Für bestimmte Verhaltensweisen von Personen oder Institutionen finde ich keine schlüssigen Erklärungen mehr. Früher ™, so bilde ich mir jedenfalls ein, habe ich meistens eine gefunden.
Die katholische Kirche arbeitet die seit Jahren bekannten schlimmen Verbrechen ihrer Angestellten nicht so auf, wie es sich gehören würde.
Dass viele der Priester, die sich an ihren Schutzbefohlenen vergriffen haben, trotz des hohen öffentlichen Drucks noch immer nicht bestraft wurden, ist für mich ein Mysterium. Die Kirche glaubt, ihre eigene Gerichtsbarkeit aufrechterhalten zu können. Es mag im Grundgesetz stehen, aber das erklärt trotzdem nicht das verantwortungslose Katz-und-Maus-Spiel mancher Bischöfe (Woelki).
Dass das Gutachten, das für viel Ärger im Erzbistum und in ganz Deutschland sorgte, aus einem Sondervermögen bezahlt wurde, das speziell für Wiedergutmachungsleistungen an die Opfer des Missbrauchskandals gebildet wurde, passt ins Bild. Die Ignoranz der Verantwortlichen ist nicht zu toppen.
Nun kam heraus, dass das Erzbistum fast eine Million Euro für einen Priester bezahlt hat, der aufgrund seiner Spielsucht enorm verschuldet war. Diese großzügige Geste könnte man wohlwollend vielleicht als Akt einer übertriebenen Fürsorgepflicht für Angestellte betrachten. Wenn man allerdings erfährt, dass auch dieser hohe Geldbetrag aus dem schon erwähnten Sondervermögen beglichen wurde, schlägt mein Verständnis ins Gegenteil um.
Wie kann man sich diese Verfahrensweise bloß erklären? Eigentlich doch nur damit, dass die Verantwortlichen im Kölner Bistum fest davon ausgegangen sind, dass sie niemandem Rechenschaft schulden. Möglicherweise lag es auch daran, dass sie nicht damit rechneten, dass es inzwischen selbst im Bistum Menschen gibt, die dieses Vorgehen nach Gutsherrenart moralisch verurteilen und deshalb zum Äußersten greifen, wozu ein guter Katholik im Grunde überhaupt fähig wäre, zur Illoyalität gegen die Kirche.
Soviel zur Katholischen Kirche.
Zu viel Einfluss der Parteilinken in der SPD?
Ein weiteres Mysterium ist Olaf Scholz. Der Mann wird sich mit Sicherheit darüber im Klaren sein, dass er in den wenigen Monaten seit seinem Amtsantritt sein politisches Renommee fast komplett verspielt hat. Er regiert nicht, was er in dieser Art und Weise vielleicht geglaubt hatte, von Angela Merkel abgeschaut zu haben. Aber nein, so ungeschickt war Frau Merkel nicht, auch wenn manches von dem, was Scholz tut (bzw. nicht tut) an sie erinnert.
Angeblich kann der Mann nicht führen. Er habe keine guten Kommunikationsfähigkeiten, sagen „Experten“. Ja, ich setze dieses Wort ab jetzt mal lieber in Anführungszeichen. Es gibt so viele, die dieses Label schlichtweg nicht verdient haben. Sie reden nur Scheiße und kommen doch immer wieder zu Wort.
Woran liegt es also, dass Scholz diesen schrecklichen Eindruck macht und – absolut zu Recht – dafür kritisiert wird? Dass er sich nicht gut verständlich ausdrücken könnte, habe ich bisher nicht entdeckt. Manche waren sogar einigermaßen überrascht, wie locker der Mann in Situationen, in denen man vielleicht anderes erwartet hatte, gewesen ist. Die, die ihn in englischer Sprache gehört haben, baten danach darum, er solle doch bitte immer Englisch sprechen. Er wirke, so erinnere ich mich, frischer und überzeugender. Für mich wäre das nur die zweitbeste Lösung, schließlich verstünde ich ihn dann nicht.
Auf mich hat Scholz (der Scholzomat) nie wirklich authentisch gewirkt. Ich habe die zermürbende Zeit noch gut im Kopf als Scholz noch SPD-Generalsekretär war. Wahrscheinlich war er froh, dass er diesen Job endlich los war. Er war nicht einmal 1 1/2 Jahre lang im Amt. Trotzdem habe ich diese Zeit in schlechter Erinnerung. Wie zufrieden die SPD mit ihrem Generalsekretär war, lässt sich am Ergebnis seiner zweiten Wahl ablesen. Während er im Jahr 2002 mit 91,3 % der Stimmen gewählt wurde, erhielt er 2003 lediglich noch 52,6 %.
