Ein Wetter zum Streiten

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Horst Schulte

Ein Wetter zum Streiten

Ein Syn­onym für gute Lau­ne ist Son­nen­schein. Hier gibts davon – trotz allem – über­sicht­li­che Dosen, abge­se­hen von man­chen der letz­ten Jah­re viel­leicht. Das mit­tel­mä­ßi­ge Som­mer­wet­ter, an das wir jahr­zehn­te­lang gewohnt waren, könn­te der Grund dafür sein, dass Men­schen aus ande­ren Natio­nen uns manch­mal als sau­er­töp­fig bezeichnen. 

Der typi­sche Deut­sche litt unter dem schlech­ten Som­mer­wet­ter. Wer von uns hat schon Rudi Car­rells Hym­ne ans deut­sche Wet­ter ver­ges­sen, wenn er in brei­ter Zustim­mung danach frag­te, wann es end­lich wie­der Som­mer werde?

Auch das hat sich ver­än­dert. Wer sich heu­te dar­über beklagt, dass es – in die­sem Som­mer – ja nur reg­net und zudem (jeden­falls für Juli /​August) ziem­lich kühl war, dem rückt die Wet­ter­li­ga an den Hals. Man hört dann von Ver­harm­lo­sung des Kli­ma­wan­dels oder weist – nicht ganz zu Unrecht – dar­auf hin, dass die Regen­men­ge immer noch nicht aus­rei­chend sei, um unse­re in den letz­ten Jah­ren ver­brauch­ten Was­ser­vor­rä­te wie­der aufzufüllen. 

Auch das The­ma Kli­ma­wan­del ist längst, wie Migra­ti­on, Ukrai­ne oder Deindus­tria­li­sie­rung, zum Trei­ber gesell­schaft­li­cher Tei­lung mutiert. 

Auf Twit­ter, einem der Medi­en für zeit­ge­mä­ßes Strei­ten, gehen sich die Leu­te ver­bal an die Keh­le. Und zwar nur, weil sie übers Wet­ter unter­schied­li­che Ansich­ten haben. Hal­lo!? Dass dabei auch die Kate­go­rie der­je­ni­gen eine Rol­le spielt, die bit­te­schön den Unter­schied zwi­schen Wet­ter und Kli­ma berück­sich­tigt sehen will, ist doch irgend­wie auch typisch deutsch. Oder?

Egal, ob man den Son­nen­un­ter­gang auf Kre­ta pos­tet und dafür gehar­nisch­te Kri­tik ern­tet oder ob sich ein Fami­li­en­va­ter über den vie­len Regen wäh­rend der inzwi­schen schon wie­der been­de­ten gro­ßen Feri­en in Nord­rhein-West­fa­len beklagt, sofort fin­den sich Anklä­ger, denen kei­ne Beschimp­fung die­ser Art von leicht­fer­ti­gen Äuße­run­gen zu über­trie­ben erscheint. 

„Die Natur ist so mäch­tig, so stark. Ihr Wesen ein­zu­fan­gen ist nicht ein­fach – Dei­ne Arbeit wird zu einem Tanz mit dem Licht und dem Wet­ter. Es führt dich an einen Ort in dei­nem Inneren.“

 (Annie Leibovitz)

Mich depri­mie­ren die Berich­te und Bil­der der furcht­ba­ren Ver­hee­run­gen, die der Kli­ma­wan­del bereits nach sich zieht. Ich gehö­re offen­bar auch zu jenen Deut­schen, die dafür gesorgt haben, dass der Begriff „Ger­man Angst“ in den Sprach­ge­brauch der Angel­sach­sen Ein­gang fand. Zuletzt gab es hier kras­se Nie­der­schlä­ge, die zum Glück nur kurz anhiel­ten. Bei mir lös­ten sie ein echt mul­mi­ges Gefühl aus. So könn­te sich das ange­fühlt haben, als Noah den Zeit­punkt für gekom­men hielt, mit sei­nem Anhang den Schutz der Arche zu suchen.

