Der Demokratie Genüge getan

Susanne Gaschkes Loyalitäten haben eine begrenzte Halbwertszeit. Ich mache das auch an manchem Kommentar fest, den sie bei Welt Online so raushaut.

Es ist fast witzig, das im Header ihres heutigen Artikels über die Fehlleistungen der Bundesregierung, einschließlich aller Ministerpräsidenten, Hendryk M. Broder, auftaucht. Ja, das passt: Frustrierte Journalisten die sich gegenseitig in ihrem Frust unterstützen.

Gaschke unterstützt diejenigen, die partout finden, dass sich die Deutschen in ihrer überwiegenden Mehrheit obrigkeitshörig benehmen. Sie kommt gar nicht drauf, dass viele Menschen Vertrauen in die handelnden Akteure auf Bundes- und Landesebene haben könnten.

Dass es in diesen besonderen Zeiten, für die übrigens das Grundgesetz gar keine Regelungen kennt, noch keinerlei Erfahrungen gibt, auf die man heute zurückgreifen könnte, interessiert die Dame nicht. Es gibt halt unverständlicherweise nicht für alles Regeln, was uns Deutschen im Leben so passieren kann. Das sollte Frau Gaschke in ihrem Alter eigentlich gelernt haben.

Es ist eine Litanei, die sie in ihrem kurzen Beitrag (vielleicht ist er als Satire gemeint?) analog aller Vorhaltungen deutscher Oppositionspartien vorhält. Eine Standpauke. Zweimal kommt das Obrigkeitsdenken vor, von dem Gaschke offenbar ausgeht, dass wir Deutsche dieses immer noch nicht abgestreift hätten. Gaschke sitzt schon im ersten Absatz einem Fehler auf. Es ist nämlich nicht die originäre Aufgabe des Bundestages, die Regeln im Umgang mit einer Pandemie zu bestimmen. Das obliegt den Ländern bzw. den Länderparlamenten. Jedenfalls ganz überwiegend.

Demnach hätten wir 16 Debatten plus EINE (einschließlich dem Abgeordnetenhaus von Berlin, der Bremischen Bürgerschaft sowie der Hamburgischen Bürgerschaft) zu führen gehabt und ein wenig Zeit wäre ins Land gegangen, um solchen Leuten wie Gaschke, Lindner, Gauland und den anderen Oppositionsrednern von heute den Gefallen zu tun, alle Parlamente auf urdemokratischeweise in den Prozess einzubeziehen.

Gaschke scheut sich auch nicht, in diesem Kontext Begriffe wie “Framing” zu verwenden, die bei ihrer überwiegend Rechts geprägten Leserschaft sicherlich sehr gut ankommen werden. Sie wundert sich darüber, dass die Bundesregierung das Defizit bei den Pflegekräften in den Sommermonaten nicht behoben hat. Ist die Frau noch bei Trost? Wie lange reden wir inzwischen über den Pflegenotstand. Und die glaubt, das innert einige Monate lösen zu können? Mit solchen Beiträgen macht man die Leute nur zusätzlich kirre.

Die Kombination aus öffentlicher Indifferenz, Parlamentsmissachtung der Exekutive und Wurstigkeit der CDU in Sachen innerparteilicher Demokratie ist Grund für ein exponentielles Wachstum der Sorge um die Demokratie insgesamt.

Corona-Maßnahmen: Sorge um die Demokratie wächst exponentiell – WELT / Susanne Gaschke am Ende ihres Artikels.

Das gleichgültige Verhalten der Bevölkerung soll also verantwortlich für das sein, was sie und die ganzen Wichtigtuer und Besserwisser jetzt einzuklagen versuchen.

Die Führung der Redaktion sollte Gaschke eine kleine Pause verordnen. Die braucht sie offensichtlich.

Bakdhi and Friends in neuer unsäglicher Allianz mit der kassenärztlichen Vereinigung, Dr. Reinhardt, Professor Streeck und Professor Schmidt-Chanasit

Bakdhi and Friends haben in ihren Interviews und Videos schon vor wenigen Wochen die Pandemie für beendet erklärt. Jedenfalls, soweit sie überhaupt von einer Pandemie reden wollten. Dabei stiegen, nicht nur hier in Deutschland, die Neuinfektionen bereits zu diesem Zeitpunkt deutlich an.

Bakdhi labert immer noch, Schiffmann hat die Staatsanwaltschaft am Hals

Inzwischen müssen wir erkennen, dass sich die Zahl der mit Covid-19-Patienten belegten Intensivbetten innerhalb weniger Tage verdoppelt hat. Sollten Bakdhi and Friends im Interesse des Gemeinwesens nicht still sein, um ihre peinlichen Auftritte möglichst vergessen zu machen? Nur — diese Größe haben sie halt nicht, wie sie auch vieles andere nicht haben.

