Mein Leid, Dein Leid, unser Leid

Wenn wir an den Ver­hält­nis­sen im Land etwas ändern möch­ten, brau­chen wir mehr als Empö­rung über die Zustän­de bei Tönnies

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Täg­lich lese ich davon, wie mies Men­schen (frem­der Her­kunft und ande­rer Haut­far­be) in unse­rem Land behan­delt wer­den. Die Mel­dun­gen beschrän­ken sich nicht auf die Berich­te über kon­kre­te Miss­stän­de, son­dern sie sind mit Bewer­tun­gen und mit mas­si­ven Vor­wür­fen gegen Deutsch­land und die Deut­schen ver­bun­den. Mich macht das trau­rig. Aber was hilft’s? Mul­ti-Kul­ti ist ent­we­der ein idea­li­sier­ter Begriff oder zum Kampf­be­griff der Natio­na­lis­ten mutiert.

Wenn von Deut­schen, wahl­wei­se von Kar­tof­feln oder Krauts die Rede ist, meint das nichts ande­res als die Nach­kom­men der Nazis. Poli­tisch kor­rekt müss­te es wohl auto­chtho­ne Bevöl­ke­rung hei­ßen. Das scheint den meis­ten egal zu sein. Oft genug stim­men Lin­ke, weil Sie’s natür­lich immer bes­ser wis­sen als alle ande­ren, in die­sen Kanon ein, nicht sel­ten über­neh­men sie in die­sem Chor der Selbst­be­zich­ti­ger die ers­te Stimme.

Behandle Menschen so, wie du selbst behandelt werden möchtest

Die Rumä­nen und Bul­ga­ren, die seit vie­len Jah­ren nach Deutsch­land kom­men, wer­den aus­ge­beu­tet und sind so mies unter­ge­bracht, dass „man“ sich schämt. In mei­nem Namen pas­siert das nicht, sag ich mir. Ich kau­fe mein Fleisch nicht im Super­markt oder beim Dis­coun­ter. „Ja, das muss man sich halt auch leis­ten kön­nen“, ist die Ant­wort, die man dar­auf prompt bekommt. 

Ich soll mich schä­men, weil irgend­ein Kapi­ta­list aus den den Arbei­te­rIn­nen zuge­mu­te­ten Lebens­um­stän­den Kapi­tal schlägt? Ich hab mich doch ein­ge­rich­tet in die­sem Sys­tem. Mein Leben lang habe ich es schei­ße gefun­den und jetzt, 66 Jah­re alt, rede ich immer öfter davon, wie dank­bar ich bin, in die­sem Land leben zu kön­nen (nicht nur wegen Coro­na). Es mag ande­re Begrün­dun­gen als mei­ne geben. Aber so den­ken vie­le doch – oder?

Die Migranten sollen sich wehren aber auch daran denken, wie leicht Porzellan zerschlagen wird. 

Es ist trau­rig, dass wir – alle mit­ein­an­der – in die­sem Land, die­se Machen­schaf­ten hin­neh­men. Mir soll kei­ner erzäh­len, er hät­te noch nie davon gehört. Dass Migran­ten, die in Deutsch­land einen hohen Bevöl­ke­rungs­an­teil (15%) reprä­sen­tie­ren, sich nicht anders ver­hal­ten als die auto­chtho­ne Bevöl­ke­rung es tut, sagt etwas aus. Was das genau sein könn­te, ist schwer zu sagen. Viel­leicht liegt es am man­gel­haf­ten Soli­da­ri­täts­be­wusst­sein? Wer hat uns dazu gezwun­gen, es abzu­le­gen. War­um hat es sich gegen­über frü­her ™ so ver­än­dert. Das wird doch immer behauptet. 

