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Zwischen Fanatismus und Fairness: Wie sich der Fußball verändert

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von Horst Schulte

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Über das Ver­hal­ten von Fuß­ball­fans, die zuneh­men­de Aggres­si­on im Sta­di­on und die Fra­ge, wie der Ein­fluss der Fans den Sport verändert.

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Ich kann gut ver­ste­hen, dass der Fuß­ball so vie­le Fans hat. Man muss ihn nicht unbe­dingt selbst spie­len, um ihn toll zu fin­den. Gera­de bei einer WM oder EM las­sen sich Men­schen in Scha­ren hin­rei­ßen und ent­wi­ckeln mit­un­ter so etwas wie Exper­ti­se. Was die­se wert ist, kann man pau­schal nicht sagen. 

Der Streit um den nicht gege­be­nen Elf­me­ter hat mir gezeigt, dass mein per­sön­li­cher Abstand zu die­sem Sport gewach­sen ist. Ich hät­te ihn auch nicht gege­ben. Aber ich neh­me zur Kennt­nis, dass die meis­ten Fach­leu­te das anders beur­teilt haben. Außer­dem gibts ja noch die 400.000 Peti­tio­nis­ten, die sich für eine Wie­der­ho­lung des aus unse­rer Sicht ver­lo­ren gegan­ge­nen Sie­ges wie­der­holt sehen wol­len. Dazu habe ich schon was geschrieben!

Wie Fuß­ball­fans sich gebär­den, kön­nen wir an Bun­des­li­ga­spiel­ta­gen immer wie­der erle­ben. Mich treibt auch des­halb schon lan­ge nichts mehr ins Sta­di­on. Dass die Ver­ei­ne es ableh­nen, die der All­ge­mein­heit anheim fal­len­den Kos­ten für die nöti­gen umfang­rei­chen Poli­zei­ein­sät­ze zumin­dest zum Teil zu über­neh­men, ist ein deut­li­ches Zei­chen für staat­li­ches Ver­sa­gen. Ja, ich ken­ne die ver­schie­de­nen Argu­men­te – auch von Fan-Akti­vis­ten. Mein Ver­ständ­nis kommt in die­ser Sache über null nicht hinaus. 

Ges­tern haben wir beim Halb­fi­na­le der Spa­ni­er gegen die Fran­zo­sen nicht nur ein gutes Match gese­hen (auch die Fran­zo­sen waren eigent­lich rela­tiv gut drauf, aber halt nicht so gut wie die Spa­ni­er). Wie­der fie­len mir die Fans unan­ge­nehm auf. Die deut­schen Fans, wie ich wider­wil­li­ger Wei­se fest­stel­len muss­te. Die haben buch­stäb­lich jede Akti­on des spa­ni­schen Links­ver­tei­di­gers, Marc Cucu­rel­la, fre­ne­tisch aus­ge­pfif­fen. Mich hat die­ses per­ma­nen­te und lau­te Gepfei­fe der Tür­ken in ihrem Vier­tel­fi­na­le gegen die Nie­der­lan­de schon sehr gestört. So vie­le laut pfei­fen­de Fana­ti­ker ertra­ge ich nicht! Aber ges­tern waren es die deut­schen »Fans«. Die­ses Pfei­fen war dem von Cucu­rel­la began­ge­nen Hand­spiels gewid­met, das eben nicht zu einem Elfer führ­te. Die­ses Pfei­fen deut­scher »Fans« bei jedem Ball­be­sitz des Spa­ni­ers war eine Unsport­lich­keit ers­ter Güte. 

Unter die­sen Leu­ten waren ver­mut­lich vie­le, die sich hin­rei­ßen lie­ßen. Aber lasst euch gesagt sein: Das tut man nicht. Muss man den Men­schen von Grund auf erklä­ren, was sport­li­che Fair­ness ist? Wohin ent­wi­ckelt sich das Drum­her­um im Fuß­ball? Schon in den 1980ern gab es »Fans«, die den Fuß­ball dazu benut­zen, ihren gewal­ti­gen Aggres­sio­nen Raum zu geben. Es fan­den bru­tals­te Grup­pen­kei­le­rei­en statt. Ich erin­ne­re mich, dass an die­sen Schlä­ge­rei­en Men­schen betei­ligt waren, die nicht etwa aus der Unter­schicht stamm­ten, son­dern die aka­de­misch gebil­det waren. Ich habe es damals schon nicht begrif­fen und die­se Erfah­run­gen haben mich wei­ter ein Stück vom Fuß­ball ent­fernt. Die Schlä­ge­rei­en wild­ge­wor­de­ner Fans, die wir heu­te im Umfeld von Fuß­ball­spie­len aller mög­li­chen Ligen erle­ben, bestär­ken mich in mei­ner nega­ti­ven Haltung.

Dass sich der Fuß­ball, trotz mei­ner per­sön­li­chen Vor­be­hal­te, wei­ter als Sport­art Nr. 1 in unse­rem Land behaup­tet, hat nicht bloß mit Tra­di­tio­nen zu tun (das wohl auch), son­dern viel­leicht auch damit, dass es einen Ein­fluss der Fans auf die Struk­tu­ren gibt, der nicht uner­heb­lich ist. Mög­li­cher­wei­se wäre es gut, wenn der Ein­fluss die­ser Fans ein­mal kri­tisch hin­ter­fragt wür­de und er statt­des­sen nicht dafür gefei­ert wird, wenn die DFL durch deren Ein­fluss an Gestal­tungs­spiel­räu­men ein­büßt. Gene­rell kann man auch im Fuß­ball den Aggres­sio­nen aus die­ser Gesell­schaft nur mit kla­ren Maß­nah­men begeg­nen, die auch Wir­kung ver­spre­chen. Von wem wür­de man »kla­re Maß­nah­men« über­haupt erwar­ten kön­nen? Die Fuß­ball­funk­tio­nä­re fal­len mir da nicht als ers­te ein. 

Auch Bun­des­trai­ner Juli­an Nagels­mann ist, wenn man so will, ein Fuß­ball­funk­tio­när. Aber einer, der sich durch sein Enga­ge­ment für unse­re Fuß­ball­na­tio­nal­mann­schaft zuletzt vie­le Sym­pa­thien erwor­ben hat. Ich per­sön­lich hal­te sei­nen Auf­tritt für bemer­kens­wert. Ich bewer­te ihn nur posi­tiv. Für mich wür­de ich sogar sagen, dass der Mann mich mit sei­nem State­ment zum Sta­tus quo in Deutsch­land äußerst posi­tiv berührt hat. Es war wohl­tu­end und schein­bar ein Stück weit über­fäl­lig. All die poli­ti­schen Schar­müt­zel und die zum Teil defä­tis­ti­schen Kom­men­ta­re (gell, Frau Löhr – FAZ!) habe ich so satt. Es ist auch mir klar, dass unser Land nicht durch eine her­vor­ra­gen­de Leis­tung der Fuß­ball­na­tio­nal­mann­schaft wäh­rend eines Tur­niers von all dem geheilt wer­den kann, was auf uns ein­ge­stürmt ist und was uns bedrückt. Aber Nagels­mann Wor­te haben gewirkt, auch wenn man sie nicht zu hoch bewer­ten sollte. 

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Ich bin Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

alleiniger Autor dieses Blogs

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Ich kann die Leute nicht ändern, aber meinen Blick auf sie.

Artikelinformationen:

Sport

Aggression im Sport, Fanverhalten, Fußball

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