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Das Erbe der Alten.

Die Vorbilder gehen uns aus. Die weni­gen, die „man” noch als sol­che aner­kann­te, ster­ben nach und nach. Was gibt uns die Orientierung, die Menschen doch eigent­lich immer schon gebraucht haben?

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Etwas für mich Wesentliches fehlt in die­sem Beitrag ($). Susanne Beyer hat den in unse­rer Gegenwart umstrit­te­nen zwei­ten SPD-​Kanzler des Landes glatt unter­schla­gen. Gerhard Schröder ist 1944 gebo­ren. Auf ihn trifft also das Gleiche zu wie auf Angela Merkel. 

Zum Erbe der Walsers und Genschers gehört, dass wir Personen der 

Öffentlichkeit an ihren his­to­ri­schen Erfahrungen mes­sen. Die

Deutschen haben der Welt ein so belas­te­tes 20. Jahrhundert beschert,

dass hier­zu­lan­de die Haltung der Menschen zu dem Deutschland, in

dem sie gelebt hat­ten, zwangs­läu­fig zur Kategorie ihrer Beurteilung 

wur­de. Dass das so ist, fiel nicht immer auf. Aber im letzten

Bundestagswahlkampf 2021 fiel es auf, sehr sogar. Es fiel auf, weil

etwas fehlte. 



Erstmalig streb­ten mit Annalena Baerbock (Grüne), Armin Laschet

(CDU) und Olaf Scholz (SPD) Leute an die Spitze des Kanzleramts,

von denen kei­ner und kei­ne das gewohn­te his­to­ri­sche Gewicht 

mit­brach­te, das alle Vorgänger und auch die Vorgängerin im Amt

mit­ge­bracht hat­ten. Alle männ­li­chen Amtsinhaber hat­ten den Krieg

noch erlebt. Die ein­zi­ge Amtsinhaberin Angela Merkel, 1954 geboren,

hat­te als ehe­ma­li­ge DDR-​Bürgerin ande­re, aber ebenfalls

ein­schnei­den­de his­to­ri­sche Brüche erfahren.

Bei Annalena Baerbock zeig­te sich das Dilemma der Nachrückenden

ganz beson­ders: Ständig ging es im Wahlkampf um die Frage, ob und

schließ­lich war­um die damals 40-​Jährige ihren Lebenslauf geschönt

hat.

Spiegel, Kolumne von Susanne Beyer vom 4.8.2023 ($)

Wenn ich den Text rich­tig ver­stan­den habe, beklagt Beyer, dass die Zeit der Männer (ok, es ist zu bedau­ern, dass kei­ne Frauen dar­un­ter sind) mit bio­gra­fi­schem Bezug zur deut­schen Geschichte, nicht mehr unter uns sind. 

Vorbilder für Demokratie und Freiheit

Ich habe mir über die Auswirkung feh­len­der Vorbilder in einem erwei­ter­ten Sinne Gedanken gemacht und bin auf Unverständnis gesto­ßen. Ich glau­be, Claudia war damals ande­rer Meinung. Mein Wunsch gin­ge am Bedarf der Gesellschaft vor­bei, schrieb sie im Kommentar. Es gebe kei­ne Erkenntnis‑, son­dern Umsetzungsprobleme. Ja, das eine schließt das ande­re nicht aus, fin­de ich. Ich hat­te, das muss ich ergän­zen, eher all­ge­mein von feh­len­dem intel­lek­tu­el­lem Spirit geschrieben.

Walser und die ande­ren hin­ter­las­sen gro­ße Lücken. Die Antwort auf die Frage, wer wir ohne sie sind und sein wer­den, hängt auch davon ab, wie wir mit ihrem Erbe umgehen.

– Spiegel – Kolumne von Susanne Beyer ($)

Figuren wie Walser, Grass oder Böll sind in unse­rer wider­li­chen, von Aggressivität strot­zen­den Zeit längst schon so umstrit­ten, ins­be­son­de­re den Bereichen unse­rer ach so unta­de­li­gen und von mora­li­schem Furor nur so trot­zen­den Gesellschaft, dass es dort nie­man­den über­haupt zu wun­dern scheint, dass mit Annalena Baerbock oder Robert Habeck so unglaub­lich mies umge­gan­gen wird.

