Wie viele Blogs gibt es eigentlich in Deutschland? Wie viele davon sind noch lebendig – regelmäßig gefüttert, kommentiert, verlinkt? Und: Gibt es Anzeichen dafür, dass sich das alte Feuer des Bloggens wieder neu entzündet?
Ein Rückblick durch die Zahlen – und durch die Jahre
Vor nicht allzu langer Zeit hieß es noch: „Blogs sind tot.“ Social Media, Videoformate, Podcasts – alles schien die gute alte Blogosphäre zu überholen. Doch ein genauer Blick zeigt: Tot ist hier nichts. Im Gegenteil.
Aktuellen Schätzungen zufolge gibt es rund 1,5 bis 1,7 Millionen WordPress-Webseiten mit Sitz in Deutschland. Der Löwenanteil davon dürfte, nach Abzug von Firmen- und Agenturseiten, aus privaten oder semi-privaten Händen stammen. Laut Wikipedia bloggt ein harter Kern von etwa 300.000 Menschen in Deutschland aktiv – das heißt: regelmäßig und ohne rein kommerzielle Absicht.
Doch wie viele davon bloggen wirklich noch? Und wie viele sind stille Ruinen im digitalen Nebel?
Vom Verfall zur Verwandlung: die Fluktuation der Blogwelt
Ein Phänomen, das sich schwer messen lässt, aber fast jeder Blogger spürt: die Blog-Fluktuation. Viele fangen begeistert an, doch spätestens nach einem Jahr herrscht auf manchem Blog Grabesruhe. In meinen alten Blogrolls (Wayback Maschine) finden sich zahlreiche Links, die ins Leere führen oder auf Websites verweisen, deren letzter Eintrag von 2019 und davor stammt.
Man könnte sagen: Blogs kommen, Blogs gehen. Wie Hausboote im Nebel, manchmal angedockt, manchmal verschwunden. Die „Churn Rate“ – also die Abwanderung aktiver Blogger – dürfte hoch sein, doch genaue Zahlen fehlen. Plattformen wie WordPress oder Tumblr veröffentlichen meist keine separaten Angaben für private oder nicht-kommerzielle Nutzungen.
Wiederbelebung durch Webringe – ein subjektiver Befund
Und doch: In letzter Zeit scheint etwas in Bewegung geraten. Das ist nicht nur mein persönlicher Eindruck. Ich lese solche Hinweise im Moment häufig.
Ich nehme eine stille Wiederbelebung der Blogosphäre wahr. Da sind neue, kleine Webringe, die entstehen – handverlesen, bewusst kuratiert. Da sind Menschen, die wieder anfangen, persönlich zu schreiben. Ohne SEO-Optimierung, ohne Social-Media-Kanone. Einfach aus Lust am Gedanken, aus Freude an der Form und (oft auch) am Austausch.
Projekte wie „IndieWeb“, „Blogs50plus“ oder „Blogrolls neuer Prägung“ wirken wie Herzschläge eines alten, aber keineswegs toten Mediums.
Oft geschieht diese Wiedervernetzung auf ganz klassische Weise: über Kommentare, Verlinkungen, Empfehlungen. Ja, selbst die gute alte Blogroll erlebt hier und da ein Comeback.
Was bleibt? Was wächst?
Private Blogs sind keine Massenware. Sie sind kein Produkt, sie sind persönlicher Ausdruck – und genau darin liegt ihre Kraft.
In einer Welt, die immer lauter, schneller, flüchtiger wird, bleibt das Blog etwas Seltenes: ein Ort des Bleibens, des Denkens, des persönlichen Tons.
Vielleicht werden es weniger. Vielleicht auch nicht. Aber: Wer heute bloggt, bloggt meist mit Leidenschaft. Und das allein ist Grund genug zur Zuversicht. Ich bin auch schon über 20 Jahre dabei. Immer mit Engagement. Manchmal gebe ich hier meinem Frust als jetzt über 70-Jähriger alter weißer Mann etwas zu stark Ausdruck. Es ist nicht einfach, den Irrsinn mitzuerleben und dabei das immer noch wachsende Gefühl zu haben, weniger Einfluss zu haben denn je. Bestimmt war das früher ™ auch nicht anders. Es ist eben alles Gefühlssache. So wie auch das Bloggen vor allem Gefühlssache ist.
Quellen & Hinweise:
Sehr treffend … Ich bin gespannt, wie lange die Renaissance des Bloggen anhält.
Die Beweiskraft für diese Renaissance überzeugt mich noch nicht so richtig. Aber wir glauben einfach mal daran. Gibts eigentlich auch Influencer unter Blogger:Innen? 😃 Ja, die wird es schon geben.