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Gesellschaft

Ob Rassismus effektiv bekämpft werden kann, in dem man Menschen des Volkes, das unser Volk sein sollte, stigmatisiert?

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von Horst Schulte

9 Min. Lesezeit

Wenn Migran­ten uns Bio­deut­sche wegen unse­res angeb­li­chen Ras­sis­mus’ so hem­mungs­los atta­ckie­ren, soll­te die Ant­wort nicht nur dar­in bestehen, klein­laut zu sein.

featuredimage

Die Zeiten ändern sich.

Die­ser Bei­trag scheint älter als 4 Jah­re zu sein – eine lan­ge Zeit im Inter­net. Der Inhalt ist viel­leicht veraltet.

Ist der Begriff Volk ver­bin­dend oder tren­nend? Ob er noch zeit­ge­mäß ist, könn­te in die­sem Zusam­men­hang eine Rol­le spie­len. Gehört er zu jenen Grund­übeln, die man­che Dis­kus­si­on über Ras­sis­mus erst ver­ur­sacht? Der Begriff Volk umschreibt etwas, das Men­schen ver­bin­det in viel­fa­cher Hin­sicht, zum Bei­spiel im Sin­ne kul­tu­rel­ler Gemein­sam­kei­ten oder Ver­bin­dun­gen. Einer­seits ist er im posi­ti­ven Sin­ne also iden­ti­täts­stif­tend, ande­rer­seits dient er man­chen als ein Vehi­kel, um einen Teil der Bevöl­ke­rung auszugrenzen. 

Ein kur­zer Blick auf unse­re Geschich­te macht die­se eigent­lich grif­fi­ge Erklä­rungs­klam­mer noch pro­ble­ma­ti­scher. Viel­leicht ist Deutsch­land das ein­zi­ge Land, in dem vie­le ein Pro­blem allein schon mit dem Wort Volk haben? Ande­rer­seits prangt wei­ter­hin auf dem Por­tal des Reich­ta­ges die Inschrift: »Dem deut­schen Vol­ke«. Die Rich­ter spre­chen Urtei­le im »Namen des Vol­kes«. Spre­chen Sie heu­te mal das Wort »Leit­kul­tur« aus und ver­su­chen sie es zu defi­nie­ren. Dann ver­ste­hen sie, was ich mei­ne. Stig­men kön­nen nicht »nur« für das eine, son­dern auch für das ande­re gelten.

Ich kopie­re den letz­ten Absatz mei­nes letz­ten Arti­kels von ges­tern Vor­mit­tag und füge ihn hier ein: 

Also — haben Migran­ten es in Deutsch­land schwe­rer als in ande­ren Län­dern? Woher soll ich das wis­sen? Die Lebens­be­din­gun­gen wer­den über­all auf der Welt unter­schied­lich sein. Aber ich habs gründ­lich statt, stän­dig zu lesen und zu hören, wie mies wir hier mit Migran­ten umge­hen wür­den. Ich habe näm­lich den exakt gegen­tei­li­gen Ein­druck. Aber das eige­ne Land mit Schmutz zu bewer­fen, scheint in Deutsch­land irgend­wie ja auch Tra­di­ti­on zu haben. Eine dum­me Tra­di­ti­on, die von Lin­ken und Grü­nen gepflegt wird.

Quel­le: Horst Schul­te – Pri­va­te Nörgeleien

Als ich das schrieb hat­te ich die Abend­sen­dun­gen (WDR und ZDF) zum The­ma noch nicht gesehen. 

