie ist geprägt durch das Internet. Die Menschen dis­ku­tie­ren nicht mehr kon­tro­vers mit­ein­an­der, um zu gang­ba­ren Lösungen zu fin­den, son­dern sie reden meis­tens über­ein­an­der und bestär­ken sich in ihren Filterblasen in eige­nen Sichtweisen. Das ist ein ver­gleichs­wei­se simp­ler Vorgang. Jeder kann das selbst ver­fol­gen, viel­leicht sogar am eige­nen Verhalten. Man mag all dies als Entwicklung der Meinungsfreiheit begrei­fen. Die Entwicklung ist noch ver­gleichs­wei­se neu und will gelernt wer­den #neu­land. Mir macht sie Angst, weil sie gefähr­lich für den Fortbestand der Demokratie ist. 

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