Verschiedene Regeln in «Frauenstatuten» der Grünen?

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1986 haben die Grünen ein «Frauenstatut» ein­ge­führt. Die Mitgliedschaft zeigt stark stei­gen­de Tendenz. 2019 hat­ten die Grünen bun­des­weit 96.500 Mitglieder. Davon waren 59 % Männer und 41 % Frauen. Das Verhältnis ist im Vergleich mit ande­ren Parteien deut­lich bes­ser. Allerdings ist die­ses unter den Voraussetzungen kei­nes­wegs so, wie ich es nach 35 Jahren erwar­tet hät­te, in denen das «Frauenstatut» existiert.

Ich wun­de­re mich bei der Recherche, dass es nicht nur ein Statut mit ein­heit­li­chen Regeln gibt. Sie wei­chen zum Teil ab. So kann in NRW kein Mann den Listenplatz 1 ergat­tern. Im Saarland geht das aber.

Wahllisten sind grund­sätz­lich min­des­tens zur Hälfte mit Frauen zu beset­zen, wobei den Frauen die unge­ra­den Plätze vor­be­hal­ten sind.

Frauenstatut – GRÜNE NRW GRÜNE NRW

Union und SPD haben in ihrer Mitgliedschaft einen Frauenanteil von 21/​27 (CSU/​CDU) bzw. 33 % (SPD). In der AfD beträgt die Zahl der weib­li­chen Mitglieder 18 %. 72 % der Mitglieder der Grünen ver­fü­gen über einen Fach- oder Hochschulabschluss. Die meis­ten Mitglieder (42 %) sind Beamte bzw. Angestellte im Öffentlichen Dienst. (Quelle: bpb)

Landesvorstand und Landesschiedsgericht sind grund­sätz­lich min­des­tens zu 50 % mit Frauen zu beset­zen. Sollte kei­ne Frau für einen Frauen zuste­hen­den Platz kan­di­die­ren oder gewählt wer­den, ent­schei­det der LPT mit ein­fa­cher Mehrheit über das wei­te­re Verfahren

§ 6, Frauenstatut – Satzung Grüne Saar

(Hervorhebung durch mich)

Jeder, der in einem Verband (es muss kei­ne poli­ti­sche Partei sein) ein­mal einen Funktionärstatus inne­hat­te, weiß, wie es zum Beispiel im Vorfeld von Verbandstagen funk­tio­niert, Mehrheiten zu orga­ni­sie­ren. Ich habe von Sportvereinen gehört, die plötz­lich star­ken Mitgliederzuwachs ver­zeich­ne­ten. Diese Neumitglieder wur­den nur zu dem Zweck ein­ge­schleust, um bestimm­te Mehrheiten zu orga­ni­sie­ren. Nach der Wahl tra­ten die­se Mitglieder nicht mehr in Erscheinung, man­che ver­lie­ßen sogar gleich danach den Verein wieder.

Das ist sehr unschön. Ich möch­te nicht wis­sen, wie Mehrheitsbeschaffungen manch­mal in poli­ti­schen Parteien ablau­fen. Der Begriff vom «guten Netzwerker» könn­te ein Euphemismus für etwas sein, das man­che als pro­fes­sio­nel­le Herangehensweise betrachten.

Ich fand die Frauenquote schon des­halb immer rich­tig, weil ich woll­te, dass sich etwas ändert. Die Gleichberechtigung, die wir hof­fent­lich in den meis­ten Familien oder Partnerschaften längst selbst­ver­ständ­lich leben, ist gesell­schaft­lich längst nicht erreicht. Dazu zählt die Repräsentanz in poli­ti­schen Parteien und ihren Gremien und lei­der an ganz, ganz vie­len ande­ren rele­van­ten Stellen unse­rer gan­zen Gesellschaft. 

Insofern war ich dafür und bin eini­ger­ma­ßen ernüch­tert, dass es zumin­dest zah­len­mä­ßig auch nach so vie­len Jahren, in denen der «Kunstgriff» eines Frauenstatutes gilt, nichts Entscheidendes ver­än­dert hat. 

Wie es ein (wohl nicht son­der­lich belieb­ter) Grünen-Politiker im Saarland nun fer­tig gekriegt hat, sei­nen Tross hin­ter sich zu brin­gen und sei­ne weib­li­chen Gegner per Kampfabstimmung zu schla­gen, fin­de ich nur inso­fern inter­es­sant, als dies bei den Grünen pas­siert ist. Ich fürch­te näm­lich, dass in den ande­ren Parteien (Linke aus­ge­nom­men, die ähn­li­che Regeln haben wie die Grünen) so ein Verfahren eher als Normalität abge­han­delt bzw. durch­ge­hen würde. 

Und nun hat Annalena Baerbock wie­der Ärger an der Hacke. Jedenfalls, wenn es nach den Medien geht. Ob es eine juris­ti­sche Möglichkeit gibt, die Kandidatur die­ses unge­lieb­ten Machtmenschen zu ver­hin­dern, bleibt zunächst abzuwarten. 

Inzwischen gehen eigen­tüm­li­cher­wei­se die Diskussion über die Grünen und ihren Umgang mit einem Thema wei­ter, das in unse­rer Gesellschaft längst die pure Selbstverständlichkeit sein müss­te: der Gleichberechtigung von Frau und Mann.

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