In den letzten acht Jahren meiner Berufstätigkeit habe ich keine nennenswerte Gehaltserhöhung mehr erhalten. Ich behaupte, es lag nicht an meinen Verhandlungskünsten, sondern daran, dass mein Chef mich nicht leiden konnte. Oder war es gar systemische Altersdiskriminierung?
Der Vorgesetzte und die Altersdiskriminierung
In fast 40 Jahren meines beruflichen Werdeganges hatte ich das Glück, mich mit meinen Vorgesetzten gut zu verstehen. Einfach war es trotzdem nicht immer. Bei einigen meiner Arbeitgeber wechselten die Vorgesetzten in ungewöhnlich hoher Geschwindigkeit. Da ich überwiegend direkt der Geschäftsführung unterstellt war, musste ich mich notwendigerweise immer wieder neu auf die Spleens und Sonderheiten einstellen. Und nicht nur das. Immer wieder musste ich beweisen, was ich wert war bzw. meine Position gut ausfüllte. Davon sollten meine Mitarbeiter (das war meine Marotte) möglichst nichts mitbekommen. Dass das zeitweise sehr anstrengend war, kann wahrscheinlich fast jeder nachvollziehen.
Das Gehalt steht scheinbar nicht mehr im Vordergrund
Was mir während der letzten Arbeitsjahre unangenehm aufgefallen ist, war – außer den bescheidenen Gehaltserhöhungen -, dass die Leute um mich herum immer jünger zu werden schienen. Vielleicht ist das im Vertrieb anders als in anderen Abteilungen? Außerdem besaßen wirklich alle Kolleginnen und Kollegen eine akademische Ausbildung. Mein Chef war Diplom-Kaufmann, die anderen Wirtschaftsingenieure oder Betriebswirte. Gegen diese geballte Kraft von theoretischer Überlegenheit war meinerseits wenig auszurichten. Ich gebe zu, manchmal nage das an mir.
Auf eine Erfahrung hätte ich in diesen letzten Jahren meiner Tätigkeit gern verzichtet. Es war eines dieser Gespräche mit meinem Chef, die mal gut, mal weniger gut auffallen können. In diesem Fall war es besonders schlecht. Er gab mir zu verstehen, dass er für mich einen Uni-Absolventen einstellen könne, der viel weniger koste und erwartungsgemäß bessere Arbeit abliefern würde. Nicht, dass es einen konkreten Vorwurf oder Fehler an mich gegeben hätte. Er sagte das einfach mal so, weil ihm ein Furz quer gesessen hat. Ja, es gibt immer noch launige Chefs. Das kam manchmal vor, und ich war als Zielperson für solche Nettigkeiten auch nicht allein.
Leistungsprinzip und Alter
Mir war es ein Trost, dass der Mann das Unternehmen bald danach verlassen musste. Mein Ausstieg erfolgte auf eigenen Wunsch erst knapp ein Jahr später, und zwar auf eigenen Wunsch und zu fairen Bedingungen.
Im „Spiegel“ las ich heute den Artikel: „Wir haben ein Problem mit Altersdiskriminierung“. Soweit würde ich nicht gehen. Aber es lohnt sich schon darüber einmal nachzudenken. Schließlich können und sollten wir uns das nicht erlauben und sollten angesichts des Fachkräftemangels solche Entwicklungen im Keim zu ersticken!
Sollte es stimmen, dass so viele (60 Prozent!) Personaler eine Altersgrenze von 50 bis 55 Jahren im Kopf haben, sind sie vermutlich doch mit dem Hammer gepudert. Gerade, weil doch andererseits überall zu hören ist, wie schlimm der Fachkräftemangel inzwischen schon ist. Ich kann mir allerdings – übrigens auch aus eigenen Erfahrungen – vorstellen, dass manche Personalbeauftragte oder Headhunter seltsame Ideen hinsichtlich der Tauglichkeit von älteren Arbeitnehmern entwickelt haben.
Das Alter im Kopf
In den 90-er Jahren war ich einige Monate arbeitslos und wurde (mit 43 Jahren) mehr als einmal als zu alt abgespeist. Nun, Gott sei Dank, gibt es nicht überall solche Idioten und natürlich ist es nicht auszuschließen, dass das nur ein dummer Vorwand war.
Ältere Arbeitnehmer werden häufiger krank und sind nicht mehr so leistungsfähig. Es ist kaum zu bezweifeln, dass an dieser generellen Aussage etwas dran ist. Im „Spiegel“-Artikel schreibt man älteren Arbeitnehmern zu, womöglich wenig technikaffin zu sein.
