Trump, Selenskyj und die Zukunft Europas

Trumps Wor­te an Selen­skyj zei­gen, wie wenig Euro­pa auf die USA zäh­len kann. Wird die EU ihre Unei­nig­keit über­win­den und eine gemein­sa­me Stra­te­gie finden?

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Viel­leicht sind das die Kern­sät­ze einer für uns alle (in Euro­pa) ernüch­tern­den, mög­li­cher­wei­se für man­che auch erschüt­tern­den Bot­schaft. Aus­ge­spro­chen von Donald Trump an die Adres­se des ukrai­ni­schen Prä­si­den­ten Selen­skyj. Übri­gens habe ich die Situa­ti­on nicht als Demü­ti­gung Selen­sky­js gese­hen. Eher als das Gegenteil.

»Weil Sie sind in kei­ner Posi­ti­on, das zu bestim­men, mer­ken Sie sich das. Sie sind in kei­ner Posi­ti­on zu bestim­men, was wir zu spü­ren bekom­men wer­den. Wir wer­den uns sehr gut füh­len.«

[…]

»Sie sind nicht in einer guten Posi­ti­on. Sie haben die Kar­ten nicht in der Hand. Mit uns fan­gen Sie jetzt an, Kar­ten zu haben. Sie spie­len aktu­ell Karten.«

Quel­le

Vik­tor Orbán jubelt, die Alter­na­tiv-Den­ker der AfD las­sen sich nicht lum­pen mit Jubel­ari­en an Trumps-Adres­se. Was sagt eigent­lich Frau Wagen­knecht? Auch schon egal!

Doch der ange­spann­te zehn­mi­nü­ti­ge Schlag­ab­tausch im Oval Office ging weit über die übli­chen diplo­ma­ti­schen Span­nun­gen hin­aus und ließ die Kluft zwi­schen den bei­den Män­nern vor lau­fen­den Fern­seh­ka­me­ras öffent­lich aus­klin­gen. Trump hat sich in der Öffent­lich­keit so wütend gezeigt wie noch nie.

Quel­le

In die­ser Situa­ti­on ist es für Euro­pa ent­schei­dend, eine kla­re und ent­schlos­se­ne Hal­tung ein­zu­neh­men, um die Ukrai­ne wei­ter­hin zu unter­stüt­zen und die eige­ne Sicher­heit zu gewährleisten.

Es ist zunächst ein­mal gut, dass Euro­pa ins­ge­samt soli­da­risch klingt. Ob die­ser Klang aller­dings das ande­re Ufer des Atlan­tiks erreicht, ist offen. Hof­fent­lich wird die Unter­stüt­zung der Ukrai­ne sich nicht auf die auf­mun­tern­den Wor­te beschrän­ken, son­dern die EU wird end­lich zu einer gemein­sa­men Poli­tik fin­den und für die­ses not­lei­den­de Volk mehr tun als bisher. 

Auf die Ame­ri­ka­ner kön­nen wir nicht zäh­len. Die haben ihren Trump und sind dabei, Ame­ri­ka wie­der groß­zu­ma­chen. Wie man das errei­chen wird, hat Trump mit die­sen Sät­zen noch ein­mal anschau­lich gemacht. 

Mei­ne in Jugend­jah­ren extre­me Ableh­nung der ultra­ka­pi­ta­lis­ti­schen USA schwappt zurück in mei­ne aktu­el­le Lebensphase. 

Wenn ich sie sehe, wie sie (Musk, Zucker­berg, Thiel, Bezos und wie die Olig­ar­chen hei­ßen mögen) sich ins Zeug legen (spei­chel­le­ckend und Kratz­füß­chen machend), ihren Ein­fluss­be­reich über alles noch als »nor­mal« Wahr­ge­nom­me­ne aus­zu­wei­ten, dürf­te es nur eine Schluss­fol­ge­rung geben. Lei­der kön­nen wir die aber so ein­fach gar nicht ziehen. 

Will ich zum Bei­spiel auf mei­nen iMac, auf mein Mac­Book Pro ver­zich­ten, auf mein iPho­ne? Oder gar aufs Inter­net? »X« zu ver­las­sen ist maxi­mal ein Beru­hi­gungs­pill­chen, ob all der Unan­stän­dig­keit, die mit die­sem ehe­ma­li­gen Twit­ter ver­bun­den ist. Ein Wech­sel, ein Neu­an­fang ist mög­lich, kos­tet aber mehr, als ich mir leis­ten möch­te. Nicht nur Geld, son­dern auch Bequem­lich­keit und objek­ti­ve Vor­zü­ge gegen­über ande­ren Möglichkeit(en) wür­den flö­ten gehen.

