Der ulti­ma­ti­ve Zeitpunkt zum Wechsel der Prioritäten

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von Horst Schulte

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Was Armin Laschet im WDR – Interview mit Frau Wieseler (Aktuelle Stunde) sag­te, war maxi­mal unge­schickt. Abschätzige Interpretationen waren pro­gram­miert. Im Kontext der Äußerungen wird klar, was und wie er das gemeint hat­te. Aber so viel Fairness ist nicht. Dass er wenig empa­thisch rüber­kam (jeden­falls bei mir) schmä­lert das Potenzial, das die­ses Zitat hat, nicht. Ein gefun­de­nes Fressen für die Opposition und Medien. Siehst du auch das Grinsen in Söders Gesicht, wenn die Kameras aus sind?

Derweil wird im «Spiegel» mal wie­der Wahlkampf für die Grünen gemacht. Ich mache mir Gedanken dar­über, wel­cher Person und wel­cher Partei ich – wenn schon nicht mei­ne Stimme – so aber doch mein Vertrauen schen­ken möchte. 

Wohlstand und Kapitalinteressen

Vertrauen auf die drin­gend nöti­ge, kon­se­quen­te und nicht mehr Kapitalinteressen-Verdächtige Umsetzung von Maßnahmen, die apo­ka­lyp­ti­sche Wetter-Phänomene in der Zukunft noch abwen­den könnten. 

Den Signalen gro­ßer Hedgefonds, deren PR-Abteilungen offen­bar dazu rie­ten, auf Nachhaltigkeit zu set­zen oder ein paar Stimmen aus Industrieunternehmen, die vor­ge­ben, eine posi­ti­ve Haltung zu nach­hal­ti­gem Wirtschaften zu ver­fol­gen, will ich nicht vertrauen!

Kein Unternehmensleitbild, kei­ne Compliance Richtlinie, die was auf sich hält, betont nicht den Stellenwert der eige­nen Mitarbeiter oder die Vorrangstellung der geschätz­ten Kundschaft. Das hin­dert die Firmen aller­dings nicht dar­an, MitarbeiterInnen für die Fehler und Versäumnisse des Managements blu­ten zu las­sen. Diese Lippenbekenntnisse hin­dert noch kein Unternehmen dar­an, ihre Kunden fast lächer­lich lan­gen Hotline-Warteschleifen aus­zu­set­zen. Mehr Personal belas­tet schließ­lich die Bilanz.

Wirtschaft und Profit

Man kann Kapitalisten nicht ver­trau­en! Profitmaximierung und Profitchancen steu­ern ihre Handlungen. Der Hoffnungsschimmer, dass die ver­schie­de­nen Interessenlagen sich, mit denen der Erdbevölkerung in Einklang brin­gen lie­ßen, wäre mir zu vage und zu naiv. 

Wenn Hedgefonds Großunternehmen zu mehr Nachhaltigkeit zwin­gen, machen sie das nicht aus Überzeugung, son­dern ent­we­der des­halb, weil sie ihre Profite nicht gefähr­den wol­len oder weil sie sich von einer sol­chen Aussage gute Presse versprechen.

Immer mehr Aktienunternehmen und Asset-Manager betrei­ben „Greenwashing“: Durch geschick­te PR-Maßnahmen ver­pas­sen sie sich ledig­lich ein grü­nes Image, eine ech­te ESG-Strategie und einen Beitrag zur öko­lo­gi­schen und sozia­len Nachhaltigkeit gibt es nicht.

Schmutzige Saubermänner: Hedgefonds wet­ten gegen Greenwashing-Konzerne – So schüt­zen sich Anleger vor Öko-Lügen – 06.01.2020

Wie glaub­wür­dig ist es, wenn Manager von Hedgefonds die Firmen ihres Portefeuilles im Sinne eines nach­hal­ti­gen Klimaschutzes unter Druck setzen? 

