Weihnachten und der Coronastunk

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von Horst Schulte

Lesezeit: 3 Min.

Obwohl ich Weihnachten sehr mag, scheint mir in Sachen «Corona» die Konzentration der Politik auf das christ­li­che Fest etwas über­trie­ben. Vielleicht woll­te Lamya Kaddor ges­tern bei «Maischberger, die Woche» aus ihrer Sicht dar­auf auf­merk­sam machen?

40% der Bevölkerung gin­ge Weihnachten nichts an, mein­te Kaddor. Gemeint sind die Menschen, die kei­ne Christen sind, die also ihrer Kirche den Rücken gekehrt haben und die ande­ren Religionen ange­hö­ren. Es ist nicht falsch dar­auf hin­zu­wei­sen. Ob das aber die rich­ti­ge Gelegenheit für die­se Aussage war? Oder stör­te es mich etwa, dass eine Muslima die­se Wahrheit aus­ge­spro­chen hatte?

Affront gegen Christen?

Ich fand es unge­schickt, dass Kaddor die­ses Argument als ers­tes Statement raus­hau­te. Es wird nicht weni­ge geben, die ihre Aussage als Affront gegen christ­li­che Werte miss­ver­ste­hen wol­len und die Muslimen unter­stell­ten Zuschreibungen bestä­tigt sehen.

Es sind vie­le, die Weihnachten fei­ern, obwohl sie kei­ner Religionsgemeinschaft mehr ange­hö­ren. Auch nicht unbe­dingt in dem Sinne, in dem es unse­re christ­li­chen Kirchen viel­leicht gern sehen wür­den. Ich ken­ne eini­ge mus­li­mi­sche Familien, die ihren Kindern zulie­be sogar Christbäume im Wohnzimmer auf­ge­stellt haben. Das ist kein Akt ver­such­ter Integration oder gar von Assimilation. Diese Menschen kön­nen dem Gefühl, das sich zu Weihnachten bei vie­len wäh­rend die­ser Zeit ein­stellt, etwas abge­win­nen. Das geht auch ohne reli­giö­se Bezüge. 

Wer lan­ge in christ­lich gepräg­ten Regionen lebt, wird bestimm­ten kul­tu­rel­len Eigenarten nicht bloß gleich­gül­tig oder gar feind­se­lig gegen­über­ste­hen. Wenn mus­li­mi­sche Kinder – selbst, wenn es «nur» der Geschenke wegen wäre – ihre Eltern zum «Weihnachten fei­ern» über­re­den, fin­de ich das schön. 

Lockerungen aus­ge­rech­net zu Weihnachten

Solche Gedanken füh­ren auto­ma­tisch zu dem, was deut­sche Politiker sich dabei gedacht haben, den Fokus für etwa­ige Lockerungen vom lei­der auch wei­ter­hin nöti­gen Shutdown auf die Feiertage zu lenken. 

Schließlich lei­den wir alle! Viele möch­ten gern mit ihren Familien fei­ern. Vor allem des­halb, weil das Tradition ist. Viele Familien, die das Leben in alle Winde zer­streut hat, tref­fen sich unter gro­ßem zeit­li­chem Aufwand zu Weihnachten. Sie machen es mög­lich, ihre engs­ten Verwandten, viel­leicht sogar nicht nur die engs­ten und die Freunde zu sehen, um mit ihnen gemein­sam zu feiern. 

Wenn unse­re Regierungspolitiker so reden und damit unver­meid­li­cher­wei­se sofort vie­le von die­sen Dummschwätzern (unter Journalisten und Oppositionspolitikern) ver­är­gern, die für deren Politik nichts übrig­ha­ben, als über­flüs­si­ge, sinn­lo­se und all­zu oft objek­tiv unge­recht­fer­tig­te Kritik, wür­de ich mir wün­schen, wenn die­je­ni­gen nur eine Woche lang die­se ein­sa­men Entscheidungen zu tref­fen hät­ten, die vie­le Politiker in die­sen schlim­men Zeiten seit nun­mehr über acht schwe­ren Monaten tref­fen müssen. 


Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe auf dem Land.

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Artikelinformationen

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8 Gedanken zu „Weihnachten und der Coronastunk“

  1. Muss ich wis­sen, wer Lamya Kaddor ist? Nein, ist eigent­lich völ­lig ohne Belang.

    Völlig klar ist aber, dass es 100% von Lamya Kaddor nichts angeht, wie ich als (Nicht-mehr-) Christ zu Weihnachten als Festlichkeit stehe.

    (Und das war eigent­lich schon viel zu viel Statement zu die­sem unmaß­geb­li­chen Anlass…) 😉

  2. Ich bin völ­lig bei dir, mich nervt das auch und ich lese die­se Artikel kaum noch!
    Da gibt es – abseits der extre­men Schwurbler – jene, die die Beschränkungen der Grundrechte exzes­siv anpran­gern (obwohl das Gesetzt doch eine Reaktion auf die Kritik war, dass nichts Genaues recht­lich fest­ge­schrie­ben sei) und jene, die einen län­ger­fris­ti­gen «Plan» for­dern, der Sicherheit und Perspektive schaf­fe. Wie soll das denn gehen? 

    Andrerseits mal zu Berlin, das die bun­des­wei­te Regel «10 Personen» nicht mit­macht wegen hoher Inzidenz:

    «Demnach sol­len sich in Berlin über die Feiertage maxi­mal fünf Personen zu pri­va­ten Zusammenkünften tref­fen dür­fen, hin­zu kom­men Kinder im Alter bis 14 Jahren. Während sich im Dezember nur Personen aus zwei Haushalten tref­fen dür­fen, kön­nen es an den Fest- und Feiertagen mehr als zwei Haushalte sein. Kinder bis 12 Jahren sind davon ausgenommen.»

    Da kann ein Paar mit Kindern also nicht mal bei­de Großeltern emp­fan­gen. Oder ein Paar mit 2 erwach­se­nen Kindern darf deren Ehepartner nicht mit ein­la­den, wohl aber die Enkel. 

    Angesichts der Tatsache, wie wich­tig vie­len ihre Weihnachtstraditionen sind, glau­be ich nicht, dass man staat­lich so enge Beschränkungen durch­set­zen kann oder auch nur soll­te. Wer nicht von selbst aus Angst vor Ansteckung die­ses Jahr mit weni­ger Verwandten fei­ert (und ich den­ke, das ist die Mehrheit) wird sich einen feuch­ten Kehrricht drum sche­ren! Und sich nur noch mehr drü­ber auf­re­gen, was dem Staat eigent­lich einfällt…

    Weil das alles ja immer wie­der mit der Lage in den Krankenhäusern begrün­det wird (ist zwin­gend, klar!), fin­de ich es alles in allem doch höchst kri­tik­wür­dig, dass unse­re Regierenden nicht wil­lens sind, hier wesent­lich etwas zu ändern. 

    Spahn reist her­um, um aus­län­di­sche Pflegekräfte anzu­heu­ern, die dort doch auch gebraucht wer­den. Tatsächlich die Arbeitssituation zu ver­bes­sern (ande­rer Schlüssel, mehr Pflegende, bes­se­res Gehalt und Arbeitszeiten, Werbung für die Ausbildung und auch deren Verbesserung) scheint nicht auf dem Schirm zu sein!

    So drängt sich der Verdacht auf, dass es als höhe­rer Wert ange­se­hen wird, die Profite im Gesundheitswesen nicht zu schmä­lern, was ja wg. viel­fa­cher Privatisierung der Fall wäre, wenn mehr Pflegende vor­ge­schrie­ben wären!

  3. Ein sehr schö­nes Theme übri­gens! Schöne Schrift, und die Prominenz des Blogroll-Buttons finch ich beson­ders toll.

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