Bettina Böttinger war schlecht wie nie

Ges­tern Abend habe ich zuerst im WDR-Fern­se­hen die in mei­nen Augen ganz schreck­li­che Dis­kus­si­on mit Bet­ti­na Böt­tin­ger ange­se­hen. Titel der Sen­dung: »Ras­sis­mus: Was hat das mit mir zu tun?«. Mei­ne Ant­wort auf die­se Fra­ge habe ich hier in vie­len Arti­keln schon gege­ben. Ras­sis­mus betrifft uns alle (auch Migran­ten!) und es bedarf Anstren­gun­gen auf allen mög­li­chen gesell­schaft­li­chen Ebe­nen die­sem Phä­no­men mög­lichs­te wenig Raum zu geben. Ganz wird er nicht ver­schwin­den, weil die Angst vor den ande­ren angeb­lich evo­lu­ti­ons­tech­nisch in uns ange­legt ist. Nicht nur in uns Deut­schen. Man soll­te aller­dings den­ken, dass unser Bil­dungs­ni­veau und die Dich­te von Infor­ma­tio­nen, die für uns heu­te erreich­bar sind, die­ses Man­ko aus­ge­gli­chen hät­ten. Denkste!

ÜBERLIEFERTE URÄNGSTE ENTSTEHEN IN EINEM PRIMITIVEN TEIL DES GEHIRNS, DER KEINEN HOCHSCHULABSCHLUSS HAT. 

Xeno­pho­bie: Die Angst vor dem Frem­den schlum­mert in jedem – WELT – BORWIN BANDELOW, Angstforscher

Lei­der habe ich jedoch größ­te Zwei­fel (ja, ja, ich bin eben weiß! und soll­te des­halb die Klap­pe hal­ten), ob die Form der Aus­ein­an­der­set­zung mit dem The­ma, das rich­ti­ger­wei­se von den per­sön­lich betrof­fe­nen Men­schen for­ciert wird, zu etwas Gutem füh­ren kann. Wie immer im Leben sind Über­trei­bun­gen nicht hilf­reich. Und es wird über­trie­ben und zwar gna­den­los. Lin­ke Medi­en und ihre Redak­teu­ren spie­len dabei eine unrühm­li­che Rolle.

Überall nur noch #Blacklivesmatter – Stimmung

Die Art und Wei­se, wie vie­le Migran­ten seit den Black­Li­ve­s­Mat­ter-Demons­tra­tio­nen ihre Hal­tung uns Deut­schen gegen­über (ich for­mu­lie­re bewusst!) zum Aus­druck brin­gen und sie auf pro­vo­zie­ren­de Art kur­zer­hand als wei­ße Igno­ran­ten und Ras­sis­ten zurück­las­sen, wird lang­sam zu viel. Ich sage dazu: Nicht, weil ich per­sön­lich etwas emp­find­lich bin. Das ist der Fall. Aber ich fürch­te, dass die gan­ze Gesell­schaft immer emp­find­li­cher wird und sich sofort Gegen­po­le bil­den, die sich für unser Zusam­men­le­ben noch als sehr belas­tend ent­wi­ckeln könn­ten. Das ist nicht als Dro­hung gemeint, son­dern nur mei­ne Sicht auf die aktu­el­le Ent­wick­lung. Ob auf die­se Art über­haupt noch ein ziel­füh­ren­der Dia­log mög­lich ist? Was mögen Men­schen den­ken, die abge­kan­zelt wer­den, weil sie in einer Dis­kus­si­on eine angreif­ba­re Posi­ti­on ein­ge­nom­men haben oder auch nicht. Denn wie die­ses Bei­spiel von Twit­ter zeigt, reicht es völ­lig, weiß zu sein. 

Die Ein­mi­schung eines wei­ßen Man­nes ist uner­wünscht, weil vie­le ande­re Din­ge zusam­men­spie­len. Die Frau, die die­sen irren Satz for­mu­liert hat, spielt in die­sem Kon­text eine Neben­rol­le. Aber ihre Reak­ti­on scheint mir bei­spiel­haft für vie­le andere. 

Ich bin ein fried­lie­ben­der Mensch. Man wird abschät­zig sagen, ich hab’s gern schön ruhig. Der Mann ist ein Warm­du­scher. Ich sag noch­mal: Ich käme nicht dar­auf, die Erfah­run­gen mit All­tags­ras­sis­mus und den in Deutsch­land vor­han­de­nen kras­se­ren For­men von Aus­län­der­hass und Ras­sis­mus zu leug­nen oder das zu verharmlosen.

