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Mein Leid, Dein Leid, unser Leid

Wenn wir an den Verhältnissen im Land etwas ändern möchten, brauchen wir mehr als Empörung über die Zustände bei Tönnies

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Täglich lese ich davon, wie mies Menschen (fremder Herkunft und anderer Hautfarbe) in unserem Land behandelt werden. Die Meldungen beschränken sich nicht auf die Berichte über konkrete Missstände, sondern sie sind mit Bewertungen und mit massiven Vorwürfen gegen Deutschland und die Deutschen verbunden. Mich macht das traurig. Aber was hilft’s? Multi-Kulti ist entweder ein idealisierter Begriff oder zum Kampfbegriff der Nationalisten mutiert.

Wenn von Deutschen, wahlweise von Kartoffeln oder Krauts die Rede ist, meint das nichts anderes als die Nachkommen der Nazis. Politisch korrekt müsste es wohl autochthone Bevölkerung heißen. Das scheint den meisten egal zu sein. Oft genug stimmen Linke, weil Sie’s natürlich immer besser wissen als alle anderen, in diesen Kanon ein, nicht selten übernehmen sie in diesem Chor der Selbstbezichtiger die erste Stimme.

Behandle Menschen so, wie du selbst behandelt werden möchtest

Die Rumänen und Bulgaren, die seit vielen Jahren nach Deutschland kommen, werden ausgebeutet und sind so mies untergebracht, dass „man“ sich schämt. In meinem Namen passiert das nicht, sag ich mir. Ich kaufe mein Fleisch nicht im Supermarkt oder beim Discounter. „Ja, das muss man sich halt auch leisten können“, ist die Antwort, die man darauf prompt bekommt.

Ich soll mich schämen, weil irgendein Kapitalist aus den den ArbeiterInnen zugemuteten Lebensumständen Kapital schlägt? Ich hab mich doch eingerichtet in diesem System. Mein Leben lang habe ich es scheiße gefunden und jetzt, 66 Jahre alt, rede ich immer öfter davon, wie dankbar ich bin, in diesem Land leben zu können (nicht nur wegen Corona). Es mag andere Begründungen als meine geben. Aber so denken viele doch – oder?

Die Migranten sollen sich wehren aber auch daran denken, wie leicht Porzellan zerschlagen wird.

Es ist traurig, dass wir – alle miteinander – in diesem Land, diese Machenschaften hinnehmen. Mir soll keiner erzählen, er hätte noch nie davon gehört. Dass Migranten, die in Deutschland einen hohen Bevölkerungsanteil (15%) repräsentieren, sich nicht anders verhalten als die autochthone Bevölkerung es tut, sagt etwas aus. Was das genau sein könnte, ist schwer zu sagen. Vielleicht liegt es am mangelhaften Solidaritätsbewusstsein? Wer hat uns dazu gezwungen, es abzulegen. Warum hat es sich gegenüber früher ™ so verändert. Das wird doch immer behauptet.

Es wurden in den letzten Jahrzehnten Geschäftsmodelle entwickelt und etabliert, die darauf basieren, Menschen auszubeuten. Die Geschäftsmodelle basieren nicht auf einer echten Geschäftsidee, sondern auf die Ausbeutung von Menschen. Und das im 21. Jahrhundert. Manche wundern sich darüber, dass die paar Sozialisten immer noch für eine andere, bessere Gesellschaft kämpfen. Schnell empören sich die Leute darüber, dass es autonome Gruppen gibt, die zu diesem Zweck Gewalt anwenden. Ich rede nicht der Gewalt das Wort. Manchmal verstehe ich jedoch die Gefühlslage vieler desillusionierter Menschen, die es nicht wahrhaben wollen, wohin unsere Welt sich entwickelt. Wir bilden uns ein, die Sklaverei abgeschafft zu haben und erlauben Zustände wie bei Paketdiensten, Frischedienstleistern oder Schlachthöfen? Wir beklagen uns, weil die großen Kaufhäuser verschwinden, Arbeitsplätze verloren gehen und verwaiste Innenstädte drohen. Alles nicht schön. Aber es liegt nicht nur an falschen Entscheidungen der Vorstände, der Politik. Nein, letztlich liegt es bei uns.

