verbotene filme deutschland
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Filmverbote in Deutschland: Zwischen Kunst und der Angst vor Nachahmern

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Als Stanley Kubrick „Uhrwerk Orange“ 1971 in die Kinos brach­te, erschüt­ter­te das Werk das Publikum welt­weit. In Großbritannien zog Kubrick den Film nach Morddrohungen zurück, und fast drei Jahrzehnte lang war er dort nicht zu sehen. In Deutschland blieb der Film zwar zugäng­lich, doch auch hier flamm­te die Debatte um Gewalt, Kunst und gesell­schaft­li­che Verantwortung hef­tig auf. 

Ich erin­ne­re mich noch gut an die­se Zeit, denn damals gehör­te ich selbst zu denen, die sol­che Filme am liebs­ten ver­bo­ten hät­ten. Das wie­der­um erin­nert mich an die Vorstöße eines bekann­ten Psychologen, der – wie so oft – in der Öffentlichkeit hef­tig ange­grif­fen wur­de, weil er Einschränkungen für Videospiele und einen bewuss­te­ren Umgang von Kindern und Jugendlichen mit dem Internet for­der­te. Heute wür­den ange­sichts des Desasters, das die­ses Nichthandeln zur Folge hat, vie­le anders ent­schei­den. Oder auch nicht.

Die 1970er und 1980er Jahre waren eine Zeit, in der Filmverbote in Deutschland durch­aus Realität waren – getra­gen von der Sorge, das Kino könn­te zum Lehrmeister der Gewalt werden.

Verbotene Werke und die Rolle der Bundesprüfstelle

In Deutschland war es die Bundesprüfstelle für jugend­ge­fähr­den­de Schriften (BPjS, heu­te BPjM), die über das Schicksal zahl­rei­cher Filme ent­schied. Besonders betrof­fen waren Splatter- und Horrorfilme, die in der VHS-​Ära mas­sen­haft kur­sier­ten. Titel wie „Tanz der Teufel“ („The Evil Dead“, 1981), „Texas Chainsaw Massacre“ (1974) oder auch „Muttertag“ (1980) lan­de­ten auf dem Index oder wur­den ganz ver­bo­ten. Ich habs gele­gent­lich auch ver­sucht und habe schnell auf­ge­ge­ben – nach weni­ger als 15 Minuten. Trash ist für man­che Kult. Das habe ich bis heu­te nicht ver­stan­den. Nun, so gern ich Kino habe, ein Cineast wer­de ich nicht mehr.

Die Begründung war meist die­sel­be: exzes­si­ve Gewalt und die Gefahr der „sozi­al­ethi­schen Desorientierung“ Jugendlicher. Dahinter ver­barg sich die Vorstellung, dass Zuschauer durch das Gesehene zu Nachahmungstaten ange­sta­chelt wer­den könnten.

Die Debatte um „Muttertag“ und andere Filme

„Muttertag“, ein US-​Horrorfilm von Charles Kaufman, wur­de in Deutschland zum Paradebeispiel der Gewaltdebatte. Kritiker war­fen dem Film vor, Frauenfeindlichkeit und Sadismus gera­de­zu zu fei­ern. Der Film wur­de beschlag­nahmt, Aufführungen und Verbreitung ver­bo­ten. In der öffent­li­chen Diskussion wur­de er zum Symbol dafür, wie weit Kunstfreiheit gehen darf – und wo Jugendschutz beginnt.

Kunstfreiheit gegen Jugendschutz

Während „Uhrwerk Orange“ in Deutschland im Kino lau­fen durf­te, wur­den ande­re Filme in der Bundesrepublik ver­bo­ten, die im Ausland weni­ger pro­ble­ma­tisch gese­hen wur­den. Das zeigt die beson­de­re Schärfe, mit der deut­sche Behörden und Medien über die Macht des Bildes strit­ten. Gewalt, so die Befürchtung, könn­te sich wie ein Virus ver­brei­ten – vom Film auf die Straße.

Nachwirkungen und Neubewertungen

Viele die­ser Verbote wur­den in den letz­ten Jahrzehnten auf­ge­ho­ben. Klassiker wie „Texas Chainsaw Massacre“ sind heu­te frei erhält­lich, teils sogar in unge­kürz­ten Fassungen. Der gesell­schaft­li­che Blick auf Kunst hat sich ver­scho­ben: Was einst als jugend­ge­fähr­dend galt, wird nun als Teil der Filmgeschichte betrach­tet – manch­mal sogar als Meisterwerk.

Doch die alten Diskussionen sind uns nicht fremd. Noch immer flammt die Frage auf, ob Mediengewalt Menschen gefähr­lich beein­flus­sen kann – sei es im Kino, im Fernsehen oder in Computerspielen. Die Angst vor Nachahmung ist geblie­ben, auch wenn die Antworten dif­fe­ren­zier­ter aus­fal­len als damals.

Am Ende bleibt: Zensur war immer auch ein Spiegel der Gesellschaft. Sie erzählt weni­ger von den Filmen selbst als von den Ängsten der Zeit, in der sie ver­bo­ten wur­den. Verbote wur­den zu die­ser Zeit noch anders betrach­tet, dass viel spä­ter bei­spiels­wei­se im Kontext mit Corona.


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2 Gedanken zu „Filmverbote in Deutschland: Zwischen Kunst und der Angst vor Nachahmern“

  1. Weißt du übri­gens, was es im „Texas Chainsaw Massacre” nicht zu sehen gibt (auch nie zu sehen gab)?

    Ein Texas Chainsaw Massacre.

    Es war tat­säch­lich nicht son­der­lich über­ra­schend, dass der Film neu bewer­tet im Jahr 2011 von der Liste der beschlag­nahm­ten und kurz dar­auf von der Liste der indi­zier­ten Filme genom­men wur­de. Anschließend konn­te er im Sinne des Jugendschutzes FSK-​bewertet wer­den und ist seit­dem FSK-​18 frei­ge­ge­ben. Das ist gut so.

    Vergleichbares gilt für „Tanz der Teufel” (The Evil Dead).

🚪 Kommentiert gern – aber bitte mit Herz.

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