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Migration: Krise und Herausforderung?

Die Debatte um Migration schwankt zwi­schen Angstmacherei und prag­ma­ti­scher Lösungssuche. Deutschland braucht kla­re Regeln, ehr­li­che Analysen und kon­struk­ti­ve Politik.

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Die Frage ist nicht, ob Migration ein Problem ist, son­dern wie man sie bewäl­tigt. Es gibt zwei Wege, mit der hohen Zahl an Migranten umzugehen:

Problematisieren im nega­ti­ven Sinne: Migration als unlös­ba­re Krise dar­stel­len, Ängste schü­ren, Generalisierungen för­dern (z. B. „Deutschland ist überfordert“).

Problematisieren im kon­struk­ti­ven Sinne: Probleme aner­ken­nen, sach­lich ana­ly­sie­ren und Lösungen erar­bei­ten (z. B. durch effek­ti­ve­re Integrationsprogramme und rea­lis­ti­sche Migrationspolitik).

Deutschland soll­te in der Lage sein, die­se Herausforderung wür­dig anzu­ge­hen, aber das erfor­dert eine ehr­li­che Debatte, kla­re Regeln und eine akti­ve Integrationspolitik. Ignorieren oder Dramatisieren hilft nie­man­dem – prag­ma­ti­sche Lösungen schon.

Die politische Instrumentalisierung der Migration

Offensichtlich gehen wir weder wür­dig noch kon­struk­tiv mit die­ser Krise um. Rot/​Grün stellt huma­ni­tä­re Aspekte in den Vordergrund, wäh­rend kon­ser­va­ti­ve, natio­na­lis­ti­sche Kreise auf die nega­ti­ven Seiten einer mas­sen­haf­ten Migration (genannt: ille­ga­le Migration) hin­wei­sen und sich dabei der auch in Deutschland jeder­zeit sicht­ba­ren Ressentiments gegen Ausländer bedient. 

In die­ser Gemengelage ist es Wasser auf die Mühlen der kon­ser­va­ti­ven, natio­na­lis­ti­schen Kreise, wenn Migranten Unrecht bege­hen. Dass es nicht bei Delikten der soge­nann­ten Kleinkriminalität bleibt, son­dern gra­vie­ren­de Straftaten an der Tagesordnung sind, macht die Diskussion über­aus schwie­rig. Dass häu­fig mit „unge­nau­en” Daten ope­riert wird, erleich­tert die Sache nicht. 

Verbrechen und ihre politische Wirkung

Nur ein Beispiel. Die AfD bringt vie­le soge­nann­te klei­nen Anfragen in den Bundestag ein mit dem Ziel, die gewon­ne­nen Erkenntnisse nicht dazu zu ver­wen­den, kon­struk­ti­ve Beiträge zur Lösung zu suchen, son­dern aus­schließ­lich, um – mög­lichst mit aller­lei fadem ver­ba­lem Beiwerk – zu stän­kern und zu het­zen. Nicht „nur” gegen Migranten, son­dern immer auch gegen poli­ti­sche Gegner. 

Nehmen wir die über 700 Gruppenvergewaltigungen pro Jahr, die allein schon durch die in den Köpfen der Menschen, die mit dem Begriff kon­fron­tiert wer­den, etwas aus­lö­sen. Ungefähr die Hälfte die­ser Delikte wird von Deutschen, die ande­re von Ausländern began­gen. Dass sich inner­halb der Gruppe der Deutschen auch Menschen mit Migrationshintergrund befin­den, the­ma­ti­siert die AfD lau­fend. Ich erin­ne­re an die Diskussionen, die ich unter dem Titel „Vornamen” zusam­men­fas­se. Solche Ungenauigkeiten tra­gen zur Vergiftung des Diskurses bei. Da mögen libe­ra­le Kräfte mit dem Kopf schüt­teln, die Erfahrungen bele­gen, dass allein die Infragestellung von Daten dem ohne­hin bereits schlech­ten Klima Nahrung gibt.

Danach betrug der Anteil der nicht­deut­schen Tatverdächtigen in den Jahren 2019 und 2022 jeweils 50 Prozent, wäh­rend er im Jahr 2020 bei 46 Prozent lag, im Jahr 2021 bei 47 Prozent und im Jahr 2023 bei 48 Prozent

Quelle

Bei einem geschätz­ten Anteil der aus­län­di­schen Bevölkerung von ca. 14 % bedeu­tet die Tatsache, dass etwa die Hälfte davon aus­län­di­sche Täter waren, dass die­se Gruppe ca. 3,5-mal so häu­fig die­se Art von Straftaten begeht. Ich ver­wei­se auf mei­ne Ausführungen wei­ter vorn. Die Quote der Ausländer könn­te dem­nach noch höher sein. Auf einer sol­chen Basis dis­ku­tie­ren wir und kom­men zu Schlussfolgerungen, die jeden­falls nicht dabei hel­fen, die Probleme zu lösen.