Wir brauchen Erntehelfer und Arbeiter für Schlachthöfe

Spargel stechen, Erdbeeren ernten, Tiere schlachten und auseinanderschneiden, Häuser bauen, Häuser reparieren und was weiß ich nicht noch alles? Dafür brauchen wir in Deutschland Menschen aus EU-Ländern, in denen das Monatseinkommen einen Bruchteil dessen ausmacht, das in Deutschland (noch) üblich ist. Personenfreizügigkeit heißt das Zauberwort. Das ist eines der Pfunde, das die EU in ihren Brexit-Verhandlungen mit Premier Johnson auf gar keinen Fall aufgeben will. Aber nicht nur, weil Art. 45, Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu den Kernerrungenschaften der EU (Vier Grundfreiheiten) zählt, sondern weil dies angeblich zum Wohlstand Deutschlands beiträgt. Da ist es wieder: diese Verallgemeinerung. „Deutschland geht es gut“. Sicher, es gibt viele Deutsche, denen es gut geht. Aber die Zahl derer, denen es nicht gut geht, wächst. Immer weiter.

Die EU-Administration, unsere Regierung und die meisten unserer Parteien behaupten immer schon, all diese Dinge der Bevölkerung zugute kämen. Es fällt etwas für uns ab. Das will ich nicht bestreiten. Und wenn es nur die höheren Steuereinnahmen für den Staat sind. Von denen – so hört man – profitieren wir ja alle. Wenn man sagt, dass sich die Superreichen viel zu wenig an der Finanzierung unseres Geheimwesens beteiligen, wird dafür als Neider oder gleich als Sozialist abgetan. Wie ist es möglich, dass einer, der ausschließlich von seinem Kapital lebt, keine Einkommensteuer (42%), sondern nur die sehr viel niedrigere Kapitalertragssteuer (25%) bezahlt?

Aus meiner Sicht geht es darum, dass nicht nur nationale, sondern auch viele EU-Regeln die Kapitalisten reicher machen und dass dafür gesorgt wird, dass dieser Reichtum auf jede erdenkliche Art und Weise absichert wird.

Wer hat was davon, wenn Menschen mies behandelt werden?

Dazu gehören die Bilder, über die wir uns jetzt (mal wieder) beklagen.

Der Binnenmarkt stärkt die Wirtschaft und in einer idealen Welt könnte man sagen, dass alle Menschen in diesem Raum von den Maßnahmen profitieren würden. Wer zum Zynismus neigt, wird jetzt sagen: Auch die Bulgaren, Rumänen oder Polen profitieren, schließlich kommen sie nur aus diesem Grund nach Deutschland. Außerdem ist es doch eine Win-Win-Situation! Die Unternehmen profitieren und die Häuslebauer, Erdbeer – und Stangenspargel – Kunden profitieren von günstigeren Preisen. Viele von uns tun das.

Leute wie Herr Tönnies ziehen (kurzfristig) den Ärger der Nation auf sich, weil er dafür gesorgt hat, dass unsere Schlachtplatten so „preiswert“ sind, unsere Grillhähnchen und das Grillgut, das wir für ein gelungenes Wochenende einfach brauchen. Er tat nur das, was jeder „gute Kaufmann“ gut, er hat die Produktionsbedingungen der Nachfrage „angepasst“. Der Nachfrage angemessene Preise sind nur zu erzielen, in dem Ausbeutung im ganz großen Stil praktiziert wird. Ich erinnere mich noch, als der damalige Chef der Bundesagentur für Arbeit einen neuen Paketdienst gegründet hat. Die vorgesehenen Löhne waren Hungerlöhne. In der Öffentlichkeit wurde der Mann massiv dafür kritisiert, dass sein Geschäftsmodell auf Ausbeutung beruhe. Wie viele solcher Betrieb mag es inzwischen in Deutschland wohl geben? Wer jetzt Mindestlohn ruft, der soll sich an die Möglichkeiten erinnern, die Gerhard Schröder mit seiner Schleusenöffnung, Agenda 2010 genannt, geschaffen hat.

