Großbritannien gehört zu Europa

Das Pfund erholt sich schon wie­der. So schlimm wird es also hof­fent­lich nicht wer­den. Doch auch bei „May­brit Ill­ner“ wur­den schlim­me Sze­na­ri­en für den Fall eines Brexit beschrie­ben. So sei ab Mon­tag der Aus­lands­ur­laub für die Bri­ten auf einen Schlag 20% teu­rer, weil das Pfund über das Wochen­en­de so viel an Wert ver­lie­ren wer­de. Und deut­sche Autos wür­den so eben­falls um 20% teu­rer. Wenn das mal kein Grund für die Bri­ten gewe­sen wäre, drin zu blei­ben! Aber — zu spät. Ges­tern Abend war ich mit der Hoff­nung schla­fen gegan­gen, dass die letz­te Umfra­ge den Ver­bleib Groß­bri­tan­ni­ens in der EU zutref­fend sei. Jetzt bin ich ent­täuscht und mach’ mir so mei­ne Gedan­ken. [symple_accordion][symple_accordion_section title=„Internationale Stim­men zum Brexit“] Link[/symple_accordion_section][/symple_accordion] Euro­pa bekä­me den Spie­gel vor­ge­hal­ten, titelt heu­te die ita­lie­ni­sche „Il Sole 24 Ore“, dort die meist­ge­le­se­ne Wirt­schafts­zei­tung. Ich glau­be, das ist nicht die kom­plet­te Wahr­heit, denn die Schuld allein der EU zuzu­schie­ben wäre zu kurz gesprun­gen. Zumal gera­de die Briten… 

HS230625

Horst Schulte

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Das Pfund erholt sich schon wie­der. So schlimm wird es also hof­fent­lich nicht wer­den. Doch auch bei „May­brit Ill­ner“ wur­den schlim­me Sze­na­ri­en für den Fall eines Brexit beschrie­ben. So sei ab Mon­tag der Aus­lands­ur­laub für die Bri­ten auf einen Schlag 20% teu­rer, weil das Pfund über das Wochen­en­de so viel an Wert ver­lie­ren wer­de. Und deut­sche Autos wür­den so eben­falls um 20% teu­rer. Wenn das mal kein Grund für die Bri­ten gewe­sen wäre, drin zu blei­ben! Aber — zu spät.

Ges­tern Abend war ich mit der Hoff­nung schla­fen gegan­gen, dass die letz­te Umfra­ge den Ver­bleib Groß­bri­tan­ni­ens in der EU zutref­fend sei. Jetzt bin ich ent­täuscht und mach’ mir so mei­ne Gedanken.

[symple_accordion][symple_accordion_section title=„Internationale Stim­men zum Brexit“] Link[/symple_accordion_section][/symple_accordion]

Euro­pa bekä­me den Spie­gel vor­ge­hal­ten, titelt heu­te die ita­lie­ni­sche „Il Sole 24 Ore“, dort die meist­ge­le­se­ne Wirt­schafts­zei­tung. Ich glau­be, das ist nicht die kom­plet­te Wahr­heit, denn die Schuld allein der EU zuzu­schie­ben wäre zu kurz gesprun­gen. Zumal gera­de die Bri­ten mit ihren „Son­der­würs­ten“ oft genug das Bes­te für sich her­aus­ge­holt haben. Refor­men haben sie blo­ckiert und – in mei­ner Wahr­neh­mung- oft genug nur her­um­ge­me­ckert. Damit waren sie (lei­der) aber nicht die ein­zi­gen. Auch das muss gese­hen wer­den, wenn eini­ge nun ihre ganz eige­ne Abrech­nung mit der EU aufmachen.

Ver­schmilzt die Wirt­schaft Euro­pas zur Gemein­schaft, und das wird frü­her gesche­hen, als wir den­ken, so ver­schmilzt auch die Poli­tik. Walt­her Rathen­au (1867 – 1922)

Das als libe­ral gel­ten­de grie­chi­sche Online Por­tal „To Vima Online“ packt die gro­ße Keu­le aus und beschreibt den Brexit als Abrech­nung mit dem „deut­schen Euro­pa“. Grü­ße an Mer­kels und Schäubles rück­sichts­lo­se Spar­po­li­tik. War das nun so etwas wie die Füh­rungs­rol­le, die man­che ‑auch Euro­pä­er- von „den Deut­schen“ so laut­stark ver­langt hatten?