Kann ein Unternehmen nicht bewei­sen, sei­ne Emissionen wirk­sam zu redu­zie­ren, könn­te die Entlastung des Vorstandes ver­wei­gert wer­den. Oder der Hedgefonds wür­de sich von den Aktien des betref­fen­den Unternehmens tren­nen. Kurzum: Solange man nichts davon hört, dass sol­che dras­ti­schen Maßnahmen in der Realität sys­te­ma­tisch statt­fin­den, kann ich die­sen Leuten nicht vertrauen.

Wenn über erfolg­rei­che Fondsmanager berich­tet wird, die Millionenzahlungen an Klimaschutzinitiativen geleis­tet und über 200.000 Euro an Extinction Rebellion gestif­tet haben, zeigt das, dass vor­ur­teils­be­haf­te­te Klischees nicht immer zutreffen. 

Immer mehr Menschen dürf­ten schließ­lich ver­ste­hen, wie gewal­tig die Probleme für unse­re Erde und uns Menschen inzwi­schen sind. Wenn so ein Mensch ande­ren Größen sei­ner Branche «Greenwashing» vor­hält, könn­te das viel­leicht etwas bewir­ken. Aber eine Schwalbe macht noch kei­nen Sommer.

Keine über­eil­ten Maßnahmen

Die Hysterie nach der deut­schen Hochwasserkatastrophe führt erfah­rungs­ge­mäß zu über­stürz­ten, vor­ei­li­gen Entscheidungen. Ich ver­traue nach der Fukushima-Atomentscheidung die­sen Reflexen nicht mehr. Nirgends auf der Welt sind die Strompreise höher. Von einer Vorreiterrolle Deutschlands hat die Welt nichts wis­sen wol­len. Wir pro­fi­tie­ren nicht. Wir wer­den belä­chelt. Manchmal distan­ziert man sich von unse­rem ein­ge­schla­ge­nen Weg.

Kanzler Laschet

Bisher sieht es nach den Umfragen so aus, dass Laschets Kanzlerschaft kaum zu ver­hin­dern ist. Ich glau­be, die meis­ten Leute haben Angst vor Veränderungen, sie wol­len lie­ber den Status quo bei­be­hal­ten. Wenn also Wirtschaftsminister Altmaier offen aus­spricht, dass Klimaschutz nur funk­tio­nie­re, wenn der Wohlstand nicht gefähr­det wür­de, soll­te man ihn dafür nicht so kri­ti­sie­ren wie das im Moment mal wie­der geschieht. 

Altmaier sagt wenigs­tens, was er denkt, denn ich glau­be, dass vie­le Leute, die Union wäh­len, genau das auch so sehen. Schließlich sind es die Konservativen, die «Werte erhal­ten­den». Dazu gehört es frei­lich, den rela­ti­ven Wohlstand zu erhal­ten. Ob das ein Widerspruch ist, ange­sichts der sozia­len Ungleichheit, die sich wei­ter­hin ver­grö­ßert? Wahrscheinlich ist es kei­ner, denn vie­le haben Angst davor, das «biss­chen», was sie sich erar­bei­tet haben, zu verlieren. 

Ich glau­be, dass sol­che Sorgen auch bei denen vor­han­den sind, die sich selbst ansons­ten gern als pro­gres­siv betrachten.

Juniorpartner Grüne

Die Grünen wer­den in einem die­sem Szenarium im September 2021 ver­mut­lich trotz­dem nur Juniorpartner. 

Jetzt kommt es dar­auf an, wie die Menschen im Land auf die schreck­li­chen Bilder der Katastrophengebiete reagie­ren und wie lan­ge das Leid in den Medien prä­sent sein wird. Schaffen es die grün domi­nier­ten Leitmedien die Regierenden in Land und Bund unter Druck set­zen, könn­te unab­hän­gig davon das gesche­hen, was wir nach Fukushima bereits ein­mal erlebt haben. 

Die Politik könn­te sich gezwun­gen sehen, mit unaus­ge­go­re­nen, letz­ten Endes fata­len Konzepten Veränderungen her­bei­zu­füh­ren, die unse­rem Land nur scha­den wür­den (Strompreispolitik).