Was also könn­te hel­fen, um die­sem Trei­ben etwas Wirk­sa­mes ent­ge­gen­zu­stel­len? Wenn unse­re Welt der­art auf Arbeits­tei­lung und gleich­zei­ti­ge Res­sour­cen­ver­nich­tung gepolt ist, wird es nicht leicht.

Der Wil­le der Euro­pä­er, viel­leicht auch ihr Mut, ist gefragt. Ent­we­der wir fin­den einen Weg, mit einer Stim­me zu spre­chen oder blei­ben und wer­den ver­zwergt. Nichts ande­res haben wir ges­tern erlebt. Und wir konn­ten es kom­men sehen.

Die Amis machen unter Trump Deals mit Putin und Xi und spie­len ihre geo­po­li­ti­schen Spiel­chen. Das sind die Hege­mo­nen der Gegen­wart und wohl noch mehr die der Zukunft.

Die EU hat ca. 450 Mil­lio­nen Ein­woh­ner (Ten­denz: stei­gend) und gilt als einer der bedeu­tends­ten Wirt­schafts­be­rei­che der Welt. Die vier bevöl­ke­rungs­reichs­ten Staa­ten der EU (Deutsch­land, Frank­reich, Ita­li­en und Spa­ni­en) reprä­sen­tie­ren ca. 260 Mio. Men­schen. Inner­halb der EU wird aktu­ell davon gere­det, dass neben Deutsch­land, Frank­reich und Polen (die drei bil­den das soge­nann­te Wei­ma­rer Drei­eck) auch Groß­bri­tan­ni­en als Nicht-EU-Land eine Füh­rungs­rol­le inner­halb Euro­pas über­neh­men soll.

Ich hielt es für bes­ser, wenn sol­che Aspek­te inner­halb der EU bei sei­ner poli­ti­schen Wil­lens­bil­dung weni­ger pro­mi­nent dis­ku­tiert wür­den. Schließ­lich haben klei­ne­re Län­der der EU die Ukrai­ne über­pro­por­tio­nal im Ver­gleich zu »den Gro­ßen« unter­stützt. Ich den­ke an die skan­di­na­vi­schen Län­der, die Nie­der­lan­de, aber auch die bal­ti­schen Staa­ten und – nicht zu ver­ges­sen – Italien.

Im Nach­hin­ein ist man immer klü­ger, heißt es. Im Hin­blick auf eine mög­li­che stär­ke­re Inte­gra­ti­on der EU waren die Ansich­ten stets sehr gemischt. Wir sind bei EU-Refor­men nicht wei­ter­ge­kom­men (ich den­ke an die Dis­kus­sio­nen nach der Brexit-Ent­schei­dung). Eine stär­ke­re Inte­gra­ti­on wäre aus heu­ti­ger Sicht ver­mut­lich hilf­reich gewe­sen. Statt­des­sen schla­gen wir uns mit Staats­chefs wie Vik­tor Orbán her­um, die dem selbst bei uns (AfD) umstrit­te­nen Kon­strukt EU aus purem Popu­lis­mus ein Ende berei­ten wollen.

Hen­ry Kis­sin­ger klag­te ein­mal (in den 1970-er Jah­ren): „Wen rufe ich denn an, wenn ich Euro­pa anru­fen will?“. Auf die­se simp­le Fra­ge hat die EU bis heu­te kei­ne zufrie­den­stel­len­de Ant­wort gefun­den. 2016 tra­fen die Bri­ten ihre Ent­schei­dung, die EU zu verlassen. 

Schon 2009 wur­de der Lis­sa­bon­ner Ver­trag geschlos­sen. Seit­dem gibt es einen EU-Außen­be­auf­trag­ten (Hoher Ver­tre­ter der EU für Außen- und Sicher­heits­po­li­tik). Der­zeit hat die­ses Amt Josep Borell Kaja Kal­las inne. Zudem haben Kommissionspräsident/​in und der Chef des Euro­päi­schen Rates außen­po­li­ti­sche Kom­pe­ten­zen. Es gilt aller­dings nach wie vor, dass in vie­len Fäl­len die natio­na­len Regie­run­gen der Mit­glieds­län­der das Sagen haben. Das führt zu dem Resul­tat, dass kei­ne klu­ge Koor­di­na­ti­on statt­fin­det, genau­er gesagt, dass sie sich äußerst schwie­rig dar­stellt. Vik­tor Orbán ist nur ein extre­mes Bei­spiel. Es gibt zu vie­le ver­schie­de­ne Inter­es­sen der EU-Län­der. Das macht die oft sicht­ba­re Zer­strit­ten­heit oder die Unei­nig­keit deutlich.

