Es gibt Eindrücke im Leben, die man nicht wieder loslässt und auch nie wieder loslassen möchte. Die meisten Dinge vergisst man ja, jedenfalls ist es bei mir so. Schön, wenn es sich bei denen, die uns bleiben, um gute Erlebnisse handelt und nicht um solche, die man gern wieder vergisst oder vergessen möchte.
Erinnerungen sind selektiv. Unser Gehirn filtert unentwegt Informationen, behält jedoch nur jene, die es als besonders bedeutsam erachtet. Warum aber bleiben manche Eindrücke haften, während andere zumindest scheinbar untergehen? Unsere Erinnerungen sind nicht nur kognitive Prozesse, sondern auch tief emotional verwurzelt.
Es ist schön, wenn bleibende Erinnerungen positive Erlebnisse sind. Sie können Kraft und Zuversicht spenden und sogar auf diese Weise als Anker in schwierigen Zeiten dienen.
Eine dieser positiven Erinnerungen umfasst einen Zeitraum, der mir von heute aus betrachtet ziemlich lang vorkam, meine Kindheit und Jugend nämlich. Was ist für mich heute als fast 71-Jähriger schon ein Jahr? Die Kindheit und Jugend kamen mir vergleichsweise lang vor. Ein merkwürdiger Streich, den unser Gehirn uns spielt. Wahrscheinlich hat das damit zu tun, dass die vielen Dinge, die damals noch völlig neu für uns waren, im Laufe des Älterwerdens immer weniger werden. Das ist natürlich nicht meine Theorie. Aber ich kann ihr etwas abgewinnen.
In unserer Kindheit waren meine Schwester und ich am Nikolaus-Abend (also am 5., nicht am 6.12.) auf dem Sonnenhof zu Gast. Mein Vater hat nach seiner Rückkehr aus 5-jähriger russischer Kriegsgefangenschaft einige Jahrzehnte dort als Gärtner gearbeitet. Das Anwesen gehörte einem ortsansässigen Industriellen. Ich bin mit seinem Sohn bis heute befreundet. An unsere Kinder- und Jugendzeit haben meine Schwester und ich die schönsten Erinnerungen.
Es war selten. Aber es kam vor, dass am 5. Dezember Schnee lag. Gegen 17:00 Uhr war es bereits stockdunkel. Die Jalousien im Wohnzimmer waren halb heruntergelassen. So harrten wir gespannt der Dinge, die da kommen sollten. Wenn schon niemand mehr damit rechnete, klapperten draußen Ketten. Ich nehme an, es waren welche. Es wurden auf der großen Terrasse rote Magnesiumfackeln abgebrannt. Dieses Licht wurde (wenn es Schnee) gab, auf eine etwas unheimliche Art und Weise reflektiert. Ich erinnere mich ausgezeichnet an die akustischen und optischen Eindrücke.
Wenn der Nikolaus das Wohnzimmer betrat, war es mucksmäuschenstill. Wir Kinder wurden nacheinander aufgerufen und der Nikolaus wusste Dinge über uns, die wohl nur unsere Eltern verraten haben konnten. Besonders lustig wurde es, wenn auch die Erwachsenen die Leviten gelesen bekamen.
Ich habe das Titelbild genommen und mit Photoshop (KI) ein wenig bearbeitet. Im Original von damals war von Schnee nichts zu sehen und vom Weihnachtsmann auch nicht. Aber so könnt ihr es euch vorstellen, wenn der Nikolaus über die Treppe auf die Terrasse ging. Das waren spannende, mitunter auch etwas beängstigende Szenerien. Aber vergessen haben wir sie bis heute nicht. Was waren das für wunderbare Zeiten!
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