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Zwischen Klick und Konversation: Was uns die Kommentare noch sagen

Kommentare wer­den weni­ger, aber nicht unwich­ti­ger. Warum wir den ech­ten Austausch im Netz nicht auf­ge­ben dür­fen – und wie er gelingt. 

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Es gibt die­se Momente, in denen man sich fragt, ob das alles noch einen Sinn ergibt. Man schreibt, ver­öf­fent­licht, war­tet – und dann: Stille. Oder schlim­mer: Ein paar Klicks, ein paar Likes (wenn man denn den Zirkus der aso­zia­len Medien noch mit­macht), aber kei­ne Worte. Kein Widerspruch, kei­ne Zustimmung, kein ech­tes Gespräch. Algorithmen sol­len ent­schei­den, was gele­sen wird. Blogger set­zen die Vernetzung dage­gen. Leider hat das zur Folge, dass die Selbstbespiegelung über­hand­nimmt. Die Dings, die Algorithmen, haben ent­schie­den, was rele­vant ist und was nicht. Blogger haben, so scheint es mir, Relevanz für Blogger, sel­ten geht es über die­ses „Biotop” hinaus. 

Ich schrei­be schon wie­der einen Artikel übers Kommentieren und Kommentare im Allgemeinen, weil die Themen rund ums Bloggen irgend­wie bestän­dig mehr Leser (und Kommentare) brin­gen als die Themen, die ich grund­sätz­lich inter­es­san­ter fin­de. Aha!

Es stimmt, dass es lan­ge Zeit Kommentare waren, die einen Blog leben­dig mach­ten. Nicht die Klickzahlen, nicht die Shares, son­dern die­se klei­nen, manch­mal holp­ri­gen, oft über­ra­schen­den Sätze unter einem Text. Aber „Guter Text” oder „Word” ist doch etwas wenig Kommentar. Trotzdem stellt sich die Frage: Was wür­de pas­sie­ren, wenn sie nach und nach ganz verschwinden? 

Ich durch­le­be die­se Phasen, auch in mei­ner eige­nen Reflexion, immer wie­der neu. Sollte man unter sol­chen „Voraussetzungen” nicht lie­ber den Kommentarbereich abschal­ten? Es gibt so vie­le Blogs (die nen­nen sich trotz­dem Blogs!), in denen man nicht kom­men­tie­ren kann. Man wird nicht durch Captchas oder ande­re Hürden dar­an gehin­dert, son­dern der kom­plet­te Bereich ist schlicht futsch. Wir ken­nen gro­ße Blogs, die auf die­sen Austausch mit ihren Lesern ver­zich­ten. Mir fal­len spon­tan Fefe und Danish ein. Blogs, die ich nur spo­ra­disch besu­che, die aber – wohl aus Gründen – auf Kommentare ver­zich­ten. Es gibt viel mehr davon und sie haben hohe Besucherzahlen – das unter­stel­le ich jeden­falls bei die­sen Beispielen.

Die Illusion der Nähe

Früher war es ein­fach. Man schrieb etwas, und irgend­wer ant­wor­te­te. Nicht immer klug, nicht immer freund­lich, aber es war ein Zeichen: Hier ist jemand. Hier denkt jemand mit. Heute wird dis­ku­tiert, woan­ders. In geschlos­se­nen Gruppen, in flüch­ti­gen Threads, in Echokammern, die uns vor­täu­schen, wir wären alle einer Meinung. Gut, das ist jetzt nicht ganz so… Doch was bleibt, wenn die Kommentare unter einem Artikel nur noch aus drei Worten bestehen: „Genau mei­ne Meinung!“ – oder gar aus einem ein­zi­gen Emoji? Wir haben die Technik, um uns zu ver­net­zen, aber wir ver­lie­ren die Kultur des Zuhörens. Dabei braucht es genau das: Orte, an denen man nicht nur kon­su­miert, son­dern sich ein­mischt. Wo man nicht nur scrollt, son­dern stehenbleibt.

Der Preis der Bequemlichkeit

Es ist ver­lo­ckend, sich zurück­zu­leh­nen. Warum kom­men­tie­ren, wenn man auch schnell ein Herzchen drü­cken kann? Warum dis­ku­tie­ren, wenn doch die nächs­te Outrage-​Welle schon war­tet? Doch wer nur noch likt, statt zu reden, gibt etwas auf: die Chance, sich zu irren, zu ler­nen, sich zu strei­ten – und am Ende viel­leicht sogar zu ver­ste­hen. Blogs waren immer auch ein Experimentierfeld für den öffent­li­chen Gedankenaustausch. Nicht per­fekt, oft chao­tisch, aber ehr­lich. Wenn wir das auf­ge­ben, über­las­sen wir das Feld denen, die lau­ter schrei­en als nach­den­ken. Und die sind sel­ten die Interessantesten.

Was bleibt, wenn alle schweigen?