Marktüblich, weil wir nichts dagegen unternehmen

Sehr gut, könnte man sagen, dass wir in durch Corona der Brutalität solch marktüblicher Schikanen auf die Schliche gekommen sind. Dass diese Art von Wirtschaften von bestimmten politischen Parteien in Deutschland stets gefördert wurde, bringt die Gewissheit, dass diese schrecklichen Dinge kein Ende finden. Das geht weiter. Und wir dürfen uns dann wieder erregen. Das ist doch auch schon mal was. Das ist das einzige Versprechen, das wir erhalten werden.

Die Parteien, die wirklich etwas für die Menschen tun und gegen diese grauenhaften Umstände kämpfen, werden weiter abgestraft. Ich spreche von der SPD!

Wenn ich von Hunderten Millionen von Wanderarbeitern lese, die hauptsächlich in China aber auch außerhalb Chinas (Italien) arbeiten, um für ihre Familien das Lebensnotwendige zu erarbeiten und was ihnen widerfährt, kann man das vermutlich nicht im Ansatz mit den Lebensumständen der Bulgaren und Rumänen vergleichen, die von Tönnies und seiner Industrie ausgebeutet werden. Es macht allerdings sichtbar, wie groß die Menschenverachtung des kapitalistischen Systems ist. Wenn schon die Kommunisten sowas tun… Nur ist unser Anteil an der Entwicklung in China möglicherweise ja auch größer als wir glauben. Welche naheliegenden Zusammenhänge mit den Auswüchsen des westlichen Kapitalismus gibt es? All die verlängerten Werkbänke und Join Venture, die von westlichen Unternehmen dort seit Jahrzehnten etabliert wurden, werden nicht folgenlos geblieben sein.

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Artikelinformationen:

Gesellschaft

corona, Tönnies, Verantwortung

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10 Gedanken zu „Mein Leid, Dein Leid, unser Leid“

  1. Beim Besuch der Discounter schaue ich mir immer die langen Fleischtheken an und bin wirklich davon angeekelt, wie extrem BILLIG das alles ist. Dazwischen minimale Angebote „bio“ – Hackfleisch (das vegane ist teurer), Gulasch, Rumsteak – das wars!

    Ich glaube nicht daran, dass „wir“ an diesen Zuständen schuld sind. Wäre das Fleisch z.B. 30 bis 50% teurer, würden es die meisten immer noch kaufen. (Vielleicht nicht ganz so oft, doch geht der Trend und die Gesundheitsempfehlungen sowieso in diese Richtung). Es könnte in besseren Rahmenbedingungen für Mensch und Tier hergestellt werden.

    Der Punkt ist: dann wäre es auf dem „Weltmarkt“ nicht mehr so konkurrenzfähig!

    In Deutschland sinkt der Fleischkonsum:
    https://www.fleischwirtschaft.de/wirtschaft/nachrichten/Fleischkonsum-Deutsche-essen-immer-weniger-36419

    Aber der Export boomt:

    fleischwirtschaft.de — BRÜSSEL Fleischverkäufe in Drittstaaten legen im ersten Halbjahr 2019 um fast zwölf Prozent zu. Neuer Rekordwert deutet sich an.
    https://www.fleischwirtschaft.de/wirtschaft/nachrichten/EU-Fleischhandel-Der-Export-boomt-40046

    Die Produzenten verdrecken hier die Landschaft (Gülle, Emissionen), beuten die Arbeiter aus und „Tierwohl“ ist den meisten egal – um immer mehr Fleisch nach draußen zu exportieren.

    Ob ich es noch erleben werde, weiß ich nicht, aber das wird ein Ende haben. Nicht ganz bald, aber spätestens, wenn das Laborfleisch massenproduziert und erschwinglich wird.

    Corona hat immerhin dazu beigetragen, dass jetzt über mehr Regulierungen der Produktionsbedingungen nachgedacht wird. Mal schauen, ob wenigstens IRGEND ETWAS dabei heraus kommt.

