Jetzt neu: Blog ohne Kommentar-komfort-

Die Abnah­me von Kom­men­ta­ren im Blog ver­än­dert die Moti­va­ti­on des Blog­gens und führt zwangs­läu­fig zu einer per­sön­li­chen Refle­xi­on über das Hob­by an sich.

HS230625

Horst Schulte

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Was ich jetzt hier aus­brei­te, wird für vie­le pure Lar­moy­anz sein. Ich tue es trotz­dem! Das The­ma ist nicht neu. Die wesent­li­chen Pro- und Con­tra-Argu­men­te wer­den Blog­gern geläu­fig sein. Aller­dings gibt es eine per­sön­li­che Ebe­ne, die in sol­chen Gegen­über­stel­lun­gen aus viel­leicht nach­voll­zieh­ba­ren Grün­den oft nicht ange­spro­chen wird.

Kommentare in Blogs – Fluch oder Segen? 

Man­che sagen, ein Blog ohne Kom­men­ta­re sei wie ein Gar­ten ohne Blu­men. Schön anzu­se­hen, aber irgend­wie fehlt etwas. Es gibt also gute Grün­de, sich ein­mal genau­er zu über­le­gen, ob man in Blogs über­haupt Kom­men­ta­re zulas­sen soll­te – oder ob man nicht bes­ser gleich auf sie verzichtet. 

Der Blog ist für mich nur mehr ein Instru­ment zur per­sön­li­chen, oft­mals ein­sa­men Frust­be­wäl­ti­gung.

Eines der stärks­ten Argu­men­te für Kom­men­ta­re ist die Inter­ak­ti­on. Ein Blog ist schließ­lich kei­ne Wand­zei­tung (Klo­wand), son­dern eine Platt­form für den Aus­tausch von Gedan­ken und Ideen. Kom­men­ta­re geben Lesern die Mög­lich­keit, mit­zu­dis­ku­tie­ren, Fra­gen zu stel­len, Mei­nun­gen zu äußern oder viel­leicht auch den Autor zu loben (wer liebt das nicht?). Ohne Kom­men­ta­re gleicht der Blog einer Ein­bahn­stra­ße – der Autor wirft sei­ne Gedan­ken hin­aus in den wei­ten Cyber­space und bekommt… nichts zurück. Wer mag schon in den lee­ren Raum rufen, ohne jemals ein Echo zu hören?

Die Kom­men­ta­re hier im Blog waren hin­sicht­lich der Men­ge, noch nie auf hohem Niveau. Wenig Kom­men­ta­re zu wenig anspre­chen­den Arti­keln könn­te man sagen. Mich hat das mal mehr, mal weni­ger gestört. Mal lief es halb­wegs zufrie­den­stel­lend, mal weni­ger. Zuletzt zäh­le ich hier über­wie­gend Ein- oder Zwei­zei­ler. Auf mich wirk­ten die­se wie – Ent­schul­di­gung! – Ali­bi- oder Trostkommentare.

Nicht jeder Kommentar ist eine Perle der Weisheit

Hand aufs Herz: Wie oft sind Kom­men­ta­re tat­säch­lich tief­grün­di­ge Bei­trä­ge zur Dis­kus­si­on? Oft wird ein Blog­ar­ti­kel nur mit einem knap­pen „Guter Bei­trag!“ oder „Da stim­me ich nicht zu“ kom­men­tiert. Nicht gera­de die Art von intel­lek­tu­el­ler Debat­te, die man sich als Blog­ger erträumt. Es gibt auch das Phä­no­men der „Trost­kom­men­ta­re“ – kur­ze, unver­bind­li­che Nach­rich­ten, die sich oft wie höf­li­ches Schul­ter­klop­fen anfüh­len, aber eigent­lich wenig Inhalt bie­ten. Nett gemeint, aber das Gefühl, sie wären bloß aus „Pflicht­ge­fühl“ ent­stan­den, bleibt doch zurück.

Die sinkende Relevanz von Blog-Kommentaren

Seit eini­gen Jah­ren habe ich aller­dings auch selbst immer weni­ger kom­men­tiert. Mir wur­de das zu kom­pli­ziert und zu anstren­gend. Ich habe gese­hen, wie mei­ne Hal­tung zu man­chen, mich beschäf­ti­gen­den gesell­schaft­li­chen Fra­gen, mehr und mehr unin­ter­es­sant wur­de. Die Leser­schaft war immer über­schau­bar. Am Gequen­gel eines 70-Jäh­ri­gen schei­nen weni­ge interessiert.

