Es wirkt schon seltsam, wie eindeutig Putins Schuld am Mordanschlag auf Nawalny dargestellt wird. Jedenfalls, wenn man deutschen Journalisten und Politikern folgt. Eindeutige Schuld wird immer festgestellt, wenn es um Russland geht. Bei anderen Partnern ist man deutlich stiller. Andererseits gab es in der Vergangenheit immer wieder AnschlÀge auf Journalisten und politische Gegner, die nie im polizeilichen oder juristischen Sinne aufgeklÀrt wurden. Ob der Verdacht gegen den Kreml und Putin nur aus diesen Erfahrungen heraus entstanden ist?
Um ehrlich zu sein, ich weiĂ heute nicht, wem ich glauben soll. Nach Sympathie oder Antipathie kann es nicht gehen, auch wenn das bei vielen so zu sein scheint.
Auf Beweise warten?
Allein die Fakten- bzw. Beweislage sollte hinreichend klar sein, bevor ĂŒber Konsequenzen geredet werden kann. Aber ist kommen wir zu Fakten und Beweisen? Putins Leute weisen alle Anschuldigungen des Westens mit zum Teil haarstrĂ€ubenden BegrĂŒndungen zurĂŒck. Im Fall Nawalny beschuldigten russische Politiker aus dem Putin-Lager jetzt sogar die Deutschen, Nawalny vergiftet zu haben.
Die russische Website diffamiert die Gruppe der Nawalny â UnterstĂŒtzer und verweist dafĂŒr sogar auf einen unabhĂ€ngigen deutschen Zeugen.
Einen Link auf Artikel der deutschsprachigen russischen Propaganda brauche ich hier nicht zu posten. Auch weiĂ jeder, dass die AfD die Russen mit ihren LĂŒgen und nationalistischen Sichten kollaboriert. Widerlich, aber nicht zu Ă€ndern. Es ist schlimm, dass solche Hetzpropaganda wie RT deutsch und andere nicht abgeschaltet werden. Viel zu klar ist lĂ€ngst, dass es eine Menge von Idioten in diesem Land gibt, die den Meldungen der Propaganda-Schleudern eher glauben, als unseren Medien oder Politikern. Einen Grund wird das haben. Ob dieser nur in einer verqueren geistigen Vordisposition liegt? Ich weiĂ es nicht.
Propaganda auf beiden Seiten?
Jedenfalls behaupte ich, dass bei solchen âQuellenâ von demokratiezersetzender Wirkung auszugehen ist. Die russischen Verantwortlichen verfolgen eindeutig das Ziel, diese Demokratie zu destabilisieren. Das erklĂ€rt fĂŒr mich auch die NĂ€he zur AfD, die exakt auch dieses Ziel verfolgt. Mir ist die Zahl von Idioten, die da regelmĂ€Ăig lesen und selbst krudesten Sichtweisen applaudieren, zu hoch. Dabei hab ich sie natĂŒrlich nie gezĂ€hlt. Wer kennt zuverlĂ€ssige Klickzahlen dieser Seiten? Wer weiĂ, ob die nicht auch in der Lage sind, ihre Mediadaten so zu frisieren, dass auch dabei ein entsprechender IrrefĂŒhrungszweck erfĂŒllt ist?
Die Unsicherheit kann nicht ausgerĂ€umt werden, weil Russland einfach alles dafĂŒr tun wird, mögliche Verstrickungen Putins und des Kremls zu verschleiern (und mitunter sogar Gegenteil davon zu behaupten â Nawalny). Merkels deutliche Aufforderung an die Russen, die VorgĂ€nge um das Attentat gegen Nawalny aufzuklĂ€ren, ist richtig. Dass aus Russland zu hören ist, dass bisher nicht einmal eine staatsanwaltschaftliche Untersuchung eingeleitet wurde, sagt andererseits viel ĂŒber das âInteresseâ der russischen Seite an AufklĂ€rung.
Die Russen verbieten sich jede Einmischung des Auslandes in innere Angelegenheiten. Das ist legitim. Dass Sie allerdings gleichzeitig Websites wie Sputnik oder rt Deutsch in Deutschland ihre beschissene Propaganda-Maschinerie betreiben, ist nach meinem DafĂŒrhalten ein Widerspruch, ĂŒber den man fast lachen könnte, wenn es nicht so ernst wĂ€re.