Es wur­den in den letz­ten Jahr­zehn­ten Geschäfts­mo­del­le ent­wi­ckelt und eta­bliert, die dar­auf basie­ren, Men­schen aus­zu­beu­ten. Die Geschäfts­mo­del­le basie­ren nicht auf einer ech­ten Geschäfts­idee, son­dern auf die Aus­beu­tung von Men­schen. Und das im 21. Jahr­hun­dert. Man­che wun­dern sich dar­über, dass die paar Sozia­lis­ten immer noch für eine ande­re, bes­se­re Gesell­schaft kämp­fen. Schnell empö­ren sich die Leu­te dar­über, dass es auto­no­me Grup­pen gibt, die zu die­sem Zweck Gewalt anwen­den. Ich rede nicht der Gewalt das Wort. Manch­mal ver­ste­he ich jedoch die Gefühls­la­ge vie­ler des­il­lu­sio­nier­ter Men­schen, die es nicht wahr­ha­ben wol­len, wohin unse­re Welt sich ent­wi­ckelt. Wir bil­den uns ein, die Skla­ve­rei abge­schafft zu haben und erlau­ben Zustän­de wie bei Paket­diens­ten, Fri­sche­dienst­leis­tern oder Schlacht­hö­fen? Wir bekla­gen uns, weil die gro­ßen Kauf­häu­ser ver­schwin­den, Arbeits­plät­ze ver­lo­ren gehen und ver­wais­te Innen­städ­te dro­hen. Alles nicht schön. Aber es liegt nicht nur an fal­schen Ent­schei­dun­gen der Vor­stän­de, der Poli­tik. Nein, letzt­lich liegt es bei uns.

Wir brauchen Erntehelfer und Arbeiter für Schlachthöfe

Spar­gel ste­chen, Erd­bee­ren ern­ten, Tie­re schlach­ten und aus­ein­an­der­schnei­den, Häu­ser bau­en, Häu­ser repa­rie­ren und was weiß ich nicht noch alles? Dafür brau­chen wir in Deutsch­land Men­schen aus EU-Län­dern, in denen das Monats­ein­kom­men einen Bruch­teil des­sen aus­macht, das in Deutsch­land (noch) üblich ist. Per­so­nen­frei­zü­gig­keit heißt das Zau­ber­wort. Das ist eines der Pfun­de, das die EU in ihren Brexit-Ver­hand­lun­gen mit Pre­mier John­son auf gar kei­nen Fall auf­ge­ben will. Aber nicht nur, weil Art. 45, Ver­trag über die Arbeits­wei­se der Euro­päi­schen Uni­on zu den Ker­ner­run­gen­schaf­ten der EU (Vier Grund­frei­hei­ten) zählt, son­dern weil dies angeb­lich zum Wohl­stand Deutsch­lands bei­trägt. Da ist es wie­der: die­se Ver­all­ge­mei­ne­rung. „Deutsch­land geht es gut“. Sicher, es gibt vie­le Deut­sche, denen es gut geht. Aber die Zahl derer, denen es nicht gut geht, wächst. Immer weiter. 

Die EU-Admi­nis­tra­ti­on, unse­re Regie­rung und die meis­ten unse­rer Par­tei­en behaup­ten immer schon, all die­se Din­ge der Bevöl­ke­rung zugu­te kämen. Es fällt etwas für uns ab. Das will ich nicht bestrei­ten. Und wenn es nur die höhe­ren Steu­er­ein­nah­men für den Staat sind. Von denen – so hört man – pro­fi­tie­ren wir ja alle. Wenn man sagt, dass sich die Super­rei­chen viel zu wenig an der Finan­zie­rung unse­res Geheim­we­sens betei­li­gen, wird dafür als Nei­der oder gleich als Sozia­list abge­tan. Wie ist es mög­lich, dass einer, der aus­schließ­lich von sei­nem Kapi­tal lebt, kei­ne Ein­kom­men­steu­er (42%), son­dern nur die sehr viel nied­ri­ge­re Kapi­tal­ertrags­steu­er (25%) bezahlt?

Aus mei­ner Sicht geht es dar­um, dass nicht nur natio­na­le, son­dern auch vie­le EU-Regeln die Kapi­ta­lis­ten rei­cher machen und dass dafür gesorgt wird, dass die­ser Reich­tum auf jede erdenk­li­che Art und Wei­se absi­chert wird. 

Wer hat was davon, wenn Menschen mies behandelt werden?

Dazu gehö­ren die Bil­der, über die wir uns jetzt (mal wie­der) beklagen.

