Deutschland muss sich von Polen nicht gängeln lassen.

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Nach 80 Jahren verlangt Polen Reparationsleistungen für die Schäden, die durch den 2. Weltkrieg entstanden sind, in einer Größenordnung von 850 Milliarden Euro.

Die Beziehungen der deut­schen Regierung zur pol­ni­schen waren schon bes­ser. Ob die Verschlechterung dem Umgang der deut­schen Regierung mit den Milliardenforderungen aus Warschau geschul­det ist, ist nicht ein­deu­tig zu sagen. 

Schließlich fällt die aktu­el­le rechts­na­tio­na­lis­ti­sche pol­ni­sche Regierung in man­cher­lei Hinsicht und mit unter­schied­li­chen Dingen unan­ge­nehm auf. Dass die deut­sche Regierung die Forderung zurück­weist, fin­de ich richtig.

Vor 80 Jahren hat Deutschland Polen über­fal­len, jetzt scheint für die natio­nal-kon­ser­va­ti­ve pol­ni­sche PIS-Regierung der rich­ti­ge Zeitpunkt gekom­men zu sein, mas­si­ve Reparationsforderungen an Deutschland zu stellen. 

Polen stellt Reparationsforderung über 850 Milliarden €

850 Milliarden Euro will Polen von Deutschland als Wiedergutmachung für Kriegsschäden. Die in Deutschland bekann­te und stets kri­tisch gegen die deut­sche Regierung ein­ge­stell­te pol­ni­sche Journalistin, Aleksandra Rybinska, behaup­tet in einem Interview mit dem Deutschlandfunk, Polen habe einen mora­li­schen Anspruch auf die­ses Geld. In Deutschland exis­tie­ren dazu unter­schied­li­che Ansichten. 

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Klare Ansagen allen mög­li­chen Themen gab es von Aleksandra Rybinska in die­ser schon 3 Jahre alten Presseclub-Sendung von Phoenix. Frau Aleksandra Rybinska wird eine Nähe zur PIS nach­ge­sagt. Sie bezog auch in der Migrationskrise eine mas­siv kon­trä­re Position zur deut­schen Regierung. 

Zu einem früheren Zeitpunkt soll Polen nicht in der Lage gewesen sein, die Forderung zu stellen. Aber warum jetzt?

Sie erklärt im Interview, dass Polen nach 1990 nicht in der Lage gewe­sen sei, die­se Forderung zu stellen. 

Die dama­li­gen Politiker hat­ten wirk­lich nicht die Möglichkeit, die­se Reparationen ein­zu­for­dern. Polen war poli­tisch schwach, war wirt­schaft­lich schwach, wir kamen gera­de aus dem Kommunismus her­aus. Und ich den­ke, man hat die­ses Thema damals des­halb nicht weiterverfolgt.

Reparationsforderungen an Deutschland – „Moralisch hat Polen einen Anspruch darauf”

Grüne wollen mit Polen verhandeln

Außerdem fin­det Frau Rybinska, dass, wenn die Rede davon sei, dass die Deutschen die­se Reparationszahlen ablehn­ten, dies unzu­tref­fend sei. Es wären näm­lich nicht die Deutschen, son­dern die deut­sche Regierung, die für die Ablehnung der pol­ni­schen Forderungen ste­he. Da erkennt man sofort, wie Frau Rybinska agi­tiert. Ist das die Aufgabe einer Journalistin? Das fra­gen doch Rechte immer so beson­ders gern, wenn Pressevertreter Meinungen ver­tre­ten. Wie auch immer, sie kennt die Reflexe der deut­schen Rechten. Schließlich hat sie 2015 ff von ihr viel Lob für ihre Haltung in der Flüchtlingskrise erhal­ten. Damit kann man arbei­ten, denkt sie wohl. Aber die pol­ni­sche Forderung fin­det nur bedingt posi­ti­ve Resonanz. Das ist jeden­falls mein Eindruck.

Die Grünen sind bei­spiels­wei­se für Verhandlungen mit Polen und haben kon­struk­ti­ve Vorschläge dazu gemacht. Außerdem gibt es natür­lich ein paar Lobbygruppen und Personenkreise, die aus Gründen ein Interesse an sol­chen Verhandlungen haben werden.

Da wird sich natür­lich auf etli­che Verträge beru­fen von 1953, dann natür­lich der Zwei-plus-Vier-Vertrag und der Vertrag über die gute Nachbarschaft, wo Polen, das damals bank­rott war, poli­tisch und wirt­schaft­lich, die­ses Thema tat­säch­lich nicht ver­folgt hat.

