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6 Minuten

Bayern als demokratisches Modell

Auf die Dummheit der Menschen ist Verlass. Vor allem dann, wenn es um Politik geht. Und das ist, wenn wir uns umschauen, tröstlicherweise kein deutsches Phänomen.

Dabei gilt: Nichts gegen Pluralität, gegen unterschiedliche politische Überzeugungen und Meinungen – solange sie demokratische Regeln beachten.

Wie sich leider zeigt, sind wir trotz unserer Vergangenheit nicht gefeit davor, rechtsradikalen Parteien auf den Leim zu gehen. Vorzugsweise lässt sich dies im Osten Deutschlands bestaunen. Nach Umfragen ist die AfD dort die größte Partei.

Das wirft die Frage auf, ob unsere Demokratie nach Lage der Dinge stark genug sein wird, die von der AfD herbeigeschwätzte „Konterrevolution“ aus eigener Kraft zu unterbinden. Ein paar Demonstrationen reichen dazu nicht aus!

Die aktuelle Politik der Großen Koalition gibt keine befriedigenden Antworten. Nach Meinung vieler werden die wirklich wichtigen Fragen gar nicht oder nicht überzeugend beantwortet. Aber reicht diese Tatbestandsbeschreibung aus, um alles auf den Kopf zu stellen und ein bewährtes Gesellschaftssystem, die Demokratie, komplett infrage zu stellen?

Wir leben in einer wirtschaftlichen Hochzeit, die irgendwann ganz sicher ihr Ende findet. Die Wachstumsprognosen sind zwar immer noch gut, aber sie wurden zuletzt reduziert. 

Grund zur Klage

Deutschland scheint nicht das Land zu sein, in dem alle gut und gerne leben. Es gibt viele Klagen. Einerseits gibt es positive Zahlen, die die Stabilität und Prosperität des Landes ausdrücken. Andererseits gibt es immer mehr Menschen, die nicht davon profitieren. Der Gegensatz zwischen arm und reich wächst immer schneller und die Menschen betrachten dies nicht aus Neid und Missgunst kritisch, sondern weil sie spüren, dass die Entwicklung die gesamte Gesellschaft zerstört. Viele sind mit dem Staat im Unreinen, weil sie die in vielerlei Hinsicht vertraute Sicherheit vermissen.

Ob diese Wahrnehmungen gefühlt oder real sind, spielt dabei keine Rolle. Solche Gefühle schlagen sich politisch nieder. Das wissen wir. Aber der Politik fallen Antworten schwer. Die Unzufriedenheit nimmt zu. Dass die AfD in den ostdeutschen Ländern inzwischen die größte Partei wurde, ist ein verstörender Ausdruck dieser Lage.

Die These muss allerdings nicht stimmen, wie die Umfragen kurz vor den Wahlen in Bayern zeigt. Die Forschungsgruppe Wahlen sieht die AfD am 11.10. immer noch bei 10%. Diese Marke entspricht den meisten Umfragewerten. Nur INSA meldet zuletzt am 9.10. die AfD bei 14%. INSA wird gern eine gewisse Nähe zur AfD nachgesagt. Das tut dem Einfluss des Instituts keinen Abbruch. Wer gute Werte für die AfD vermelden möchte, wird dort zuverlässig mit besten Umfragewerten für die Partei versorgt. Die SPD erhält von INSA reihenweise die schlechtesten Ergebnisse aller Institute. Als in der letzten Woche die Rede darauf kam, dass die SPD in Bayern nur noch an Rang vier liegt, kamen die Zahlen von diesem Institut.


Die andere Seite der Medaille ist, dass INSA mit ihren Umfragen den tatsächlichen Wahlergebnissen bei der Bundestagswahl im September 2017 am nächsten gekommen ist. Diese häufig gehörte Bewertung wird aber auch nicht überall geteilt.

Und die Bayern?

Die Umfrageergebnisse von Bayern machen mich optimistisch. Jedenfalls, was die bescheidenen Werte der AfD anlangt. Die 10 %, die im Oktober stabil gemeldet wurden, sind sogar ein wenig schlechter als das Ergebnis der Bundestagswahl vom September 2017 in Bayern. Unter den Instituten, die im Oktober Umfragen veröffentlicht haben, meldet nur INSA ein deutlich besseres Ergebnis für die AfD (14%!).

Ich hoffe, INSA möge falsch liegen.

