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Die Insel der seltsamen Rückfälle – Großbritanniens rechte Renaissance

Trotz der Brexit-​Krise erle­ben rech­te Kräfte in Großbritannien eine Renaissance – ein Blick auf Politfrust und Populismus.

Lange Zeit wur­de die Reformpartei unter Nigel Farage als Randerscheinung des bri­ti­schen Parteienspektrums betrach­tet. Ein Sprachrohr für Frustrierte, Brexit-​Hardliner und EU-​Skeptiker – aber kein ernst­zu­neh­men­der Akteur. Das hat sich inzwi­schen geän­dert. Nach einem über­ra­schend erfolg­rei­chen Wahlergebnis ist klar: Farages Bewegung ist gekom­men, um zu bleiben.

Eine neue politische Realität

Der Wahlerfolg der Reformpartei hat nicht nur die kon­ser­va­ti­ven Tories wei­ter unter Druck gesetzt, son­dern auch die Labour-​Partei aus ihrer ver­meint­li­chen Komfortzone geholt. Während Labour unter Keir Starmer zuletzt in Umfragen zule­gen konn­te, zeigt der Aufstieg Farages, dass die Unzufriedenheit in der Bevölkerung nach wie vor tief sitzt – vor allem in jenen Regionen, die sich vom Establishment abge­hängt fühlen.

Inhaltlich bie­tet die Reformpartei alt­be­kann­te, aber ein­gän­gi­ge Schlagworte: strik­te Migrationspolitik, natio­na­le Souveränität, wirt­schaft­li­cher Pragmatismus. Doch was frü­her als popu­lis­ti­sche Rhetorik abge­tan wur­de, genießt heu­te neue Aufmerksamkeit – auch, weil vie­le Bürgerinnen und Bürger von den Versprechen der gro­ßen Parteien ent­täuscht sind.

Labour zwischen Erwartungsdruck und interner Spannung

Die Labour-​Partei sieht sich nicht nur mit einem erstark­ten rech­ten Lager kon­fron­tiert, son­dern kämpft intern mit grund­le­gen­den Fragen: Wie viel sozia­ler Ausgleich ist mit wirt­schaft­li­cher Realität ver­ein­bar? Wie klar soll man sich zu Migrationsfragen posi­tio­nie­ren, ohne Stammwähler zu ver­lie­ren? Und wie geht man mit der wach­sen­den Unzufriedenheit über Energiepreise und die sto­cken­de öko­lo­gi­sche Transformation um?

Die Partei steht unter erheb­li­chem Erwartungsdruck. Eine kla­re Mehrheit ist trotz der Schwäche der Tories kei­nes­wegs sicher – zu groß ist die Fragmentierung des poli­ti­schen Lagers, zu unbe­re­chen­bar die Wählerbewegungen. Die Gefahr: ein Patt im Parlament oder unkla­re Mehrheiten, die insta­bi­le Koalitionen not­wen­dig machen könn­ten – ein für Großbritannien eher unty­pi­sches Szenario.

Ein zersplittertes Machtgefüge?

Der Brexit hat nicht nur die euro­päi­sche Partnerschaft auf­ge­kün­digt, son­dern auch das par­tei­po­li­ti­sche Gleichgewicht auf der Insel dau­er­haft erschüt­tert. Die Zeiten kla­rer Mehrheitsverhältnisse schei­nen vor­erst vor­bei. Es ist gut mög­lich, dass sich Großbritannien künf­tig auf kom­ple­xe Regierungsbündnisse ein­stel­len muss – mit allen Risiken für poli­ti­sche Handlungsfähigkeit und Stabilität.

Farages Reformpartei hat mit ihrem Erfolg jeden­falls bewie­sen, dass sie mehr ist als nur ein Auffangbecken für Protestwähler. Sie hat das Potenzial, das Machtgefüge dau­er­haft zu beein­flus­sen – sei es als Oppositionskraft oder als Zünglein an der Waage in einem gespal­te­nen Parlament.

Großbritannien steht an einem poli­ti­schen Wendepunkt. Der Aufstieg der Reformpartei zeigt, wie tief der Vertrauensverlust gegen­über den tra­di­tio­nel­len Parteien reicht. 

Die Ähnlichkeit mit vie­len ande­ren Ländern ist so frap­pie­rend, dass ich mich vom Artikel des New Statements inspi­riert fühl­te, die­sen Artikel zu schreiben. 

Die Übereinstimmungen bewei­sen in mei­nen Augen, wie viel poli­ti­sches Kapital von den poli­ti­schen Eliten all die­ser Länder in den letz­ten Jahrzehnten ver­spielt wur­de. Trotz der Übereinstimmungen fällt es schwer, die Gründe für die Entwicklung so klar zu benen­nen, dass ein schlüs­si­ges Bild dabei herauskommt. 

Labour steht jeden­falls, wie die »Große Koalition« bei uns, vor der Herausforderung, gleich­zei­tig glaub­wür­dig, visio­när und prag­ma­tisch zu sein. Ob das gelingt, hängt hier wie dort nicht nur von den Parteiführungen ab, son­dern auch von der Fähigkeit, die gesell­schaft­li­chen Konflikte offen, aber lösungs­ori­en­tiert zu thematisieren. 


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