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  2. Die Crux ist, dass die ausgestellten Waren, so billig sie sind, mit allen möglichen Tricks modernen Marketings sehr schmackhaft präsentiert werden. Ob nun die Lampen oder die Form der Präsentation, den Sachen sieht man ihre Qualität nicht an. Jedenfalls wird das den meisten so gehen. Ich teile aber deine Ansicht, dass die ausgestellten Preise eine Signalwirkung haben. Kauf mich nicht! Genauso empfinde ich es, weil ich wie viele andere auch wissen, was sich hinter diesem billigen Fleisch für Wahrheiten verbergen.

    Die deutschen Exportanteile bei Fleischprodukten steigen weiterhin. In 2019 hat Deutschland einen Umsatz von 8,2 Mrd. mit Fleischprodukten erhielt, das entspricht einem Anteil am Weltmarkt von ca. 6,8 %. Wir liegen an Platz 5 der größten Fleischexporteure. Vor uns liegen die USA, Brasilien, Australien und die Niederlande. Während wir beim Schweinefleisch auf Platz 2 liegen, tauchen wir beim Rindfleisch nicht in der Top 10 auf. Auch nicht uninteressant, glaube ich.

    Nun müsste man schauen, wie sich die Exportanteile der deutschen Fleischwirtschaft über die Jahre entwickelt hat. Wenn es einen langanhaltenden Trend gibt, spricht alles für deine Annahme, dass die schäbigen Produktionsbedingungen zur Konkurrenzfähigkeit im Export erforderlich waren. Aber ist das der Fall? Ist nicht der Trend zum hohen deutschen Fleischexport noch relativ neu? Ist es nicht eher so, dass die Zuwendung zum Export ihre Ursache auch darin hat, dass „unser“ Fleischkonsum seit vielen Jahren stark rückläufig ist? Und was bedeutet dies für unsere Diskussion? Dem Verbraucher darf man demnach die krassen Fehlentwicklung in der Fleischindustrie (nehmen wir alles mit hinein, auch die Gefügelindustrie) nicht anlasten, sondern sie ist eine Ausgeburt des kapitalistischen Systems.Ich bin also geneigt, dir zuzustimmen. Essen „wir“ weniger Fleisch und kaufen „wir“ unser Fleisch zu höheren Preisen in der Fleischerei unseres Vertrauens, werden die Angebote in den Supermärkten vermutlich nicht nur so bleiben, sondern durch „Maßnahmen“ vielleicht sogar noch etwas sinken?

    Dein Horrorbild mit dem Laborfleisch hättest du lieber stecken lassen sollen. Ich würde sowas nie essen. Jedenfalls nicht, solange es hier keine Hungersnot gibt.

    Es gibt hinsichtlich der Niedrigpreise für Fleisch in Deutschland einen Aspekt, den du nicht betrachtest. Wenn die niedrigen Preise ihren Grund darin haben, dass der Exportanteil wächst und heute schon sehr hoch ist, könnten das Preisniveau in Deutschland doch trotzdem ein andres sein. Schließlich verkaufen die Marktstrategen beispielsweise unserer Autoindustrie ihre Produkte den im Land üblichen Handelspreisen. Ein Golf ist in China preislich anders positioniert, ein Porsche ist in den USA nicht so teuer wie hier (https://bit.ly/384Lf7M). Warum sollten die Exportanteile dazu führen, dass dieses Fleisch ist Deutschland so günstig ist? Es wird andere Gründe haben und damit sind wir am Ende doch wieder beim Verbraucher und seiner Verantwortung – oder nicht?

    Du spricht noch weitere Produktionsbedingungen an, nämlich die Verseuchung unserer Flächen mit Gülle. Trotzdem sind wir womöglich noch Stolz darauf, dass unsere Fleischindustrie einen solch hohen Exportanteil hat. Alles furchtbar. Kapitalismus halt. Übrigens schade, dass du nur diesen Punkt rausgepickt hast. Aber ich weiß ja, dass dich das Thema aus deiner Sicht besonders anspringt. Vielleicht werde ich ja auch noch Vegetarier und stell meinen schönen Webergrill auf’n Schrott. Nee, ist ja gar nicht nötig. Damit kann man ja auch wunderbar Gemüsespieße und sowas leckeres machen. Das tun wir übrigens auch schon längst. 🙂

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  3. Ganz im Gegenteil zu dir bin ich bereit, für den ersten Laborfleischburger 20 Euro zu bezahlen – um das noch probieren zu können.

