Quarantäne und Strafe

Wie bestra­fen wir Ver­stö­ße gegen die Qua­ran­tä­ne – Bestim­mun­gen? Mit Geld­stra­fen oder mit Gefäng­nis. Gesell­schaft­li­che Äch­tung ist es hof­fent­lich nicht.

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So ein Ver­stoß gegen die Qua­ran­tä­ne – Bestim­mun­gen kann recht teu­er wer­den. Man kann sogar ins Gefäng­nis kom­men, wenn man Pech hat. 

In Gre­ven­broich, das nur ca. 20 km von hier ent­fernt ist, haben zwei Fami­li­en den Virus erwischt und stan­den des­halb unter Qua­ran­tä­ne. Sie haben sich nicht dar­an gehal­ten. Des­halb müs­sen jetzt alle 450 Bewoh­ner des Hoch­hau­ses, in denen bei­de Fami­li­en woh­nen, getes­tet wer­den. Das Haus wird vor­sorg­lich „umzäunt“. Die Absper­run­gen wer­den solan­ge bestehen bis die Test abge­schlos­sen sind. 

Nachbarschaft in Quarantäne?

Ich habe mich gleich gefragt als ich davon las, was die­sen bei­den Fami­li­en wohl sei­tens ihrer Nach­bar­schaft blü­hen wür­de, falls die­se nament­lich bekannt würden. 

Im Bei­trag der WZ steht die Ant­wort: Die bei­den Fami­li­en wur­den woan­ders unter­ge­bracht. So sol­le sicher­ge­stellt wer­den, dass die Qua­ran­tä­ne nun ein­ge­hal­ten wird. Ja, so lässt sich das natür­lich auch begründen.

Link: Pro­tes­te gegen Coro­na-Maß­nah­men in Ber­lin und Stutt­gart: Mehr als 100 Fest­nah­men bei Demo am Rosa-Luxem­burg-Platz – Ber­lin – Tagesspiegel

Ich fra­ge mich nun, wel­chen Anteil die Dis­kus­sio­nen über den Schwe­re­grad der Epi­de­mie am Ver­hal­ten der Leu­te haben wird, die ein­fach die Qua­ran­tä­ne miss­ach­ten. Schließ­lich ist ja nach Mei­nung der so genann­ten Coro­na­leug­ner (so heißt der Kampf­be­griff inzwi­schen) alles halb so wild. Ihre Emp­feh­lung lau­tet des­halb, wir sol­len jetzt end­lich so wei­ter­ma­chen wie vor der Epidemie.

Schweden

Leu­te wie Aug­stein aber auch vie­le ande­re füh­ren Schwe­den als leuch­ten­des Bei­spiel dafür an, dass das alles auch viel ent­spann­ter und vor allem ohne Lock­down mög­lich gewe­sen wäre. Nun könn­te es aller­dings sein, dass die Schwe­den das bald etwas anders ein­schät­zen wer­den. Nicht allein wegen der im Ver­gleich zu ihren direk­ten Nach­barn erheb­lich grö­ße­ren Zahl von Toten, son­dern weil inzwi­schen Infor­ma­tio­nen bekannt gewor­den sind, die für vie­le Men­schen ein Schock­ele­ment enthalten. 

Hin­zu kommt, was die schwe­di­sche Pres­se inzwi­schen berich­tet hat. 

Dass man die Kapa­zi­täts­gren­zen noch nicht erreicht hat, liegt aber auch dar­an, dass man mitt­ler­wei­le älte­re Pati­en­ten nicht mehr in die Inten­siv­sta­tio­nen auf­nimmt, um die ver­füg­ba­ren Plät­ze für jün­ge­re, ansons­ten gesün­de­re Pati­en­ten bereit zu hal­ten. Einem Beschluss des renom­mier­ten Karo­lins­ka Insti­tuts zufol­ge betrifft dies Covid-Pati­en­ten über 80 Jah­re, über 70 mit einer erns­ten ande­ren Vor­be­las­tung, und über 60 mit zwei Vor­be­las­tun­gen. Auch das wirkt sich posi­tiv auf die Sta­tis­ti­ken aus, die zei­gen, dass die immer mehr Pati­en­ten die Inten­siv­be­hand­lung überleben.

Stock­holm ist Anders – FALTER 17/​20 – FAL​TER​.at

Aus Frank­reich wird über ähn­li­che Kri­te­ri­en berich­tet. Damit geht die Ent­wick­lung in eine Rich­tung, die bis­her aus den meis­ten Dis­kus­sio­nen aus­ge­klam­mert wur­de. Wer weiß schon, in wie vie­len Län­dern die Über­las­tung der Inten­siv­ka­pa­zi­tä­ten zu Selek­ti­ons­maß­nah­men die­ser oder ähn­li­cher Art geführt hat? 