Trotz der für uns alle so schwierigen und unsicheren Lage begibt sich just am Tag der Konferenz der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten eine große Gruppe von Ärzten in einer Pose an die Öffentlichkeit, die alle erkennen lässt, dass der Fraktion der Warner und Besserwisser (ohne eigene Lösungsansätze) zum Zwecke einer außerparlamentarischen Opposition über schier unendliche Personalreserven verfügt.

Link: Sinsheimer “Querdenker”: Hausdurchsuchung in Bodo Schiffmanns Praxis (Update) – Sinsheim – RNZ

Personelles Oppositionsdilemma

Da jedoch die Parlamentarier der Oppositionsparteien angeblich ja sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene, so völlig außen vor blieben und auf diese unerhörte Weise von den Regierenden übergangen – ja schlimmer noch regelrecht ignoriert wurden – passt dieser so supergetimte Vorstoß um Gassens Jungs all denen wunderbar in den Kram, die zwar keine konstruktiven Beiträge, dafür jedoch umso mehr Unfrieden stiften wollen.

Das alles freilich hübsch garniert mit Doktoren und Professorentitel. Können solche Menschen irren? Wie schlimm muss das alles sein, wenn sogar Eliteärzte aus der Phalanx der Volksbeschützer ausbüchsen? Nun, ich denke, die Antwort ist ganz einfach. Jeder will mal den Drosten, den Lauterbach oder den Kekulé geben. Mir fehlt zumindest das Gefühl, dass all diese Personen ihre Opposition aus einem anderen Antrieb heraus üben, als ihre Person in den Vordergrund zu stellen. Das gilt, wenn ich mir die heutigen Debattenbeiträge im Bundestag von Lindner (FDP) und Gauland (AfD) ansehe, für diese in ganz besonderem Maße.

FDP und AFD ohne Alternative, dafür maximal unverschämt

Dass sich Leute von der FDP und der AfD in schönster Einigkeit vehement mit allen möglichen und vor allem dummen Vorhaltungen auf Merkels Regierungserklärung von heute reagiert haben, spottet jeder Beschreibung. Vor allem scheint es so zu sein, dass sie nicht einmal ihren Blick über die deutschen Grenzen hinaus gerichtet haben. Sonst könnten sie ihre dürftigen Argumente überhaupt nicht guten Gewissens führen.

Was soll Otto-Normalbürger aus diesem Handeln für Erkenntnisse gewinnen?

Alle höchst beunruhigten, weil natürlich gänzlich unaufgeklärten Menschen (wie Sie und ich), werden auf dieses Theater bestimmt nur gewartet haben oder wundern sich deshalb auch nicht darüber, welche Art Film in den Köpfen der Leute um Dr. Reinhardt, Dr. Gassen von der kassenärztlichen Vereinigung und ihrer Partner abläuft.

In diesen Zeiten pumpen sich all die Besserwisser, jetzt auch die Leute um Gassen, erst zur vollen Wirkung auf, so auch die Ärzte, die gestern in dieser wohlgetimten Aktion die Maßnahmen der Regierung attackiert und als übertrieben und Unverhältnismäßigkeit hingestellt haben.

Demokratieverständnis im Schlafmodus

Ich muss einräumen, dass in dieser Lage mein Demokratieverständnis doch einigermaßen gelitten hat. Es ist für mich immer noch nicht die Zeit der Opposition. Politisches Kapital sollte man für meine Begriffe erst nach dem Ende eines abgeschlossenen Kampfes gegen die Pandemie ziehen. Schließlich haben wir darüber mitentschieden, dass die jetzt Verantwortlichen genau diese Dinge für uns tun, die sie dieser Lage machen. Ich bin froh, die Verantwortung nicht tragen zu müssen. Würden Sie gerne tauschen?

Ich bin immer noch der Ansicht, dass unsere Regierung die richtigen Maßnahmen trifft. Deshalb bin ich total sauer auf all diejenigen, die aus Eitelkeit – vielleicht auch, weil sie nicht eingebunden sind in die laufenden Prozesse – mit leichtfertiger Kritik an den Menschen hervortun, die die Verantwortung zu tragen haben. Dabei ist doch augenfällig, dass neben pauschaler Kritik wirklich einleuchtende Gegenmaßnahmen, die man als Alternative zu den von den Regierungen beschlossenen verstehen darf, überhaupt nicht vorgestellt wurden.

