Mut zum Jobwechsel – Beitrag zur Blogparade #mutzumjobwechsel

Als ich in meinem Feedreader Alex‘ Hinweis auf die Blogparade „Mut zum Jobwechsel“ las, war mein Interesse sofort geweckt.
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Die Zeiten ändern sich.

Dieser Beitrag scheint älter als 8 Jahre zu sein – eine lange Zeit im Internet. Der Inhalt ist vielleicht veraltet.

Als ich in meinem Feedreader Alex‘ Hinweis auf die Blogparade „Mut zum Jobwechsel“ las, war mein Interesse sofort geweckt. Melanie hat diese Blogparade ausgeheckt. Das Thema ist für mich deshalb interessant, weil ich jetzt über gewisse Brüche meiner Arbeitsbiographie mehr erzählen kann. Während meines Berufslebens hätte ich das nicht gemacht. Das von Melanie gegebene Beispiel von Tobias Schlegel fand ich auch sehr bemerkenswert. Viele trauen sich sowas nicht. Das war früher so und heute wird es auch nicht anders sein. Wir Deutschen definieren uns sehr über unsere Arbeit. Darüber ist schon viel Interessantes geschrieben worden.
Meine berufliche Biografie ist in dieser Hinsicht unspektakulär: 47 Berufsjahre, 8 Jobs. Mit 14 den „Ernst des Lebens“ kennengelernt, jetzt Nutznießer der Rente mit 63. Diese Aufnahme entstand am 1. Arbeitstag (Ausbildung) 1.8.1968 1968 war für mich ein spannendes Jahr. Nicht so sehr wegen der Studentenrevolte oder der gesellschaftlichen Veränderungen, die in diesem Jahr auch außerhalb Deutschlands ihren Ausgangspunkt nahmen. Vielmehr deshalb, weil für mich die Schulzeit zu Ende ging und etwas völlig Neues begann. Die Berufsberatung hatte mir empfohlen, keinen Bürojob zu wählen, sondern eine Ausbildung zum Schriftsetzer zu machen. Ein Freund wurde Schriftsetzer, ich Industriekaufmann. Und beide sind wir bis zum Berufsende dabei geblieben. Auch, wenn heute vieles anders läuft, insbesondere was die Entwicklung der Persönlichkeit und das Alter angeht, auch mit 14 kann man eigene Entscheidungen treffen. Nach dem Ende meiner Ausbildung blieb ich noch einige Jahre in diesem Unternehmen. Es folgte eine Anstellung als Sachbearbeiter im Vertrieb bei einer jungen, sehr schnell wachsenden Firma, die Batterien herstellte. Dieser Job wurde mir nach 1 1/2 Jahren langweilig. Deshalb bewarb ich mich auf eine Zeitungsannonce als Assistent der Verkaufsleitung. Ein deutlich höheres Gehalt und ein Firmenfahrzeug waren die Hauptanreize. Ich habe mich nach zwei Gesprächen mit meiner Entscheidung schwer getan. Ich hätte bei meiner ursprünglichen Ablehnung bleiben sollen. Nachher ist man immer klüger.

Probezeit ist da zum Probieren

Nach knapp 8 Wochen kündigte ich diesen Job fristlos. Vorausgegangen war ein ordentlicher Eklat, weil ich den Anweisungen der Geschäftsleitung nicht folgen wollte. Die Kündigung ging von mir aus. Ich verließ die Firma, ging zu einer Telefonzelle auf der gegenüberliegenden Straßenseite und erzählte meiner Frau, was ich gemacht hatte. Danach rief ich den Vertriebschef meiner vorherigen Firma an. Er hatte sich inzwischen selbständig gemacht. Wir hatten zwar vorher wenig miteinander zu tun, aber ich wusste, dass er mich gern für seine neue Firma als Sachbearbeiter haben wollte. Danach fuhr ich mit dem Bus zum Arbeitsamt, um mich vorsorglich arbeitslos zu melden. Es war überflüssig. Aber zu diesem Zeitpunkt wusste ich das noch nicht. Blöd, dass er inzwischen schon Leute eingestellt und deshalb keinen weiteren Personalbedarf hatte. Trotzdem gab er mir die Gelegenheit zu einem Vorstellungsgespräch. Wir einigten uns darauf, dass er mir in den ersten 3 Monate einen geringen Lohn zahlt. Am nächsten ersten startete ich. Am Ende des zweiten Monats erhielt ich das ausgemachte normale Gehalt. Ein Jahr später wurde ich Innendienstleiter. Es war die schönste Zeit meines Berufslebens. Alle Kolleginnen und Kollegen verstanden sich prima. Ende der 80er Jahre stellten sich leider wirtschaftliche Probleme ein, die nicht mehr aufzufangen waren. Es hatten sich strukturelle Veränderungen – auch durch die Wiedervereinigung – ergeben, die ein wichtiges Standbein des Unternehmens betrafen. Bei der Arbeit – Angang 90er Jahre

