Matthew Karnitschnig, Journalist bei Politico (Springer) ist US-Amerikaner mit einem deutschen Vater und einer amerikanischen Mutter. Er wuchs in den USA auf, spricht fließend Deutsch mit unüberhörbarem, österreichischem Akzent. Er ist seit 2015 Chef des Deutschland-Büros von Politico. Am Sonntag war er zu Gast im „Internationalen Frühschoppen“ von Phoenix.
Die Krauts schaffen‘s nicht
Er darf seinen überkritischen Blick auf Deutschland auch gern bei anderen Springer-Blättern verspritzen. Springer hat Politico schließlich gekauft. Zur Weltsicht des Springer-Konzerns passen die Geschichten über Fehler während der Corona-Pandemie ohnehin wie Faust aufs Auge.
Wie ruppig der Tonfall im Meinungsaustausch werden kann, wenn Karnitschnig einsteigt, war in diesem Beispiel gut nachzuvollziehen:
Seine Beiträge über Deutschland werden aus meiner Sicht von einem überheblichen Grundton überlagert. Warum ist das so? Sind wir wirklich so grottenschlecht (huch, seit zwei Jahren hat sich aber schon viel verändert) oder nutzen manche Journalisten die aktuelle Lage, um die ihnen willkommen scheinende Schwäche unseres Landes gnadenlos auszunutzen? Stimmungsmache ist in Deutschland vielleicht leichter als anderswo?
Andererseits, ich reagiere darauf etwas empfindlich. Die meisten sehen darüber hinweg und argumentieren zum Teil, dass solche Beobachtungen die Aufregung nicht wert seien.
Was müssen wir Deutsche den Schweizern und Österreichern in der Geschichte zugemutet und wohl auch an Selbstbewusstsein geraubt haben, dass sie sich so herablassend über unser Land und seine Einwohner auslassen? Ob es nun Leute wie Gujer von der NZZ sind, Köppel von der Weltwoche oder halt Herr Karnitschnig. Als gut meinend würde ich die Aussagen dieser Herren kaum betrachten. Dafür ist die Kritik einfach zu brutal und zu einseitig.
Es stimmt, dass im Falle Taiwans Europa und erst recht Deutschland keine Handlungsoptionen besitzen, wie Herr Karnitschnig süffisant feststellt. Aber Europa mit dieser typisch us-amerikanischen Kapitalisten-Arroganz in dieser Art und Weise abzuschreiben, ist für solche Amerikaner schon deshalb keine gute Einstellung, weil Europa für die Amis der wichtigste Absatzmarkt noch für eine Weile bleiben dürfte.
Er spricht davon, wie die USA seit 2010 Europa abgehängt habe bzw. wie sich im Vergleich das Bruttoinlandsprodukt diametral auseinanderentwickelt hätte.
So sei das Pro-Kopf BIP der USA aktuell 80 % höher als das Deutsche. Die exorbitant gestiegene Verschuldung der USA und die auch dort um sich greifende ungerechte Vermögensverteilung kommen in diesem Kontext ein wenig zu kurz, fand ich. Zum Glück sind wir nicht die USA, möchte ich feststellen.
Die extreme Ungleichheit bei den Einkommen, die wir auch hier im Lande feststellen, ist jedenfalls längst nicht so stark ausgeprägt wie dies in den USA der Fall ist. Außerdem ist die dortige Gesellschaft in einer Weise gespalten, die wir uns für unser Land Gott sei Dank nicht vorstellen können.
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