Reparationsforderungen an Deutschland – „Moralisch hat Polen einen Anspruch darauf”

Die unglaub­li­che Forderung der Polen ist nur Teil eines erheb­li­chen grö­ße­ren Konfliktes, in dem es noch um eine Reihe wei­te­rer Punkte geht. Der pol­ni­sche Präsident Duda von Kaczynskis Gnaden wird ein wenig ner­vös, weil er im ers­ten Wahlgang nicht die nöti­ge abso­lu­te Mehrheit zur Wiederwahl erlangt hat. Deshalb greift er das Haus Springer an, in dem er dem in Warschau akkre­di­tier­ten Journalisten, Philipp Fritz, und dem Springer-Verlag selbst Beeinflussung der Präsidentschaftswahlen vor­wirft. Ein Vorgang, den der Chefredakteur der „Welt”, Ulf Poschardt, heu­te ent­spre­chend gewür­digt hat. 

Besuche bei Freund Donald

Duda war kürz­lich bei sei­nem Freund, Donald Trump, in Washington. Es schien mir befremd­lich, dass der Mann als ers­ter Staatspräsident nach den Corona-Grenzschließungen ins Weiße Haus ein­ge­la­den wur­de. Dass die­ses Treffen zeit­lich ganz her­vor­ra­gend zu Trumps Tiraden gegen Deutschland bzw. Kanzlerin Merkel pass­te, wird nicht nur mir selt­sam vor­ge­kom­men sein. Dass die 9.500 US-Soldaten vor­aus­sicht­lich nach Polen umzie­hen wer­den, dürf­te bei die­sen viel­leicht nicht so gut ankom­men, wie bei Duda, Kaczynski und der PIS. OK, das war etwas gemein.


Was gegen polnische Regelverstöße unternehmen?

Innerhalb der EU ist Polen eines der Länder, die trotz der fest­ste­hen­den Regelverstöße (ich mach den Begriff Werte schon gar nicht mehr im Zusammenhang mit der EU in den Mund neh­men), die aus den Finanztöpfen der EU die höchs­ten Anteile erhält. Da Deutschland einer der größ­ten Nettozahler der EU ist, ist unser Anteil in den letz­ten Jahrzehnten gewal­tig gewe­sen. Ich fin­de schon, dass es ist für den Einfluss eines Landes in einer Staatengemeinschaft eine Rolle spie­len soll­te, wie das abso­lu­te Ranking (finan­zi­el­le Beiträge) des Landes im Vergleich zu den ande­ren Mitgliedsstaaten aus­schaut. Dass die Prokopf-Leistungen eini­ger weni­ger klei­ne­rer Länder, wie ja gern betont wird, höher sind, darf in die­ser Erzählung eine Rolle spie­len. Nur nicht die bestimmende!

Dass Deutschland (als Land) von der EU stär­ker pro­fi­tiert als ande­re ist auch wahr. „Deutschland geht es gut”, mag bis Corona durch­aus zutref­fend gewe­sen sein. Die Unternehmen haben pro­fi­tiert, die Mitarbeiter:innen aber bestimmt nicht in dem Maße, in dem es fair und rich­tig gewe­sen wäre.

Wissenschaftlicher Dienst sagt: nein!

Ich mache mir nicht die Mühe, die Zahlen her­aus­zu­su­chen. Jedenfalls ist mein Urteil im Hinblick auf die Behandlung Polens und die dreis­te Forderung nach bis zu 850 Milliarden Euro für Reparationsleistungen in die­sem Kontext zu betrach­ten. Der wis­sen­schaft­li­che Dienst des Bundestages hat 2019 bereits fest­ge­stellt, wie er die Angelegenheit beurteilt. 

Deutschland als Geldspeicher für die EU

Wie schnell die Illusionen von guter Nachbarschaft ver­puf­fen kön­nen, sieht man an die­sem Beispiel. Da es in eini­gen Ländern Osteuropas lei­der Veränderungen des poli­ti­schen Systems mit auto­kra­ti­scher Tendenz gibt und die EU kei­nes die­ser Länder wirk­sam sank­tio­nie­ren kann, bleibt als letz­ter Ausweg nur die Möglichkeit, dass Deutschland aus der EU aus­tritt. Da die Briten als bedeu­tends­ter Partner der Deutschen für eine ver­nünf­ti­ge Finanzpolitik aus­fal­len und die Niederländer, Österreicher, Dänen und Schweden nicht über den nöti­gen Einfluss ver­fü­gen, könn­te sich ein sol­ches Szenarium in Zukunft als rea­lis­ti­scher erwei­sen, als das im Moment noch den Anschein hat. Nach der Corona-Krise wird sich das mög­li­cher­wei­se viel schnel­ler erwei­sen, als wir im Moment denken.


