Es war nicht alles schlecht – das Derbe in den Tönen

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Martin Schulz hat hin­ge­schmis­sen und jetzt tun man­che so, als habe er sich Merkel gegen­über im Ton ver­grif­fen und die SPD auf den Pfad der Verantwortungslosigkeit geführt. Ich freue mich dage­gen, dass wir end­lich wie­der eine Opposition haben! Sorry, Grüne und Linke. Aber ihr wart ein­fach zu „klein”. Nicht mal einen Untersuchungsausschuss konn­tet ihr ein­set­zen.…

Martin Schulz hat hin­ge­schmis­sen und jetzt tun man­che so, als habe er sich Merkel gegen­über im Ton ver­grif­fen und die SPD auf den Pfad der Verantwortungslosigkeit geführt.

Ich freue mich dage­gen, dass wir end­lich wie­der eine Opposition haben! Sorry, Grüne und Linke. Aber ihr wart ein­fach zu „klein”. Nicht mal einen Untersuchungsausschuss konn­tet ihr ein­set­zen.

Dabei hat Martin Schulz (end­lich) das aus­ge­spro­chen, was er im Interesse der Koalition oder aus Gründen Staatsraison bis dahin nicht sagen konn­te. Ich fands toll! Wie sich die CDU nach ihrer Riesenwahlschlappe hin­ge­gen auf­führt, ist pein­lich und höchst unpo­li­tisch. Das soll­te die poli­ti­sche Diskussion in Deutschland beherr­schen, nicht das Schicksal der Oppositionspartei SPD.

Beleidigte Leberwurst

Gestern bei „Markus Lanz” waren zwei anwe­sen­de Journalisten, Kubicki (FDP) und des­sen mit­ge­brach­te Claqueure eben­falls der Ansicht, Schulz wür­de ange­sichts des schlech­ten Wahlergebnisses die „belei­dig­te” Leberwurst geben und sich inso­fern „unver­ant­wort­lich” aufführen.

Soll hei­ßen, die SPD hät­te sich fai­rer­wei­se erst nach den Gesprächen fest­le­gen sol­len, zu denen Merkel die Parteien ein­la­den will. So aber hät­ten sich die Sozialdemokraten aus der Verantwortung für die­ses Land gestohlen.

Es ist inter­es­sant, dass sowohl die Grünen als auch die FDP mit der Union ins glei­che Horn bla­sen. Da wird dann ja wohl was dran sein?! Ich habe eher so ein biss­chen den Eindruck, dass es der FDP zu schnell geht und sie viel­leicht noch gar nicht mit­re­gie­ren möch­te. Dafür ver­sucht sie einen Sündenbock zu finden.

Union, FDP und Grünen ste­hen schwie­ri­ge Koalitionsverhandlungen bevor und sie wer­den erwar­tungs­ge­mäß lan­ge dau­ern. Wenn wir zu Weihnachten 2017 eine neue Regierung hät­ten, wäre das eine Überraschung. Wir erin­nern uns, dass auch die letz­te Regierungsbildung (2013) drei Monate in Anspruch genom­men hat.

Klare Kante

Martin Schulz wird hef­tig für sei­ne kla­re Haltung ange­gan­gen. Dabei müss­te die­sen Nasen aus dem poli­ti­schen Berlin und in den Redaktionsstuben der reak­tio­nä­ren Medien doch klar sein, dass er das Aus für die GroKo längst vor­her gemein­sam mit dem SPD Vorstand ent­schie­den hat. Ich sag­te ja, dass ich es sogar für mög­lich hal­te, dass auch Merkel von der SPD dar­über infor­miert wur­de, dass bei bestimm­ten Ergebnissen für die Partei die Koalition been­det würde.

Dass die ande­ren Parteien die SPD für ihren schnel­len Entscheid kri­ti­sie­ren ist allein deren Sache. Es sieht nichts danach aus, als wür­de sich die Partei – egal unter wel­chen Voraussetzungen – davon abbrin­gen las­sen, in die Opposition zu gehen. Gut so!

Martin Schulz hat­te Andrea Nahles sofort als neue Fraktionsvorsitzende ins Spiel gebracht. Aus den Medien war zu hören, dass die­ser „Alleingang von Schulz” noch Ärger für ihn nach sich zie­hen wür­de. Heute wur­de Nahles mit 90% von der neu­en SPD-Fraktion gewählt. Sieht das nach Ärger für Schulz aus?

Grüne und FDP wer­den die Verhandlungen mit der Union füh­ren und die Jamaika – Koalition wird ihre Arbeit auf­neh­men. Irgendwann schät­zungs­wei­se im 1. Quartal 2018. Bis dahin haben wir viel­leicht schon einen Eindruck davon bekom­men, wel­che Art von Politik von Seiten der AfD künf­tig im Bundestag zu erwar­ten ist.