Ich habe gese­hen, dass mei­ne Ent­halt­sam­keit im Hin­blick auf Kom­men­ta­re in ande­ren (mir seit Lan­gem bekann­ten) Blog­au­to­ren bis­wei­len kri­ti­siert wur­de. Ich wuss­te zwar, dass man kei­ne funk­tio­nie­ren­de Com­mu­ni­ty auf­baut, in dem man sich den übli­chen Ritua­len ent­zieht. Mir fehl­ten aus irgend­wel­chen Grün­den der Wil­le oder der Antrieb. Die­se Faul­heit war viel­leicht ein Indiz dafür, dass mir der Aus­tausch mit ande­ren nicht so wich­tig ist, wie er es für einen ech­ten Blog­ger hät­te sein müs­sen. Also im bes­ten Sin­ne des Blog­gens, mei­ne ich. 

Aversionen und abnehmende Resonanz: Ein persönlicher Rückblick

Vor ein paar Jah­ren habe ich die Daten­bank mal durch­fors­tet und geprüft, wie lan­ge häu­fig mei­ne Besu­cher hier kom­men­tiert haben und wie lan­ge sie den Blogs (die unter meh­re­ren ver­schie­de­nen Namen fir­mier­ten) bereits die Treue hiel­ten. Ich glau­be, es waren mehr als zehn Blog­ge­rin­nen und Blog­ger, die über Jah­re hin­weg immer wie­der (oft eif­rig) kom­men­tiert haben. Es gab auch damals kur­ze Kom­men­ta­re, in ihrer Mehr­heit setz­te man sich mit dem jewei­li­gen The­ma inten­siv und kon­struk­tiv aus­ein­an­der. Ich behaup­te, das ist heu­te anders. Es gab gute Dis­kus­sio­nen, manch­mal auch sol­che, die mich (stu­ren Hund) zum Umden­ken brachten.

Seit ich damit begon­nen habe, eine gewis­se Aver­si­on gegen­über links-grü­nen Posi­tio­nen hier im Blog zu zei­gen, geht’s berg­ab. So geht jeden­falls mei­ne Erklä­rung. Die The­men und Tex­te inter­es­sie­ren die Leu­te ein­fach nicht. 

Viel­leicht sind die The­men oder mei­ne Mei­nung zu ein­sei­tig, viel­leicht sind mei­ne Tex­te dumm oder es gibt zu viel Schwur­be­lei, wie mir ein Blog­ger vor vie­len Jah­ren mit ziem­lich brei­ter Unter­stüt­zung ande­rer (ent­täu­schen­der­wei­se zum Teil lang­jäh­ri­ger Leser) vor­ge­hal­ten hat. Muss ja was dran gewe­sen sein. Den Blog die­ses Blog­gers gibt es immer noch, aller­dings tut sich dort gar nichts mehr.

Zwei Stamm­le­ser sind (wie lan­ge schon, weiß ich nicht) Mit­glie­der der Grü­nen. Sie haben mei­nen Blog längst von ihrer Lese­lis­te gestri­chen. Kom­men­ta­re gibt es von ihrer Sei­te kei­ne mehr. 

Streit gab es hier immer wie­der mal. Das war mir lie­ber. Durch unver­bind­li­che, wenig her­aus­for­dern­de und ande­rer­seits zah­len­mä­ßig abneh­men­de Kom­men­ta­re, ist das heu­te kaum noch drin. 

Wie habe ich mich gefetzt mit den Lesern eines Blogs, der damals in Gän­ze zwar knall­rot gefärbt war, eigent­lich aber tief­braun hät­te sein müs­sen? Heu­te läuft die Het­ze unver­min­dert, und zwar mit einem rie­si­gen Publi­kum. Die nut­zen ein Word­Press-The­me und ein paar Ele­men­te sind immer noch knall­rot. Dann gab es eine Zeit, in der ich mich stän­dig mit libe­ra­len Blog­gern gekäb­belt. Da ging es um Wirt­schafts­po­li­tik und sozia­len Zusam­men­halt. Wie klein die Pro­ble­me im Ver­gleich zu heu­te ein­mal waren…