Ich weiß auch, dass ich nicht frei bin von Gedan­ken, die ich nur als ras­sis­tisch bezeich­nen kann. Ich set­ze mich damit aus­ein­an­der und mei­nen Repa­ra­tur­ver­su­chen ent­sprin­gen über die Jahr­zehn­te selt­sa­me Blü­ten. Das äußer­te sich bei­spiels­wei­se dar­in, dass ich in jun­gen Jah­ren Migran­ten und schwar­zen Men­schen, mit über­be­ton­ter Freund­lich­keit begeg­net bin. Wenn man man­che Dis­kus­si­on ver­folgt, springt mich das Gefühl an, das war nicht nur ein miss­lun­ge­ner Ver­such, ein frem­des Gefühl zu bewäl­ti­gen, son­dern es könn­te die ande­ren sogar ver­letzt haben. Es ist ja, wie wir inzwi­schen wis­sen, ras­sis­tisch, jemand zu fra­gen, woher er kommt – nur, weil er schwarz ist. Nun ja, inzwi­schen heißt es abmil­dernd immer­hin, dass man nach einer sol­chen Fra­ge nur nicht eine zwei­te stel­len dür­fe. Sonst könn­te es nach einem Ver­hör aus­se­hen. Und wird schon gern verhört?

Von mir aus habe ich nie den Dia­log gesucht. Als einem, der nie Eng­lisch gelernt hat, fällt das schwe­rer als denen, die heu­te jung sind und die schon längst im frü­hen Alter Eng­lisch ler­nen. Als ich wäh­rend der Flücht­lings­kri­se in einem Lager gehol­fen habe, habe ich mit Flücht­lin­gen bei der Essens­aus­ga­be zusam­men­ge­ar­bei­tet. Die Kom­mu­ni­ka­ti­on fand mit Hän­den und Füßen statt. Es ging aber viel habe ich nicht über die Men­schen erfah­ren und sie nicht von mir. So geht das ver­mut­lich zu vie­len. Auch denen, die Eng­lisch kön­nen, glau­be ich.

Das N‑Wort ausgesprochen und du bist tot

In mei­ner Jugend hat­te die poli­ti­sche Kor­rekt­heit noch nicht die Blü­ten zum Vor­schein gebracht, die wir heu­te allein im Hin­blick auf unse­re Wort­wahl ken­nen. Ges­tern bei der erwähn­ten Talk­show hat­te ein deut­scher, wei­ßer und älte­rer Herr wäh­rend sei­nes (ver­mut­lich gut gemein­ten) Vor­tra­ges das N‑Wort aus­ge­spro­chen. Eine wei­ße, älte­re Dame ver­such­te spä­ter (wenig elo­quent) zu erklä­ren, wie schwer es ihr heu­te immer noch fie­le, auf ihre Wort­wahl zu ach­ten. Schließ­lich sei­en bestimm­te Voka­beln so tief in ihr ver­an­kert, dass sie sehr dar­auf ach­ten müsste. 

Da war was los! Ich war beschämt. Aber nicht davon, dass mein Stam­mes­bru­der das N‑Wort aus­ge­spro­chen hat (ich hät­te es natür­lich sein müs­sen!), son­dern dar­über, wie die­se jun­gen Leu­te den Mann ange­pö­belt und beschimpft haben. 

Anstel­le die­ser bei­den Leu­te hät­te ich das Gelän­de ver­las­sen. So hät­ten ich nicht mit mir reden las­sen. Sie blie­ben jedoch bis zum Ende. Die Art und Wei­se, in der (über­wie­gend sehr jun­ge) Migran­ten ver­bal auf die­se Leu­te ein­ge­dro­schen haben, wird mir lan­ge als abschre­cken­des Bei­spiel für einen miss­lun­ge­nen Dia­log­ver­such in Erin­ne­rung bleiben. 

Danach war May­brit Ill­ner – Zeit, 22:15 Uhr im ZDF. Titel der Sen­dung: »Feind­bild Poli­zei – Hass, Gewalt und Macht­miss­brauch? Gäs­te: Idil Bay­dar, Cem Öze­mir, Wolf­gang Bos­bach, Sebas­ti­an Fiedler. 

