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Wenn Vielfalt zum Feindbild wird: Reaktionäre Stimmen in den sozialen Medien

Der Beitrag beleuchtet kurz, wie rechte Narrative in sozialen Medien gesellschaftliche Grundwerte wie Vielfalt und Toleranz delegitimieren und politische Diskurse prägen.

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Zerfetzen, zerlegen, zerstören. Das sind die Verben, mit denen Rechte allzu gern in den asozialen Medien operieren. Sie richten sich gegen die Woken, die ihrerseits meist mit Substantiven wie Vielfalt, Diversität, Toleranz, Zusammenhalt, Respekt hantieren.

Was muss innerhalb einer sogenannten freiheitlichen, demokratischen Gesellschaft alles passieren, damit solche, ursprünglich durchweg positiv besetzten Begriffe, derart negative Reaktionen auslösen? Man könnte den Eindruck gewinnen, in Deutschland hätten Reaktionäre längst das Ruder übernommen.

Wenn junge Menschen, die noch vor 3 Jahren bei der Bundestagswahl in hoher Anzahl grün oder gelb gewählt haben, heute bekunden, Angst vor den Grünen zu haben, lässt das vor allem Zweifel daran zu, ob die Herabsetzung des Wahlalters wirklich eine gute Idee war. Ich war schon im Alter von 17/18 Jahren politisch Links und ticke (ob Sie es glauben oder nicht) immer noch Links. Diesen Herrschaften ist schon nach 3 Jahren die Überzeugung abhanden gekommen. Ich will das nicht weiter kommentieren!

Politiker-Sprechblasen

Lag es an den von bestimmten gesellschaftlichen Gruppen erzeugten Widerständen? Sind die Politiker dafür verantwortlich, die mit ihren gewohnheitsmäßigen Sprechblasen die Leute auf die Palme gebracht haben? Die Menschen haben im Laufe der letzten Jahrzehnte gelernt, dass sie schlecht beraten wären, Politikergerede für bare Münze zu nehmen.

Selbst die üblichen Politiker-Statements nach eingetretenen schlimmen Ereignissen hinterlassen kaum noch Eindruck in der Bevölkerung. Wenn von äußerster oder maximaler Betroffenheit die Rede ist, klingt es für viele wie Hohn. Die Rituale wiederholen sich immer und immer wieder. Tatsächliche Veränderungen aufgrund politischer Entscheidungen sind dagegen rar, wenn es sie denn überhaupt gibt. Denken Sie nur an die neue Sicherheit, die die Gesetzesvorlage der Ampel bringen sollte und die nun erst einmal weitere parlamentarische Runden drehen wird.

Eine Erklärung, für die niemand lange nachdenken muss, wäre, dass die Vielfalt gegenwärtiger Krisen viele Menschen überfordert. Ich werde bald 71 Jahre alt und kann mich an keine Zeit erinnern, in der gleichzeitig so viele drängende und existenzielle Fragen aufgeworfen waren und für die es nicht den Hauch einer Spur von glaubwürdigen, Erfolg versprechenden Lösungsansätzen gab.

Migration

Picken wir ruhig das Beispiel Migration heraus, obwohl dieses objektiv nicht die größte Bedeutung für unsere Zukunft hat. Warum steigt die Zahl der Menschen, die ihre Heimat verlassen, so rapide an? Die UN sprechen von 120 Millionen Menschen, die ihre Heimat verlassen haben. Viele dieser Menschen sind sogenannte Binnenflüchtlinge. Kriege und die Folgen der sich in einigen Weltregionen bereits gravierend auswirkenden Klimakrise sind die Gründe. In den letzten 12 Jahren sind die Flüchtlingszahlen von Jahr zu Jahr weltweit gestiegen.

Zur Eindämmung der Migration sollen die Fluchtgründe bekämpft werden, sagen Politiker. Finanzielle Unterstützung, so wurde suggeriert, sollte dazu führen, dass sich weniger Menschen auf die Suche nach einer neuen, lebenswerteren Zukunft machen. Kriege lassen sich offensichtlich nicht verhindern. Wir Menschen lernen in dieser Frage nicht dazu! Vielleicht ist dieser Befund die schlimmste Erkenntnis meiner gesamten Lebenszeit.

So sehen die Zahlen zur Migration nach Deutschland aus – Nachrichten – WDR

Den Bürgern wird von der Opposition erklärt, dass die meisten Flüchtlinge aufgrund verlockend hoher Sozialleistungen nach Deutschland kämen. Dass es Studien gibt, die andere Ursachen dafür nennen, wird von vielen (den meisten?) nicht zur Kenntnis genommen und es ist müßig, darüber zu streiten. Ich sage das, weil ich den Punkt kommen sehe, an dem der Druck der Wähler auf die Politik so groß wird, dass unter jeder neuen Bundesregierung gesetzliche Einschränkungen der diesbezüglichen Regeln vorgenommen werden.

Die rechte Presse findet ihre eigenen Narrative, die sie ihrerseits als belegt an all die verbreitet, die auch ohne alle Informationen zum Thema ihre Meinung längst festgezurrt haben.

Deutschland scheint für mich nicht dazu in der Lage zu sein, die von den Rechten als irregulär geframte Migration von dem Teil zu trennen, der für unsere Volkswirtschaft und unsere Gesellschaft lebensnotwendig ist. Viele glauben sogar dem Rechtsaußen der AfD, Höcke, der behauptet hat, Deutschland könne auf 20 – 30 Mio. Menschen „verzichten“. Dabei wissen alle, die sich halbwegs informieren, dass wir aufgrund unserer demografischen Lage auf Migration angewiesen sind. Wie soll das gelingen, wenn unser Land unter den Augen einer wachen Weltöffentlichkeit so versagt und dazu übergegangen ist, Migranten eine Gewissheit des Nicht-Erwünschtseins zu vermitteln?

Klimakrise

Die nicht sachliche Beschäftigung mit dem Thema Migration einerseits und die damit einhergehenden Zugewinne rechter Parteien in Deutschland (CDU, AfD, BSW, FDP) hat neben der Debatte um Habecks Wärmepumpendebakel dazu geführt, dass die Klimakrise in Deutschland aus dem Fokus geriet. Es ist schick, sich gegen jede Maßnahme zu wenden, die damit in Verbindung steht.

Ich fürchte, dass uns diese Tatsache noch auf die Füße fallen wird. Andererseits werden die genannten Parteien mit Unterstützung der rechten Medien schon dafür sorgen, dass die Zweifel an nationalen und globalen Maßnahmen gegen die Klimakrise geschürt werden. Offenbar geschieht auch das mit durchschlagendem Erfolg.

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Horst Schulte
Herausgeber, Blogger, Autor und Hobby-Fotograf
Seit 2004 blogge ich über Politik und Gesellschaft – also seit die meisten noch SMS statt Tweets geschrieben haben. Mit 70 Jahren lebe ich immer noch im schönen Bedburg, direkt vor den Toren Kölns, und schreibe über alles, was die Welt bewegt (oder mich zumindest vom Sofa aufstehen lässt).

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Artikelinformationen:

Gesellschaft

Klimakrise, Migration, Rechter Diskurs

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