Was ist das Problem bei Olaf Scholz? Ob er wirklich kamera- oder öffentlichkeitsscheu ist, wie manche sagen? Wenn man ihn manchmal mit seiner Maske durch den Bundestag schleichen sieht oder ihn am Platz beobachtet, könnte man meinen, dass der Mann nur wenig Selbstbewusstsein hätte. Aber das kann nicht stimmen. Man kommt mit wenig Selbstvertrauen nicht in solche politischen Positionen. Und der Mann war doch schon alles. SPD-Landesvorsitzender, Bürgermeister einer Großstadt, SPD-Bundesvorsitzender – jedenfalls kommissarisch – und der x-te stellvertretende Bundesvorsitzender wird wohl jeder, der lange genug in der Partei ist.
Nun komme ich zum Punkt. Die SPD wollte ihn nicht zu ihrem Bundesvorsitzenden wählen. Statt Klara Geywitz und Olaf Scholz wurden uns Sozis das Duo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans beschert. Walter-Borjans war nicht lange Co-Chef. Er wurde durch Lars Klingbeil ersetzt. Die Beteuerungen der SPD-Spitze waren immer klar (und glaubhaft (sic?)). Selbst der heutige Generalsekretär Kevin Kühnert hatte gegen den Kanzlerkandidaten nichts einzuwenden. Könnte nicht genau hier die Erklärung für das Desaster liegen, das sich für die SPD in den nächsten Monaten, falls sich nichts Grundlegendes ändert, entwickeln dürfte?
Die SPD wird (wohl nicht zu Unrecht) dafür kritisiert, dass der linke Teil der Partei sich von gewissen Überzeugungen im Hinblick auf das deutsche Verhältnis zu Russland nicht verabschieden mag. Vergessen wir nicht den in der Partei stark verankerten Fraktionschef Rolf Mützenich. Er ist ein erklärter Linker und Pazifist, der von Scholz „Zeitenwende“ sicher völlig aus dem Häuschen war.
Auch wenn die Kontroverse, die es für die Scholz-Regierung sicher mit dem linken Flügel in der Partei gab, nicht öffentlich wurde, ich bin davon überzeugt, sie schwelt weiter. Ist Scholz‘ Rückendeckung durch Vorstand und Partei so, wie das in diesen furchtbaren Zeiten notwendig wäre? Scholz wirkte bisher als vernunftbegabter und pragmatischer Politiker. Nur deshalb nahm die deutsche Öffentlichkeit es ihm ab, problemlos in die Schuhe von Kanzlerin Merkel schlüpfen zu können.
Die SPD wird für ihre Russlandpolitik über alle Maßen kritisiert. Sie muss das aushalten, wenngleich ich finde, dass die Union in dieser Hinsicht ja nun auch nicht besser dasteht. Aber jetzt gehts nun mal um die Partei, deren Kanzler unsere Regierung führt.
Olaf Scholz muss seinen Stil finden und darf sich dabei von seiner Partei nicht länger behindern lassen. Ich sage das, weil ich davon ausgehe, dass der linke Parteiflügel massiv gegen die Aufrüstung der Ukraine ist und alles daran setzt, die Maßnahmen zu behindern.
Eine andere Erklärung für das Vorgehen des Kanzlers finde ich nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sein Zögern von eigenen Überzeugungen motiviert wäre. Unter diesen Umständen hätte er seine Rede im Bundestag schließlich gar nicht erst zu halten brauchen.
Die Unterstellung mancher Medien, dass es ihm nur um Zeitgewinn ginge, halte ich für infam. Zeitgewinn in diesem Sinne hieße, auf den Sieg der Russen und damit auf die Vernichtung der Ukraine zu setzen. Eins ist Scholz nämlich bestimmt klar: Das Regime in Russland wird unter Einbeziehung des bisherigen Kriegsverlaufs keine Rücksicht auf die Ukraine und ihre Menschen nehmen. Es ist Zeit, dass Deutschland endlich in die Hufe kommt und die dringend gebrauchten Waffen an die Ukraine liefert!
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