Philosophie und Evolution

Charles Eisen­stein schreibt in einem Aufsatz: 

Die eta­blier­ten Insti­tu­tio­nen unse­rer Gesell­schaft wer­den immer hilf­lo­ser, den Her­aus­for­de­run­gen unse­rer Zeit zu begeg­nen. Wie sehr sie da eine Her­aus­for­de­rung will­kom­men hei­ßen, wel­cher sie end­lich ent­ge­gen­tre­ten kön­nen. Wie eif­rig sie die­se als die aller­größ­te Kri­se behan­deln. Mit wel­cher Selbst­ver­ständ­lich­keit ihr Infor­ma­ti­ons-Manage­ment die alar­mie­rends­ten Dar­stel­lun­gen aus­wählt. Wie leicht sich die Öffent­lich­keit an der Panik betei­ligt und die Bedro­hung begrüßt, der die Auto­ri­tä­ten begeg­nen kön­nen, stell­ver­tre­tend für die vie­len ande­ren unaus­sprech­li­chen Bedro­hun­gen, bei denen sie es nicht können.

Quel­le

Er fin­det, das wir unse­re „Nor­ma­li­tät“ jah­re­lang über­dehnt hät­ten. Dazu gehört sei­ner Ansicht nach, dass wir uns mehr und mehr von der schlich­ten Erkennt­nis ent­fernt hät­ten, dass das Leben end­lich ist und das alte und kran­ke Men­schen nun ein­mal ster­ben. Ich wünsch­te, wir könn­ten uns die Gedan­ken, die von vie­len in die­sen schreck­li­chen Zei­ten ent­wi­ckelt wer­den, vom Hals halten. 

Ich ten­die­re dazu, sie nach Mög­lich­keit zu igno­rie­ren und mir gar nicht erst vor­zu­stel­len, wie lan­ge mei­ne Daseins­be­rech­ti­gung zeit­lich wohl befris­tet wird. Denn wenn wir mit die­sen Gedan­ken­gän­gen soweit sind, wer­den sich zwangs­läu­fig kon­kre­te Vor­stel­lun­gen rund um das Tabu­the­ma Tod und Ster­ben her­aus­kris­tal­lie­ren. Hof­fent­lich lebe ich dann nicht mehr!

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Alter Corona Diskussionskultur

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6 Gedanken zu „Quarantäne und Strafe“

  1. Gerhard 246 26. April 2020 um 21:02

    Von die­sen Vor­ab­se­lek­tio­nen hat­te ich gehört, aber ver­mu­te, dass da wenig dran ist.
    Ver­gleich­bar­keit, im übri­gen, ist, das lernt man immer wie­der heut­zu­ta­ge, ist schwer bis unmög­lich herzustellen.
    Wir müs­sen uns daher mit unse­rem Land befassen.

    Mein Gefühl ist, dass man als Nor­mal­bür­ger trotz aller Infor­ma­ti­on (!) immer auf dem tro­cke­nen sein wird.
    Der schritt­wei­sen Öff­nung traue ich nicht.
    Was dann käme, wenn die­se ver­sagt, wer kann das wissen?

  2. Es darf aber im nach­hin­ein doch wun­dern, dass die Influ­en­za 2017/​18 mit 25.100 Todes­fäl­len in der Öffent­lich­keit kaum eine Rol­le spiel­te – nicht mal gerings­te Schutz­maß­nah­men wur­den ergrif­fen! Und das ereig­ne­te sich, OBWOHL es – wie jedes Jahr – wohl eine Imp­fung gab, die aber zu den unbe­lieb­tes­ten Imp­fun­gen über­haupt gehört und ver­gleichs­wei­se wenig in Anspruch genom­men wird.

    Jetzt aber wird jeder, der sich für Locke­run­gen aus­spricht, für sämt­li­che Todes­fäl­le ver­ant­wort­lich gemacht, die Coro­na noch ver­ur­sa­chen wird. Ist das wirk­lich angemessen? 

    Den Eisen­stein liest und inter­pre­tierst du ziem­lich bös­wil­lig. Sein Ein­stieg in den Arti­kel mit der „Über­deh­nung“ mein­te all das, was du und ich und vie­le ande­re nor­ma­ler­wei­se an unse­rer Res­sour­cens-fres­sen­den, Natur-zer­stö­ren­den und in die Kli­ma­ka­ta­stro­phe füh­ren­den Seins­wei­se kri­ti­sie­ren. Er fährt dann auch fort:

    „COVID-19 zeigt uns, dass ein unglaub­lich schnel­ler Wan­del mög­lich ist, wenn die Mensch­heit in einer gemein­sa­men Sache ver­eint ist. Kei­nes der Pro­ble­me unse­rer Welt ist tech­nisch schwer zu lösen; sie rüh­ren von der Unei­nig­keit der Men­schen her. Wenn die Mensch­heit kohä­rent han­delt, sind ihre krea­ti­ven Kräf­te grenzenlos.“