    Verstehe nicht, warum Leute so spontan dagegen sind. Es ist ja kein „chemisches“ Fleisch, sondern aus entnommenen Zellen in Nährflüssigkeit industriell „erbrütetes“. In Israel sind sie im Wettlauf um das erste richtige Steak ganz vorne dran, weil sie dort auch dran arbeiten, die richtige Muskelfaserstruktur und Fettanteil mit rein zu bekommen!

    Das ist dann zwar weder vegan noch vegetarisch, sondern richtiges Fleisch, aber es müssen keine Tiere mehr dafür sterben. Die Zellen können lebendigen Tieren entnommen werden, ohne dass sie leiden. Und es braucht am Ende natürlich bei weitem nicht mehr so viele – lies mal:

    https://www.gruenderszene.de/food/aleph-farms-interview-steak-in-vitro?interstitial

    Stell dir vor, das ganze Elend mit dem Soja-Anbau fürs Tierfutter wäre vorbei…. !!!

    Ich bin keine Vegetarierin, sondern esse noch ab und zu „besseres“ Fleisch – habe aber eine längere Zeit mal „vegan“ ausprobiert, was sehr sehr lehrreich war. Auf meinem Veggieblog heißt es nicht umsonst immer schon im Untertitel „vegetarisch, vegan, flexitarisch – Hauptsache, die Richtung stimmt“.

    Ich will uns Verbraucher nicht frei sprechen, sondern habe lediglich meinem Pessimusmus Ausdruck gegeben. Der Exportanteil ist von ’95 bis 2019 von 13% auf 48% gestiegen – da fürchte ich einfach, es ist denen egal, ob wir hierzulande weniger Fleisch essen., das gleicht der Weltmarkt aus.

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  4. Ich bin normalerweise experimentierfreudig. Nur bei bestimmten Dingen geht auch bei mir nix. Ein Freund war in China und hat mir erzählt, welche „Köstlichkeiten“ er dort an Straßenecken gekauft und probiert hat (Insekten z.B.). Da wäre bei mir nix zu machen. Was Fleisch aus der Retorte angeht, bin ich ähnlich konditioniert. Das ist nichts, was ich mir als Steakersatz vorstellen könnte. Wie ich wohl reagieren würde, wenn ich in ein Stück „Fleisch“ beißen würde und dann mitgeteilt bekäme, dass es sich um Retortenfleisch handelt.

    Deine Beschreibung des Prozesses klingt so gruselig, dass ich fast glaube, du willst mich veräppeln. Satire. Hm, lecker Zellfleisch. Wenn einem da nicht das Wasser im Munde zusammenläuft.

    Mir wäre es recht, wenn wir erheblich weniger Fleisch essen würden. Es wäre in Kauf zu nehmen, wenn dafür unsere Fleischindustrie verloren ginge. Und wenn die deutsche Fleischindustrie droht, die Betriebe nach Polen oder sonstwo nach Osten zu verlagern, müssten wir halt einen Weg finden, die Produkte in Deutschland nicht mehr zu importieren. Notwendige gesetzliche Entscheidungen dürften sich allerdings aus meiner Sicht sogar auf Wahlergebnisse auswirken. Ob Frau Klöckner, die Vorkämpferin für Tierwohl und eine saubere Agrarwirtschaft da mitspielt?

    Nun, man darf zuversichtlich sein. Demnächst wird die SPD durch die Grünen abgelöst. Im Moment sehen die Umfragen so aus, dass nächstes Jahr der Wechsel in der Regierung vonstatten gehen wird. Die Grünen, so hört man, sind ja zu allem bereit. Und die SPD hat ja keinen Rückhalt mehr in der Bevölkerung. Und das, obwohl sie die einzige Partei ist, die überhaupt noch an die Arbeitnehmer und deren Rechte denkt bzw. was für sie tut. Floß wollen das die ganzen Besserwisser ja nicht wissen. Deshalb wählen die dann die Grünen und werden spätestens in ein paar Jahren sehen, wie sich die Lage für Arbeitnehmer in D verschlechtert.

