StartseitePolitikIst das eine rechte Kampagne oder der Versuch, verfassungsmäßige Rechte zu schützen?

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Ist das eine rechte Kampagne oder der Versuch, verfassungsmäßige Rechte zu schützen?

Es wundert mich, dass im „Tagesspiegel“ die Reaktionen auf die „Hate-Speech“ – Debatte im Netz so einseitig als Kampagne der Rechten dargestellt wird.

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Es wundert mich, dass im „Tagesspiegel“ die Reaktionen auf die „Hate-Speech“ – Debatte im Netz so einseitig als Kampagne der Rechten dargestellt wird.

Unter dem Titel „Volle Pulle Hass“ kommt Autor Matthias Meisner lediglich auf Teilaspekte des Diskurses zu sprechen. Diese erschöpfen sich in der Kritik des inzwischen sehr ausufernden Widerstandes gegen die Stiftung und die Hauptverantwortlichen in Verein und Politik. Was, wenn aber der Kern des Protestes die berechtigte Sorge um die Meinungsfreiheit ist?

Die Art und Weise, in der rechte Blogs und Meinungsmacher gegen die Aktion zu Felde ziehen, ist zwar sehr konzentriert und die Ausdrucksweise sowie die persönlichen Angriffe auf die zentralen Personen äußerst übel. Müssten wir uns an diese Form des Streits oder sollte ich sagen der Meinungsäußerung, inzwischen nicht längst gewöhnt haben?

Vielleicht ist meine Frage zu einfach, und es gibt tatsächlich eine politische Agenda hinter der starken Ablehnung der Initiativen gegen Hasskommentare im Internet, die ganz andere Motive hat.

Ich finde allerdings, dass auch in diesem Fall die Initiatoren einschließlich der politisch Verantwortlichen Fehler im Prozess der Initialisierung der Kampagne gemacht haben. Die Leute wurden – einmal mehr – nicht mitgenommen. Die Politik hat entschieden. Das ist meistens folgenlos. Aber – wenn es ums Internet geht, dann ist was los. Das sollten längst alle wissen.

Vor kurzem las ich davon, dass in Sachsen 4000 Hilfspolizisten ausgebildet würden. Sie sollten die richtige Polizei bei ihrer Arbeit unterstützen. Diese Maßnahme soll das augenblickliche personelle Defizit überbrücken helfen. Vielleicht wäre das eine Idee.

Es wird oft erwähnt, dass die Polizei zu wenig Personal hätte, um im Cyberspace für Ordnung zu sorgen. Andererseits heißt es, das Internet sei kein rechtsfreier Raum. Die finanzielle Beteiligung des Bundes beträgt jährlich ca. 169 T€ für die Kampagne der Stiftung. Das ist preiswert, wenn man die Personalkosten für zusätzliche Polizisten bedenkt. Mehr als ein paar zusätzliche Beamte wären mit dem Geld nicht zu bezahlen.

Die Kampagne kommt den Steuerzahler vermutlich also günstiger als ein Heer neuer Polizisten, selbst Hilfspolizisten, die man einstellen müsste, um die Kommentare aus dem Netz zu fischen, deren Autoren man nach geltendem Recht und Gesetz belangen muss. Auch in diesem Fall würden, wie bei der Arbeit der Stiftung übrigens auch, am Ende also Gerichtsverhandlungen gegen die Leute stehen, die sich gesetzwidrig verhalten hätten. Die Folgen für diejenigen, die „mundtot“ gemacht werden sollten, sind also in beiden Fällen die gleichen. Schon komisch, dass die Leute sich deshalb so aufregen, weil mit der Kampagne mehr geschieht, als ein paar Leute wegen ihrer Wortwahl zu belangen.

Andererseits: Nicht alles, was gut gemeint ist, ist auch gut gemacht. Und vielleicht hätte man ein paar Rechte mit ins Boot holen sollen. Von der CSU zum Beispiel. Oder man hätte Herrn Tichy von Tichy Einblick oder Herrn Kissler von Cicero oder gar Herrn Broder von der Achse der Tollen? Die fühlen sich wahrscheinlich aber gar nicht übergangen. Die sind sogar froh darüber, dass es läuft wie es läuft. Sonst hätten ja im Sommerloch schon bisschen wenig zu schimpfen. Oder?

Ich gehe davon aus, dass es doch allen um die Sache geht. Oder verstehen wir (Linke, Liberale, Rechte und äußerst Rechte) unter Meinungsfreiheit etwas so grundlegend anderes?

Wenn Frau Schunke drei Tage bei Facebook gesperrt wurde, würde man gern wissen, was die arme Frau dort so geschrieben hat. Ich habe mich extra bei Facebook neu angemeldet, um das zu sehen. Abgesehen davon, dass ihre Texte mich immer zur Weißglut bringen, sind sie gesetzeskonform.  Hat Tichy vielleicht doch Recht, wenn er sich darüber mokiert, dass die entsprechenden „Clearing-Stellen“ bei Sperren willkürlich vorgehen? Ich bin mir nicht ganz im Klaren darüber. Ich persönlich halte Schunkes Profil für das einer Rechtsextremistin. Wer so einseitig und verallgemeinernd gegen Menschen einer anderen Religion Stimmung macht, sollte gesperrt werden. Meine Meinung!

Blöd nur, dass ich das jeden Tag in meinen Blog schreiben könnte. Passieren würde nix. Und das ist wohl auch gut so. Ob es allerdings bei den Lesern von Frau Schunke so ist, kann ich nicht sagen. Die sympathisieren so enthusiastisch mit ihr, dass ich schon manchmal denke, wenn die jetzt mal nicht losziehen…

Wir müssen wissen, was wir wollen. Ob man das Feld Politikern der Großen Koalition überlassen sollte? Auch das weiß ich nicht. Aber meine Probleme mit unseren demokratischen Institutionen und dem politischen Establishment unseres Landes sind längst nicht so groß, wie andere Leute es signalisieren. Die sehen schon einen blutigen Bürgerkrieg aufziehen. Wohlgemerkt: nur, weil andere anderer Meinung sind als sie.

Es melden sich einfach nicht mehr genug vernünftige Leute. Die vielen Menschen, die sich aber melden, wirken auf mich viel entschlossener als ich es bin. Sie verteidigen die Meinungsfreiheit um jeden Preis und in einer Wortwahl, die mir echt Angst macht.

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Horst Schulte
Herausgeber, Blogger, Autor und Hobby-Fotograf
Seit 2004 blogge ich über Politik und Gesellschaft – also seit die meisten noch SMS statt Tweets geschrieben haben. Mit 70 Jahren lebe ich immer noch im schönen Bedburg, direkt vor den Toren Kölns, und schreibe über alles, was die Welt bewegt (oder mich zumindest vom Sofa aufstehen lässt).

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