Dem Wutanfall wegen Thüringen sollte eine Einsicht folgen

Mit Aus­gren­zen der AfD ist es in Thü­rin­gen nicht mehr getan.

4 Minute/n


Merken

5

Ich habe einen Wut­an­fall gehabt, als ich heu­te erfuhr, was in Thü­rin­gen pas­siert ist. CDU, FDP und – natür­lich! – die AfD haben ein Kom­plott zu einem vor­erst erfolg­rei­chen Coup gemacht.

AfD aus dem Häuschen, der Rest ist irgendwie bedient

Die AfD, ihre Wäh­le­rIn­nen und Unter­stüt­ze­rIn­nen sind heu­te völ­lig aus dem Häus­chen. Aber was haben sie ande­res gemacht, als die lei­der übli­chen poli­ti­schen Tricks zum Nach­teil ihrer poli­ti­scher Geg­ner anzu­wen­den? Poli­tik ist bekannt­lich ein schmut­zi­ges Geschäft. Man­che erset­zen das Wort Poli­tik gegen Demo­kra­tie. Die Demo­kra­tie wird beschä­digt durch Machen­schaf­ten sol­cher Art.

Wir lie­fern den Vor­wand. Wenn wir unse­re demo­kra­ti­schen Wer­te beschwö­ren und gleich­zei­tig alles dar­an set­zen, die AfD und ihre Metho­den zu bekämp­fen, respek­tie­ren wir oft genug unse­re eige­nen Regeln nicht (mehr). Ja, frü­her ™ war es anders. Auch wenn es schon immer hieß, dass Poli­tik ein schmut­zi­ges Geschäft ist.

Millionen Wähler der AfD

Die AfD wur­de von Mil­lio­nen Wahl­be­rech­tig­ten gewählt. Dass all die­se Men­schen sich für eine sol­che Par­tei und das wofür sie und ihrer Spit­zen­per­so­nal ste­hen, mag man als schlimm und besorg­nis­er­re­gend betrach­ten. Es ist auch legi­tim, Par­tei und Funk­tio­nä­re mit poli­ti­schen Mit­teln zu bekämpfen. 

Dass Par­tei und Wäh­ler von einer gro­ßen Mehr­heit nicht respek­tiert wer­den, ist einer­seits ok. Aber dass die AfD-„Programmatik“ von so vie­len Men­schen als mög­li­che Alter­na­ti­ve dem bestehen­den Poli­tik­be­trieb vor­ge­zo­gen wird, ist schwie­rig, manch­mal schwer erträglich.

Wir haben uns, wenn man so möch­te, in Deutsch­land mit der 5% Hür­de jahr­zehn­te­lang erfolg­reich geschützt. Inzwi­schen ist die Par­tei­en­land­schaft aber so zer­klüf­tet, dass uns die­ser Schutz vor radi­ka­len Mei­nun­gen nicht mehr schützt. 

Der Stel­len­wert der ehe­ma­li­gen Volks­par­tei­en hat sich ver­flüch­tigt. Die Ten­denz könn­te sich noch verstärken. 

Genug andere Probleme

Wenn wir nicht wol­len, dass sich die beträcht­li­chen Pro­ble­me unse­rer Gesell­schaft nicht noch wei­ter ver­grö­ßern, wer­den wir ande­re Mög­lich­kei­ten des Umgangs mit der AfD und ihren Wäh­lern fin­den müs­sen. Ein­fach aus­gren­zen ist zu wenig, und es ist kontraproduktiv.

Vor­aus­set­zung könn­te eine gute, trans­pa­ren­te und ehr­li­che Poli­tik sein, die gleich­zei­tig deut­lich macht, wie limi­tiert in Wahr­heit die Mög­lich­kei­ten der AfD zur Poli­tik­ge­stal­tung sind. 

Weniger Feindbilder

Wenn der AfD die Feind­bil­der aus­ge­hen (Altparteien/​Systemmedien) und sie sich weni­ge ver­blei­ben­de Fein­de wie Aus­län­der oder Kli­ma­schüt­zer kon­zen­trie­ren, wird ihre gan­ze Kläg­lich­keit sehr viel deut­li­cher und ihr Wir­kungs­grad stär­ker beschränkt, als durch ein sol­ches Lamen­to, wie wir es heu­te allent­hal­ben wie­der erlebt haben. 

Wenn wir unse­re Posi­tio­nen klar defi­niert haben und die­se offen­siv ver­tre­ten, kön­nen uns die­se Leu­te weni­ger anha­ben als zur­zeit. Uns dar­auf beschrän­ken zu wol­len, mit Faschis­ten und Nazis nicht zu reden und mög­lichst aus einem öffent­li­chen Dis­kurs her­aus­zu­hal­ten, ist nicht zielführend. 