Der Bin­nen­markt stärkt die Wirt­schaft und in einer idea­len Welt könn­te man sagen, dass alle Men­schen in die­sem Raum von den Maß­nah­men pro­fi­tie­ren wür­den. Wer zum Zynis­mus neigt, wird jetzt sagen: Auch die Bul­ga­ren, Rumä­nen oder Polen pro­fi­tie­ren, schließ­lich kom­men sie nur aus die­sem Grund nach Deutsch­land. Außer­dem ist es doch eine Win-Win-Situa­ti­on! Die Unter­neh­men pro­fi­tie­ren und die Häus­le­bau­er, Erd­beer – und Stan­gen­spar­gel – Kun­den pro­fi­tie­ren von güns­ti­ge­ren Prei­sen. Vie­le von uns tun das. 

Leu­te wie Herr Tön­nies zie­hen (kurz­fris­tig) den Ärger der Nati­on auf sich, weil er dafür gesorgt hat, dass unse­re Schlacht­plat­ten so „preis­wert“ sind, unse­re Grill­hähn­chen und das Grill­gut, das wir für ein gelun­ge­nes Wochen­en­de ein­fach brau­chen. Er tat nur das, was jeder „gute Kauf­mann“ gut, er hat die Pro­duk­ti­ons­be­din­gun­gen der Nach­fra­ge „ange­passt“. Der Nach­fra­ge ange­mes­se­ne Prei­se sind nur zu erzie­len, in dem Aus­beu­tung im ganz gro­ßen Stil prak­ti­ziert wird. Ich erin­ne­re mich noch, als der dama­li­ge Chef der Bun­des­agen­tur für Arbeit einen neu­en Paket­dienst gegrün­det hat. Die vor­ge­se­he­nen Löh­ne waren Hun­ger­löh­ne. In der Öffent­lich­keit wur­de der Mann mas­siv dafür kri­ti­siert, dass sein Geschäfts­mo­dell auf Aus­beu­tung beru­he. Wie vie­le sol­cher Betrieb mag es inzwi­schen in Deutsch­land wohl geben? Wer jetzt Min­dest­lohn ruft, der soll sich an die Mög­lich­kei­ten erin­nern, die Ger­hard Schrö­der mit sei­ner Schleu­sen­öff­nung, Agen­da 2010 genannt, geschaf­fen hat. 

Marktüblich, weil wir nichts dagegen unternehmen

Sehr gut, könn­te man sagen, dass wir in durch Coro­na der Bru­ta­li­tät solch markt­üb­li­cher Schi­ka­nen auf die Schli­che gekom­men sind. Dass die­se Art von Wirt­schaf­ten von bestimm­ten poli­ti­schen Par­tei­en in Deutsch­land stets geför­dert wur­de, bringt die Gewiss­heit, dass die­se schreck­li­chen Din­ge kein Ende fin­den. Das geht wei­ter. Und wir dür­fen uns dann wie­der erre­gen. Das ist doch auch schon mal was. Das ist das ein­zi­ge Ver­spre­chen, das wir erhal­ten werden.

Die Par­tei­en, die wirk­lich etwas für die Men­schen tun und gegen die­se grau­en­haf­ten Umstän­de kämp­fen, wer­den wei­ter abge­straft. Ich spre­che von der SPD!

Wenn ich von Hun­der­ten Mil­lio­nen von Wan­der­ar­bei­tern lese, die haupt­säch­lich in Chi­na aber auch außer­halb Chi­nas (Ita­li­en) arbei­ten, um für ihre Fami­li­en das Lebens­not­wen­di­ge zu erar­bei­ten und was ihnen wider­fährt, kann man das ver­mut­lich nicht im Ansatz mit den Lebens­um­stän­den der Bul­ga­ren und Rumä­nen ver­glei­chen, die von Tön­nies und sei­ner Indus­trie aus­ge­beu­tet wer­den. Es macht aller­dings sicht­bar, wie groß die Men­schen­ver­ach­tung des kapi­ta­lis­ti­schen Sys­tems ist. Wenn schon die Kom­mu­nis­ten sowas tun… Nur ist unser Anteil an der Ent­wick­lung in Chi­na mög­li­cher­wei­se ja auch grö­ßer als wir glau­ben. Wel­che nahe­lie­gen­den Zusam­men­hän­ge mit den Aus­wüch­sen des west­li­chen Kapi­ta­lis­mus gibt es? All die ver­län­ger­ten Werk­bän­ke und Join Ven­ture, die von west­li­chen Unter­neh­men dort seit Jahr­zehn­ten eta­bliert wur­den, wer­den nicht fol­gen­los geblie­ben sein.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

