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Lang ists her: Zum Mittagessen nach Hause fahren

Wer hät­te gedacht, dass pen­deln unge­sund ist? Um zu die­ser Erkenntnis zu gelan­gen, muss­te ich nicht erst den Artikel aus der „Wirtschaftswoche” lesen, den ich ganz unten ver­linkt habe. Während der letz­ten acht Jahre mei­nes Berufslebens war mei­ne Arbeitsstelle ca. 150 km von zu Hause ent­fernt. Für

Wer hät­te gedacht, dass pen­deln unge­sund ist? Um zu die­ser Erkenntnis zu gelan­gen, muss­te ich nicht erst den Artikel aus der „Wirtschaftswoche” lesen, den ich ganz unten ver­linkt habe. Während der letz­ten acht Jahre mei­nes Berufslebens war mei­ne Arbeitsstelle ca. 150 km von zu Hause ent­fernt. Für mich war das eine neue Situation. Anfangs hab ich ver­sucht zu pen­deln. Das war mir auf Dauer aber zu anstren­gend. Deshalb habe ich lan­ge Zeit wochen­tags im Hotel über­nach­tet. Wenn ich die Stunden addie­re, die ich des­halb von mei­ner Frau getrennt war, kom­men eini­ge Jahre zusam­men. Verlorene Zeit. Allein schon über die­sen gewal­ti­gen Nachteil muss sich jeder bewusst wer­den, der – natür­lich aus Gründen – sol­che Entscheidungen trifft. Es war nicht schön, die Abende allein auf einem kar­gen Hotelzimmer zu ver­brin­gen und die Decke anzu­star­ren. Man kann nach wohl mit Fug und Recht behaup­ten, dass Pendeln auch in die­ser Ausprägung ganz schön unglück­lich machen kann. Mir ging es so. Selbstverständlich weiß ich, dass es vie­le Menschen gibt, die aus beruf­li­chen Gründen kei­ne ande­re Wahl haben, ihr Familienleben und ihre Beziehungen ande­ren Opportunitäten unter­zu­ord­nen. Ich den­ke, die wich­tigs­te Frage wird im Artikel „Der Selbstbetrug” nicht gestellt. Haben wir noch die Wahl, den Ort selbst zu wäh­len, an dem wir arbei­ten möch­ten? Worauf kommt es an, um selbst Einfluss auf die Entfernung zwi­schen Arbeitsplatz und unse­rem Wohnort zu neh­men? Heute muss man dahin zie­hen, wo die Arbeit ist. Viele sind jedoch aus ver­schie­dens­ten Gründen dazu nicht in der Lage oder bereit: 1.) Weil sie Kinder haben, die in die Schule gehen und sie ihnen nicht zumu­ten wol­len, ihre Freunde auf­zu­ge­ben 2.) Weil ihre Eltern alt sind und ihre Unterstützung benö­ti­gen 3.) Weil sie Eigentum haben und die­ses nicht adäquat nut­zen oder ver­mie­ten 4.) Weil sie ein­fach an ihrem Heimatort hän­gen und nicht die all­ge­mein hin gefor­der­te Flexibilität auf­brin­gen kön­nen oder wol­len Mir fie­len wahr­schein­lich noch wei­te­re Punkte ein. Leute, die im Speckgürtel unse­rer Großstädte leben, haben es in die­ser Hinsicht etwas bes­ser als die­je­ni­gen, deren Lebensmittelpunkt auf dem Land liegt. Das Angebot an Arbeitsstellen ist im Umfeld der gro­ßen Städte wesent­lich bes­ser als auf dem Land. 