Ich habe in den letz­ten Wochen viel über Kommentare nach­ge­dacht. Nicht nur, weil sie weni­ger wer­den, son­dern weil sie etwas ver­ra­ten: über uns, über die Themen, die uns bewe­gen, über die Art, wie wir mit­ein­an­der umge­hen. Manchmal sind es die klei­nen, unschein­ba­ren Reaktionen, die zei­gen, dass ein Text ange­kom­men ist. Ein „Das habe ich auch so erlebt“ oder ein „Da sehe ich das anders“. Das sind auch nur kur­ze Sätze. Ich fin­de, es sind kei­ne lee­ren Floskeln, son­dern Brücken. Vielleicht sind es gera­de die unbe­que­men Kommentare, die uns wei­ter­brin­gen – die uns zwin­gen, unse­re Argumente zu schär­fen oder unse­re Haltung zu über­prü­fen. Was ich nicht gut fin­de, sind ein paar knap­pe Worte und ein ein­ge­füg­ter Link. Man mag das als Aufforderung ver­ste­hen, sich tie­fer mit der Thematik zu befas­sen. Ich ver­ste­he sol­che Beispiele als ziem­lich unver­blüm­ten Hinweis dar­auf, was man von mei­ner Sichtweise hält.

Dabei geht es nicht um Nostalgie. Es geht um die Frage, was wir eigent­lich wol­len: Ein Netz, das uns bestärkt in dem, was wir schon den­ken? Oder eines, das uns her­aus­for­dert, das uns zwingt, uns aus­ein­an­der­zu­set­zen? Ich glau­be, wir soll­ten uns weh­ren gegen die Stille. Nicht aus Prinzip, son­dern weil wir es bes­ser kön­nen. Weil ein ech­ter Dialog mehr wert ist als tau­send stum­me Klicks.

Und ja, ich weiß: Es ist ein­fa­cher, nichts zu sagen. Wer hat nicht schon dar­über nach­ge­dacht, was das bringt, für eine Handvoll Menschen einen Text zu erstel­len, der von der Idee bis zur Fertigstellung (auch mit KI) eine gewis­se Zeit in Anspruch nimmt? Einfluss haben Blogger sel­ten. Gelegentlich kommt es mal vor. Aber ich spre­che da auch nicht von Formaten, die viel­leicht die glei­che Software (WordPress) benut­zen, son­dern von semi­pro­fes­sio­nel­len, oft poli­tisch ori­en­tier­ten Blogs, die sich auf­grund ihrer Konzeption voll­stän­dig von dem Bloggen unter­schei­den, das wir betreiben. 


Links zum Weiterlesen:


Was geht hier so ab in Sachen Kommentaren?

Häufigkeit und Kontext

  • Anzahl der Beiträge: Mindestens 10 Beiträge (seit Juli 2025) the­ma­ti­sie­ren direkt oder indi­rekt das Thema Kommentare, Kommentarkultur oder den Dialog im Netz.
  • Zeitliche Verteilung: Besonders kon­zen­triert im Juli und August 2025.
  • Kommentare pro Beitrag: Die Anzahl der Kommentare vari­iert stark: 
    • Höchstwert: 17 Kommentare („Leckt mich“)
    • Durchschnitt: ~8 Kommentare bei Beiträgen, die expli­zit Kommentare oder Dialog thematisieren
    • Keine Kommentare: Bei eini­gen Beiträgen, die das Thema nur strei­fen (z. B. „Ulrich Reitz: Für mich sind Sie das Reizthema in der Causa Brosius-Gersdorf!“)

Thematische Schwerpunkte

Erkenntnis: Blogs blei­ben wich­tig für Nischen-​Dialoge, auch wenn die Kommentare weni­ger werden.

Kommentarkultur im Wandel

Beispiel:Kommentar erwünscht? – Zwischen digi­ta­ler Nähe und tech­ni­schen Hürden

Inhalt: Analyse des Rückgangs von Blogkommentaren, tech­ni­sche und kul­tu­rel­le Gründe, Wunsch nach offe­ner Kommunikation.

Erkenntnis: Technische Hürden und ver­än­der­te Nutzergewohnheiten (z.B. Social Media) redu­zie­ren die Kommentare.

Dialog und gesell­schaft­li­che Spaltung

Beispiel:Wir und die Anderen: Wie der Dialog ver­lo­ren ging

Inhalt: Warum ech­te Gespräche sel­te­ner wer­den, Empörungskultur, Verlust des gesun­den Menschenverstands.

Erkenntnis: Polarisierung und Empörung domi­nie­ren den Austausch, sach­li­cher Dialog leidet.

Persönliche Erfahrungen mit Kommentaren

Beispiel:Leckt mich

Inhalt: Umgang mit Hasskommentaren, Entscheidung, den Blog aus einem Netzwerk auszutragen.

Erkenntnis: Aggressive oder unan­ge­mes­se­ne Kommentare füh­ren zu akti­ven Gegenmaßnahmen.

Bloggen als Plattform für Austausch

Beispiel:Bloggen in Deutschland – Zwischen Verschwinden und Verwandlung

Inhalt: Rolle von Blogs als Ort für Kommentare und Vernetzung, trotz rück­läu­fi­ger Zahlen.


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3 Gedanken zu „Zwischen Klick und Konversation: Was uns die Kommentare noch sagen“

  1. Mir steht nur wenig Zeit für das Lesen eurer Beiträge zur Verfügung, das aus­führ­li­che Kommentieren krie­ge ich nicht hin

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