    Sei­ne Anmer­kun­gen zu den Ein­schrän­kun­gen: die fin­det er JETZT ok, um die Kran­ken­häu­ser nicht zu über­las­ten (das war auch hier wochen­lang DIE Begrün­dung!), hat aber all die Maß­nah­men, soll­ten sie AUF DAUER blei­ben und zu einem „neu­en Nor­mal“ wer­den, kri­ti­siert bzw. interpretiert:

    „Wäh­rend man all die­se Maß­nah­men kurz­fris­tig damit recht­fer­ti­gen kann, dass sie zur Abfla­chung der Kur­ve (der epi­de­mio­lo­gi­schen Wachs­tums­kur­ve) bei­tra­gen, ist allent­hal­ben die Rede von einer „neu­en Nor­ma­li­tät“, was bedeu­ten könn­te, dass die Ver­än­de­run­gen kei­nes­wegs nur vor­über­ge­hend gedacht sind. Weil die Bedro­hung durch eine anste­cken­de Krank­heit – genau wie die Bedro­hung durch den Ter­ror – nie auf­hört, kön­nen sich Kon­troll­maß­nah­men leicht zu Dau­er­maß­nah­men aus­wach­sen. Wenn wir also sowie­so schon in die­se Rich­tung gehen, muss die jet­zi­ge Recht­fer­ti­gung der Maß­nah­men Teil einer tie­fe­ren Strö­mung sein. Ich wer­de zwei Trieb­kräf­te die­ser Strö­mung ana­ly­sie­ren: den Kon­troll­re­flex und den Krieg gegen den Tod.“

    Ich habe dei­nen Bericht aus dem All­tag mit Alten und Ster­ben­den auf Hil­ger­li­cious gele­sen und kann inso­fern dei­ne per­sön­li­che Betrof­fen­heit nach­voll­zie­hen. Aber ich fra­ge mich, was du eigent­lich fürchtest? 

    Schon in einem ande­ren Kom­men­tar hab’ ich den Aspekt der Selbst­ver­ant­wor­tung ange­führt, der doch gera­de von uns Älte­ren durch­aus zu erwar­ten ist: Du wür­dest doch an dei­nem Leben nichts ändern, wenn der All­ge­mein­heit wie­der erlaubt wäre, mit Abstand in Restau­rants, Thea­ter oder Kinos zu gehen, ans Meer zu fah­ren? Und wäre es nicht ange­sagt, die Men­schen im letz­ten Sta­di­um einer Krank­heit selbst ent­schei­den zu las­sen, ob sie Besu­che von Ange­hö­ri­gen erlau­ben oder nicht? 

    Ich fin­de die der­zeit statt­fin­den­de Pola­ri­sie­rung rich­tig übel. Man kann kaum mehr sach­lich dis­ku­tie­ren, son­dern wird gleich in eine Schub­la­de gesteckt – ent­we­der in die mit den ver­ant­wor­tungs­lo­sen Alten­ver­äch­tern oder in die mit dem Shut­down-For­de­rer im Panik-Modus. 

    In der Rea­li­tät (abseits bloß media­ler Äuße­run­gen) befin­den sich nach mei­nem Ein­druck die meis­ten nicht an die­sen Polen, son­dern eher rund um die Mitte!

  3. Gerhard 246 29. April 2020 um 16:45

    Hal­lo Horst,
    ich habe vor­hin Eisen­steins Arti­kel gele­sen, eher quer­ge­le­sen, wenn ich ehr­lich bin.
    Ich has­se im Prin­zip longreads, aus 2 Gründen:
    1) lässt sich das Wich­ti­ge immer ganz kurz sagen
    2) lässt mein Zeit­gut­ha­ben und auch mei­ne Ener­gie es nicht zu, am Tag all das zu tun, was ich zu tun habe und was ich ger­ne tun möch­te sowie zig Arti­kel, TV-Covid-Talks mir ange­dei­hen zu lassen.

    Nun gut: Die stei­le Schluss­the­se Eisen­steins ver­wun­der­te mich: Zum einen soll­te nur ein füh­ren­der Evo­lu­ti­ons­bio­lo­ge oder ein ver­gleich­ba­rer Wis­sen­schaft­ler, ob Bio­ma­the­ma­ti­ker, Bio­so­zio­lo­ge oder was es auch immer an Spar­ten gibt, sich zu sol­chen The­men äussern.
    Aber ich ken­ne sei­ne Bücher nicht und sei­ne The­sen, die er wohl schon Jahr­zehn­te hegt. Für den Lai­en sind sol­che Aus­sa­gen so, als wür­de Ein­stein mit dem Mann auf der Stras­se dis­ku­tie­ren wollen.
    Zwar ist mir durch Hören­sa­gen bekannt, daß Viren in der gan­zen Evo­lu­ti­ons­ge­schich­te mit „am Design“ betei­ligt waren. Wie­so aber soll­ten sie genau hier wie­der mal ent­schei­dend eingreifen?

    Im Grun­de, mein Gefühl, brach­te mir der­Ar­ti­kel des Phi­lo­so­phen wenig.

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