Solingen: Keine voreiligen Schlüsse? Das ist so typisch!

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Was heu­te bei „X” oder ande­ren sozia­len Netzwerken über Solingen zu lesen ist, zeigt, dass Bereitschaft und Fähigkeit, auf Verallgemeinerungen und vor­ei­li­ge Schlussfolgerungen zu ver­zich­ten, mehr und mehr abnehmen.

Diese Reaktion ist viel­leicht durch die Pflege von Vorurteilen zu begrün­den. Jedenfalls stel­le ich das bei mir fest und auch bei Personen aus mei­nem per­sön­li­chen Umfeld. Solche Einwände wol­len immer weni­ger Leute hören. Mir kommt es so vor, als sei­en immer weni­ger Menschen noch bereit, sol­ches Verhalten als Defizit zu erken­nen und das eige­ne Verhalten zu über­den­ken und anzu­pas­sen. Gestern bekam ich im TV ein Interview mit einem Wähler aus Thüringen mit. Er bekann­te sich als AfD-Wähler. Deshalb wur­de er gefragt, ob es ihn denn nicht stö­re, dass die­se Partei, der er sei­ne Stimme geben möch­te, als gesi­chert rechts­extrem gel­te. Seine ver­blüf­fend ein­fa­che Antwort lau­te­te sinn­ge­mäß: Die AfD unter­schei­de sich nicht von den ande­ren zur Wahl ste­hen­den Parteien wie CDU oder SPD. Dazu könn­te man als über­heb­li­cher Wessi jetzt wie­der vie­le Anmerkungen machen. Aber das ist brot­lo­se Kunst. Die Leute wäh­len, was sie wählen.

DIE AFD IST SCHULD

Die libe­ra­le Öffentlichkeit hat sich lan­ge damit befasst, die AfD zu pie­sa­cken und ihr das Image zu ver­pas­sen, das sie in gro­ßen Teilen der Bevölkerung hat. Das alles wird nicht ver­hin­dern, dass die AfD stärks­te Partei wird und eine Regierungsbildung vor­aus­sicht­lich äußerst schwie­rig wird.

Ich erle­be, wie wütend vie­le dar­über sind, dass die Ampel-Regierung gegen die Migration nichts unter­nimmt. Die Hilflosigkeit oder das Unvermögen man­cher Protagonisten wird durch lee­re Worthülsen über­deckt. Wenn sich nach schlim­men und sich objek­tiv häu­fen­den Vorfällen der Eindruck ver­mit­telt, dass kei­ner­lei Umdenken statt­fin­det, son­dern alles so wei­ter­läuft wie bis­her, pro­vo­ziert das vie­le Bürger. Als Rentner habe ich nicht mehr vie­le Kontakte. Aber die­se Entwicklung bekom­me ich mit. Manchmal wer­den mei­ne Gesprächspartner laut und regen sich furcht­bar auf. Dass dar­un­ter auch sol­che sind, die lan­ge Zeit hin­durch ein ent­spann­tes Verhältnis zum Thema Migration hat­ten, zeigt einen gefähr­li­chen Umschwung, der, wie ich glau­be, kaum noch zu brem­sen ist.

DIE DEMOKRATIE IST GEFÄHRDET

Der Blick auf die Meinungsumfragen sug­ge­riert kei­ne Möglichkeit, er ist eher ein Beweis dafür, dass unse­re Demokratie im höchs­ten Maße gefähr­det ist. Der Forsa-Chef Güllner (SPD-Mitglied) hat in einem Interview mit „Bild” ein depri­mie­ren­des, ver­hee­ren­des Bild gezeichnet. 

Wie Höcke und Sellner die Ereignisse in Solingen für ihre Zwecke ver­ein­nahmt haben, will ich nicht näher aus­füh­ren. Diese Leute sau­gen Nektar aus allem, was im Hinblick auf die geschei­ter­te Migration für ihre dem­ago­gi­schen Zwecken zu miss­brau­chen ist. Das wäre wei­ter nicht schlimm, gäbe es nicht die­ses gewal­ti­ge Echo. Das beschränkt sich längst nicht nur auf den Osten Deutschlands. 

Die Leute, die Verantwortlichen in der Ampel-Regierung ein­ge­schlos­sen, die nicht in der Lage sind, ihre ein­sei­ti­ge Sichtweise auf die­ses Problemfeld zu erwei­tern, tra­gen die Verantwortung dafür, dass Güllner sagt: „Ich habe Angst um unse­re Demokratie“. Es gibt in Europa eini­ge Länder (sie wur­den oft genug genannt), die längst einen ande­ren Umgang mit dem Thema gefun­den haben und es auf die­se Art und Weise aus dem gesell­schaft­li­chen Fokus nahmen. 