Ich fand das Blog­gen in den ers­ten Jah­ren (bin seit 2004 immer dabei geblie­ben) fan­tas­tisch. Die „Batt­les“ fin­den seit Jah­ren in den sozia­len Medi­en statt. Ich sage nicht, dass die­se Art von „Mei­nungs­aus­tausch“ mir bes­ser gefal­len wür­de, wenn sie doch nur in unse­ren Blogs statt­fän­den. Außer­dem hat sich die Bla­sen­bil­dung so krass wei­ter­ent­wi­ckelt, dass ein eben­sol­cher Mei­nungs­aus­tausch kaum noch statt­fin­det. Wenn ich dage­gen man­che „Dis­kus­sio­nen“ in Blogs durch­le­se, muss ich ob der gro­ßen Tri­via­li­tät und Belang­lo­sig­keit oft schmun­zeln. So etwas will ich dann auch nicht. 

Es gibt aber auch ein Mit­tel­ding – den „ein­ge­dämm­ten“ Kom­men­tar­be­reich, so wie in die­sem Blog. Wer sich durch die feh­len­de Anzei­ge von Kom­men­tar­zah­len ent­mu­ti­gen lässt, dem wird das viel­leicht gar nicht auf­fal­len. Aber die Mög­lich­keit zur Dis­kus­si­on bleibt bestehen, nur eben weni­ger im Rampenlicht. 

Mir war lan­ge nicht klar, dass ich eigent­lich für mich schrei­be. Mei­ne Moti­va­ti­on fürs Blog­gen liegt nicht in der Absicht, mög­lichst viel Reso­nanz zu bekom­men. Trotz­dem fin­de ich es schö­ner, wenn nicht nur alle zehn Arti­kel mal ein Kom­men­tar ein­geht. Wie wohl die meis­ten Blog­ger freue ich mich über zustim­men­de, freund­li­che Kommentare. 

Mit Kri­tik kann ich heu­te übri­gens auch nicht bes­ser umge­hen als mit 20 oder 30. Wer dach­te, dass im Alter Tole­ranz und Gelas­sen­heit zuneh­men wür­den – ich bin der leben­di­ge Gegenbeweis. 

Kom­men­ta­re blei­ben aus. Ich könn­te dar­auf ver­zich­ten und sie ganz abstel­len. Statt­des­sen habe ich den Kom­men­tar­be­reich ein­ge­dampft. Die Meta­da­ten zei­gen die Lese­zeit, aber die Anzahl der Kom­men­ta­re ist nicht mehr prä­sent. Zudem habe ich eini­ge Plug-ins raus­ge­wor­fen. Dazu zählt die Mög­lich­keit, sich dar­über infor­mie­ren zu las­sen, wenn neue Kom­men­ta­re zu einem bereits kom­men­tier­ten Arti­kel ein­ge­hen, dass man inner­halb von 10 Minu­ten einen Kom­men­tar nach­träg­lich kor­ri­gie­ren (oder löschen) kann und auch die Quick­tags habe ich her­aus­ge­nom­men. Plug-ins spa­ren soll ja immer eine gute Idee sein.

Zerrissenheit im Bloggen: Aufgeben oder Weitermachen?

Vor kur­zem habe ich rund einen Monat lang mal gar nichts geschrie­ben. Ich hat­te Coro­na und war nur noch kaputt. Außer­dem war ich in schlech­ter Stim­mung, hat­te über­legt, den Blog end­lich auf­zu­ge­ben. Dann kam die Lust zurück. Aber das mit den Kom­men­ta­ren hat sich in mei­nem Kopf zum Dau­er­the­ma ent­wi­ckelt. Ganz raus­neh­men will ich sie aber dann auch nicht. Zer­ris­sen­heit oder Sprung­haf­tig­keit ist nicht nur was für jun­ge Leute.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Blogging-Reflexion

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9 Gedanken zu „Jetzt neu: Blog ohne Kommentar-komfort-“

  1. Alexander 1 16. September 2024 um 17:57

    Dis­kus­sio­nen fin­den fast nur noch in sozia­len Netz­wer­ken, Face­book, Insta­gram, Twit­ter etc. statt. Eigent­lich nor­mal, denn mit den rich­ti­gen Hash­tags wer­den da tau­sen­de Leu­te erreicht. Und wel­cher Blog hat noch tau­sen­de Leser am Tag?
    Selbst in den Kom­men­tar­spal­ten der ver­meint­lich gro­ßen Blogs, wie Law­blog, Stadt Bre­mer­ha­ven, Shop­b­log­ger, Truck­on­line oder Bud­den­bohm pas­siert nicht mehr viel. So ist der Lauf der Zeit.