In der Zeit als ich mei­ne Lehre begon­nen habe, gab es in Bedburg (heu­te ca. 25.000 Einwohner) noch (Industrie) eini­ge grö­ße­re Arbeitgeber. Es han­del­te sich um mei­nes Erinnerns vier Unternehmen. Dass im Wikipedia-​Eintrag heu­te nur von zwei­en die Rede ist, fin­de ich etwas trau­rig. Schließlich haben sie wäh­rend eini­ger Jahrzehnte eine wich­ti­ge Rolle für Bedburg gespielt. Ein Bodenbelagshersteller, eine Zuckerfabrik, ein Aluwerk ( vorm. Bedburger Wollindustrie) und Rheinbraun/​RWE).
Nach dem Ausscheiden der bei­den lang­jäh­ri­gen Direktoren Alfred und Walter Holtkott aus der akti­ven Geschäftsführung blie­ben sie dem Unternehmen noch in der Funktion eines Beirats erhal­ten. Als neue Geschäftsführer wur­den 1976 Georgius von Merzljak und für den tech­ni­schen Bereich Helmut Kaiser bestellt. Ein erneu­ter Aufschwung des Unternehmens blieb aller­dings aus, so dass am 29. September 1978 ein Konkursverfahren unter der Leitung des Rechtsanwalts Dieter Zirpins eröff­net wer­den muss­te.Quelle: BestandsbeschreibungAbt58.doc | LINK
Die Absatzkrise der Automobilfabriken warf ihre Schatten noch auf vie­le ande­re Satelliten. So gaben zum Beispiel Daimler-​Benz und das Volkswagenwerk der schon seit län­ge­rer Zeit not­lei­den­den Bedburger Wollindustrie AG bei Köln den Todesstoß, als sie kei­ne Polsterstoffe mehr abnah­men. Bis dahin hat­te die Weberei fast zur Hälfte von sol­chen Aufträgen gelebt.Quelle: KONJUNKTUR /​KONKURSE: Friedhof der Schwachen – DER SPIEGEL 36/​1967 | LINK
Rheinbraun, heu­te RWE, war damals mit Abstand der größ­te Arbeitgeber in der Region (Braunkohletagebaue und Kraftwerke). Das Unternehmen stell­te damals noch wesent­lich mehr Arbeitsplätze als heu­te zur Verfügung. Bekanntlich befin­det sich die gan­ze Branche in einem radi­ka­len Wandel. 
Mein Dorf wacht gegen fünf Uhr mor­gens auf. Das macht sich, wie anders­wo, durch eine wahr­nehm­bar Zunahme des Autoverkehrs bemerk­bar. Obwohl die Tagebaue und Kraftwerke per­so­nell seit Jahren schon redu­ziert wur­den, gehen dort immer noch sehr vie­le Menschen ihrer Arbeit nach. Es ist des­halb kein Wunder, dass die Grünen, die sich für einen mög­lichst schnel­len Ausstieg aus der Kohle ein­set­zen, in unse­rer Region ver­gleichs­wei­se unbe­liebt sind. Wenn exis­ten­zi­el­le Fragen vor­herr­schen, sind poli­ti­sche Dogmen schwer an den Mann und die Frau zu bringen. In Bedburg kamen die Grünen gera­de noch auf 3,92% der Zweitstimmen. Die AfD erreicht dage­gen 9,43% der Zweitstimmen. Grafik Screenshot KStA Man kann sagen, dass die Zeiten für CDU und SPD im Vergleich zu ande­ren Gegenden halb­wegs nor­mal sind. Die Angst vor einer unbe­stimm­ten Zukunft – vor allem in beruf­li­cher Hinsicht, ist es, die bei den Wahlen die­se Resultate her­vor­brin­gen? Anderswo ist das ähnlich. 
Während ich also damals mei­ne drei­jäh­ri­ge Lehre mach­te und danach noch vier wei­te­re Jahre in die­sem Betrieb arbei­te­te, genoss ich in die­sen Jahren, typi­scher­wei­se lei­der ohne es damals hin­rei­chend zu wür­di­gen, das gro­ße Privileg, jeden Tag mit dem Rad nach Hause zu fah­ren und dort ein Mittagessen zu genie­ßen. Fahrzeit 10 Minuten. Die zur Verfügung ste­hen­de Zeit von einer Stunde reich­te dafür locker.