EINFACH ZUSAMMENHÄNGE UND REAKTIONEN WERDEN IGNORIERT ODER IN KAUF GENOMMEN

Der Druck auf die Demokratie wird durch die Fahrlässigkeit und Ignoranz der eta­blier­ten Parteien zuneh­men. Es ist abseh­bar, dass schon auf­grund der nicht nach­las­sen­den Unmenschlichkeit der israe­li­schen Regierung, die immer mehr Menschen in Gaza das Leben kos­tet, die Zahl von Attacken durch mus­li­mi­sche Fanatiker vor­läu­fig nicht an ihr Ende kommt. Die ein­sei­ti­ge Parteinahme unse­rer Regierung bleibt nicht fol­gen­los. Man kann das noch eine Weile so machen. Irgendwann, der Zeitpunkt ist nicht fern, wird es den Menschen im Land zu viel und dann wer­den die­se Konflikte offen ausbrechen. 

Die Schweiz hat uns mit ihrer direk­ten Demokratie zumin­dest eines vor­aus. Die dor­ti­gen Politiker sind gezwun­gen, viel ernst­haf­ter und schnel­ler auf Veränderungen oder Stimmungen im Volk zu reagie­ren. Bei uns glau­ben Regierung und Opposition, sie kön­nen uns Wählern auf der Nase her­um­tan­zen. Jedenfalls ver­mit­teln ihre Untätigkeit und ihre Ausweichmanöver genau die­sen Eindruck. 

Den Menschen, die ges­tern ihr Leben in Solingen ver­lo­ren haben oder die schwer ver­letzt wur­den, gilt mein auf­rich­ti­ges Mitgefühl. Sie wer­den sich viel­leicht um die­se Zeit her­um ange­zo­gen und sich auf das Stadtfest gefreut haben. Allein das Gefühl zu haben, dass sol­che Anschläge über­all und zu jeder Zeit statt­fin­den kön­nen, macht sich breit. Aber unse­re Politiker reagie­ren wei­ter­hin mit dum­men Betroffenheitsgesten und Tweets. Das reicht nicht mehr.


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3 Gedanken zu „Solingen: Keine voreiligen Schlüsse? Das ist so typisch!“

  1. Der Vergleich mit der Schweiz bezieht sich immer nur auf die „direk­te Demokratie” im Sinne der mög­li­chen Volksabstimmungen. Fast nie wird erwähnt, dass die Schweiz auch ganz anders regiert wird – näm­lich mit­tels eines kom­ple­xen Proporzverfahrens, das jeweils den stärks­ten Parteien Sitze im Bundesrat ver­schafft – also nicht wie bei uns, wo die Mehrheit Koalitionen bil­det und auch gro­ße Parteien in die Opposition gera­ten kön­nen. Würden schwei­zer Verhältnisse über­nom­men, hät­ten wir evtl. bald eine Regierung aus CDU, SPD, GRÜNE, und AFD, viel­leicht auch noch BSW. Unvorstellbar! 

    Zum Anschlag:
    Die Behauptung, die­ses Verbrechen sei „isla­mis­tisch moti­viert“ oder gar vom IS geplant, wird auch bezwei­felt – zumin­dest als allei­ni­ge Motivation. Mir fehlt da die Aufklärung im Detail: Wie ich las, gibt es einen 15-jäh­ri­gen Jugendlichen, der sich mit dem Attentäter unter­hal­ten habe, wobei ein Zeuge die Aussage „heu­te ste­che ich sie alle ab“ gehört hat. Ihm wird jetzt „Nichtanzeige einer Straftat“ vor­ge­wor­fen, jedoch ver­wei­gert der Jugendliche die Aussage. Schade, denn er könn­te u.U. mehr dar­über wis­sen, was den Attentäter bewegt hat. Evtl. auch Perspektivlosigkeit und Verzweiflung?

    Dass er nicht abge­scho­ben wur­de spricht für das übli­che beschis­se­ne Vorgehen der abschie­ben­den Behörden: Der Täter war „nicht da“, als man es – offen­bar ein­ma­lig – ver­sucht hat, er war aber nicht „abge­taucht“, denn das hät­te die Frist zur Überstellung nach Bulgarien auf 18 Monate ver­län­gert. Offenbar hat man es nicht öfters ver­sucht, der bekam dann selt­sa­mer­wei­se sogar eine Duldung (laut Innenminister NRW auf Weisung des BAMF).

    Es wer­den häu­fig die Falschen abge­scho­ben, die leicht erreich­bar und gut inte­griert sind. Nicht jene, die „nicht da“ sind, wenns drauf ankommt oder sich mit Tricks oder Gewalt wehren.

    Merz macht in die­ser Sache den Trump, ein Elend! 

    Zum Thema Demokratie/​neue Bundesländer hier ein umfang­rei­cher, sehr tief schür­fen­der Artikel „Fremder Osten – Deutschland zwi­schen Wiedertrennung und Putinland” – nicht allen Folgerungen stim­me ich zu, aber den­noch sehr lesenswert! 

🧡 Danke, dass du hier warst.

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