Wortwahl /​politische Korrektheit

U.a. Martina Fietz hat sich heu­te im Fokus über die Wortwahl von Andrea Nahles aus­ge­las­sen. Sie hat­te nach ihrer Wahl ange­kün­digt: „..Und ab mor­gen krie­gen sie in die Fresse.”

Das ist nicht die feins­te Wortwahl?

Andererseits sind aber doch gera­de die Konservativen (und Frau Fietz zählt dazu) so aus­ge­spro­chen ange­tan von den Streichungen gewis­ser links-grün-ver­siff­ter Redewendungen. Man möch­te die „poli­ti­sche Korrektheit” ja doch so gern zu Grabe tra­gen. Oder über­be­wer­te ich die­se Gemeinsamkeit mit der AfD?

Wenn der poli­ti­sche Gegner aber Ernst macht, gehen wohl etwas schnell die Nerven durch. Das sieht man allein schon an den vie­len belei­dig­ten Reaktionen von Unions-Mitgliedern nach Schulz’ Ansage an Merkel in der „Berliner Runde”.

Ich freue mich wirk­lich dar­auf, wenn ein paar neue oder älte­re SPD-Abgeordnete dem­nächst das Wort im Bundestag ergrei­fen und den neu­en Koalitionspartnern zuzüg­lich der AfD etwas die Spucke weg­bleibt, weil dort end­lich wie­der Tacheles gere­det wird.


Tichy der Stimmungsaufheller par excellence

Roland Tichy grämt sich nach die­sem Wahlausgang immer noch. Mich wun­dert das. Ich dach­te, er wür­de den Eintritt der AfD in den Bundestag auch als Chance begrei­fen. Nee, der macht wei­ter mit sei­nem bewähr­ten Zynismus und pran­gert – ver­mut­lich, weils ja ein ganz neu­es Phänomen in der Politik ist – an, dass Politiker im Wahlkampf Versprechen gemacht haben. Er schimpft nicht gera­de bei­läu­fig (im 1. Absatz) dar­über, dass „Lohnklatscher” in den TV-Studios die­se oder jene Position prei­sen. Wie schreck­lich und wie lächerlich…

Sodann kommt Tichy mit dem auch im Wahlkampf vor­kom­men­den Thema Bildung um die Ecke und räumt gleich mal mit dem Ansinnen auf, schon wie­der irgend­wel­che Experimente zu ver­su­chen. Er meint damit aber doch sicher nicht, dass eini­ge Politiker es sinn­voll fin­den, wenn Abiture in den ver­schie­de­nen Bundesländern ver­ein­heit­licht wer­den. Dass es sich dabei um Bundespolitiker gehan­delt hat, die den Einfluss des Bundes auf das wich­ti­ge Zukunftsfeld Bildung etwas aus­deh­nen möch­te, scheint Herrn Tichy über­haupt nicht ein­zu­leuch­ten. Und er ver­weist unzu­läs­si­ger­wei­se auf das in die­ser Hinsicht nicht beson­ders ruhm­rei­che Bundesland Berlin. Was das aller­dings mit dem Vorstoß des Bundes genau zu tun haben soll, schreibt er nicht. Ich schät­ze, Tichy hat die geo­gra­fi­sche Lage der Bundeshauptstadt irritiert.

Alles ist Mist

Auch bei der Kritik an dem, was man in Berlin Rentenpolitik nennt, han­gelt sich Tichy mit Allgemeinplätzen ent­lang. Als ob irgend­ein Bürger oder Politiker die weni­gen Stellschrauben nicht ken­nen wür­de, mit der am bestehen­den Rentensystem etwas ver­än­dert wer­den kann. Es gibt kei­nen gro­ßen Wurf, kein Rentenkonzept, das die Würdigung „nach­hal­tig” ver­dient hät­te. Es ist, wie so oft in den letz­ten Jahrzehnten, halt ein Laborieren an den Symptomen. Insofern ist das auch nur ein bil­li­ger Versuch Wahrheiten zu for­mu­lie­ren, die doch jeder lan­ge kennt.

So füt­tert Tichy Unzufriedenen. Als nächs­tes moniert er die Aussagen von Merkel und Schulz. Diese sei­en zu unüber­legt gewe­sen. Nicht ein­mal über die Folgen sei im „Duell” gere­det wor­den. Die Kanzlerin sei dem Aufruf Schulz nach dem Abbruch der Beitrittsverhandlungen zur EU ein­fach bei­gesprun­gen. Man mag das anders sehen als Merkel und Schulz. Aber wie ist denn Tichys Standpunkt und kann er die­sen in 2–3 Minuten (nee, die hat er nicht!) bit­te mal aus­füh­ren? Aber spon­tan bit­te, ohne Vorbereitungszeit!