Die Last des Pendelns

Im Januar 1977 trat ich eine neue Stelle an. Dafür muss­te ich jeden Tag nach Köln fah­ren. Die Strecke betrug so rund 30 km. Ein Auto hat­te ich damals noch nicht, obwohl ich immer­hin schon 23 Jahre alt war. Ich fuhr mit dem Zug. Der Fußweg vom Bahnhof zur Firma dau­er­te etwa 20 Minuten. Kein Jahr spä­ter zog die Firma von Köln nach Frechen in ein Gewerbegebiet. Der Weg dort­hin war ein wenig auf­wän­di­ger. Die Busfahrt (inkl. ein­ma­li­gem Umsteigen) dau­er­te zir­ka eine Stunde. Es gab kei­ne direk­te Busverbindung ins Gewerbegebiet. Also muss­te ich vom Frechener Krankenhaus (Bushaltestelle) bis ans gegen­über­lie­gen­de Ende von Frechen zu Fuß lau­fen. Das dau­er­te noch ein­mal gut 45 Minuten, nach­dem ich alle Schleichwege ken­nen­ge­lernt hat­te. Ein Schulfreund (mit Auto) hat­te, wie ich spä­ter her­aus­fand, etwa den glei­chen Weg. Er nahm mich lie­bens­wür­di­ger­wei­se mor­gens mit, oft auch abends, wenn die dienst­li­chen Belange (also etwa­ige Überstunden) es irgend­wie zulie­ßen. Bald danach hat­te ich end­lich doch mei­nen Führerschein gemacht und das Leben wur­de in die­ser Hinsicht deut­lich kom­for­ta­bler. Die Entfernung zu mei­nen weni­gen Arbeitstellen, die ich im Lauf der Jahrzehnte hat­te, betrug meist nicht mehr als ca. 30 km zu mei­nem Wohnort. Später war es nor­mal, dass ich vie­le Überstunden gemacht habe. Ich erin­ne­re mich, dass ich abends oft müde war, wenn ich zwi­schen neun und zehn Uhr end­lich nach Hause fuhr. Mir kam die Entfernung von unge­fähr 30 km, für die ich alles in allem (Landstraße, Autobahn) so 25 Minuten brauch­te, oft quä­lend lang vor. ? Ich muss­te spä­ter oft dar­an den­ken, wenn ich in mei­nen letz­ten Berufsjahren die 150 km – Reise zur Arbeitsstelle am Wochenbeginn antrat und an der Autobahnausfahrt vor­bei­fuhr, die nur ca. 30 km von zu Hause ent­fernt war. Ab dort lagen jetzt noch 120 km vor mir. Wie gut ich es doch frü­her ™ hatte. Aber wie vie­len Menschen geht es heu­te so?! Es sind vie­le und die Zahl der Pendler steigt wei­ter. Wer aufs Land zieht, um dem Trubel der Großstadt aus­zu­wei­chen, muss damit leben, dass auf der Negativseite die­ser Entscheidung oft eine län­ge­re Strecke zur Arbeit steht. Meistens ist es so, dass man, wenn man nicht gera­de das Privileg des Homeoffice nut­zen kann, nur zwei Optionen hat: 1.) Man zieht dort­hin, wo die Arbeit ist 2.) Man nimmt die län­ge­re Anreise zur Arbeit in Kauf Ob man für den län­ge­ren Weg nun öffent­li­che Verkehrsmittel benutzt, hängt logi­scher­wei­se sehr stark von den Gegebenheiten ab. Nicht alle Unternehmen lie­gen ver­kehrs­güns­tig. Da ist man ohne Auto eini­ger­ma­ßen auf­ge­schmis­sen. Ich habe mal ver­sucht, eine Reise zu mei­ner letz­ten Arbeitstelle mit öffent­li­chen Verkehrsmitteln zu pla­nen. Ich wäre für eine Fahrt zur Arbeit Minimum 3 Stunden unter­wegs gewe­sen. Autofahren war also unum­gäng­lich – auch die Hotelübernachten. Die Kosten wur­den mir übri­gens nicht vom Arbeitgeber erstat­tet. Schlecht ver­han­delt ? bzw. die Übernahme sol­cher Kosten fan­gen erst bei den höhe­ren Gehaltsklassen an. Logisch ist das nicht unbe­dingt aber die gän­gi­ge Praxis. Kann lei­der nur mit Blendle-​Abo gele­sen werden.
Der stun­den­lan­ge Weg zur Arbeit gefähr­det die Gesundheit, trotz­dem pen­delt kaum jemand so viel wie die Deutschen – weil sie einer Illusion auf­sit­zen. Quelle: Der Selbstbetrug – WirtschaftsWoche - Blendle

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