  2. Peter Lohren 146 16. September 2024 um 19:21

    Na ja, vom Grund­satz her, schrei­ben wir Pri­vat­blog­ger ja tat­säch­lich alle nur für uns selbst, oder? Wir haben kei­ne kom­mer­zi­el­len Inter­es­sen und reflek­tie­ren ein­fach nur unse­re Gedan­ken. Wenn da jemand dran teil­ha­ben möch­te, bit­te, freut uns auch. Ich hat­te das ja schon ein­mal mit einer Knei­pe ver­gli­chen, man kommt vor­bei, guckt was es Neu­es gibt und gibt sei­nen Senf dazu. Mehr wird doch auch nicht erwar­tet. Bes­ten­falls gibt der ein oder ande­re Post Anlass ein wenig tie­fer in die Mate­rie zu steigen. 

    Und – wenn wir ehr­lich sind, das ist es wofür wir Pri­vat­blog­ger da sind. Wenn wir mehr woll­ten, wür­den wir uns spe­zia­li­sie­ren, um irgend­wann damit Geld zu machen. Wir dür­fen ja auch nicht ver­ges­sen, dass bei der nor­ma­len Fre­quenz der Blogs das Gan­ze bezahl­bar bleibt. Bei Fach­blogs mit Mehr­wert und meh­re­ren tau­send Besu­chern pro Tag sieht die Rech­nung an den Pro­vi­der sicher ganz anders aus, das ist dann aber auch kein Hob­by mehr.

  3. Ich freue mich (in mei­nem Blog) über zustim­men­de, freund­li­che Kom­men­ta­re, aber auch über sol­che, die anzei­gen, dass es ande­re Ein­schät­zun­gen, Mei­nun­gen oder Hal­tun­gen neben mei­nen gibt. Oder, bei eher per­sön­li­chen Din­gen, dass es Leu­te gibt, die Din­ge anders ange­hen als ich. Oder auch genau­so wie ich. 

    Poli­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen in Kom­men­tar­be­rei­chen gehe ich all­ge­mein eher aus dem Weg, bei mir und anders­wo. Ich bezie­he durch­aus ger­ne Stel­lung, strei­te aber nicht über mei­ne Über­zeu­gun­gen. Das wür­de ich nur, wenn über­haupt, im direk­ten offe­nen Gespräch vis-a-vis.

    Und ich mode­rie­re bei Bedarf, kom­men­tar­los. Neu­lich habe ich einen sehr lan­gen Kom­men­tar nicht frei­ge­schal­tet, weil mir der Kom­men­ta­tor aus einem ande­ren Blog, in dem ich häu­fig lese, als ner­ven­der Troll bekannt ist. Er woll­te mir mit zahl­lo­sen Links zu ande­ren Quel­len „bewei­sen“, dass der Autor, den ich lese, ent­ge­gen eige­ner Behaup­tun­gen eben doch ein ganz kla­rer abge­feim­ter Anti­se­mit ist. Was er fak­tisch nicht ist. Mit sol­chen Leu­ten set­ze ich mich nicht aus­ein­an­der, schon gar nicht in mei­nem Blog.

  4. Zum The­ma „Blog/​Kommentare“: Ich habe kürz­lich mein Blog vom Netz genom­men und ein klas­si­sches Forum „wie in den guten alten Zei­ten“ eröffnet.
    Ich den­ke näm­lich, dass vor allem im Hin­blick auf den von mir erwünsch­ten gegen­sei­ti­gen Gedan­ken­aus­tausch ein Forum bes­ser geeig­net ist. Wobei die The­ma­tik mei­ner Mei­nung nach aber nicht zu spe­zi­ell sein soll­te. Hin­zu kommt, dass in einem Forum im Gegen­satz zum Blog die Mög­lich­keit für die User besteht, eige­ne Bei­trä­ge zu schrei­ben und zur Dis­kus­si­on zu stellen.
    Last, but not least könn­te ich das Forum grund­sätz­lich auch nur als rei­nes Blog betrei­ben, wenn mei­ne Erwar­tun­gen sich nicht erfül­len soll­ten. Einen Ver­such ist es aber alle­mal wert.

  5. @H. Schul­te
    Dan­ke für’s Daumendrücken.
    Viel­leicht kannst du ja dazu bei­tra­gen, dass es funktoniert 😉

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