    Ich glaube, es steht uns D nicht an, anderen Völkern ihren Fleischkonsum madig zu machen. Ich denke, an die Chinesen, die sich jetzt das leisten können, was wir seit Jahrzehnten als große Selbstverständlichkeit betrachten. Bei vielen Völkern ist das auch so. Da stoßen wir gleich auf den Widerspruch, der in der Klimadiskussion nur eine untergeordnete Rolle spielt. Unsere Aktivisten würden den Leuten am liebsten vorschreiben, wie sie zu leben haben. Die Grünen spielen dabei keine unbedeutende Rolle. Wenn wir in unserer privilegierten Lage sowas machen, klingt das in meinen Augen immer sehr vermessen.

    Das richtige Maß zu finden wäre mal ein gutes Ziel. Keine Maximalforderungen mit Vorwürfen in alle möglichen Richtungen. Sondern dafür kämpfen, dass Einsichten wachsen und die Geduld dafür haben. Auch wenn es auf der anderen Seite eilt.

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  5. Also dass die GRÜNEN gar nicht an Arbeitnehmer denken, stimmt ja nun auch nicht. Im neuen Grundsatzprogramm ist viel Sozialausgleich für grünen Umbau angedacht!

    Interessant finde ich deinen abscheu vor „Laborfleisch“, den ich nicht nachspüren kann. Es sind natürlich nur wenige Zellen, die Tieren entnommen werden – die vermehren sich dann in der Brutanlage, mehrere Zelltypen auf einem Gerüst (steht alles im Artikel, sogar mit Foto). Die „Nährflüssigkeit“ ist pflanzlich, sogar das!
    Ich erwarte, dass dieses Fleisch normalem Fleisch sehr viel eher gleich kommen wird als das, was derzeit vegan möglich ist. Und mich beeindruckt eben vor allem der riesige Gewinn, wenn sich das etablieren würde:

    -> deutlich weniger Viehfutter-Anbau, keine Soja-Importe,
    -> kaum mehr Nutztiere in Ställen, keine Schlachtungen für unser Essen, kein Tierleid
    -> keine miesen Arbeitsbedingungen sondern cleane Biofleisch-Brutanlagen mit gut bezahlten Fachkräften, die das Ganze steuern
    -> keine Methanemmissionen durch Massentierhaltung
    -> sehr viel weniger Gülle, keine Einträge mehr ins Grundwasser

    Für soviel Weltproblemlösung könntest du es ja mindestens mal probieren, wenns dann mal da ist! 🙂

    ***
    Mir tuts auch leid um die SPD!

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  6. Noch ein Nachtrag:

    in meiner veganen Phase habe ich gemerkt, dass es eine Wirkung mentaler Vorstellungen auf den Appetit auf Fleisch gibt. Wenn man sich lange mit den Nachteilen beschäftigt und immer wieder Videos von den Leiden der Nutztiere anschaut, kommt irgendwann der Punkt, an dem man rohes Fleisch tatsächlich als „Leichenteil“ ansieht.

    Ich bin an diesem Punkt zurück geschreckt, soweit wollte ich nicht gehen. Aus dem schlichten Grund, weil ich nicht „für immer und ewig“ auf alles Fleisch verzichten wollte. Das mag bei jungen Menschen leichter sein als bei Älteren, die schon etliche Jahrzehnte Fleisch gegessen haben. Was aber keine „Entschuldigung“ sein soll.

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  7. Seit die Grünen im Fall Hambach bewiesen haben, wie sie Verabredungen canceln und aufgrund des öffentlichen Drucks (der eigenen Klientel oder der, die sie dafür halten) eine arbeitnehmerfeindliche Position einnehmen, sind meine Sympathien für diese Partei dahin. Was das für unsere Region bedeutet, ist noch nicht ausgemacht. Inwieweit die milliardenschweren Programme der Regierung an diesen Problemen etwas ändern, bleibt abzuwarten. Ich bin nicht zuversichtlich. Schließlich hat das Ruhrgebiet die massiven Strukturänderungen längst nicht bewältigt.