Wünschenswert wäre jedoch, dass die Politik auch auf die­sem Feld end­lich auf die Wissenschaft hört und die vor­lie­gen­den Konzepte nach ver­ant­wort­li­cher Abwägung und Abstimmung, mög­lichst auf EU-Ebene bezie­hungs­wei­se inter­na­tio­nal, von mir aus zuerst hier bei uns umsetzt. 

Die schreck­li­che Lage, die vie­len Toten und betrof­fe­nen Menschen, die alles ver­lo­ren haben, könn­ten nun für eine ande­re, jedoch nicht zwangs­läu­fig klü­ge­re und bes­se­re Klimapolitik instru­men­ta­li­siert wer­den. Hoffentlich geschieht das nicht. Ich glau­be, dass Laschets miss­ver­stan­de­ne Aussage (sie­he oben) genau so zu ver­ste­hen gewe­sen ist. 

Nötig ist eine (inter­na­tio­na­le) Klimapolitik mit Sinn und Verstand. Die Politik soll­te einen Schritt zurück­tre­ten und auf Wissenschaft und Gesellschaft hören. Normalerweise wäre die­ser Prozess zeit­in­ten­siv. Aber die Zeit ist knapp.


Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe auf dem Land.

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Artikelinformationen

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2 Gedanken zu „Der ulti­ma­ti­ve Zeitpunkt zum Wechsel der Prioritäten“

  1. 1992/​93 war ich Projektleiterin in Sachen «Klimakampagne»: Mieter/​innen zum Stromsparen bewe­gen mit aller­lei Anreizen. Das war sehr erfolg­reich, doch bin ich mir nahe­zu sicher, dass der Effekt wie­der abflach­te, sobald kei­ne Anreize und kein «Challenge»-Gefühl mehr da waren.

    In die­ser Zeit hab ich auch über BTX eine Umfrage in einem gro­ßen Forum gestar­tet mit der Frage «Wieviel Prozent Eures Einkommens könn­tet Ihr spa­ren, wenn Ihr nur das kauft, was Ihr wirk­lich braucht?» Die Ergebnisse lagen zwi­schen 20 und 80%!
    Man müss­te mal heu­te so eine Umfrage machen, ich wet­te es kämen noch immer vie­le Einsparpotenziale heraus!

    Diese Sorge um «unse­ren Wohlstand» kann ich allen­falls bei Menschen ver­ste­hen, die sehr wenig Einkommen haben und für die Lebenshaltung nahe­zu alles aus­ge­ben müs­sen. Beim gro­ßen Rest ist doch sehr sehr viel Puffer, der aktu­ell für Luxus, Bequemlichkeiten und aller­lei leicht Verzichtbares aus­ge­ge­ben wird.

    Strom ist bei mir, die ich ganz­tags den PC nut­ze und danach auch viel TV, ein recht klei­ner Posten mit ca. 30 /​Monat. Der Verbrauch ist gesun­ken, seit ich einen Anbieter nut­ze (e‑wie-einfach.de), der mich mal mit erheb­li­chen Umzugsprämien gelockt hat. Das allei­ne hät­te nicht gereicht, das machen ja vie­le, aber: Bei die­sem Anbieter (Öko-Strom und Gas) gibts Tarife, die ohne Grundgebühr sind: man zahlt ledig­lich pro ver­brauch­tes KW!!
    Das führ­te dazu, dass ich tat­säch­lich sehr schnell Routinen änder­te und nun auto­ma­tisch z.B. über­all Licht aus­schal­te, den PC bei Nichtgebrauch run­ter fah­re und man­ches mehr.

    Kurzum: ich den­ke, da ist noch so viel «Wohlstandsspeck» bei vie­len vor­han­den, die kaum etwas ver­mis­sen wür­den, wenn sie ihren Nice-to-Have-Konsum und ihr Energieverbrauchsverhalten etwas ändern müssten.

    Die stän­dig von den Medien hoch gepusch­te Angst vor Wohlstandsverlusten kann ich also nicht wirk­lich nach­voll­zie­hen. Mit etwas weni­ger gin­ge es den meis­ten von uns doch immer noch gut.

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