Man wird älter, nicht unbedingt klüger

Ich versuchte, mich beruflich neu zu orientieren. Ich war noch jung (keine 40 Jahre alt) und erlebte trotzdem (zum ersten Mal), wie schwierig es war und wie sich die Zeiten geändert hatten. Ich nahm, was sich im Nachhinein als großer Fehler herausgestellt hat, die Stelle eines Assistenten der Geschäftsführung bei einem großen Automobilclub an. Ein Fehler, der allein bei mir lag. Die Stelle als Assistent war wirklich gut dotiert. Aber mit Ende 30 war ich von dieser brutal unterfordert. Außerdem saß ich allein in einem riesigen Büro. In dieser Zeit hatte ich (noch) wenig zu tun. Die Einarbeitung lief gut, vor allem die auswärtigen Termine waren auch sehr interessant und lehrreich. Alles zusammen genommen war ich aber einfach nicht ausgelastet und deshalb unzufrieden. Wenn das Telefon klingte erschrak ich. Vielleicht habe ich mir nicht die Zeit genommen, um mich in den Job richtig einzuarbeiten bzw. mich an das Neue zu gewöhnen. Mein Urteil kam deshalb voreilig: Dieser Job war nichts für mich! Vielleicht hatte diese Einsicht viel mit dem engen Kontakt zu meinem vorherigen Chef zu tun. Er wollte, dass ich zurück komme. Und ich wollte das im Grunde auch. Also ging ich zurück. Im Nachhinein war das vielleicht ein Fehler, denn 1995 musste das Unternehmen tatsächlich Konkurs anmelden. Zwischendrin (noch Ende der 1980er Jahre) wurde ich Prokurist für die beiden von meinem Chef begründeten Firmen. Das Ende war traurig und bestimmt die deprimierendste Erfahrung meines Berufslebens. Ich weiß, dass viele Menschen ähnliche Erfahrungen machen. Das ist ein Aspekt, der bei den mir oft zu oberflächlich wirkenden Diskussionen über die heute als normalen geltenden Brüche von Erwerbsbiographien zu kurz kommt. Inzwischen war ich knapp 42. Mehr als ein halbes Jahr lang habe ich Bewerbungen geschrieben wie ein Verrückter. Ich glaube, es waren etwa mehr als 130 dicke Umschläge. Fast alle kamen sie zurück – Absagen. Die Familie, die Freunde und Bekannten haben nicht mitbekommen, welche Wirkung dieses halbe Jahr bei mir hinterlassen hat. Sowas hält man lieber für sich. Man muss dankbar sein für eine stabile Partnerschaft, wenn Niederschlag auf Niederschlag folgt. fotografiert in meinem letzten Büro Zwischendurch gab es Vorstellungstermine und Hoffnungen. Einmal war ich so nah dran, dass ich fest geglaubt habe, es klappt. Fehlanzeige. Das folgende seelische Tief gönne ich niemandem. Ein zurückgeschickter Umschlag mit Bewerbungsunterlagen sind eine Sache. Gespräche, verheißungsvolle Gespräche zu haben, an die man alle Hoffnung setzt und die dann zerplatzen wie Seifenblasen – das ist noch mal eine andere Geschichte. Ich will nicht wissen, wie viele Menschen diese Erfahrungen miteinander teilen.

