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Das triste Deutschland der 1950er Jahre

Die 1950er Jahre müs­sen ein tol­les Jahrzehnt gewe­sen sein. Der Krieg war vor­über und es ging lang­sam aber ste­tig berg­auf. Deutschland wur­de Fußball-​Weltmeister. In der Musik gab es neue, mitreißende

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Die 1950er Jahre müs­sen ein tol­les Jahrzehnt gewe­sen sein. Der Krieg war vor­über und es ging lang­sam aber ste­tig berg­auf. Deutschland wur­de Fußball-​Weltmeister. In der Musik gab es neue, mit­rei­ßen­de Klänge. John Steinbeck schrieb „Jenseits von Eden”, Ernest Hemmingway „Der alte Mann und das Meer” und Günter Grass „Die Blechtrommel”. Im Fernsehen lief „Fury” und der „Internationale Frühschoppen” und nicht zuletzt erlang­te die 1949 erfun­de­ne Currywurst ihre Popularität. Ich bin 1953 gebo­ren und habe mir das Jahrzehnt, wohl aus emo­tio­na­len Gründen, zu posi­tiv gezeich­net. Deshalb war eini­ger­ma­ßen baff, als ich durch den ZDF-​Mehrteiler „Ku’damm 56” wun­der­bar plas­tisch vor Augen geführt bekam, wie grau und trist die­se Zeit in vie­ler­lei Hinsicht gewe­sen zu sein scheint. Das änder­te sich erst Ende der 60er Jahre. Die heu­te von rechts-​konservativen so ver­un­glimpf­te „68er Generation” brach­te Farbe und Bewegung in eine Republik, die das wahr­schein­lich drin­gend brauch­te.

Es war nicht bloß Rock’n’Roll.

Die Verdrängung der Nazi-​Zeit muss in die­ser Zeit noch viel anstren­gen­der gewe­sen sein als in den fol­gen­den Jahrzehnten. Schwule wur­den gesell­schaft­lich aus­ge­grenzt. Erst 1994 wur­de der unsäg­li­che § 175 des Strafgesetzbuches end­gül­tig abge­schafft. Nach 1945 wur­den 50.000 homo­se­xu­el­le Menschen zu zum Teil mehr­jäh­ri­gen Gefängnisstrafen ver­ur­teilt. Frauen muss­ten die Genehmigung ihrer Haushaltsvorstände, also ihrer Männer bekom­men, um selbst einer Beschäftigung nach­ge­hen zu kön­nen.
Bis 1. Juli 1958 hat­te der Mann, wenn es ihm belieb­te, den Anstellungsvertrag der Frau nach eige­nem Ermessen und ohne deren Zustimmung frist­los kün­di­gen kön­nen. In Bayern muss­ten Lehrerinnen zöli­ba­t­är leben wie Priester – hei­ra­te­ten sie, muss­ten sie ihren Beruf auf­ge­ben. Denn sie soll­ten ent­we­der voll und ganz für die Erziehung frem­der Kinder zur Verfügung ste­hen. Oder alle Zeit der Welt haben, um den eige­nen Nachwuchs zu hegen.Quelle: Die ers­te Frau, die ohne Erlaubnis ihres Ehemannes arbei­ten darf – FOCUS Online | LINK

Defizite der 1950er Jahre

Erst nach 1969 wur­de eine Frau als geschäfts­fä­hig ange­se­hen. Bis dahin galt, dass ihr Mann das allei­ni­ge Bestimmungsrecht über Frau und Kinder hat­te. Erst ab 1962 durf­te eine Frau selbst ein Bankkonto eröff­nen. Wenn eine Frau arbei­ten ging, durf­te der Mann ihren Lohn oder das Gehalt ver­wal­ten. Vergewaltigung in der Ehe war bis 1997 kein straf­wür­di­ges Vergehen. Erst am 15. Mai 1997 beschloss der Bundestag mit über­wäl­ti­gen­der Mehrheit eine ent­spre­chen­de Gesetzesänderung.
Es ist mit dem Nationalhaß ein eige­nes Ding. Auf den unters­ten Stufen der Kultur wer­den Sie ihn immer am stärks­ten und hef­tigs­ten fin­den. Es gibt aber eine Stufe, wo er ganz ver­schwin­det und wo man gewis­ser­ma­ßen über den Nationen steht und man ein Glück oder ein Wehe sei­nes Nachbarvolkes emp­fin­det, als wäre es dem eige­nen begeg­net.Johann Wolfgang von Goethe
Erst Ende der 50er Jahre ent­stand in den USA eine Bürgerrechtsbewegung (Martin Luther King zur Überwindung des dort gras­sie­ren­den Rassismus. Wenn man über­legt, wie sich die Dinge ent­wi­ckelt haben, soll­ten wir eigent­lich fro­hen Mutes sein. Aber Optimismus liegt uns wahr­schein­lich nicht so sehr im Blut. Miesmacherei und Übellaunigkeit ist sicher kei­ne Domäne rech­ter Parteien, wie der AfD. Aber so falsch fin­de ich es ande­rer­seits auch nicht, wenn Olaf Scholz (SPD) die AfD als „Partei der schlech­ten Laune” apo­stro­phiert. An der Erkenntnis führt halt nichts vor­bei, dass ein Blick in die Geschichte immer hilf­reich ist, wenn es gilt, die Gegenwart zu bewer­ten und einzuordnen. 

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