Internationale Vergleiche und gesellschaftliche Sensibilität

Dass ein sol­cher Tatbestand ins Bewusstsein der Menschen vor­dringt, liegt nicht nur dar­an, dass vie­le der Täter Ausländer sind, son­dern dass er an sich beson­ders wider­wär­tig ist und auch in ande­ren Ländern der Erde stär­ker im Fokus steht. 

Indien:

Im August 2024 wur­de eine 31-​jährige Ärztin in Kolkata ver­ge­wal­tigt und ermor­det. Dieser Vorfall lös­te lan­des­wei­te Proteste aus und lenk­te die Aufmerksamkeit erneut auf die weit­ver­brei­te­te Gewalt gegen Frauen in Indien. Bereits 2012 hat­te die bru­ta­le Gruppenvergewaltigung einer Studentin in Neu-​Delhi inter­na­tio­na­le Empörung her­vor­ge­ru­fen und zu einer Verschärfung der Gesetze geführt. 

Frankreich:

In Avignon steht seit September 2024 ein Mann vor Gericht, der beschul­digt wird, sei­ne Ehefrau über Jahre hin­weg betäubt und Dutzenden Männern zur Vergewaltigung ange­bo­ten zu haben. Die Ermittler fan­den Tausende Fotos und Videos der Taten auf sei­nem Computer. Dieser Fall hat in Frankreich gro­ßes Entsetzen ausgelöst. 

Spanien:

Im Sommer 2023 wur­den auf Mallorca meh­re­re mut­maß­li­che Gruppenvergewaltigungen gemel­det. In einem Fall wur­den fünf jun­ge Männer aus Deutschland fest­ge­nom­men, die beschul­digt wer­den, eine 18-​jährige Frau in einem Hotelzimmer ver­ge­wal­tigt zu haben. Ein Jahr spä­ter wur­den vier der Beschuldigten gegen Kaution freigelassen. 

Es ist bekannt, dass sich das Anzeigeverhalten und die gesell­schaft­li­che Sensibilität gegen­über Sexualdelikten, ins­be­son­de­re Gruppenvergewaltigungen, in den letz­ten Jahrzehnten ver­än­dert hat. So kann man nur für einen ver­gleichs­wei­se kur­zen Zeitraum sol­che Statistikdaten fin­den (s. klei­ne Anfrage der AfD). 

In Schweden ist die Datenlage zu Gruppenvergewaltigungen eben­falls wenig detail­liert. Allerdings gibt es Hinweise auf eine Zunahme der gemel­de­ten Vergewaltigungen ins­ge­samt. Laut einer Studie des Schwedischen Nationalrats für Kriminalprävention (Brå) stieg die Anzahl der gemel­de­ten Vergewaltigungen von 2011 bis 2020 um 44 %. 

Aufgrund sol­cher „Ungenauigkeiten”, die IMHO behörd­li­cher­seits nicht aus Böswilligkeit oder Ignoranz exis­tie­ren, haben es Politiker von Rechtsaußen leicht, Stimmung gegen Ausländer zu machen. Ich erin­ne­re in die­sem Zusammenhang an die Erfassung von Messerdelikten.

Wir wis­sen, dass die Mehrzahl der Migranten in Deutschland jun­ge Männer sind. Sie sind meist allein nach Deutschland gekom­men. Umso weni­ger ver­ste­he ich, dass die Politik aus­ge­rech­net den Familiennachzug für sub­si­di­är Geschütze aus­set­zen will – dau­er­haft! Ich bin kein Soziologe aber die Aussage, dass ein sozia­les oder fami­liä­res Umfeld inte­gra­ti­ons­för­dernd ist, ist eine Binsenweisheit. Dass über sol­che viel­leicht eher abs­trak­ten Zusammenhänge ein Streit zwi­schen Links-​Grün und den national-​konservativen Kräften ent­stan­den ist, ver­ste­he ich nicht. Ist das eine sach­ge­rech­te Debatte? Nee, war es wohl auch nie!

