Sorry, your browser does not support inline SVG. Horst Schulte

4 Minuten

Die Kandidatenkür

Jens Spahn wird gegenüber den ersten Umfragen bestimmt noch aufholen. Jedenfalls läuft sein Wahlkampf auf Hochtouren. Er sagt viel und die Öffentlichkeit ist aufnahmebereit. Ob sich das in Stimmen ummünzt, bleibt abzuwarten.

Die Vorstellungen und Erklärungen der drei Kandidaten habe ich aufmerksam verfolgt. Große Überraschungen gab es nicht. Allerdings hat Merz sich bisher doch merklich zurückgehalten.

Gestern machte Jens Spahn ein paar klare Ansagen. Er sieht offenbar noch Nachholbedarf für ein geschärftes Profil? Aus der Position des Gesundheitsministers heraus kann Spahn Öffentlichkeit in einem ganz anderen Maß erzeugen, als das Kramp-Karrenbauer und vor allem Friedrich Merz möglich ist.

Merz ist ohne Mandat und nicht einmal Mitglied des Bundestages. Er ist im parteiinternen Wahlkampf darauf angewiesen, dass die Medien seinen Themen den Raum geben, den er für die Stabilisierung seiner Werte, inbesondere im Vergleich zu Kramp-Karrenbauer, benötigt. Merz und AKK liegen in den Umfragen nahe beieinander. Nur Spahn fällt dagegen klar ab. Das gilt sowohl für das Wahlvolk insgesamt als auch für die Mitglieder der CDU.

Spahn ist in den Medien sichtbar und seine Präsenz wird sicher noch zunehmen. Er setzt sich im Vergleich sehr professionell in Szene und zwar nicht nur in den sozialen Medien. Das ist ohnehin ein Feld, auf dem er den beiden anderen Kandidaten aus meiner Sicht einiges voraus hat. 

Ob Spahn höhere Sozialbeiträge für kinderlose Ehepaare, ob er für mehr Verständnis für die Positionen des ungarischen Ministerpräsidenten Victor Orban wirbt oder den Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, Spahn polarisiert stärker als Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz es (bisher) tun.

Annegret Kramp-Karrenbauer trägt einen Teil des deutschen Selbstverständnisses als ökonomische Supermacht im Namen.

Die Menschen spüren besorgt, dass die konjunkturelle Hochzeit allmählich zu Ende geht und dass wir die Fehler, die nicht zuletzt durch eine verwaltende aber nicht gestaltende Große Koalition gemacht wurden (Dieselskandal, Flüchtlingspolitik, Energiepolitik, Rentenpolitik) für die Zukunft weniger Gutes erahnen lassen.

Ansichts solcher Befürchtungen gibt es zwei wahrscheinliche Szenarien, die dafür sprechen, dass einer der Kandidaten bald aus dem Wettbewerb ausscheiden dürfte. Ich denke, dieser Kandidat heißt Jens Spahn. Spahn wird vermutlich schon aufgrund seines Alters benachteiligt sein. Dazu kommt seine nicht gut ankommende Aggressivität. Und zwar selbst dann, wenn es um Belange (Flüchtlingspolitik) geht, bei denen viele BürgerInnen sich durchaus striktere Regeln und ein restriktives Regime wünschten.

Hätte Friedrich Merz nicht seinen Hut in den Ring geworfen, wäre Spahns Chancen jetzt besser. Er steht für eine mehr konservative Ausrichtung, die offenbar (Umfragen) doch viel weniger Zustimmung in der CDU findet, als ich es erwartet hätte.

Friedrich Merz weiß, dass die politische Mitte genau die Gegend ist, die den meisten Deutschen am sympathischsten ist. Bloß keine Extreme (der AfD zum Trotz) und möglichst keine Experimente.

Warum sonst war Merkels Politik der ruhigen Hand so zu lange so beliebt? Von den Effekten rund um den Herbst des Jahres 2015 einmal abgesehen.

Dass sich Merz in Richtung der Grünen offenherzig zeigt und er zudem eben keine Anstalten macht, die Partei nach rechts zu rücken, dürften ihm die meisten Punkte einbringen. Das hat er jedenfalls ausdrücklich gesagt.

Kramp-Karrenbauers feste Haltung zur so genannten Homoehe werden sie bestimmt viele Sympathiepunkte gekostet haben. Außerdem zeigt sie – wie auch Jens Spahn – Ansätze einer rigoroseren Flüchtlingspolitik. Ich weiß, dass auch Merz mit der Flüchtlingspolitik Merkels nicht zu viel am Hut hat, aber er hält sich diesbezüglich noch zurück.

Deutschland hat übrigens auch in diesem Jahr von Januar bis September ca. 168.000 Flüchtlinge aus Syrien, Irak etc. aufgenommen. Bestimmt ist vielen BundesbürgerInnen diese Zahl immer noch viel zu hoch.

Natürlich wird es deshalb auch ein dominierendes Thema bleiben und Merz kann es deshalb nicht einfach ausklammern.

Mich wundert, dass sich viele Linke so sehr (zum Teil unfair) an Merz abarbeiten. Dass dabei sein erworbener Wohlstand und sein Engagement beim größten Vermögensverwalter der Welt eine Rolle spielen, ist irgendwie typisch deutsch. Statt froh darüber zu sein, dass ein Mann mit großer wirtschaftlicher Expertise zur Verfügung steht, steht im Vordergrund, dass der Sozialstaat ins Trudeln geraten könnte, wenn Merz erst das Zepter von Merkel übernimmt. Ehrlich, ich finde, das sind Albernheiten!

Dabei liegt es auf der Hand, dass seine und nur seine Kandidatur die besten Chancen dafür bietet, dass unsere Demokratie sich von der jahrelangen Alternativlosigkeit (genannte asymmetrische Mobilisierung) der Ära Merkel erholt.

Wir brauchen geschärfte Profile. Bei unseren Parteien und natürlich auch bei ihren Vorturnern. Die Grünen haben es vorgemacht.

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