Es ist doch kein Konzept, die Forderung aufzustellen, die Gastronomie nicht zu schließen. Würde ein erfolgversprechendes Konzept nicht bedingen, dass erst der Beweis angetreten wird, dass der Schutz hinreichend war und es deshalb keine Ansteckungen gab? Haben die gelobten und dort angewandten Hygienekonzepte Neuinfektionen verhindert? Das wird schwer werden, weil es solche Erhebungen auf internationaler Ebene nur in Form einer sogenannten Metastudie gibt.

Was wohl wäre, hätten die Regierungen von Bund und Ländern jetzt nicht den Wellenbrecher-Lockdown verfügt? Dann wäre vermutlich in 3 Wochen der Punkt gekommen gewesen, an dem unsere Intensivstationen überfordert gewesen wären. Die Anzeichen dafür, dass es so kommen könnte, werden wir in den nächsten Tagen noch vor Augen geführt bekommen. Was unter solchen Voraussetzungen die Einschaltung des Bundestages (Lindner, Gauland) hätte bringen sollen, erschließt sich mir nicht auf den ersten Blick. Die Bundesebene hätte Maßnahmen ja ohnehin nicht treffen können, weil dies vorwiegend Ländersache ist. Außerdem hätte es für große Debatten im Parlament unter diesen Voraussetzungen nicht die Zeit gehabt.

Was für ein mieses Spiel Lindner gespielt hat, wird deutlich, wenn man die “Furchtlosigkeit” betrachtet, mit der er jetzt operiert, da es für ihn nichts zu verlieren gibt. Erinnern Sie sich an sein Verhalten, als er die Alternativ-Koalition nach den Wahlen 2017 verhindert hat? Solch einem Mann sollte man in Krisen nicht folgen! Dass er sich auf Gassens Jungs bezog war auch keine Überraschung. Schließlich ermöglicht das “Konzept” dieser Leute die alte FDP – Forderung, weniger Staat, mehr persönliche Verantwortung jetzt umzusetzen. Was das allerdings bringen soll, wird anhand der aktuellen Lage überhaupt nicht klar.

Die Türkei sanktionieren und alle EU-Botschafter aus Ankara abziehen

Wahrscheinlich befinden sich auch viele Linke in der Situation, dass sie jetzt, fünf Jahre nach 2015, ihre Haltung gegenüber der bereits vollzogenen aber weiter andauernden Massenmigration, zu einer anderen Einstellung gekommen sind. Es ist schwer das einfach so zu sagen. Und es ändert auch nichts an den Fakten. Nur – unser Staat tut in vielfacher Hinsicht so, als wäre immer noch alles wie 2015.

Es wäre ein Wunder, wenn das anders wäre. Angesichts der Erkenntnis, dass unser Staat die öffentliche Ordnung nicht so ohne Weiteres aufrechterhalten konnte, wie wir das in vielen Lebensjahrzehnten als selbstverständlich begriffen hatten. Begonnen hatte das Umdenken bei mir schon nach der Silvesternacht von Köln. Ich hatte mit Schrecken und großer Wut erlebt, dass die Strafvollzugsbehörden unfähig waren, für die selbstverständliche Bestrafung der Täter zu sorgen. Die Täter wurden weder ermittelt, noch wurden sie verurteilt. Und es waren Hunderte von muslimischen Männern, die eine Unzahl gröbster Straftaten verübt hatten.

Danach sind viele Sachen passiert, die in eine ähnliche Richtung gingen. Unser Staat erwies sich als unfähig, solchen Leuten die Stirn zu bieten. Dass die meisten Migranten sich nichts zuschulden kommen lassen, ist in diesem Zusammenhang keine Beruhigung.

Selbstverständlich ist mir aufgefallen, dass der brutale Mord, den ein Muslim an dem Lehrer Samuel Paty in einem Vorort der französischen Hauptstadt beging, in den deutschen Medien, gerade von Seiten der Linken wenig kommentiert wurde. Das war auch der Fall, als ein Muslim in Dresden einen Düsseldorfer getötet und einen zweiten verletzt hatte. Zum Glück gibt es Sascha Lobo und Kevin Kühnert, die beides prominent angesprochen haben.

Ich benenne die Mörder als Muslime und nicht als Islamisten, weil ich die Spitzfindigkeiten zur Beschwichtigung solcher Gräuel einfach satt habe. Die Reaktionen des Muslimbruders und türkischen Präsidenten Erdogan auf die Ansagen des französischen Staatspräsidenten Macron, sind entlarvend.