Selen­skyj hat uns vor­ge­macht, was man tun kann. Sei­nen Rücken gera­de machen und sol­chen Leu­ten wie Van­ce, Rubio und wie die Art von Trump-Cla­queu­ren heißt, das offen­ba­ren, was sie nicht hören wol­len. Ich bin ein wenig gehemmt, den Begriff Wahr­heit über­haupt in den Mund zu neh­men. Es gibt seit Trump min­des­tens zwei davon. Sei­ne und die des Rests der Welt.

mehr Infor­ma­tio­nen

  1. Donald Trump und Wolo­dym­yr Selen­skyj: Fünf hit­zi­ge Minu­ten im Oval Office – DER SPIEGEL
  2. Tref­fen im Wei­ßen Haus ende­te in Unei­nig­keit – so geschah es | Ukrai­ne | The Guardian

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: EU Ukraine USA

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3 Gedanken zu „Trump, Selenskyj und die Zukunft Europas“

  1. Juri Nello 470 1. März 2025 um 20:55

    Dazu könn­te ich einen Roman schrie­ben. Ich beschrän­ke mich jedoch mal auf die Über­schrift, ganz dem online Trend folgend.
    Zei­ge mir die Poli­ti­kerys, die es geschafft hat auch nur für Deutsch­land eige­ne Zie­le als yplan zu for­mu­lie­ren. Die „größ­ten“, aktu­el­len, deut­schen Poli­ti­ker sind Trans­at­lan­ti­ker, nur nicht mehr so offen beken­nend, Len­chen natür­lich ausgenommen.
    Leu­te die in höchs­ten Posi­tio­nen sich dazu beken­nen, das Inter­es­se eines frem­den Staa­tes zu ver­fol­gen. In Deutsch­land, wie selbst in Frank­reich gibt es dafür Geld, Applaus und Ruhm. In Mos­kau fliegt man für sowas aus dem Fens­ter und un den Staa­ten wür­den sie vorm Kriegs­ge­richt erschos­sen wer­den. Und das völ­lig zu Recht.
    Wenn man, ob Poli­ti­ker oder nicht, die Fra­ge stel­len wür­de: „Wo sehen Sie Deutsch­land (Euro­pa, etc.) in 20Jahren?“ die bes­te Ant­wort, die man erhält: „Im Stau stehend.“.
    Mer­ke: Wo Du kei­nen Plan hast, haben die ande­ren Einen für Dich. Und der geht sel­ten gut für Dich aus..
    Ich wür­de mich nicht mal wun­dern, wenn Trump und Putin sich die ein­zel­nen Schürf­ge­bie­te schon lan­ge abge­spro­chen haben und die Hälf­te unse­rer Bag­ga­ge davon sogar weiß.
    Fas Snow­den heu­te kein Begriff mehr ist, ist so ent­lar­vend, wie auch charakteristisch.
    Angeb­lich sind ja alle über­rascht wor­den. Sogar so sehr, dss auch Hard­li­ner, wie Rött­gen, sich vom Trans­at­lan­ti­schen distanzieren.
    Was sind denn die Konsequenzen?
    Tritt man aus den Ver­ei­nen aus? Mal rech­nen, dass macht ja mehr als eine Mil­li­ar­de weni­ger für mich und mei­ne Bud­dies. Das geht nun wirk­lich nicht.
    Ver­sucht nan es denn in den Län­dern mit eige­nem Denken?
    Bein, also die Ver­bra­terver­trä­ge mit McK, Deloit­te, KPMG un Blach­rock sind noch auf 30 Jah­re fest­ge­legt. Alle­samt Fir­men, die mit dem MAGA-Cap­py nicht nur durch den Bun­des­tag, das EU-Par­la­ment, die Fir­men und die Schu­len lau­fen, wo der Ein­hei­mi­sche nicht mal hin­gu­cken darf.
    Und was sagt das deut­sche Volk mit­tels Wahl dazu? „Wir wol­len mehr Trans­at­lan­ti­ker. Wur wol­len mehr Amerika.* 

    „Wer kla­res Was­ser trin­ken will, soll­te zur Quel­le gehen.“

    Wo geht die Rei­se wohl hin?

  2. […] Horst Schul­te: Trump, Selen­skyj und die Zukunft Euro­pas „Mei­ne in Jugend­jah­ren extre­me Ableh­nung der ultra­ka­pi­ta­lis­ti­schen USA schwappt zurück in mei­ne aktu­el­le Lebensphase. „ […]

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