Zwei türkischstämmige Migranten in der Runde und zwei fundamental andere Haltungen

Frau Bay­dar prü­gel­te gleich wei­ter auf die Bio-Deut­schen ein. Den Migran­ten steht »die Kar­tof­fel« offen­bar stän­dig auf den Füßen. Die Bio-Deut­schen soll­ten sich über­le­gen, ob sie Deutsch­land nicht lie­ber ver­las­sen wol­len. Mit der Bekämp­fung ihres Ras­sis­mus kom­men wir näm­lich nie klar. Hör­te man die­ser Frau Bay­dar zu, bil­de­te sich die­ser Sub­text immer deut­li­cher heraus. 

Der gan­ze Ras­sis­mus, den wir hier in Deutsch­land erle­ben… Mil­lio­nen von Migran­ten müs­sen unter der Knu­te die­ser ras­sis­ti­schen Deut­schen leben. Es ist schon fast wie »damals«. Deutsch­land als ein­zi­ges gro­ßes KZ, in dem die deut­sche Poli­zei ihre hoheit­li­chen Auf­ga­ben haupt­säch­lich dar­in sieht, will­kür­li­che Ver­fol­gun­gen benach­tei­lig­ter Migran­ten durch­zu­füh­ren. Eigent­lich also aller Migranten.

Irgend­wann war’s Wolf­gang Bos­bach zu viel, und er stell­te die übli­che und bei Migran­ten sehr belieb­te Fra­ge, die in der aktu­el­len »Dia­log­la­ge« in ähn­li­cher Form in vie­len Tweets, Bei­trä­gen und Leser­brie­fen vor­kommt. Tenor Bos­bach: wenns euch hier so schlecht geht, war­um kom­men so vie­le hier­her? Video ca. Min. 54.45

Oh, has­te nicht gese­hen. Ich hat­te mir von Her­zen gewünscht, dass einer der Teil­neh­mer die­sen Satz so oder ähn­lich schon frü­her gesagt hätte. 

Ihrer Ausreise steht nichts im Weg

Mir ist es egal, ob das aggres­si­ve Ver­hal­ten man­cher Leu­te an der Hit­ze, an den Coro­na-Restrik­tio­nen oder ein­fach nur an Blä­hun­gen liegt, die den einen oder die ande­re knei­fen. Auf die­se Art und Wei­se soll­ten wir in Deutsch­land nicht mit­ein­an­der reden.

Wenn das so wei­ter­geht, kann dies nur der AfD und ande­ren Rechts­extre­men in die Kar­ten spie­len. Aber ich sehe auch, wie groß die Wut vie­ler Migran­ten ist und zwar ins­be­son­de­re bei jun­gen Men­schen. Es hat Grün­de, die ich als Rent­ner nur bedingt nach­voll­zie­hen kann. Aber ich sehe mit Schre­cken, wel­che Gefüh­le die­se Form von Aus­ein­an­der­set­zun­gen bei mir aus­lö­sen. Ich kann mir nicht vor­stel­len, dass das ande­ren Leu­ten nicht eben­so ergeht. 

Benach­tei­li­gun­gen von Migran­ten bei Bil­dung, beruf­li­cher Tätig­keit, bei der Woh­nungs­su­che und die vie­len Nick­lig­kei­ten im täg­li­chen Leben, die sich Bio-Deut­sche leis­ten, müs­sen bekämpft und abge­schafft wer­den. Dazu ist Soli­da­ri­tät erfor­der­lich. Die­se Soli­da­ri­tät ist aber kei­ne Ein­bahn­stra­ße, und allein mit Vor­wür­fen und stän­di­gem Weh­kla­gen über die schwie­ri­gen Umstän­de für Migran­ten bewegt man, glau­be ich, gar nichts.

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Ich bin Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

alleiniger Autor dieses Blogs

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Ich kann die Leute nicht ändern, aber meinen Blick auf sie.

Artikelinformationen:

Gesellschaft

Deutschland, Hass, Migration, Polizei, Rassismus, Übertreibungen

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