Kein Sinn für Soziales

Tichy moniert die Zusage von Schulz, dass er sich mas­siv für eine bes­se­re Bezahlung unse­rer Pflegekräfte ein­set­zen will. Nie hat es das zuvor gege­ben. Und auch die Kanzlerin hat, ange­sichts des Drucks, der in der Öffentlichkeit bei die­sem Thema auf­ge­baut wur­de, sich nicht ent­zie­hen kön­nen. Genau das wirft Tichy der Politik nun vor. Aber es ist kein Wunder. Als Chef der Ludwig-Erhard-Stiftung könn­te man mei­nen, er sei prä­de­sti­niert als Vertreter und Verfechter der sozia­len Marktwirtschaft. Denkste! Er will nichts davon hören, dass die Menschen in der Pflege end­lich ver­nünf­tig bezahlt wer­den, son­dern dass die Belange der hier betei­lig­ten Wirtschaftsbranchen hin­rei­chend berück­sich­tigt wer­den. Für mich klingt das nach frei­er Marktwirtschaft und Neoliberalismus. Im Vorstand der Stiftung sitzt auch ein ande­rer Neoliberaler, über den ich mich vor vie­len Jahren schon stän­dig auf­ge­regt habe. Der ehe­ma­li­ge SPD-Mann und spä­te­re Grüne Oswald Metzger (heu­te CDU) hat dort eine neue Aufgabe gefunden.

Die Welt ist schwie­rig und kom­pli­ziert. Der Einfluss der natio­na­len Politik ist heu­te im Gegensatz zu frü­he­ren Jahrzehnten sehr begrenzt. Auch das wis­sen die Leute. Ich wür­de behaup­ten, dass die aktu­el­len Politiker nach Antworten auf die gro­ßen Herausforderungen suchen und das lei­der häu­fig nicht über­zeu­gend gelingt. Zu meckern gibt es da genug. Aber die Art und Weise, in der Tichy und natür­lich auch ande­re kon­ser­va­ti­ve Journalisten (Wolfram Weimer zum nur ein Beispiel zu nen­nen) leis­ten nach Kräften einen Beitrag, um das Restvertrauen in demo­kra­tisch gewähl­te Regierungen zu zer­stö­ren. Kritik ist gut und wichtig.

Aber was da zum Teil abläuft ist so absto­ßend destruk­tiv und mit einem bes­ser­wis­se­ri­schen Zynismus über­säu­ert, dass wir uns nicht wun­dern müs­sen, wenn sol­che Männer und Frauen zu den Helden der neu­en völ­kisch-natio­na­len Bewegung im Land werden.

Ich fra­ge mich, was die­se als kon­ser­va­tiv gel­ten­den Journalisten eigent­lich antreibt. Ich sehe nur, dass sie frus­triert und zynisch sind.

Frustrierte Wutbürger á la Tichy

Um mit die­sem Tichy – Artikel eines offen­bar sehr unzu­frie­de­nen, frus­trier­ten Journalisten, der IMHO lei­der immer noch viel zu oft in irgend­wel­che TV-Gesprächsrunden ein­ge­la­den wird, abzu­schlie­ßen, nur noch ein paar Worte.

Er gibt als ein­fluss­rei­cher Publizist das Denken und zum Teil den Ton vor, der alle demo­kra­ti­schen Parten in Grund und Boden ver­dammt. Er nährt die Verdrossenheit, die vie­le Leute dem demo­kra­ti­schen System entgegenbringen.

Alle Menschen haben Fehler. Politiker, Funktionäre und Sie, Herr Tichy. Wollte ich nur mal sagen, weil es in ihren Artikeln immer so wirkt als wüss­ten sie die Lösungen für alles. Dass es ande­res ist, sagt ihnen in ihrem für Andersdenkende geschlos­se­nen Blog ja keiner. 

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4 Gedanken zu „Es war nicht alles schlecht – das Derbe in den Tönen“

  1. Hallo Horst,
    Was für ein guter Artikel. Aber du hast schon Recht: Die Medien haben viel zur momen­ta­nen Situation bei­getra­gen, Sprachrohr der Wutbürger gespielt und den Ton im Land verschärft.
    Dass sie damit auch ver­schie­de­ne Geister rie­fen, die das Land nun nicht mehr los wird, wol­len sie ein­fach nicht wahr haben. Alles zum Wohle der Anzeigenkunden.
    Und von Tichy muss man ehr­lich nicht mehr viel hal­ten. Ich habe den Blog mal gern gele­sen. Aber seit lan­gem geht das nicht mehr. 

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