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Steht das Recht auf Selbstbestimmung über dem Gesetz?

Der bel­gi­sche Ministerpräsident Guy Verhofstadt hat in sei­nem Facebook-​Statement (s.u.) zur Deeskalation im Streit um das Referendum in Katalonien auf­ge­ru­fen. Die deut­sche Regierung hält sich bis­lang „vor­nehm” zurück, wie die

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Der bel­gi­sche Ministerpräsident Guy Verhofstadt hat in sei­nem Facebook-​Statement (s.u.) zur Deeskalation im Streit um das Referendum in Katalonien auf­ge­ru­fen. Die deut­sche Regierung hält sich bis­lang „vor­nehm” zurück, wie die Nachfrage von Thilo Jung bei der letz­ten Bundespressekonferenz zeigte. 
Auch Regierungssprecher Seibert hat­te sich vor Kurzem hier­zu in ähn­lich „diplo­ma­ti­scher Weise” ausgedrückt. 

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[symple_​spacing size=„30”]Dass sich Verhofstadt auf das Verbot des Referendums durch das spa­ni­sche Verfassungsgericht bezieht, bekommt eine beson­de­re Note, wenn man den Kommentar des kata­lo­ni­schen Schriftstellers, Albert Sánchez Piñol, in der Süddeutschen Zeitung liest:
Es gibt in Katalonien Menschen, die glau­ben, das spa­ni­sche Verfassungsgericht sei unpar­tei­isch; aber es glau­ben mehr Menschen dar­an, dass der Mond aus Käse ist. Es gibt in Spanien kei­ne Gewaltenteilung, vor allem nicht, wenn es um die kata­la­ni­sche Sache geht.Quelle: Referendum in Katalonien – Spanien ist tot – Kultur – Süddeutsche.de | LINK
Diesen gräss­lich, par­tei­ischen und spa­ni­en­feind­li­chen Text soll­te man gele­sen haben. Der Hass der Katalanen auf Spanien wird ziem­lich deut­lich. Wie lang es wohl dau­ern, bis die bas­ki­schen Separatisten sich ein Herz fas­sen? Ich sehe, dass das Referendum in Deutschland eher posi­ti­ve Resonanz fin­det. Ich habe aller­dings gene­rel­le Bedenken gegen­über der immer stär­ker um sich grei­fen­den Kleinstaaterei (und erken­ne dar­in einen Hang zum Nationalismus). In Europa begann die Entwicklung mit dem Krieg auf dem Balkan. Der Vielvölkerstaat Jugoslawien wur­de ver­mut­lich aus­schließ­lich durch Repressionen des bis dahin regie­ren­den Zentralstaates zusam­men gehal­ten. Der Jugoslawienkrieg haben alles in allem rund 200.000 Menschen ihr Leben ver­lo­ren. Schottland möch­te sich viel­leicht von Großbritannien los­sa­gen, die Tschechen und Slowaken haben sich von ihrem gemein­sa­men Staat ver­ab­schie­det. Bitte! Ich weiß, dass die Verhältnisse nicht über­trag­bar oder ver­gleich­bar sind. Trotzdem nut­ze ich sie hier. Wann kom­men die Bayern oder – viel­leicht wahr­schein­li­cher – die Sachsen auf die Idee, dass sie es ohne den Rest der Republik ein­fa­cher haben, ein neu­es Sachsen zu errich­ten? Auch im Vergleich mit Deutschland fin­de ich es inter­es­sant, wie wenig Achtung man­che Katalanen für gemein­sa­me Institutionen auf­brin­gen. Mich erin­nert das an die abschät­zi­gen Urteile vor allem der deut­schen Rechten, wenn es bei­spiels­wei­se um die Bewertung von Verfassungsgerichtsentscheidungen ging. Ich sehe die­se Parallelen als Warnzeichen für die euro­päi­schen Demokratien. Übrigens gibt es den deut­schen Staat, wie wir ihnen ken­nen, auch erst seit 1871. Wer sich die kata­la­ni­sche Geschichte anschaut, kann – zumin­dest was die zeit­li­chen Abfolgen – anlangt durch­aus Parallelen sehen. Irgendwann in den ver­gan­ge­nen Jahrhunderten waren die Verhältnisse und Zugehörigkeiten zu Nationalstaaten immer grund­ver­schie­den zu den heu­ti­gen. Lassen sich dar­aus tat­säch­lich regio­na­le sepa­ra­tis­ti­sche Ansprüche ablei­ten? Ist das Selbstbestimmungsrecht von Menschen in unse­ren Demokratien tat­säch­lich unter allen Umständen höher zu gewich­ten als irgend­ei­ne Staatsraison? Wie lau­tet der Standpunkt der deut­schen Regierung?
Frage: Ich wür­de ger­ne wis­sen, wie die Bundesregierung die jüngs­ten Ereignisse in Katalonien bewer­tet. Was hal­ten Sie von dem, was in den letz­ten Tagen zwi­schen Katalonien und Spanien pas­siert ist? Halten Sie es auch für ange­mes­sen, dass drei Viertel der Polizeihundertschaften Spaniens jetzt nach Katalonien geschickt wor­den sind? StS Seibert: Ich habe mich dazu schon vor Kurzem hier geäu­ßert. Ich kann das jetzt eigent­lich nur vari­ie­ren. Spanien ist für uns ein Land, dem wir auf das Allerengste ver­bun­den sind, ein Freund, ein Partner. Deshalb muss ich gar nicht beto­nen, dass wir die­se aktu­el­le Zuspitzung der Lage in Katalonien natür­lich auf­merk­sam beob­ach­ten. Das, was ich vor eini­ger Zeit hier gesagt habe und was vor allem die Bundeskanzlerin schon 2015 dazu gesagt hat, gilt wei­ter­hin: Wir haben ein gro­ßes Interesse dar­an, dass die Stabilität Spaniens erhal­ten bleibt, und des­halb ist es wich­tig, dass alles, was dort geschieht, die Rechtsstaatlichkeit ein­hält, und das heißt, dass es die spa­ni­sche Verfassung ein­hält.Quelle: Bundesregierung | Aktuelles | Regierungspressekonferenz vom 27. September | LINK
 
