Auf wes­sen Konto gehen die Corona-Toten?

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Wenn behaup­tet wird, dass Entscheidungen am Bundestag und an den Länderparlamenten vor­bei getrof­fen wür­den, klingt das nach unde­mo­kra­ti­schen Machenschaften der Bundesregierung und der Ministerpräsidenten der Länder. Dass sich Bundestagspräsident Schäuble bei «Maischberger» dif­fe­ren­ziert geäu­ßert hat, soll­te all denen, die ver­mut­lich aus oppor­tu­nis­ti­schen Gründen so argu­men­tie­ren, Anlass zum Nachdenken geben.

Grundgesetz /​Grundrechte

Schäuble nimmt Anstoß dar­an, dass Oppositionspolitiker behaup­tet haben, die Entscheidungen wür­den von einem Gremium getrof­fen, «das im Grundgesetz nicht vor­ge­se­hen sei». Er ver­weist dar­auf, dass für die meis­ten Entscheidungen nach unse­rem Grundgesetz die Länder zustän­dig sei­en. Ständig wür­de im Bundestag das Thema «Corona» behan­delt. Folglich sei das Parlament nicht «aus­ge­schal­tet». Vielmehr sei es so, dass «das Parlament entscheidet». 

Hinzu kommt, dass es auf Länderebene teil­wei­se so ist, dass die jewei­li­gen Länderparlamente sich gegen­über der Landesregierung den Vorbehalt genom­men haben, dass Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz erst umge­setzt wer­den, wenn das Parlament die­sen aus­drück­lich zuge­stimmt hat. Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, dass der Eindruck des so genann­ten «Flickenteppichs», den übri­gens die Medien geprägt haben, über­haupt ent­stan­den ist. Wenn ich an die schwam­mi­gen Auslegungen in der Kommunikation der NRW-Regierung betrach­te, liegt das fast auf der Hand. Hier regiert die FDP. Ich kann mir gut vor­stel­len, die ach so libe­ra­le Sicht der Leute um Christian Lindner eini­gen Druck in Laschets Regierung ver­ur­sacht hat.

Auf wes­sen Konto gehen die Toten? Vorschläge?

Als Bürger hat man doch ein Recht dar­auf, dass der Staat zumin­dest nicht ver­meid­ba­re Todesfälle in Kauf nimmt oder pro­vo­ziert. Und da sind wir beim Impfen an einem wirk­lich wun­den Punkt. Beim Impfen kann man doch sagen, dass der Staat sei­ne Fürsorgepflicht gegen­über dem Bürger nicht rich­tig wahr­ge­nom­men hat. Denn jede Impfung, die zu spät kommt, die nicht ver­ge­ben wird, kann bedeu­ten, dass jemand zu Tode kommt und das ist unnö­tig, wenn wir auf die ande­ren Länder um uns her­um blicken.

Sandra Maischberger in ihrer gest­ri­gen Sendung

Als Unverschämtheit emp­fin­de ich den Vorwurf, die Regierung habe durch die Beschaffungsdefizite beim Impfstoff den Tod vie­ler Menschen in Kauf genom­men. Schäubles Aussagen dazu wer­den von Blogs wie «Tichys Einblick» prompt so aus­ge­legt, als habe er die unter­stell­ten oder beleg­ba­ren Fehler so inter­pre­tiert, dass dies der Preis dafür sei­en, dass die euro­päi­sche Idee lebens­fä­hig gehal­ten wird.

Deswegen war der Ansatz rich­tig, es in Europa weit zu beschaf­fen, obwohl der ein biss­chen kom­pli­zier­ter ist. Den Preis muss man zah­len, wenn man Europa stär­ken will. Europa ist ein biss­chen kom­pli­zier­ter, muss man auch sagen.

Wolfgang Schäuble bei «Maischberger»

Wahr ist, dass Jens Spahn bereits im Herbst letz­ten Jahres mehr­fach dar­auf hin­ge­wie­sen hat­te, dass zu Beginn nicht genü­gend Impfstoff zur Verfügung ste­hen wer­de. Was vor allem die Medien aus die­ser eigent­lich nur logi­schen Aussage gemacht haben… geschenkt. 