10 Gedanken zu „Mein Leid, Dein Leid, unser Leid“

  1. Claudia 131 26. Juni 2020 um 07:56

    Beim Besuch der Dis­coun­ter schaue ich mir immer die lan­gen Fleisch­the­ken an und bin wirk­lich davon ange­ekelt, wie extrem BILLIG das alles ist. Dazwi­schen mini­ma­le Ange­bo­te „bio“ – Hack­fleisch (das vega­ne ist teu­rer), Gulasch, Rum­steak – das wars! 

    Ich glau­be nicht dar­an, dass „wir“ an die­sen Zustän­den schuld sind. Wäre das Fleisch z.B. 30 bis 50% teu­rer, wür­den es die meis­ten immer noch kau­fen. (Viel­leicht nicht ganz so oft, doch geht der Trend und die Gesund­heits­emp­feh­lun­gen sowie­so in die­se Rich­tung). Es könn­te in bes­se­ren Rah­men­be­din­gun­gen für Mensch und Tier her­ge­stellt werden. 

    Der Punkt ist: dann wäre es auf dem „Welt­markt“ nicht mehr so konkurrenzfähig!

    In Deutsch­land sinkt der Fleischkonsum:
    https://​www​.fleisch​wirt​schaft​.de/​w​i​r​t​s​c​h​a​f​t​/​n​a​c​h​r​i​c​h​t​e​n​/​F​l​e​i​s​c​h​k​o​n​s​u​m​-​D​e​u​t​s​c​h​e​-​e​s​s​e​n​-​i​m​m​e​r​-​w​e​n​i​g​e​r​-​3​6​419

    Aber der Export boomt:

    fleisch​wirt​schaft​.de — BRÜSSEL Fleisch­ver­käu­fe in Dritt­staa­ten legen im ers­ten Halb­jahr 2019 um fast zwölf Pro­zent zu. Neu­er Rekord­wert deu­tet sich an.
    https://​www​.fleisch​wirt​schaft​.de/​w​i​r​t​s​c​h​a​f​t​/​n​a​c​h​r​i​c​h​t​e​n​/​E​U​-​F​l​e​i​s​c​h​h​a​n​d​e​l​-​D​e​r​-​E​x​p​o​r​t​-​b​o​o​m​t​-​4​0​046

    Die Pro­du­zen­ten ver­dre­cken hier die Land­schaft (Gül­le, Emis­sio­nen), beu­ten die Arbei­ter aus und „Tier­wohl“ ist den meis­ten egal – um immer mehr Fleisch nach drau­ßen zu exportieren. 

    Ob ich es noch erle­ben wer­de, weiß ich nicht, aber das wird ein Ende haben. Nicht ganz bald, aber spä­tes­tens, wenn das Labor­fleisch mas­sen­pro­du­ziert und erschwing­lich wird. 

    Coro­na hat immer­hin dazu bei­getra­gen, dass jetzt über mehr Regu­lie­run­gen der Pro­duk­ti­ons­be­din­gun­gen nach­ge­dacht wird. Mal schau­en, ob wenigs­tens IRGEND ETWAS dabei her­aus kommt.

  2. Ganz im Gegen­teil zu dir bin ich bereit, für den ers­ten Labor­fleisch­bur­ger 20 Euro zu bezah­len – um das noch pro­bie­ren zu können.