    Keine Ahnung, ob du den Film „Soylent Green“, deutscher Verleihtitel: „Jahr 2022 … die überleben wollen“ von 1973 mit Charlton Heston und Edward G. Robinson einmal gesehen hast. Einer der Filme, die einen großen Eindruck bei mir hinterlassen hat. Damals war ich noch SF – Fan, was heute (leider) nicht mehr der Fall ist. Wahrscheinlich liegt das auch an den Dingen, die Leute wie George Orwell und Aldous Huxley aufgezeigt haben. In Soylent Green wurde in Folge von verbrauchten Ressourcen, Umweltverschmutz und Überbevölkerung die beängstigende Vision erzählt, dass Menschen aufgrund der Lage mit künstlich hergestellten Lebensmitteln ernährt wurden. Ein neues Produkt mit dem Namen Soylent Green sollte zwei ältere ablösen. Dieses wurde vom Hersteller (belieferte die ganze Welt) als nahrhaft und schmackhafter angespriesen. Am Ende stellt sich heraus, dass es aus Menschenfleisch hergestellt wurde. Ganz schön gruselig, nicht? Warum mir diese Story nun gerade bei unserem Thema einfällt, weiß ich nicht so richtig. Es gibt einen Film mit Louis de Funès. Er heißt Brust oder Keule. De Funès spielt einen Restaurantkritiker, der vor allem einem Großindustriellen am Zeug flicken will, der minderwertige Lebensmittel vermarktet. Sie sind nicht nur minderwertig, es sind synthetisch erzeugten Lebensmittel aus der Fabrik des Industriellen. Das richtige Betätigungsfeld für einen wie de Funès. Köstlich, der Streifen.

    Astronauten ernähren sich bei ihren Reisen durchs All auch von künstlich erzeugten Lebensmitteln. Solche Geschichten haben mir schon immer gleich eine Schauer über den Rücken gejagt. Ja, inkl. der mit den Astronauten. Kinder wollen gern Astronaut werden? Nun, ich nicht. 🙂

    Interessant finde ich, dass du die Argumente für künstlich hergestelltes Fleisch aufführst, die ich zum Teil auch kenne und notwendigerweise auch ernst nehme. Aber dann, wenn ich diesen Zeitpunkt erleben sollte, verzichte ich persönlich lieber ganz auf Fleisch. Ich würde nicht mal ne Frikadelle essen wollen, die so produziert worden ist. Dabei räume ich ein, dass ich es wohl gar nicht merken würde, wenn ich sowas vorgesetzt bekäme. Gruselig, die Vorstellung.

    Ich kann nicht erklären, warum mir 1/2 Hähnchen oder 1 Schweinskotelett so gut schmecken und weshalb ich sozusagen Tierkadaver bedenkenlos und ohne Ekel verspeise. Dorthin, zu diesem Punkt, wolltest du mich bestimmt führen. Wenn man darüber nachdenkt, welche Gewohnheiten durch jahrelange Übung wir als völlig normal betrachten und wie sie uns u.U. von neuem abhalten, ist schon interessant. Wie sieht denn das in deinem Bekanntenkreis aus. Gibt es Bereitschaft Leichenteile gegen Retortenfleisch einzutauschen? 🙂

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  8. Ich wollte dich nicht „dahin führen“, sondern erzählen, wie es MIR ergangen ist. Ich merkte genau: wenn ich jetzt noch weiter so mache, dann wird das ein richtiger Ekel… das war für mich einerseits ernüchternd (Selbsterkenntnis: ich mag doch nicht GANZ und FÜR IMMER vom Fleisch lassen), andrerseits sehr spannend, denn es zeigt, dass auch so quasi-physische Empfindungen wie Ekel mental zu beeinflussen sind.

    Demnach denke ich, das ginge auch in deine Richtung: Wenn immer mehr „Kunstfleisch“ auf den Markt käme und ständig die Vorteile beworben und gelobt würden, würde sich VIELLEICHT auch die „eingefleischte Abscheu“ vor Kunstfleisch verlieren. Mal nur so als These, gesamtgesellschaftlich gedacht – ich will dich nicht bereden! 🙂

    Wir sind ja gleich alt. ich habe genau mit denselben SciFis in den 70gern konsumiert und natürlich kenn ich Soylent Green! Das ist aber aus Menschenleichen – und Astronautenpampe ist nährstoff- und platz-optimiert. Ich wette mal, das Kunstfleisch wird toll!