In meinem Fall kann ich das aber so etwas von zurückweisen.
Meine Kollegen – wie gesagt – allesamt viel jünger als ich, holten sich bei mir Rat, vor allem, wenn es um Excel-Formeln oder Add-Ins ging. Bei manchen PC-Problemen konnte ich helfen. Insofern ist dieses Vorurteil nicht tragfähig. Meiner Erfahrung geht die Technikaffinität oft nicht über das Annehmen und Beantworten von E-Mails und Smartphone-Calls hinaus. Auch das ist übertrieben…
Lohnt sich die Weiterbildung?
Ich verstehe, wenn Unternehmen im ersten Moment keine rechte Neigung zeigen, ältere Arbeitnehmer (sagen wir ruhig mal ab 55) Fortbildungen zu finanzieren. Sie sollten allerdings gut überlegen, ob Teams aus älteren und jüngeren ArbeitnehmerInnen nicht erheblich effizienter und erfolgreicher arbeiten. Erfahrung und Ehrgeiz können sich gut ergänzen.
Heute laufen die Dinge so, dass viele Menschen gern weniger arbeiten möchten. Das ist sogar dann der Fall, wenn sie wissen, dass die Bezahlung bei 40 Stunden nicht identisch bleiben wird, wenn man nur noch 32 Stunden in der Woche arbeitet. Das Stichwort ist auch in diesem Beispiel: Produktivität. Menschen sind produktiver, wenn sie sich in ihrem Arbeitsumfeld wohl fühlen und – was für ein alter Hut – ihre Arbeit anerkannt und geschätzt wird. Hierzu gehört in unseren Zeiten halt auch zwingend, dass sie andere Werte als früher favorisieren.
Vielleicht ist Optimismus in dieser Hinsicht angezeigt? Schließlich kommen (auch in Deutschland) immer schneller „neue“ Technologien zum Einsatz, die die Produktivität hochhalten oder sogar steigern.
Wenn der Fachkräftemangel so gravierend wäre, würden wir schon lange über mangelnde Versorgt klagen.
Die Altersgrenze liegt jobtechnisch bedingt auch anders. Im IT-Bereich müsste es nicht sein, aber dort ist man mit Mitte 30 mitunter zu alt . Am Ehesten stellt tatsächlich das Handwerk noch Ältere ein. Das kann aber auch regional unterschiedlich sein.
Was die ganzen Alleinerziehenden wohl später machen werden?
Ob der Flaschenpfand demnächst kräftig steigen wird?
Hallo Juri, ich kenne Prozessberater (Top-Leute), die über 50 Jahre alt sind. Ich glaube, es ist falsch, solche Altersgrenzen zu pauschalisieren – selbst z.B. für den IT-Bereich. Die Realität sieht allerdings so aus, wie du sie beschreibst. Die älteren Mitarbeiter finden sich vornehmlich wohl im Handwerk.
Die Frage nach den Alleinerziehenden stellt sich leider ja nicht nur im Hinblick auf Altersarmut. Der Staat kann vielleicht gar nicht mehr tun, als es jetzt passiert. Was wäre nötig? Mehr Kitaplätze, mehr Lehrer. All dies gibt es nicht mehr. Angeblich fehlen 40.000 Lehrer, wie viele Erzieher dazu kommen (für Kitas) weiß ich im Moment nicht mal. Aber die Zahlen sind ebenfalls unglaublich hoch. Sozialarbeiter und Psychologen wurden zur Unterstützung in Schulen eingestellt und das gar nicht mal so wenig. Gebracht hat das allerdings – jedenfalls aus meiner Sicht – kaum etwas.
Interessant übrigens, dass Finnland, das in den ersten Pisa-Studien ja so toll abgeschnitten hat, inzwischen stark zurückgefallen ist. Nun, das ist auch kein Trost. Irgendwie hat man das Gefühl, dass wir richtig am Arsch sind.
Es wird halt an Symptomen herumgedoktort.
Ursache & Wirkung und Potenz und Tendenz werden nicht berücksichtigt. Nötige Reformen finden nicht statt.
Schulen als Normierungsinstitut sind eh fraglich, da aus der Zeit gefallen.
Die Tests sollten auch kontrolliert werden.
Es fehlen die großen Linien. Alles wird nur Ad hoc entschieden. Und dies taugt i.d.R. nie viel.