Update: 06.07.2020: Immerhin, die Bundesregierung ist besorgt. Link: Polen: Deutsche Politiker besorgt nach Präsident Dudas Angriff auf WELT-Journalist – WELT

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5 Gedanken zu „Deutschland muss sich von Polen nicht gängeln lassen.“

  1. Ich fin­de die­se Forderungen voll­kom­men maß­los und unge­recht­fer­tigt. Es kann nicht sein, dass Hinz und Kunz jetzt um die Ecke kom­men und Forderungen stel­len für Vorgänge, die über 70 Jahre her sind. Wenn man die Sache wei­ter­denkt, könn­ten ganz vie­le Staaten auf der Welt irgend­wel­che abstru­sen Forderungen an ande­re Staaten stel­len, z.B. Argentinien an GB wegen Falkland, Österreich an die Türkei, Namibia an Deutschland, Israel an den Rest der ara­bi­schen Welt, Europa an das Heilige Römische Reich usw.

    Wenn Polen damals zeit­nah Reparationen ein­ge­for­dert hät­te, wäre das eine Überlegung wert gewe­sen. Aber nicht 70 Jahre spä­ter mit faden­schei­ni­gen Begründungen. Und wenn man sich die­se pol­ni­sche Regierung anschaut, die sich aus der EU das Beste her­aus­holt und nichts zurück­gibt, dann weiß man, woher der Wind weht. Populisten der übels­ten Sorte, die sich berei­chern wol­len. Nope. So nicht. Zumal das Ganze kei­ne sach­li­che Diskussion ist, son­dern purer Populismus, um der pol­ni­schen Bevölkerung den „star­ken Mann” vor­zu­spie­len. Zumal sich wahr­schein­lich nur die Kaczinkys berei­chern wür­den und Herrn Duda allen­falls ein Häppchen davon abge­ben wür­den, damit er sich eine neue Einbauküche und einen neu­en Pool kau­fen kann. Die pol­ni­sche Bevölkerung wür­de davon gar nichts sehen. 

    Antworten
    • Nachtrag: Deiner Theorie, dass Deutschland aus der EU aus­tritt, um künf­ti­gen Problemen aus dem Weg zu gehen, fol­ge ich nicht.

      Großbritannien hat ein­drucks­voll bewie­sen, was pas­siert, wenn man aus einer star­ken Gemeinschaft aus­tritt: abso­lu­tes Chaos, über­all. Außerdem hat Deutschland in der EU eine star­ke Position, sodass sol­che Forderungen wie die im Artikel genann­te an uns abperlen.

      Gerade dann, wenn man aus der EU aus­tre­ten wür­de, wäre man als Staat ziem­lich hilf­los. Der Vorteil, Mitglied einer gro­ßen Gemeinschaft zu sein, besteht ja auch dar­in, dass man die ande­ren Mitglieder ver­pflich­ten kann, soli­da­risch zu sein, wenn sie es nicht von sich aus sind. Dass die­se Forderung nach Solidarität noch nicht nach­drück­lich ein­ge­for­dert wur­de (s. Flüchtlingskrise), ist in der Tat ein Riesenproblem. Ich wün­sche mir jeden­falls eine star­ke EU, die für die Mitgliedsländer da ist und China und den USA die Stirn bie­ten kann – denn das wird in Zukunft wich­ti­ger sein als jemals zuvor. Die Prozesse, wie die­se Solidarität ein­zu­for­dern ist und was bei Nichtbeachtung pas­siert, müs­sen ver­bind­lich fest­ge­legt wer­den, das stimmt. Aber das ist zu schaf­fen. Ich set­ze da übri­gens gro­ße Erwartungen in die deut­sche Ratspräsidentschaft.

      Ein Deutschland, das nicht mehr Teil der EU ist, wäre nur noch ein Spielball zwi­schen den Großmächten. Das gilt es zu ver­hin­dern. Wird zwar den D‑Mark-Romantikern nicht schme­cken, ist aber nun mal die Realität im 21. Jahrhundert.

      Man soll­te es umge­kehrt machen: alle GröPaZ-arti­gen Kronprinzen, die ver­su­chen, den star­ken Mann zu mar­kie­ren und sich einen Dreck um die gemein­sam erar­bei­te­ten Werte sche­ren, abmah­nen, sank­tio­nie­ren und zur Not der EU verweisen! 

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