    Ver­ste­he nicht, war­um Leu­te so spon­tan dage­gen sind. Es ist ja kein „che­mi­sches“ Fleisch, son­dern aus ent­nom­me­nen Zel­len in Nähr­flüs­sig­keit indus­tri­ell „erbrü­te­tes“. In Isra­el sind sie im Wett­lauf um das ers­te rich­ti­ge Steak ganz vor­ne dran, weil sie dort auch dran arbei­ten, die rich­ti­ge Mus­kel­fa­ser­struk­tur und Fett­an­teil mit rein zu bekommen!

    Das ist dann zwar weder vegan noch vege­ta­risch, son­dern rich­ti­ges Fleisch, aber es müs­sen kei­ne Tie­re mehr dafür ster­ben. Die Zel­len kön­nen leben­di­gen Tie­ren ent­nom­men wer­den, ohne dass sie lei­den. Und es braucht am Ende natür­lich bei wei­tem nicht mehr so vie­le – lies mal:

    https://​www​.gruen​der​sze​ne​.de/​f​o​o​d​/​a​l​e​p​h​-​f​a​r​m​s​-​i​n​t​e​r​v​i​e​w​-​s​t​e​a​k​-​i​n​-​v​i​t​r​o​?​i​n​t​e​r​s​t​i​t​ial

    Stell dir vor, das gan­ze Elend mit dem Soja-Anbau fürs Tier­fut­ter wäre vorbei.… !!!

    Ich bin kei­ne Vege­ta­rie­rin, son­dern esse noch ab und zu „bes­se­res“ Fleisch – habe aber eine län­ge­re Zeit mal „vegan“ aus­pro­biert, was sehr sehr lehr­reich war. Auf mei­nem Veggie­b­log heißt es nicht umsonst immer schon im Unter­ti­tel „vege­ta­risch, vegan, fle­xi­ta­risch – Haupt­sa­che, die Rich­tung stimmt“. 

    Ich will uns Ver­brau­cher nicht frei spre­chen, son­dern habe ledig­lich mei­nem Pes­si­mus­mus Aus­druck gege­ben. Der Export­an­teil ist von ’95 bis 2019 von 13% auf 48% gestie­gen – da fürch­te ich ein­fach, es ist denen egal, ob wir hier­zu­lan­de weni­ger Fleisch essen., das gleicht der Welt­markt aus.

  3. Claudia 131 26. Juni 2020 um 17:56

    Also dass die GRÜNEN gar nicht an Arbeit­neh­mer den­ken, stimmt ja nun auch nicht. Im neu­en Grund­satz­pro­gramm ist viel Sozi­al­aus­gleich für grü­nen Umbau angedacht!

    Inter­es­sant fin­de ich dei­nen abscheu vor „Labor­fleisch“, den ich nicht nach­spü­ren kann. Es sind natür­lich nur weni­ge Zel­len, die Tie­ren ent­nom­men wer­den – die ver­meh­ren sich dann in der Brut­an­la­ge, meh­re­re Zell­ty­pen auf einem Gerüst (steht alles im Arti­kel, sogar mit Foto). Die „Nähr­flüs­sig­keit“ ist pflanz­lich, sogar das!
    Ich erwar­te, dass die­ses Fleisch nor­ma­lem Fleisch sehr viel eher gleich kom­men wird als das, was der­zeit vegan mög­lich ist. Und mich beein­druckt eben vor allem der rie­si­ge Gewinn, wenn sich das eta­blie­ren würde:

    -> deut­lich weni­ger Vieh­fut­ter-Anbau, kei­ne Soja-Importe,
    -> kaum mehr Nutz­tie­re in Stäl­len, kei­ne Schlach­tun­gen für unser Essen, kein Tierleid
    -> kei­ne mie­sen Arbeits­be­din­gun­gen son­dern clea­ne Bio­fleisch-Brut­an­la­gen mit gut bezahl­ten Fach­kräf­ten, die das Gan­ze steuern
    -> kei­ne Methanem­mis­sio­nen durch Massentierhaltung
    -> sehr viel weni­ger Gül­le, kei­ne Ein­trä­ge mehr ins Grundwasser

    Für soviel Welt­pro­blem­lö­sung könn­test du es ja min­des­tens mal pro­bie­ren, wenns dann mal da ist! 🙂

    ***
    Mir tuts auch leid um die SPD!

  4. Claudia 131 26. Juni 2020 um 18:02

    Noch ein Nachtrag:

    in mei­ner vega­nen Pha­se habe ich gemerkt, dass es eine Wir­kung men­ta­ler Vor­stel­lun­gen auf den Appe­tit auf Fleisch gibt. Wenn man sich lan­ge mit den Nach­tei­len beschäf­tigt und immer wie­der Vide­os von den Lei­den der Nutz­tie­re anschaut, kommt irgend­wann der Punkt, an dem man rohes Fleisch tat­säch­lich als „Lei­chen­teil“ ansieht.