Neben Ukrainerinnen und Ukrainern (977 000 Personen; ‑3 % zum Vorjahr) waren die meis­ten Schutzsuchenden syri­sche (712 000; +6 %), afgha­ni­sche (323 000; +13 %), ira­ki­sche (200 000; ‑5 %) oder tür­ki­sche (152 000; +51 %) Staatsangehörige. Zusammen stell­ten die­se fünf Staatsangehörigkeiten fast drei Viertel aller Schutzsuchenden. 

Quelle

Die Debatte ver­läuft fast kom­plett an christ­li­chen Werten vor­bei. Dafür steht Links/​Grün (IMHO am deut­lichs­ten Grün) für huma­ni­tä­re Lösungen. Die national-​konservative Seite steht für Abschottung. Angesichts der demo­gra­fi­schen Lage des Landes ist dies nicht über­zeu­gend. Blau/​schwarz argu­men­tiert mit Parolen, die zum Teil auch von Trump sein könnten.

Inwieweit Geas tat­säch­lich etwas an den Verhältnissen ändern könn­te, darf bezwei­felt wer­den. Ich habe die Ausführungen von Experten wie Knaus und Koopmans im Kopf. Außerdem wis­sen wir aus den Medien, dass man­che Länder schon bekun­det haben, dass sie bei der Verteilung nicht mit­ma­chen. Ob der Schutz der Außengrenzen wahr­lich gelin­gen wird, steht auch in den Sternen. Neben all den tech­ni­schen Details wird aber vor allem deut­lich, wie herz­lo­se, ego­is­ti­sche Gesellschaften agie­ren, wenn es um ihren eige­nen Vorteil geht. Ich hät­te gedacht, wir wären weiter. 

Politische Ohnmacht und Wahlentscheidungen

Ich habe ges­tern den Wahl-​O-​Mat gefragt. Der weiß auch kei­ne Antwort. Die Partei, mit der ich die meis­ten Übereinstimmungen hat­te, kann­te ich nicht, und ich wer­de einen Teufel tun … 

Mit dem BSW hät­te ich von den mir bekann­ten Parteien die höchs­te Übereinstimmung. Populisten eben. Lösungen traue ich ihnen nicht zu. Es folg­te mit sehr gerin­gem Abstand (erst­mals! die CDU). Danach die SPD – auch mit nur sehr gerin­gem Abstand. Mich bringt das nicht wei­ter. Ich weiß immer noch nicht, wen ich wäh­len soll.

Eine Debatte zwischen Fakten und Ideologie

Wahrscheinlich blei­be ich dabei, dass ich erst­mals in mei­nem Leben (Kommunalwahl aus­ge­nom­men) die CDU wäh­len wer­de. Dabei habe ich nicht an mei­ne eige­ne Überzeugung im Auge als viel­mehr an die Frage, wel­che Partei über die Kraft und Fähigkeit ver­fügt, die Geschicke unse­res Landes neu zu ord­nen und vom Kopf auf die Füße zu stel­len. Ich wer­de auf kei­nen Fall über den Stock sprin­gen, den mir die SPD in Person die­ses unfä­higs­ten aller deut­schen Kanzler hin­ge­hal­ten hat. 

An Links und Grünen glau­be ich eben­so wenig wie an die FDP und das popu­lis­ti­sche BSW und die rechts­extre­me AfD. 

Die Demonstrationen nach dem „Correctiv”-Artikel haben nichts bewirkt. Die Stimmung ist gekippt, davon pro­fi­tie­ren die Rechtsextremen. Die teils gewalt­tä­ti­gen Proteste nach Merz’ Vorgehen füh­ren nir­gend­wo­hin und wer­den sich wie­der­um nicht in Umfrage- oder Wahlergebnissen widerspiegeln. 

Eine Mehrheit in Deutschland hat die Nase voll von dem, was gemein­hin als Realitätsverweigerung wahr­ge­nom­men wur­de. Ich bedau­re die Entwicklung. Zum Wohl der Gesamtgesellschaft und unse­rer Demokratie ist ein Politikwechsel drin­gend nötig. Links-​Grün hat Erwartungen ent­täuscht. Als tra­gisch könn­te sich erwei­sen, dass die umfang­rei­chen Maßnahmen, die die Ampel in die Wege gelei­tet hat, erst mit Verzögerung Wirkung ent­fal­ten und die neue kon­ser­va­tiv geführ­te Regierung sich damit schmü­cken dürf­te (mich erin­nert das an Schröders Agenda). 


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