Die Köpfe fehlen (mir)

Ich glau­be an sol­chen Dingen zu erken­nen, wie wenig ein­fluss­rei­che Köpfe in unse­rem Land poli­ti­sche Veränderungen mit ihren Gedanken flan­kie­ren. Die gesell­schaft­li­chen Diskurse sind viel zu stark getra­gen von ver­ba­ler Gewalt, nicht von kon­struk­ti­ven Gedanken. 

Wahrscheinlich, so geht mei­ne klei­ne Theorie, weil es die­se Köpfe dazu schlicht nicht mehr gibt. 

Dummschwätzer fin­den wir an allen Enden unse­rer Gesellschaft. Ich nen­ne kei­ne Namen, weil ich gar nicht in die­se Kritik ein­stim­men will. Aber wo gibt es noch Politiker und Intellektuelle, deren Aussagen nicht als­bald öffent­lich zer­ris­sen wer­den? Wenn sich mal eine gro­ße Blase mit zustim­men­den Kommentaren geäu­ßert hat, wird sie schnells­tens angepiekst. 

Egal, ob Walser, Grass, Böll, Hildebrandt oder Benedikt XVI., sich gegen die hin­ge­rotz­ten Besserwissereien der Rechten und Linken zu behaup­ten, wird zur Unmöglichkeit.

Ein Hobby? Gegen Steinmeier, gegen die Demokratie 

Gestern hat­te Bundespräsident Steinmeier an die Vernunft der Landsleute appel­liert, nicht die Feinde unse­rer Verfassung stark zu machen. 

Das war für man­chen Rechten schon wie­der zu viel. #NotmyPresident war noch die freund­lichs­te Form der „Erwiderung”. Streiten kann man. Von mir aus sogar dar­über, ob wir über­haupt noch in einer Demokratie leben. Aber bit­te nicht, um mit hoh­len Phrasen gegen die Demokratie und unse­re Verfassung zu agitieren! 

Wer die AfD-​Veranstaltungen und „Verlautbarungen” der letz­ten Wochen ver­folgt hat, soll­te wis­sen, was jetzt zu tun ist. Für mich ist ein Prozentpunkt, den die AfD in Umfragen ver­lo­ren hat, immer­hin ein Anfang. Ganz so blöd sind die Deutschen viel­leicht doch nicht. Nun, die Hoffnung stirbt ja immer zuletzt. Der Frust über die Politik unse­rer aktu­el­len Regierung darf nicht dazu füh­ren, dass das Kind mit dem Bade aus­ge­schüt­tet wird!

»Mir wäre es lieb«, so begann er (Martin Walser A. d. Red.) 1995 ein

Gespräch mit Schülerinnen und Schülern

, »wenn Sie durch Ihren

Besuch zu irgend­et­was kämen, wozu Sie ohne den Besuch nicht

gekom­men wären.«

Spiegel – Kolumne von Susanne Beyer ($)

Wie sol­len sol­chen Erkenntnisse, neue inbe­grif­fen, ent­ste­hen, wenn wir uns gegen­sei­tig aus­gren­zen und uns nicht mehr zuhö­ren, weil wir über­zeugt davon sind, ja allein im Besitz der einen und ein­zi­gen Wahrheit zu sein?


Wir kennen das Gegengift

Das Schlimmste ist, das Gift wirkt und ver­stärkt sich – je län­ger wir sei­ne Verbreitung zulas­sen und för­dern. Nicht nur bei den Jungen (sozia­le Medien). Vor allem, fin­de ich, bei denen fehlt Widerstand. Die, die es bes­ser wis­sen soll­ten, weil ihnen gewis­ser­ma­ßen das Glück der spä­ten Geburt ver­gönnt war, sind frus­triert. Verstehe ich. Ich wur­de 8 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gebo­ren und füh­le mich bis heu­te dem ver­pflich­tet, was so lan­ge in die­sem Land gegol­ten hat und das nach und nach sei­nen Einfluss verliert. 

Dass der Name von Helmut Schmidt in der Kolumne fehlt, über­rasch­te mich auch. Mich wür­de es nicht wun­dern, wenn das auch dar­an läge, dass all­zu vie­le Schmidt-​Zitate von Rechten oder AfD-​Leuten gepos­tet wer­den, weil sie angeb­lich ihre kru­sen Weltsichten bestä­ti­gen. Ja, der Kontext fehlt halt grundsätzlich.


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