Die konservative Revolution des Herrn Dobrindt hat mich an eine Debatte erinnert, die nicht lange zurückliegt und die brotlos verlief

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Frank Schirrmacher wur­de 2011 für sei­ne angeb­li­che Missinterpretation der Grundaussagen von Charles Moore im „Daily Telegraph” in der deut­schen Presse kri­ti­siert. Ich habe mir bei­de Artikel noch ein­mal durchgelesen.

Es ist sehr inter­es­sant, wie sich in die­sen weni­gen Jahren das Blatt erneut gewen­det hat. Ich mei­ne vor allem die Einbrüche vie­ler lin­ker Parteien in Europa, den Brexit und zuletzt sol­che irren Versuche aus CSU-Kreisen (Dobrindt ist nicht allein zu Haus) eine völ­lig über­flüs­si­ge Renaissance des Konservativismus her­bei­zu­füh­ren. Letzte wohl auch nur aus dem einen Grund, der AfD wenigs­tens ein paar Zentimeter ihres ideo­lo­gi­schen Grundwassers abzugraben.

Die Hoffnung Moores (s. zwei­ter Absatz des Zitates) hat sich erfüllt. Die Dummheit der Linken hat den Konservativismus geret­tet. Ohne jeden Zweifel. Die spe­zi­el­len Auswirkungen der Flüchtlingskrise in Deutschland spiel­te dabei ver­mut­lich, wenn über­haupt, sogar nur eine klei­ne Rolle.

Was die Notlage der Eurozone betrifft, könn­te dies von einem lin­ken Propagandisten als Satire über die Funktionsweise von Geldmacht ent­wor­fen wor­den sein. Eine ein­zel­ne Währung wird erstellt. Eine ein­zi­ge Bank kon­trol­liert es. Keine demo­kra­ti­sche Institution mit irgend­ei­ner Autorität wacht dar­über, und wenn die Kredite der Zone in Schwierigkeiten gera­ten, müs­sen sich die gewähl­ten Regierungen fast jeder Demütigung fügen, anstatt dass Banker ver­letzt wer­den. Was ist mit den Arbeitern? Sie müs­sen ihre Arbeitsplätze in Porto und Piräus und Punchestown und Poggibonsi ver­lie­ren, damit die Bankiers in Frankfurt und Bürokraten in Brüssel pro­blem­los in ihren Betten schla­fen kön­nen.
[…]  Man muss immer beten, dass der Konservatismus, wie so oft in der Vergangenheit, durch die Dummheit der Linken geret­tet wird. Das blin­de Vertrauen der Linke in den Staat macht ihre Mittel schlim­mer als nutz­los. Aber der ers­te Schritt besteht dar­in, zu erken­nen, wie viel Boden wir ver­lo­ren haben und dass mög­li­cher­wei­se nicht mehr viel Zeit bleibt, um es zu schaffen.

Quelle  Ich fan­ge an zu den­ken, dass die Linke viel­leicht recht haben könn­te – Telegraph – Auszug des legen­dä­ren Textes von Charles Moore, einem hoch­an­ge­se­he­nen Journalisten mit streng kon­ser­va­ti­ven Überzeugungen.

 Ich fan­ge an zu den­ken, dass die Linke viel­leicht recht haben könn­te – Telegraph – Auszug des legen­dä­ren Textes von Charles Moore, einem hoch­an­ge­se­he­nen Journalisten mit streng kon­ser­va­ti­ven Überzeugungen.

(Hervorhebung durch mich)

Die Dreh- und Angelpunkt der dama­li­gen Debatte waren die Auswirkungen der Finanzkrise und die gewal­ti­gen gesell­schaft­li­chen Defizite, die sich nicht mehr ver­ber­gen lie­ßen. Samt und Sonder waren sie kon­ser­va­tiv-libe­ra­len Überzeugungen geschul­det. Und nach der Krise hat sich die­se Mühsal, locker und flo­ckig fort­ge­setzt und erneu­ert. Wir ste­cken im Tal der Tränen fest und die nun schon eini­ge Jahre andau­ern­de Beruhigung „der Märkte” wird von denen, die mit ihrem Doktor in Volkswirtschaft immer alles ein­zu­schät­zen und zu über­se­hen vor­ge­ben, von Beginn an ent­we­der mit fast staats­zer­set­zen­der Skepsis (Youtube) oder belie­big wir­ken­der Langmut kom­men­tiert. Richtig weiß eben kei­ner, wie oder ob man die Fehlentwicklungen – ohne einem vor­her­ge­hen­den Armageddon noch mal in den Griff bekommt.