Putins Macht
Ăndern wird sich an der Machtpolitik Putins sicher auch dann nichts, wenn wir das vielleicht schĂ€rfste Schwert ziehen wĂŒrden, das uns in diesem Fall ĂŒberhaupt zur VerfĂŒgung steht. Merkel will am Pipeline â Projekt North Stream 2 jedoch festhalten. Interessant, wie eindeutig sich der Vorsitzende des AuĂenausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen, sich dazu positioniert. Er stand immer schon auf dem Standpunkt, dass dieses Projekt nicht umgesetzt werden sollte. Folgerichtig fordert er nun erneut, North Stream 2 einzustellen. Vor dem Hintergrund dieser AffĂ€re wĂ€re das die letzte Gelegenheit, das innerhalb der EU umstrittene Projekt endgĂŒltig zu beerdigen. DafĂŒr, dass dies tatsĂ€chlich passieren wird, spricht aber nicht viel. Ich wĂŒsste zu gern, welche Interessen da bei Merkel mitspielen.
Daran, unsere Versorgung mit Gas sicherzustellen, wird es nicht liegen. Unsere bisherigen BezĂŒge von Erdgas aus Russland sind bereits jetzt recht massiv (ca. 1/3 % unseres Bedarfs). Wir könnten, wie Röttgen gestern im TV-Interview sagte, auf den Ausbau russischer Gaslieferungen (dann gegen 60%) verzichten, weil die Erdgaspreise derzeit sehr gĂŒnstig wĂ€ren. Das Argument verstehe ich deshalb nicht, weil das zum einen nicht so bleiben muss und zum anderen die USA als Ersatzlieferant angesichts der massiven Einmischung der dortigen Regierung, wohl nicht ernsthaft infrage kommen sollte!
Deutsche Optionen und die der EU
In den Medien wird so getan, als mĂŒsse Merkel allein schon aufgrund des deutschen EU-Ratvorsitzendes jetzt aber mal was gegen Russland unternehmen. Sie soll was finden, was Putin aber mal so richtig weh tut. Was fĂ€llt einem da auĂer Nord Stream 2 ein? Sanktionen gegen die Elite des Kreml? Gibts die nicht schon? Mir wĂŒrde es gefallen, wenn wir zuerst mal die schon erwĂ€hnten russischen Propaganda-Plattformen im Land ausknipsen wĂŒrden. Wenn wir die Profiteure des Putin-Regimes belangen, ist das nichts gegen zu sagen. Aber dann denkt bitte auch an Gerhard Schröder und andere Deutsche, die mancherlei Hinsicht Wirkung entfalten.
Heute melden sich schon die ersten Experten, die von Sanktionen, mit denen deutsche Wirtschaftsinteressen beeintrĂ€chtigt werden könnten, dringend abraten. Es ist wie immer. Wenns den eigenen Kapitalisten ans Geld geht, scheiden von vornherein bestimmte MaĂnahmen (Sanktionen) aus. Das lĂ€uft auch im Fall der immer dreister auftretenden Chinesen so. Sobald deutsche Wirtschaftsinteressen tangiert sind, haben die Politiker einen stark verengten Handlungsspielraum. Weshalb manche deutsche Journalisten andererseits so tun, als hĂ€tten wir oder die EU irgendwas gegen solche Diktaturen, die ja ĂŒberdies ĂŒber riesige militĂ€rische Reserven verfĂŒgen, irgendwas zu melden, bleibt mir schleierhaft.
Unsere StĂ€rke liegt allein im Bereich der Wirtschaft. Wenn wir diese StĂ€rke nicht einsetzen, weil die Kapitalisten auf die dortigen MĂ€rkte (Russland, China etc.) schielen, ist unser Spielraum nicht existent. Die Politik wiederum sollte so verstĂ€ndig sein, dass sie uns BĂŒrgerInnen nicht etwas vorgaukelt, das sie (ob nun mit oder ohne die EU) nie realisieren wird.
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