Kapitalinteressen

Kom­men wir zum prag­ma­ti­schen Teil der Sache: Wenn ich von einer Sache über­zeugt bin, dann davon, dass die deut­sche Indus­trie nicht dabei zuse­hen wird, das der Zugang zum bri­ti­schen Markt auf­grund des Aus­tritts ver­lo­ren ginge.

Da sicher vie­le mit Sarah Wagen­knecht der Mei­nung sind, dass die EU ohne­hin nur das tut, was für die Kapi­ta­lis­ten am bes­ten ist, ist nichts ande­res zu erwar­ten, als das Lösun­gen dafür gefun­den wer­den. Schließ­lich gehts um sehr viel Geld. Es muss also ver­hin­dert wer­den, dass sich die Waren im Wert von fast 90 Mil­li­ar­den Euro, die Deutsch­land an die Bri­ten lie­fert, nicht neue Absatz­ka­nä­le suchen müs­sen. Ich hal­te es für mehr als abwe­gig, etwas ande­res zu glau­ben. Groß­bri­tan­ni­en ist unser dritt­wich­tigs­ter Absatz­markt, Deutsch­land ist nach den USA der zweit­wich­tigs­te Markt für die Briten.

War­um unter sol­chen Vor­aus­set­zung deut­sche Inves­ti­tio­nen in Groß­bri­tan­ni­en auf Eis gelegt wer­den soll­ten, kann ich auch nicht so recht nach­voll­zie­hen. Jetzt ist ja auch klar, dass die Bri­ten es vor­zie­hen, die EU zu ver­las­sen. Also weiß die Wirt­schaft, wor­auf sie sich mit­tel­fris­tig ein­zu­stel­len hat. Die Kata­stro­phe wird aus­blei­ben – die wirt­schaft­li­che jedenfalls.

[bctt tweet=„Von der EU wird erwar­tet, dass sie aus­ste­hen­de Refor­men end­lich anpackt.“ username=„horstjschulte“]

Alles wird (vielleicht) gut

Ich glau­be glau­be, dass sich die Din­ge fin­den wer­den, die die Men­schen in den letz­ten Tagen offen­bar am meis­ten bewegt haben. Ich drü­cke den Bri­ten die Dau­men, dass die Sze­na­ri­en, die man­che an die Wand gemalt haben, nicht ein­tre­ten wer­den. Übri­gens hof­fe ich das im gesamt-euro­päi­schen Inter­es­se und nicht zuletzt natür­lich in unse­rem eigenen.

Was wird aus der EU?

Bedroh­lich fin­de ich die mög­li­chen Fol­ge­wir­kun­gen für die EU, Stich­wort: Domi­no­ef­fekt. Wir hören bereits die Stim­men der Euro­pa-Has­ser in Frank­reich, den Nie­der­lan­den und anders­wo. Sie und man­che ande­ren wer­den das bri­ti­sche Votum nut­zen, um noch vehe­men­ter Refe­ren­den in ihren Län­dern zum Ver­bleib in der EU zu fordern.

Der öster­rei­chi­sche Bun­des­kanz­ler hat gesagt, in sei­nem Land wer­de es kein Refe­ren­dum geben. Woher will er das so genau wis­sen? Wird der Druck erst groß genug und schafft Hofer, wenn er denn beim nächs­ten Ver­such gewählt wird, die Mehr­heit, könn­te er doch die Regie­rung flugs abset­zen. Dann sieht alles anders aus. Die FPÖ wird das Refe­ren­dum sehr wohl durch­füh­ren. Aus­gang offen.

Das Ver­sa­gen bei Wah­len ist Was­ser auf die Müh­len der Demo­kra­tie­fein­de. Deren Stim­men wer­den auf die­se Wei­se immer lauter.

Und wer weiß schon, was hier pas­siert, wenn der Druck der Demo­kra­tie­fein­de wei­ter zunimmt und die deut­sche Regie­rung sich mit der ganz gewiss immer lau­ter wer­den­den For­de­rung nach einem Refe­ren­dum über unse­ren Ver­bleib in der EU kon­fron­tiert sehen wird?

