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Alles eine Frage der Tinte

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Der Vorsprung, den sich Olaf Scholz (SPD) gegenüber der Grünen Kanzlerkandidatin, Annalena Baerbock, aber auch gegenüber Armin Laschet (CDU) inzwischen erarbeitet hat, beunruhigt manche Anhänger und Strategen jenseits der SPD. Schließlich sind es nur noch einige Wochen, bis der Souverän sein Recht an der Urne wahrnehmen wird.

Es ist beachtlich, wie Scholz aus dunkelsten Tiefen aufsteigt und den bisherigen Platzhirschen, oder denen, die sich dafür hielten, nach und nach auf die Pelle rückt. Was Medien und politische Konkurrenz gegen den Mann verzweifelt ins Spiel zu bringen versuchen, spiegelt einerseits einen Grad an Verzweiflung wider, den vor ein paar Monaten noch keiner vorauszusagen gewagt hätte, andererseits bestätigt er den uns Deutschen nachgesagten Hang zur Selbstkasteiung. Am liebsten würde sich jeder seine Kandidaten backen. Alle anderen sind nicht genehm, ihr Image ist unter dem öffentlichen Brennglas verraucht. So schrecklich war Wahlkampf noch nie.

Sven Giegold spricht in seinem Tweet vom Zusammenbruch von Scholz‘ Verteidigungslinie. Dicker kann man die Backen nicht aufblasen! Dabei handelt es sich um nicht mehr als ein Indiz.

Allen Ernstes geht es nun um grüne Tinte. Mit dieser hatte der damalige Finanzsenator und heutige Bürgermeister Tschentscher einen Vermerk auf einem Schreiben der Warburg-Bank angebracht. Er bat „um Information zum Sachstand“. So ist im Kopf dieses Briefes zu lesen. Na, wenn das mal kein klarer Beweis für die Verstrickungen der SPD-Vorderen in Hamburg in das miese Cum ex-Geschäft ist…

In einem anderen Brief spielte ebenfalls grüne Tinte eine Rolle. Sie hatte allerdings eine andere Tönung.

Damit wurden Passagen unterstrichen, die laut „Spiegel“ und „Manager Magazin“ als zentrale Argumente der Bank gegen die Rückzahlung des Millionenbetrages zu verstehen wären. Damit, so behaupten es Grüne- und CDU- Abgeordnete, die ordre du mufti verbunden. Grüne Unterstriche als Handlungsanweisung für nachgeordnete Behörden. Pipi Langstrumpf hat auch so gearbeitet.

Angeblich seien diese unterstrichenen Stellen Grundlage für die Entscheidung der Finanzbehörde gewesen. Das sagen nicht nur „Spiegel“ und „Manager Magazin“, sondern – was Wunder – auch die grüne und schwarze Opposition in Hamburg.

Es ist ein durchsichtiges und erbärmliches Zusammenspiel von Medien (Spiegel, Manager Magazin und gegnerischen politischen Parteien) mit dem Ziel, Olaf Scholz‘ überraschenden Umfrageerfolgen erfolgreich beizukommen. Das widert mich an!

Erst vor Kurzem gab es die Aussage einer hohen Beamtin der Finanzbehörde in Hamburg. Demnach habe die Hamburger Politik, also Olaf Scholz, keinen Einfluss auf die Behörde genommen. Ich dachte, Scholz wäre damit von diesen Vorwürfen entlastet.

Ich hatte meine Rechnung ohne die Medien gemacht.

Nun blieb nur ein letztes halbwegs taugliches „Kampfmittel“ im Wahlkampf, mit dem man dem Ruf des Bundesfinanzministers und Kanzlerkandidaten eine im Wahlkampf erfolgreich auszubeutende Delle verpassen wollte.

Medien und Opposition stellten in den letzten Tagen öffentlich noch Überlegungen dahin gehend an, ob die guten Umfragewerte für Scholz auf die Vergesslichkeit der Wählerinnen zurückzuführen wäre oder darauf, dass die komplizierte Cum-Ex-Thematik zu schwer zu durchdringen und zu bewerten sei. Bei Wirecard könnte es ebenso sein. Das sollte wohl nichts anderes heißen, als dass man nachhelfen müsse, wenn man beide Themen noch mit größtmöglichem Schaden für Scholz nutzen wolle.