Ob wir mit unse­ren Bemü­hun­gen gegen einen fort­schrei­ten­den Kli­ma­wan­del nicht wei­ter sein könn­ten, wenn wir unse­re Ener­gie nicht für unnö­ti­ge haar­spal­te­ri­schen Dis­kus­sio­nen auf­wen­de­ten, son­dern die­se in mög­lichst effek­ti­ves Han­deln inner­halb unse­res per­sön­li­chen Lebens­um­fel­des ste­cken würden?

All die schlim­men Unglü­cke mit ihren völ­lig unab­seh­ba­ren Fol­gen für die direkt betrof­fe­nen Men­schen häu­fen sich so, dass die Kli­ma­leug­ner sie nicht mehr als Pro­dukt der Main­stream­m­e­di­en „ver­kau­fen“ kön­nen. Trotz­dem tun Men­schen das immer noch. Sie möch­ten die Ver­än­de­run­gen nicht wahr­ha­ben und wäh­len den Weg, den Men­schen auch in der Ver­gan­gen­heit häu­fig gin­gen – die Verdrängung. 

Dass wir Men­schen in sehr unter­schied­lich aus­ge­präg­ter Ver­ant­wor­tung durch unser unbe­wuss­tes, aber auch rück­sichts­lo­ses Ver­hal­ten den Kli­ma­wan­del aus­ge­löst haben, soll­ten wir ein­se­hen. Nur dann besteht in mei­nen Augen die Hoff­nung, dass nöti­ge Ver­än­de­run­gen noch recht­zei­tig statt­fin­den. Außer­dem soll­ten wir drin­gend an unse­rer (deut­schen) Vor­ein­ge­nom­men­heit gegen­über Tech­no­lo­gien arbei­ten. Ich glau­be, dass tech­ni­sche Inno­va­tio­nen dabei hel­fen kön­nen, den Kli­ma­wan­del bzw. auch sei­ne Fol­gen posi­ti­ver zu beein­flus­sen als die im glo­ba­len Maß­stab erfor­der­li­chen Ver­hal­tens­än­de­run­gen. Auf die wer­den wir, fürch­te ich, noch lan­ge warten.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Das Erbe der Alten.

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4 Gedanken zu „Ein Wetter zum Streiten“

  1. Anonym 11. August 2023 um 13:12

    Geo­en­gi­nee­ring fin­det jedoch statt. Wie fast alles, was der Mensch kann. 

    Die Fol­gen sind hier­bei bloß sel­ten absehbar.

  2. Mutant77 1 14. August 2023 um 08:22

    Naja, die Vor­stel­lung, das so etwas klei­nes wie das CO2 das der Mensch erzeugt, das Kli­ma der Welt in gra­vie­ren­dem Maße beein­flusst, mag zwar unse­re See­le erfreu­en, da er uns unse­re Bedeu­tung so groß erschei­nen läßt. Aber letzt­lich soll­te man auch die Wir­kung und Fol­gen der Tech­no­lo­gien, auf die man setzt um die­se angeb­lich zu ver­än­dern, genau­er betrachten. 

    Das die Dis­kus­sio­nen zu dem The­ma teil­wei­se in einer sehr reli­giö­sen Form (Kli­ma­leug­ner) geführt wird, macht das aber nicht ein­fach. Und bei genau­er Betrach­tung hilft der radi­ka­le Umbau einer bewähr­ten und erforsch­ten Tech­nik nicht unbe­dingt der Umwelt oder den Menschen. 

    Dazu soll­te man sich mal genau­er den Abbau der Roh­stof­fe, die immer mehr benö­tigt wer­den, im gegen­satz zu denen die wir bis­her nut­zen, schau­en. Also Lithi­um, Col­tan oder auch Bau­xit in Süd­ame­ri­ka und Afri­ka im Ver­gleich zu Koh­le und Erd­öl. Die Arbei­ter der letz­te­ren, sind gut bezahl­te Fach­kräf­te, bei dem ers­ten ist das nicht unbe­dingt der Fall.

    Auch der Ein­druck, dass Natur­ka­ta­stro­phen zuge­nom­men haben, ist nicht uneb­dingt wisen­schaft­lich halt­bar. Die Schä­den sind grö­ßer, weil es mehr Men­schen gibt, aber die Zahl der Opfer hat sich ver­rin­gert und bei den Wet­ter­ereig­nis­sen gibt es auch kei­ne ein­deu­ti­gen Zahlen.

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