Jedenfalls das alte Strauß – Motto, dass es rechts von der CSU keine Partei geben dürfe, hat sich offenbar überholt. Angesichts der gewaltigen Verluste, die für die CSU gemeldet werden, werden sich wahrscheinlich viele darüber wundern, dass sich die Stimmen bei den Grünen und nicht bei der AfD niedergeschlagen haben. Die Institute sehen die Grünen im Oktober zwischen 17 und 18%, die Forschungsgruppe Wahlen gar bei 19%. 

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Gegenüber der letzten Landtagswahl in Bayern (2013) würden die Grünen demnach mehr als 10% hinzugewinnen.

Ex-Ministerpräsident Stoibers kleine Theorie, dass die Binnen-Zuwanderungen (die Preißn komma) nach Bayern diese Verschiebung maßgeblich beeinflusst haben könnte, ist mit den Zahlen der bayerischen Landesregierung nicht klar zu belegen. Demnach sind von 1991 bis 2015 etwa 734.000 Menschen aus anderen Bundesländern nach Bayern gezogen. Wir sprechen bei diesem Erhebungszeitraum immerhin über 24 Jahre.

Bei ca. 9,5 Millionen Wahlberechtigten in Bayern wären laut Stoiber ungefähr 10% Zugereiste. Aber Stoibers Angabe deckt sich nicht mit den Zahlen von der bayerischen Landesregierung (siehe oben). Allein der viel längere Zeitraum von über 24 Jahren (nicht 10, wie Stoiber behauptet!), über den sich die Zuwanderung hinzog hat, hätte sich schon bei anderen Wahlen ausgewirkt. Das war jedoch nicht der Fall. Die Grünen kamen bei der letzten Landtagswahl nur auf etwa 8%. 

Die in den Medien zum Teil als originell bezeichnete These Stoibers ist nicht haltbar. 

Die AfD hat bei den Bundestagswahlen im September deutlich besser abgeschnitten als die Umfragen es erkennen ließen. Jedenfalls, wenn man von den Ergebnissen in der Woche vor der Wahl einmal absieht. Ich halte es für möglich, dass die Feinde der Demokratie in Bayern besser abschneiden und die Grünen dafür deutlich schlechter. Die CSU verliert zwar auf jeden Fall. Aber mich würde es nicht überraschen, wenn sie trotzdem noch 36-37% der Wählerstimmen erreichen könnte.

Warum gewinnen die Grünen und nicht die AfD?

Mein Bild vom bayerischen Wähler ist in Gefahr. Ich hätte wetten können, dass das Theater, das von Seehofer und Söder veranstaltet wurde und das die Union massiv geschwächt hat, auf das Stimmenkonto der AfD einzahlt.

Stattdessen scheinen die Grünen die Königsmacher zu werden. Ich würde mir wünschen, dass demokratische Vernunft dafür sorgt, dass die AfD nicht vom Tohuwabohu der Parteien in Berlin profitiert. Ausgemacht ist das zwar nicht. Aber es muss ja Gründe geben, weshalb die Grünen in den Umfragen so prächtig dastehen.

Die SPD konnte nicht profitieren, nichts hinzugewinnen, sondern verliert im Gegenteil immer mehr an Zustimmung. Der Partei, auch der Filiale in Bayern, ist jedes Gespür für richtige Themen verloren gegangen.

In Bayern spielt das konservative Element naturgemäß eine große Rolle. Dass die WählerInnen dem Anschein nach die rückwärtsgewandte, reaktionäre Politik der AfD nicht als Sachwalter eines Konservativismus nach ihrem Verständnis betrachten, hat für mich etwas Tröstliches. Ich hätte darauf gesetzt, dass die AfD von dem profitieren würde, was die CSU-Spitze in Berlin und im Land veranstaltet hatte.

Vielleicht trifft ja zu, was das Feuilleton sinngemäß sagt: Die Grünen verkörpern heute keine progressive linke Bewegung mehr, sondern stehen in vielerlei Hinsicht für die konservative Werte, für die ehedem die CSU eingestanden ist. Damit ist allerdings nicht nur die Haltung zur Flüchtlingskrise gemeint. Nehmen wir zum Beispiel das unsägliche Verhalten der CSU-Verkehrsminister im Berliner Kabinett in aktuellen Fragen.

Ich bin gespannt, was die erste Hochrechnung morgen bringen wird. 

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2 Gedanken zu „Bayern als demokratisches Modell“

  1. Darauf schliessend haben wir hier in den Staaten eine AfD auf Steroiden namens Trump.
    Und die Demokraten bestellen sich bei der SPD staendig uebergrosse Hosen zum reinscheissen.

    Gruss
    Jake

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