Hoffnungen, geplatzte Hoffnungen und dann Glück

Und dann hatte ich wahnsinniges Glück. Meine Frau hatte eine in unserer Tageszeitung Anzeige gelesen, die ich glatt übersehen hatte. Natürlich bewarb ich mich auch darauf sofort. Die Stelle passte super, die örtliche Entfernung war ok. Jetzt musste ich nur noch die Leute dort davon überzeugen, dass ich der Richtige für den Job wäre. Es hat geklappt! 🙂  Für 10 weitere tolle und beruflich absolut befriedigende Jahre hatte ich eine Stelle als Innendienstleiter im Vertrieb gefunden. Das Team und ich waren von Beginn an auf einer Wellenlänge. Ich habe mich schnell eingearbeitet, so dass die schlimme Zeit davor bald vergessen war. Gott hat das gut eingerichtet, dass wir schlimme Sachen vergessen und die Guten in unserer Erinnerung behalten. Die Konzerntochter wurde aufgrund von wirtschaftlichen Problemen Ende 2004 geschlossen. Die Arbeitsplätze gingen verloren. Inzwischen war ich über 50 Jahre alt. Wieder ging die Sucherei los. Diesmal unter erschwerten Bedingungen. Wer nimmt über 50jährige? Und ich habe es noch einmal geschafft, eine neue Stelle zu finden. Nicht so gut bezahlt mit wenig Entwicklungsspielraum. Das war nicht wichtig. Hauptsache Arbeit! Geklappt hat das allerdings nur deshalb, weil ich das große Glück hatte, jemanden zu kennen, der mir auf eine Art und Weise geholfen hat, die nicht nur nicht alltäglich ist, sondern für die es sicher wenig Beispiele gibt. Wir kannten uns aus der letzten Firma. Er sorgte dafür, dass in seinem aktuellen Unternehmen eine neue Position geschaffen wurde. Genau diese Position als Sales Analyst war es, die ich für die restlichen fast 8 Jahre meines Berufslebens besetzt habe. Es war nicht die Arbeit, die ich liebte und die ich gern weitergemacht hätte. Aber immerhin, ich arbeitete weiter im Vertrieb – wenn auch nur mit Zahlen (nie mein Ding!) und viel zu wenig mit Menschen. Das ist mir schwergefallen. Ich war die Woche über nicht zu Hause, weil ich aufgrund der Entfernung im Hotel übernachtet habe, 8 Jahre lang. Jetzt ist Ruhe. Ruhestand genauer gesagt. Das Arbeitsleben von 47 Jahren ist ganz schön schnell vorübergerauscht! Aber jetzt bin ich auch froh, dass ich es geschafft habe. Ich habe es gut gehabt. Sicher, ich habe jahrelang 10, 12 Stunden täglich gearbeitet und Ärger gab es ab und zu auch. Aber die Bedingungen, unter denen all das heute stattfindet, sind meinem Eindruck nach ganz anders, viel schwieriger.

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Ich kann die Leute nicht ändern, aber meinen Blick auf sie.

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2 Gedanken zu „Mut zum Jobwechsel – Beitrag zur Blogparade #mutzumjobwechsel“

  1. Hallo Horst,
    vielen Dank erst einmal, dass du mich hiermit erwähntest und einen Link setztest. Das Thema geht auch an mir nicht vorbei, da ich derzeit meinen Beruf noch nicht ausüben kann. Aber ich steige da schnell ein, wenn es soweit ist. Da mache ich mir mit 13 Jahren Berufserfahrung in meinem Alter mal keine Sorgen 🙂 Das wird so oder so klappen.

    Sehr interessant wie du das beschrieben hast und ich weiss aus Erfahrung wie es schwer es heute sein kann, eine passende Stelle zu finden. Nun hast du auch deine Ruhe und kannst du ab und an zurückblicken, dich dazu mit Gleichgesinnten austauschen.

    Ich denke, dass diese Blogparade eher für etwas ältere Blogger ausgerichtet ist, die bereits etliche Berufserfahrungen vorweisen können. Die jungen BloggerInnen können da vielleicht nicht so sehr mitreden. Ich wechselte in meinem Leben zwar den Beruf nie, aber die Stelle schon oft genug. Aber ok, das ist halt so heutzutage. Hauptsache einen einigermassen bezahlten Job zu haben. Alles kannst du auch heute nicht haben, würde ich meinen.

    AntwortenAntworten
  2. Hallo Alex,

    schön, dich nach so lange Zeit mal wieder hier zu haben 🙂
    Ich finde es toll, wie du dich mit deinen Aktionen um die Verlinkung unserer Blogsphäre kümmerst. Leider nehmen andere das nicht so wichtig. Ich finde es, wie geschrieben, sehr gut. Danke dafür!

    Ich drücke dir die Daumen, dass dein Berufseinstieg klappt bzw., dass er sich so darstellt, wie du es dir wünschst. Denn darum geht es ja eigentlich. Man soll das machen, was einem Freude macht. Nicht dass, was andere vielleicht von einem erwarten.

    Ich glaube nicht, dass alte Säcke wie ich Melanies Zielgruppe waren. Eher die jungen Menschen, die heute ihren Platz in der Arbeitswelt suchen und verteidigen. Wenn sich in diesem in meinen Augen feindseligen Umfeld Chancen finden, sich dem allgemeinen Druck nicht auszusetzen, sondern den eigenen Weg zu finden, ist viel erreicht.

    Schöne Grüße + ein sonniges Wochenende
    Horst

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