Schließlich kann der Abstand der Kandidaten so nicht bleiben. Und den Medien, so denke ich manchmal, wäre ohnehin nie jemand Recht. Egal, welcher Partei sie oder er auch angehörten. Hauptsache, man sorgt für ordentlich Krach und Verdruss.

Wenn bald Schluss ist mit der Demokratie und alle sehen sich betroffen an, begreift mancher vielleicht endlich, das man auch das Kind mit dem Bade ausschütten kann.

Wenn sie nicht mehr haben als zwei unterschiedliche Grüntöne, sollten sich Journalisten und Grüne fragen, ob sie noch ganz dicht sind.

Es bleibt der Vorwurf einer versagenden Finanzaufsicht, die sich im Wirecard-Fall gezeigt hat. Auch dieses kann man gegen Scholz anführen. Und ja, es gab auch noch den G20-Gipfel. Auch der scheint vergessen und ist somit als wirksame Basis für eine Schmutzkampagne gegen Scholz nicht geeignet.

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Ich bin nicht glücklich über die Kanzlerkandidaten. Wenn ich mir das Personaltableau der infrage kommenden Parteien anschaue, wäre für mich Robert Habeck der geeignetste Kandidat für eine Kanzlerschaft. Gerade in diesen Zeiten braucht es eine Person, die über die nötige Integrität und die Fähigkeit verfügt, die ausgetretenen Bahnen und Rituale deutscher Politik zu verlassen und etwas Neues zu machen. Etwas, das unserem Land eine gute zukunftsorientierte Richtung gibt.

Wieder einmal war es so, dass der Wahl-O-Mat mir die Grünen als Wahlempfehlung nahelegt. Das war schon mehrfach in der Vergangenheit der Fall. Es bleibt dabei: Ich gehe nicht mehr zur Wahl!

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Horst Schulte
Herausgeber, Blogger, Autor und Hobby-Fotograf
Seit 2004 blogge ich über Politik und Gesellschaft – also seit die meisten noch SMS statt Tweets geschrieben haben. Mit 70 Jahren lebe ich immer noch im schönen Bedburg, direkt vor den Toren Kölns, und schreibe über alles, was die Welt bewegt (oder mich zumindest vom Sofa aufstehen lässt).

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Artikelinformationen:

Medien, Politik

Demokratie, Deutschland, Grüne, Kanzlerkandidatur, Scholz, spd, Union, Wahlen

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5 Gedanken zu „Alles eine Frage der Tinte“

  1. Das nimmt Überhand. Ich weiß nicht, was ich von solchen Aktivitäten halten soll. Ich habe mir auch Rezos Video komplett reingezogen. Er sagt nichts Falsches. Eigentlich müsste man den Stecker ziehen und dürfte an keiner Wahl mehr teilnehmen. Denn die zur Wahl stehenden Damen und Herren sind offenbar sehr anfällig dafür, zum Arschloch zu mutieren. Diese ganzen Geschichten haben den Nachteil, dass sie meine kleine heile Welt zerstören und am Ende wahrscheinlich das, was wir mal Demokratie genannt haben. Ich weiß nicht, ob das noch lange gut geht. Die Likezahlen bei solchen Videos sind so groß, dass ich mir vorstellen kann, dass die Wirkung größer ist als viele sich das (in der Politik und auch in den Medien) vorstellen werden.

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  2. Ich habe Habecks Buch gelesen, ihn live in Würzburg erlebt – und er wirkt integer.
    Dem ganzen Politsprech ist er nicht so zugeneigt wie alle anderen.
    Dieser Politsprech in Talkshows oder Interviews ist im übrigen wie Leistungssport, man mag gar nicht mehr zusehen, wie die Kanditaten und ihre Unterstützer auf dringliche Fragen ausweichend, wegführend oder überhaupt nicht antworten.

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