    Ansonsten weißt du ja wahrscheinlich: ich bin durchaus so „grün“, dass ich denke, dass nicht mehr notwendiger Kohle-Abbau aufhören sollte. Denkbare Nöte der Arbeitslosen lassen sind lindern durch die von dir angesprochenen Investitionen in div. Formen des Ausgleichs.

    Ich weiß jetzt das Beispiel leider nicht mehr, das mich mal sehr beeindruckt hat. Da hatte jemand die Kosten und Subventionen eines Bergbaus mit allem Drum und Dran berechnet – und das Ergebnis war, dass (wenn man Schluss macht) die Beschäftigten bis zur Rente gleich hoch bezahlt werden könnten und man trotzdem noch Geld sparen würde! Ab da hab ich immer weniger verstanden, warum so etwas „nur wegen der Arbeitsplätze“ aufrecht erhalten werden soll.

    Und auch ganz individuell kann ich mir nicht wirklich vorstellen, wie man an solchen Jobs „hängen“ kann… aber das liegt halt an meiner Vita als Schreibtisch- und PC-Workerin.

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  9. Es kann sein, dass ich meine Meinung ändere. Auch für mich gilt: Sag niemals nie. Bloß – im Moment kann ich es mir nicht vorstellen. Ich habe noch nie die seit Jahren erhältlichen Fleischersatzwürste von … Vor Jahren hatte mein Freund mir seine Empfehlung gegeben. Ich krieg auch meine Frau nicht dazu, diese Wurst mal auszuprobieren. Allerdings essen wir alles in allem auch wenig Wurst bzw. Aufschnitt. Wir sind mehr die Käse und Marmeladen-Typen.

    Ich kenne dieses Rechnungsbeispiel hinsichtlich der „Rentabilität“ des Braunkohleabbaus in unserer Region auch irgendwo her. All die schönen Argumente haben einen Schönheitsfehler. Es wird nie bedacht, welche Ängste und Nöte das bei den direkt Betroffenen auslöst. Und wir wissen doch, dass die angeblichen Subventionen der hiesigen Ersatzprojekt zu nix führen. Unsere Region ist im Arsch. Und diese Ängste sind nicht wegzudiskutieren. Ich bin nicht betroffen, ein paar Freunde vielleicht und auch die nur bedingt, weil sie nicht viel jünger sind als ich. Die Art und Weise, in der diese Diskussion vor allem von den Klimaleuten und den Grünen geführt wurde, hat vor allem den Grünen in unserer Region sehr geschadet. Das zeigt sich an Ergebnissen bei Regionalwahlen in dieser Gegend. Die Grünen bekommen vermutlich für lange Zeit kein Bein mehr auf die Erde. Und – was besonders ärgerlich ist – die AfD profitiert von dieser Art der Diskussion. Spätestens seit Kriegsende, auch schon davor, war Rheinbraun immer der größte Arbeitgeber in unserer Region. Von den Gewerbesteuereinnahmen wurden Freibäder, Wellenbäder, Sportanlagen, Turnhallen, Hallenbäder, Plätze und vieles mehr finanziert. Das alles bricht weg und natürlich merken die Bürger dieser Region in zunehmendem Maße. Bedburg steht seit 2013 unter einem Haushaltssicherungskonzept. Ob diese Krise auf dieser Basis je zu überwinden ist? Aber das sind Dinge, mit denen die Menschen (überall) allein gelassen werden.

    So sah das Wahlergebnis auf Bundesebene von 2017 aus: https://dl.dropboxusercontent.com/s/3zcslmeob7czyzb/2020-06-27_12h45_12.png?dl=0
    Und so bei den letzten Landtagswahlen:https://dl.dropboxusercontent.com/s/dal4x15nhe2mh3p/2020-06-27_12h49_11.png?dl=0

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