Die AfD ist nicht die NSDAP und unse­re Gesell­schaft ist in keins­ter Wei­se mehr mit der zu ver­glei­chen, die die Wei­ma­rer Repu­blik sehen­den Auges zer­stör­te. Wir soll­ten mit Blick auf unse­re Demo­kra­tie selbst­be­wuss­ter sein und uns von die­sen Rat­ten­fän­gern nicht die But­ter vom Brot neh­men lassen. 

Was ist in Thü­rin­gen schon pas­siert? Mit poli­ti­schen Tricks haben kon­ser­va­ti­ve (bür­ger­li­che?) Par­tei­en einen Coup gelan­det. Wäre es ange­mes­sen, nun von Abspal­tung oder von Rück­trit­ten zu reden oder soll­ten wir ein­fach mal durch­at­men und abwar­ten , wie weit die­se „bür­ger­li­chen“ Par­tei­en im All­tags­ge­schäft kom­men? Dann kann es Neu­wah­len geben, die Thü­rin­gen hof­fent­lich hand­hab­ba­re Mehr­hei­ten besche­ren wird. 


Bild von navallo auf Pixabay

Diesen Beitrag teilen:
0CDD5CFF 182F 485A 82C6 412F91E492D0
Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Demokratie Gesellschaft Linke Politik Ramelow Thüringen Wahlen

Quelle Featured-Image: Standardbild...

Letztes Update:

Anzahl Wörter im Beitrag: 583
Aufgerufen gesamt: 46 mal
Aufgerufen letzte 7 Tage: 5 mal
Aufgerufen heute: 1 mal

5 Gedanken zu „Dem Wutanfall wegen Thüringen sollte eine Einsicht folgen“

  1. Defi­ni­tiv, Horst, Druck erzeugt Gegen­druck. Und wei­ter könn­te ich mir vor­stel­len, das gera­de in dem Ver­such der Alt­par­tei­en, die AfD zu dis­kre­di­tie­ren, in man­chen Bür­gern ein Schutz­me­cha­nis­mus zu Guns­ten der Ange­grif­fe­nen ein­setzt. Hin­zu­kom­mend, das die Demo­kra­tie und ihre Regeln, die von den Alt/​Volksparteien so vehe­ment ein­ge­for­dert wer­den, gera­de von die­sen dabei selbst nicht ein­ge­hal­ten werden. 

    Nach­denk­lich macht schon, dass die Par­tei­en „noch immer“ kei­ne Stra­te­gie gefun­den haben, die den Auf­wärts­trend der AfD stopt. Das ist kein Zeug­nis von Kom­pe­tenz. Das macht schon etwas miss­trau­isch im Hin­blick auf die ande­ren Kom­pe­ten­zen. Und die Amts­hand­lun­gen von Hr. Scheu­er waren auch nicht son­der­lich geeig­net, die­se Fra­gen zu verwerfen.

    Und mit wem muss gere­det wer­den? Sicher­lich nicht mit Hr. Höcke, den umzu­stim­men bestimmt extrem schwer wer­den wird. Gere­det wer­den muss mit den Wäh­lern von Hr. Höcke. Das ist müh­sam. Das ist unbe­quem. Das ist Arbeit. Da muss neben über­zeug­ten Enga­ge­ment auch per­sön­li­che Frei­zeit ein­ge­bracht wer­den. Hhm…., wie­viel Bür­ger wer­den sich dafür fin­den lassen?

    Ob wir das aus­sit­zen soll­ten bis erkannt wird, wie limi­tiert die Wahr­heit und die Mög­lich­kei­ten der AfD sind, weiß ich nicht. Im bes­ten Fall könn­ten sie wirk­lich limi­tiert sein. Es könn­te aber auch anders sein, und zwar ganz anders, als wir uns das heu­te vorstellen.

  2. Heike 2 6. Februar 2020 um 06:12

    Ich fra­ge mich, ob es nicht aus­rei­chend Gesetz­te gibt oder was unse­re Staats­rech­ter tun …
    Wie kann ein Mensch (Höcke) – der u.a. im Land­tag Faschist genannt wer­den darf – da sitzen?
    Wie kann so eine Par­tie hier erlaubt sein? Das ist mir abso­lut unverständlich!
    Schein­bar haben die Poli­ti­ker und Juris­ten nichts dazu gelernt! :-/

  3. Heike 2 6. Februar 2020 um 06:15

    Ergän­zung:
    Was da ges­tern pas­siert ist, ist lei­der nach gel­ten­dem Recht pas­siert und alles legal – das ist das schlim­me, die Poli­tik hät­te viel eher gegen­steu­ern müs­sen dass eine Rechts­par­tei gar nicht erst gewählt wer­den darf!

Lass deinen Gedanken freien Lauf


Hier im Blog werden bei Abgabe von Kommentaren keine IP-Adressen gespeichert! Deine E-Mail-Adresse wird NIE veröffentlicht! Du kannst anonym kommentieren. Dein Name und Deine E-Mail-Adresse müssen nicht eingegeben werden.


✅ Beitrag gemerkt! Favoriten anzeigen
0
Share to...
Your Mastodon Instance