Absurde Vergleiche

Schaut man sich die Todesfallzahlen der Länder, die frü­her geimpft haben an, sieht man eigent­lich auf den ers­ten Blick, was Sache ist. Die USA und Großbritannien ste­hen im Vergleich viel schlech­ter als Deutschland da. Bei dem immer noch fort­dau­ern­den höhe­ren Infektionsgeschehen war der Druck auf vor­ge­zo­ge­ne Impfungen (Notfallzulassungen) ange­zeigt. Wenn man schon stän­dig Vergleiche bemüht, soll­te man die Augen vor die­sen Tatsachen nicht verschließen. 

Wirklich kri­tisch fin­de ich, dass in Deutschland der Schutz der Alten- und Pflegeheime nicht funk­tio­niert hat. Statt dort die bereits seit dem letz­ten Frühjahr lie­fer­be­rei­ten Schnelltests ein­zu­set­zen, setz­te man wei­ter­hin auf PCR-Tests. Diese konn­ten jedoch vom Personal die­ser Einrichtungen nicht fach­ge­recht durch­ge­führt werden. 

Verantwortliche

Diesem Hin- und Herschieben von Verantwortung haben die Politik und die Chefs der Einrichtungen taten­los zuge­se­hen. Selbst als irgend­wann Bundeswehrsoldaten zur Hilfestellung ange­bo­ten wur­den, hieß es von der ande­ren Seite, dass dies nicht genutzt wer­den kön­ne, weil Haftungsfragen unge­klärt sei­en. So ist Deutschland. Und die Verantwortung dafür allein der Bundesregierung und den Landesregierungen zuzu­schie­ben ist auch typisch. 

Wie man das bes­ser hät­te regeln kön­nen, zei­gen die posi­ti­ven Beispiele von Tübingen und Rostock. Die Todesraten in den dor­ti­gen Heimen sind gerin­ger als in ver­gleich­ba­ren Einrichtungen ohne die dort ein­ge­setz­ten Mittel.

Das wird ganz toll

Wir sind bei dem Punkt ange­langt, in dem «Focus» die schwei­ze­ri­schen Öffnungspläne (übri­gens trotz hoher Inzidenzen) lobend beschreibt. Dort titelt man: Schweiz: Geschäfte öff­nen – Regierung hört auf Bürger und will so aus Lockdown – FOCUS Online. Bundeskanzler Kurz sieht in der Weiterführung des Lockdowns kei­nen Sinn mehr, weil nach 6 Wochen die Bevölkerung nicht mehr mitspiele. 

Wenn die­se Art von Politik in unse­ren Medien so lobend erwähnt wird, fra­ge ich mich, was dann Maischbergers Vorwurf an die deut­sche Regierung soll, sie sei für den Schutz der Bevölkerung ver­ant­wort­lich, also dafür, dass nicht unnö­tig vie­le Menschen ster­ben, weil das Impfen nicht vor­an­kom­me. Wie steht es um die Eigenverantwortung der BürgerInnen? Nehmen sie die­se ver­ant­wor­tungs­voll wahr oder bestehen sie nur auf ihre Rechte, wäh­rend sie ihre Pflichten gern bei­sei­te schieben.

Erst ges­tern waren die Medien noch voll davon, dass eine Umfrage erge­ben hat­te, dass die Bevölkerung sich zu einem Drittel nicht imp­fen las­sen wol­le. Wer durch­dringt ange­sichts der Kakofonie schon noch, wel­che Meldungen rele­vant sind und wel­che nicht. Die Gestrigen waren es nicht! 

Wenn wir auch Umfragen, also eine gemes­se­ne Stimmung in unse­rer Bevölkerung dar­über befin­den las­sen, ob der Lockdown sofort been­det wird, wie es in Österreich und der Schweiz der Fall ist, wer­den bestimmt sol­chen basis­de­mo­kra­ti­schen Innovationen applau­die­ren. Im Moment steigt die Inzidenz wie­der an. Die Mutante wirkt also. 

Link: Covid19 schnel­ler vor­bei als gedacht? Experte sagt bal­di­ges Pandemie-Ende vor­aus – FOCUS Online

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