    Ich bin an die­sem Punkt zurück geschreckt, soweit woll­te ich nicht gehen. Aus dem schlich­ten Grund, weil ich nicht „für immer und ewig“ auf alles Fleisch ver­zich­ten woll­te. Das mag bei jun­gen Men­schen leich­ter sein als bei Älte­ren, die schon etli­che Jahr­zehn­te Fleisch geges­sen haben. Was aber kei­ne „Ent­schul­di­gung“ sein soll.

  5. Claudia 131 26. Juni 2020 um 20:14

    Ich woll­te dich nicht „dahin füh­ren“, son­dern erzäh­len, wie es MIR ergan­gen ist. Ich merk­te genau: wenn ich jetzt noch wei­ter so mache, dann wird das ein rich­ti­ger Ekel… das war für mich einer­seits ernüch­ternd (Selbst­er­kennt­nis: ich mag doch nicht GANZ und FÜR IMMER vom Fleisch las­sen), and­rer­seits sehr span­nend, denn es zeigt, dass auch so qua­si-phy­si­sche Emp­fin­dun­gen wie Ekel men­tal zu beein­flus­sen sind. 

    Dem­nach den­ke ich, das gin­ge auch in dei­ne Rich­tung: Wenn immer mehr „Kunst­fleisch“ auf den Markt käme und stän­dig die Vor­tei­le bewor­ben und gelobt wür­den, wür­de sich VIELLEICHT auch die „ein­ge­fleisch­te Abscheu“ vor Kunst­fleisch ver­lie­ren. Mal nur so als The­se, gesamt­ge­sell­schaft­lich gedacht – ich will dich nicht bereden! 🙂

    Wir sind ja gleich alt. ich habe genau mit den­sel­ben Sci­Fis in den 70gern kon­su­miert und natür­lich kenn ich Soy­lent Green! Das ist aber aus Men­schen­lei­chen – und Astro­nau­ten­pam­pe ist nähr­stoff- und platz-opti­miert. Ich wet­te mal, das Kunst­fleisch wird toll!

    Ansons­ten weißt du ja wahr­schein­lich: ich bin durch­aus so „grün“, dass ich den­ke, dass nicht mehr not­wen­di­ger Koh­le-Abbau auf­hö­ren soll­te. Denk­ba­re Nöte der Arbeits­lo­sen las­sen sind lin­dern durch die von dir ange­spro­che­nen Inves­ti­tio­nen in div. For­men des Ausgleichs.

    Ich weiß jetzt das Bei­spiel lei­der nicht mehr, das mich mal sehr beein­druckt hat. Da hat­te jemand die Kos­ten und Sub­ven­tio­nen eines Berg­baus mit allem Drum und Dran berech­net – und das Ergeb­nis war, dass (wenn man Schluss macht) die Beschäf­tig­ten bis zur Ren­te gleich hoch bezahlt wer­den könn­ten und man trotz­dem noch Geld spa­ren wür­de! Ab da hab ich immer weni­ger ver­stan­den, war­um so etwas „nur wegen der Arbeits­plät­ze“ auf­recht erhal­ten wer­den soll.

    Und auch ganz indi­vi­du­ell kann ich mir nicht wirk­lich vor­stel­len, wie man an sol­chen Jobs „hän­gen“ kann… aber das liegt halt an mei­ner Vita als Schreib­tisch- und PC-Workerin.

  6. Anonym 26. Juni 2020 um 20:16

    Ach ja, die Bekann­ten: sie wür­den es aus­pro­bie­ren, das auf jeden Fall.

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