Ich glau­be, es ist für vie­le Men­schen wenig über­zeu­gend, wenn sich ver­ant­wort­li­che Poli­ti­ker über Refe­ren­den der­art äußern, wie es auf euro­päi­scher und auf deut­scher Ebe­ne eini­ge mehr­fach getan haben. [symple_​highlight color=„blue“]Solche Posi­tio­nen sind in mei­nen Augen in die­sen Zei­ten nicht mehr haltbar.[/symple_highlight]

Im Übri­gen stützt sol­che Posi­tio­nen mas­siv die auch von unde­mo­kra­ti­schen Kräf­ten gern beton­te Abge­ho­ben­heit (Eli­ten­kri­tik) der poli­ti­schen Klas­se und deren Distanz zum „ein­fa­chen Volk“. Das inter­es­siert die Leu­te. Wir haben es zuletzt in Öster­reich bei den Wah­len zum Bun­des­prä­si­den­ten gese­hen und jetzt in Groß­bri­tan­ni­en. Die Wahl­be­tei­li­gung lag jetzt bei 72%. Das ist, ver­gli­chen mit ande­ren Wah­len zum The­ma Euro­pa, ein hoher Wert. In Deutsch­land lag die Wahl­be­tei­li­gung bei der letz­ten Bun­des­tags­wahl etwa bei 71 %.

Keiner mehr da, der blockiert?

Von der EU wird erwar­tet, dass sie aus­ste­hen­de Refor­men end­lich anpackt. Par­la­ments­prä­si­dent Mar­tin Schulz hat­te im Jahr 2013 die Ver­säum­nis­se den Bri­ten in die Schu­he gescho­ben. Sie sei­en ver­ant­wort­lich, dass bis­her nichts pas­siert sei, weil sie die not­wen­di­gen Beschlüs­se blo­ckiert hät­ten. Das ist ja nun Geschich­te. Ich bin mal gespannt, ob nun end­lich das pas­siert, wor­auf so vie­le Bür­ge­rin­nen und Bür­ger die­ser EU lan­ge war­ten. Es ist mehr als selt­sam, dass schon allein auf­grund der Mise­re rund um die Flücht­lings­kri­se nicht längst mehr Sicht­ba­res pas­siert ist. Und damit mei­ne ich kei­nen Aktio­nis­mus, son­dern ordent­li­che, ehr­li­che Arbeit.

Dass man­che EU-Kri­ti­ker unse­re Regie­rung für die Mise­re der EU als Haupt­ver­ant­wort­li­che sehen, hal­te ich per­sön­lich für schwer erträg­lich, weil es schlicht falsch ist. Aber poli­tisch passt das den Leu­ten gut in den Kram. Das Unver­mö­gen der EU zu Lösun­gen zu kom­men, scheint alle Kri­ti­ker nur zu bestätigen.

Orban, einer der ärgs­ten EU-Kri­ti­ker bedau­ert den Brexit. Mir zieht es bei soviel Falsch­heit die Schu­he aus! Er sieht (was sonst?) die Haupt­ur­sa­che für den Aus­tritt in der Flücht­lings­po­li­tik der EU. Dabei hat er die­se mit sei­nem unsäg­li­chen Beneh­men selbst mit ver­ur­sacht! Gut, das ist ein ande­res Thema.

Ich erin­ner­te ich an die­se Schlagzeile:

Groß­bri­tan­ni­en hat unlängst in Syri­en gegen den IS zuge­schla­gen und will 20.000 Flücht­lin­ge auf­neh­men. Aller­dings auf Jah­re ver­teilt.Quel­le: Groß­bri­tan­ni­en will 20.000 Flücht­lin­ge auf­neh­men | LINK

Mit 20.000 schie­nen die Bri­ten dem­nach über­for­dert. Sagt das nicht alles aus über den Wahr­heits­ge­halt der Aus­sa­gen, die von eu-kri­ti­schen Bri­ten getrof­fen wur­den und natür­lich auch von denen, die die­se Kri­se als einen der Haupt­grün­de für den Brexit benen­nen? Es ist ein­fach nur schlimm.

Hier ein Zah­len­ver­gleich für das Jahr 2015. Die Daten stam­men vom UNHCR.

Flücht­lin­ge im Vergleich 

https://​you​tu​.be/​5​2​y​s​5​4​V​G​cxk

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Wagenknecht

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