Die Weimarer Republik in „Babylon Berlin“

HS230625

Horst Schulte

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Die 3. Staf­fel von Baby­lon Ber­lin war für mich wie die bei­den ers­ten ein Event. Aller­dings weni­ger im Hin­blick auf die Kri­mi­hand­lun­gen. Mich hat inter­es­siert, eine fil­mi­sche Vor­stel­lung, eine Idee davon ver­mit­telt zu bekom­men, wie sich das Leben in die­ser viel­leicht damals wie heu­te beson­ders­ten aller deut­schen Groß­städ­te ange­fühlt haben könnte. 

Die Armut, das Elend von Tei­len der Bevöl­ke­rung Ber­lins wur­de deut­lich. Man spricht gern von den „gol­de­nen zwan­zi­ger Jah­ren“. Es gab nach dem ers­ten gro­ßen Krieg einen spür­ba­ren Auf­schwung, an dem damals grö­ße­re Grup­pen der Gesell­schaft teil­hat­ten. Aber vie­le waren ein­fach arm, sogar sehr. In Ber­lin exis­tier­te eine pul­sie­ren­de Sub­kul­tur, die den Schluss nahe­legt, dass die Tole­ranz inner­halb der Gesell­schaft die­ser Zeit aus­ge­präg­ter war, als man anneh­men könnte.

Dann gab es die ande­re Sei­te: die düs­te­re Bedro­hung durch die Tot­schlä­ger der Natio­nal­so­zia­lis­ten auf den Stra­ßen der Haupt­stadt aber auch die Infek­ti­ons­ge­fahr, der die Bür­ge­rIn­nen damals durch das ver­gif­te­te Gedan­ken­gut der Nazis aus­ge­setzt waren, wur­de durch den Film, soweit das über ein Medi­um über­haupt geht, erfahr­bar gemacht. 

Aller­dings kam ein Aspekt eben­falls sehr deut­lich zum Vor­schein. Wei­mar hat mit den Vor­gän­gen und Gefah­ren, über die wir in die­sen Tagen so emo­tio­nal dis­ku­tie­ren, nur wenig zu tun. 

Neben den Natio­nal­so­zia­lis­ten gab es damals eine gan­ze Rei­he ande­rer Mit­spie­ler, die damals zunächst eine Feh­de, spä­ter einen regel­rech­ten Krieg gegen die Repu­blik bzw. die Demo­kra­tie führ­ten. Zu den Schwei­ne­rei­en, die damals häu­fig statt­fan­den, bekann­ten sich nicht die Rädels­füh­rer, sie zogen es vor, ande­re für ihre Taten ver­ant­wort­lich zu machen. 

Die Natio­na­lis­ten, das Mili­tär und schließ­lich die Nazis konn­ten den Ver­sailler Ver­trag als Ursa­che für vie­le deut­sche Pro­ble­me benen­nen und sie haben die angeb­li­chen „Zumu­tun­gen“ für ihre Poli­tik und gegen die Demo­kra­tie zu nut­zen gewusst.

Nicht allein rei­che Unter­neh­mer haben die Nazis unter­stützt und ihnen so zur Macht ver­hol­fen, es gab in der Wei­ma­rer Repu­blik vie­le Fein­de der Demo­kra­tie, die glaub­ten, die Nazis für ihre Zwe­cke „benut­zen“ zu können. 

Inso­fern, das kann man sicher fest­stel­len, war die Wei­ma­rer Repu­blik ganz unver­gleich­bar mit unse­ren heu­ti­gen Verhältnissen. 

Unse­re Unsi­cher­heit im Umgang mit der AfD scheint mir inso­fern über­trie­ben. Der AfD fehlt bis auf weni­ge Aus­nah­men die Unter­stüt­zung, die den Natio­nal­so­zia­lis­ten in der Wei­ma­rer Repu­blik auf­grund vie­ler ganz unver­gleich­ba­rer Fak­to­ren und zum Teil eher „zufäl­lig“ zuteil wurde. 

Die­se Demo­kra­tie ist uns sehr wert­voll. Das sagen nicht nur Umfra­gen, die Demo­kra­tie tra­gen wir aus Über­zeu­gung in unse­ren Herzen.

Nun wer­den man­che Lese­rIn­nen sich wohl sagen: Guck, der glaubt tat­säch­lich, sei­ne Geschichts­kennt­nis­se aus einem Spiel­film ablei­ten zu kön­nen. Ich will hier auch nicht beschwich­ti­gen, wenn es um die Bewer­tung der Prä­senz der AfD geht. Mei­ne Absicht ist nur, Sie zum Nach­den­ken anzu­re­gen. Dazu kann auch ein Film durch­aus einen Bei­trag leis­ten. Übri­gens selbst dann, wenn die Kri­ti­ker mei­nen, dass sich die Dreh­buch­au­to­ren oder die Regis­seu­re nicht ganz an die his­to­ri­schen Tat­sa­chen hiel­ten (Tod von Stresemann). 

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

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