FRAGE JUNG: Ich woll­te zum Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien kom­men. Die Zentralregierung Spaniens hat ja 140 Webseiten gesperrt. Sie hat ver­sucht, die Kontrolle über die Polizei zu erlan­gen. Herr Schäfer, schätzt die Bundesregierung das Vorgehen der spa­ni­schen Zentralregierung ange­sichts der gemein­sa­men euro­päi­schen Werte, Regeln und Gesetze als ver­hält­nis­mä­ßig ein? DR. SCHÄFER: Wir haben an die­ser Stelle ich glau­be, zuletzt vor­ges­tern Regierungssprecher Steffen Seibert – hin­sicht­lich des Themas Katalonien Stellung zu grund­sätz­li­chen Fragen des Verhältnisses zwi­schen Spanien und Katalonien und des Verhältnisses zwi­schen Spanien und der Europäischen Union genom­men, und dem haben wir jetzt gar nichts hin­zu­zu­fü­gen. Natürlich ist es wich­tig, dass alle Dinge auf der Grundlage von Recht und Gesetz erfol­gen. ZUSATZ JUNG: Das steht ja jetzt infra­ge. Die Katalonier bemän­geln ja genau das und sagen, das sei gegen die Verfassung, gegen das Gesetz. Darum stel­le ich die Frage an Sie. DR. SCHÄFER: Es ist aber nicht an uns und auch nicht an der Bundesregierung, in die­ser Hinsicht Haltungsnoten zu ver­tei­len. All das, was wir dazu grund­sätz­lich gesagt haben, gilt wei­ter­hin und ist auch völ­lig unver­än­dert. ZUSATZFRAGE JUNG: Schließt die Bundesregierung eine Anerkennung Kataloniens aus? Wird die Bundesregierung Katalonien also nie­mals aner­ken­nen, egal was pas­siert? DR. SCHÄFER: Die Frage stellt sich nicht. ZUSATZ JUNG: Doch! DR. SCHÄFER: Nein. Mir nicht, Ihnen viel­leicht.Quelle: Bundesregierung für Desinteressierte: Komplette BPK vom 29. September 2017 | Jung & Naiv | LINK
Der Standpunkt gegen­über der Türkei war irgend­wie ein­deu­ti­ger. Nicht wahr? Hoffentlich kom­men die Leute in Katalonien und Spanien zur Besinnung. Der König wäre jetzt als Vermittler gefragt. 
Referendum: Mindestens 300 Verletzte nach Polizeigewalt in Katalonien – WELT | Quelle Referendum in Katalonien – Spanien ist tot – Kultur – Süddeutsche.de | Quelle 

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2 Gedanken zu „Steht das Recht auf Selbstbestimmung über dem Gesetz?“

  1. Die EU wird immer mehr zu einer wei­te­ren Hierarchie was Regierungsformen angeht: Kommunalregierung – Landesregierung – Bundesregierung – Brüssel. Wenn man das im Hinterkopf behält ist es eigent­lich egal wie groß die Verwaltungseinheiten sind. 

    Natürlich kann bei sagen wir mal 200 Ländern in der EU die Kommission in ihrer jet­zi­gen Form nicht auf­recht­erhal­ten wer­den. Aber da wür­de ent­we­der eine demo­kra­ti­sie­rung – sprich Übertragung der Kompetenzen auf das EU-​Parlament – oder ein Rotationsprinzip helfen. 

    Die Erfahrung zeigt im Übrigen, dass je grö­ßer eine Verwaltungsstruktur ist, des­to eher neigt sie zu mili­ta­ris­ti­schen Entscheidungen was die Innen- und Aussenpolitik angeht. Schon von daher wäre klei­ne­re Verwaltungseinheiten besser. 

    Und wenn man schon von Kleinstaaterei (im Artikel) redet. Wie ist das eigent­lich mit Hamburg, Luxemburg und Monaco? Werden die jetzt – nach dem Prinzip „wenn schon, denn schon” auf­ge­löst und irgend­wel­chen Ländern ein­ge­glie­dert? Ich fra­ge mich was die Hamburger, Luxemburger und Monegassen dazu mei­nen wür­den wenn man sie fragte.

☕ Bleibt neugierig, bleibt menschlich.

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