Ein Jahrzehnt ent­hemm­ter Finanzmarktökonomie ent­puppt sich als das erfolg­reichs­te Resozialisierungsprogramm lin­ker Gesellschaftskritik. So abge­wirt­schaf­tet sie schien, sie ist nicht nur wie­der da, sie wird auch gebraucht. Quelle  Frank Schirrmacher – Bürgerliche Werte: „Ich begin­ne zu glau­ben, dass die Linke recht hat“ – Feuilleton – FAZ

Frank Schirrmacher – Bürgerliche Werte: „Ich begin­ne zu glau­ben, dass die Linke recht hat“ – Feuilleton – FAZ

Die Linken haben nichts draus gemacht. In Deutschland soll, so das SPD-Narrativ- die Beteiligung an Großen Koalitionen eine bzw. die Entschuldigung für das sein, was nun ist. Ob die Erneuerung gelin­gen kann? Einige woll­ten Hartz IV zuguns­ten eines Grundeinkommens abschaf­fen. Der Vorschlag wur­de von Parteivize, Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz, der immer für die Agenda – Politik Schröders ein­trat, ein­kas­siert. Die ande­ren wer­den, so glau­be ich, kuschen. Mich erin­ner­te die­ses Zucken an das Strohfeuer, in dem sich schon Martin Schulz gesonnt hat­te. Wer kei­ne Konzepte für der­art kom­ple­xe Vorhaben vor­zu­wei­sen hat, der soll bit­te­schön die Fresse hal­ten. Hermann Gröhe (CDU) bringt es auf den Punkt:

“Wer die Abschaffung von Hartz IV for­dert, muss auch eine taug­li­che Alternative vor­schla­gen.” Abstrakte Systemdebatten, so Gröhe, sei­en arbeits­lo­sen Menschen kei­ne Hilfe. Quelle  Hartz IV: Ideen der SPD ver­schre­cken die Wirtschaft

Hartz IV: Ideen der SPD ver­schre­cken die Wirtschaft

Nach dem Bankrott des ehe­ma­li­gen Ostblock und der zwangs­läu­fi­gen Auflösung des Warschauer Paktes schien sich das für mich robus­te­re und vor allem aggres­si­ve­re Bündnis von Kapitalismus und Konservativ – Liberalen end­gül­tig durch­ge­setzt zu haben. Dann kam die Finanzkrise und den Menschen wur­den die Augen geöff­net. Nicht nur die Millionen von direkt Betroffenen hat­ten schein­bar eine kla­re Haltung dazu, wie es wei­ter­ge­hen soll­te. Was woll­te Obama, was wol­len die EU-Staaten nicht alles tun, damit sich die­se Dinge nicht wie­der­ho­len wür­den. Was danach gesche­hen ist, ist so mick­rig und des­halb eben­so wir­kungs­los, dass man auf all dies nur mit Angst reagie­ren kann. Das ist die Lage! Die meis­ten haben auf­ge­ge­ben. Sie haben ver­stan­den, dass gegen die Macht des Geldes kein Kraut gewach­sen ist. Das war natür­lich vor der Finanzkrise schon allen klar. Aber viel­leicht waren die Auswirkungen des Fiaskos die letz­te Chance der Nationalstaaten etwas in ihrem Sinne und natür­lich für ihre Menschen zu errei­chen – gegen die, die alle Macht bean­spru­chen und die mit die­sem Verhalten nicht unschul­dig an dem sind, was wir als Hauptursache für die neue Völkerwanderung aus­ge­macht haben. Aber das Kapital ist ein flüch­ti­ges Tier. Wenn es den wirk­lich Reichen (es sol­len so vie­le ja nicht sein hier in Deutschland) der Gegenwart zu blöd wird, packen sie ihre Sachen und ver­le­gen ihre Firmensitze irgend­wo anders hin.

„Die Stärke der Analyse der Linken“, so schreibt der erz­kon­ser­va­ti­ve Charles Moore im „Daily Telegraph“, „liegt dar­in, dass sie ver­stan­den haben, wie die Mächtigen sich libe­ral-kon­ser­va­ti­ver Sprache als Tarnumhang bedient haben, um sich ihre Vorteile zu sichern. ‚Globalisierung‘ zum Beispiel soll­te ursprüng­lich nichts ande­res bedeu­ten als welt­wei­ter frei­er Handel. Jetzt heißt es, dass Banken die Gewinne inter­na­tio­na­len Erfolgs an sich rei­ßen und die Verluste auf jeden Steuerzahler in jeder Nation ver­tei­len. Die Banken kom­men nur noch ‚nach Hause‘, wenn sie kein Geld mehr haben. Dann geben unse­re Regierungen ihnen neu­es.“
Quelle · Bürgerliche Werte: „Ich begin­ne zu glau­ben, dass die Linke recht hat“ – Feuilleton – FAZ

Bürgerliche Werte: „Ich begin­ne zu glau­ben, dass die Linke recht hat“ – Feuilleton – FAZ

Die Auswirkungen haben Moore und Schirrmacher in ihren Artikeln schon ganz rich­tig beschrie­ben. Aber was sind schon Worte?!


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