Joe Biden möchte die Gesellschaft zusammenführen, beginnt jedoch genauso wie sein unseliger Vorgänger. Er macht mithilfe von Erlassen die Dinge rückgängig, für die Trump von seinen Gegnern kritisiert wurde. Auch er hangelte sich von Erlass zu Erlass. Wir erinnern uns an die Textseiten, die er grinsend und selbstzufrieden in die Kameras hielt. Sein Namenszug reichte beinahe über die komplette Seite.
Joe Biden macht das anders. Inhaltlich stellt sich dennoch die Frage, wie er mit diesen Maßnahmen glaubt, sein Versprechen, diese massiv gespaltene Gesellschaft wieder zu heilen, einhalten zu können.
Andererseits ist klar, dass es sich gerade dabei um die Punkte handelt, die Bidens Politik von der Trumps unterscheiden. Wenn die Europäer jubeln, dass die USA unter Biden dem Pariser Klimaabkommen wieder beitritt, ist das – auch angesichts der erzielten bescheidenen Erfolge – skeptisch zu sehen. Die Trumpisten werden Bidens Vorgehen als Provokation sehen.
Da simmer dabei
Trump hat den US-Corona-Experten Anthony Fauci als „Panikmacher“ kritisiert. Er deutete zuletzt an, ihn zu feuern. Biden schickt den Mann gleich zur ersten WHO-Sitzung nach seiner Amtsübernahme. Ich erinnere mich, wie die Anhänger Trumps Fauci beschimpft, verunglimpft und bedroht haben. Bidens Vorgehen werden Trumpisten als Provokation empfinden. Trump über Fauci:
»Die Leute haben es satt, Fauci und diese Idioten zu hören, all diese Idioten, die Fehler gemacht haben.«
Als Scharfmacher hatte Trump mit seinen Ansagen natürlich auch bei seinen Anhängern Erfolg.
Damit löste er „Fauci entlassen“-Rufe unter Tausenden seiner Anhänger aus. „Sagt es keinem, aber lasst mich bis etwas nach der Wahl warten“, sagte Trump daraufhin. Er schätze ihren „Rat“.
US-Wahlkampf: Donald Trump droht mit Entlassung von Fauci
- Allgemein lautet Bidens Botschaft, in den ersten 100 Tagen seiner Präsidentschaft möglichst „viele Entscheidungen“ des abgewählten Präsidenten rückgängig zu machen, und zwar so schnell wie möglich.
- Neben den beiden schon erwähnten Punkten, wären es ein Stopp des Mauerbaus an der Grenze zu Mexiko, die Aufhebung des so genannten „Muslim Ban“.
- Die Baugenehmigung für die Pipeline „Keystone XL“ will Biden rückgängig machen, die auf 2000 Kilometer Länge Öl aus der kanadischen Provinz Alberta in den US-Bundesstaat Nebraska und von dort nach Port Arthur am Golf von Mexiko pumpen sollte.
- Die von Trump gegründete Kommission zur Förderung „patriotischer Bildung“ soll aufgelöst werden. Stattdessen will Biden seine Kraft auf Maßnahmen zur Sicherstellung der Rassengleichheit verwenden.
- Für Behörden im Verantwortungsbereich des Bundes will Biden eine Maskenpflicht anordnen.
- Programm zum Schutz von rund 700.000 jungen MigrantInnen. Sie sollen vor einer Abschiebung auf Dauer gesichert werden.
Das ist noch nicht alles. Die Agenda für den Beginn der Amtszeit ist umfangreich. Ich erinnere mich, wie es ankam, als Trump vor vier Jahren ähnlich vorging. Ob dieses Vorgehen wirklich dazu angetan ist, die Nation zu vereinen?
Alternative Politik durch den neuen Präsidenten
Andererseits wäre es kaum verständlich, wenn Biden nicht genauso vorgehen würde. Schließlich haben viele dieser Punkte den Wahlkampf geprägt. Die WählerInnen wussten, welche Alternativen abzuwägen waren. Auf der Basis kam es zu dem knappen Wahlausgang, der nach allem, was wir bisher wissen, nicht dazu angetan ist, die Menschen zu beruhigen.
Mein Fazit: Biden muss versuchen, die programmatischen Unterschiede zwischen seiner und Trumps Administration gerade in der Anfangszeit seiner Präsidentschaft deutlich machen und dafür sorgen, dass sie ohne große zeitliche Verzögerung wirken. Die Leute wissen, dass sich politische Aussagen in einer sich hinziehenden Umsetzungsphase verflüchtigen können. Die Devise klingt demnach ein bisschen so wie: „Jetzt oder nie!“.
Ein gemeinsames Feindbild – das Corona – Virus
Ich denke, die amerikanische Nation neigt nach besonderen Ereignissen bzw. Herausforderungen zur Einigkeit. Wenn das zuträfe, könnte man die Ermordung Kennedys, die Mondlandung oder Nine-Eleven als Beispiele dafür nennen.
Wenn Biden sich stark auf die Bekämpfung des Virus konzentriert, was er ja gesagt hat, und dabei nicht nur den richtigen Ton trifft, sondern auch innerhalb einer überschaubaren Zeit (durch finanzielle Unterstützung – 1,9 Bio. $ Programm, gute Organisation des Impfprogramms) nachweisliche Erfolge erzielt, könnte dieser gemeinsame Gegner für die amerikanische Nation sogar etwas Positives bewirken. Vorausgesetzt natürlich, es gelingt das, was unter Trump nicht einmal probiert wurde.
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