Samuel Paty … ist zum Gesicht unserer Republik geworden, unseres Willens, den Terrorismus zu beseitigten … und als Gemeinschaft freier Bürger in unserem Land zu leben, sowie zum Gesicht unserer Entschlossenheit weiter zu lernen und zu lehren, frei zu sein. Und das werden wir tun, Lehrer

Macron, französischer Präsident

Ich frage mich jedenfalls, wie ein normaler Muslim [sic?], ganz egal wo er lebt, im Zusammenhang mit den unmenschlichen Mordtaten eines Glaubensbruders auf die Idee kommen, so auf die vollkommen nachvollziehbare Kritik des französischen Präsidenten zu reagieren. Also mit mehr Hass und völlig blödsinnigen Vorhaltungen?

Wer die hasserfüllte Mimik Erdogans im Fernsehen gesehen hat und seinen Ausführungen folgte, der dürfte nicht umhin können, von den EU-Regierungen hart und wirksame Maßnahmen gegen die Türkei zu fordern.

Jetzt hat Erdogan gegen Charlie Hebdo Klage eingereicht, weil die Satire-Zeitung eine Karikatur von Erdogan auf die Titelseite gesetzt hat. Die Türken schreien Blasphemie und werden vermutlich noch wütender. Aber das werden sie ja auf Knopfdruck. Fast so wie die Herde von SM-Nutzern weltweit.

Das beginnt schon einmal damit an, aus Solidarität die Botschafter aller EU-Länder aus Ankara abzuziehen. Außerdem sollte Deutschland endlich die Maßnahmen beschließen, und durchführen, die der Türkei wirklich weh tun. Dass den Türken bis zuletzt EU-Gelder überwiesen wurden, um ihren Beitritt in die EU “vorzubereiten” ist wohl auch an Lächerlichkeit nicht mehr zu überbieten. Und bitte, die restlichen 25% sollten jetzt endlich auch gestrichen werden!

Intelligenz ist eben nicht alles

Mir ist es ziemlich egal, ob Friedrich Merz CDU-Vorsitzender wird. Politisch würde die Personalie spannende Auswirkungen haben. Für Streit wäre gesorgt. Die SPD könnte davon am Ende noch profitieren.(⊙_⊙;)

Wie er sich gestern aufgeführt hat, hat mir jedenfalls abschließend klar gemacht, dass so einer nicht Bundeskanzler werden darf. Einen, der so unbeherrscht eigengestrickte Verschwörungstheorien in die Welt hinausbläst, brauchen wir echt nicht! Von der Sorte haben wir schon genug in Deutschland. Das haben wir spätestens in der aktuellen Krise gelernt.

Weil Friedrich Merz die Umfragen deutlich anführt, hätte er sich in dieser Phase der Corona-Pandemie in Zurückhaltung hätte üben könnten. Nur – das kam ihm nicht in den Sinn.

Selbstverständlich hat das damit zu tun, dass ihm die Idee vom Kanzleramt schon länger feuchte Träume bereitet hat. Jedenfalls hat diese Idee ihn so konditioniert, dass er sich nach der Entscheidung des Parteivorstandes wie ein beleidigtes Kind aufführte. Je nachdem, wie lange sich die Verschiebung insgesamt hinzieht, könnte das seine Aussichten aufs Kanzleramt deutlich schmälern.

Merz’ Benehmen war lächerlich, und es war nun wirklich sofort für jeden erkennbar, dass der Mann im Amt des Kanzlers gar nicht geht.

So ein Staatsmann hätte uns noch gefehlt! Dann schon lieber Söder.

Der Söder macht das Rennen sowieso. Ich denke auch, er kennt die Knöpfe, die er drücken muss, um Friedrich Merz wie einen Deppen aussehen zu lassen.

Wenn der schon eine neuerliche Verschiebung des Parteitages nicht verkraftet, was soll das erst geben, wenn er mit Trump (Gott bewahre uns vor seiner Wiederwahl!) oder Leuten wie Erdogan und Putin zu tun bekäme? Und das bei dieser Verfassung der Bundeswehr. Geht gar nicht!

Kann uns die Demokratie verloren gehen?

Die USA sind heute nicht mehr in der Lage sich auf eine Wirklichkeit zu einigen und deshalb sind sie auch nicht mehr in der Lage Probleme zu erkennen zu analysieren und zu handeln.

(Klaus Brinkbäumer, ehemaliger Spiegel-Chefredakteur, Autor des Buches:
«Im Wahn: Die amerikanische Katastrophe»)

Was glauben Sie, wie weit Deutschland von dieser traurigen Zustandsbeschreibung noch entfernt ist? Reden nicht viele auch bei uns gern von Polarisierung der Gesellschaft? Aber vielleicht ist das nur eine Übertreibung bezogen auf die USA, ein vor allem durch die erratische Politik Trumps hervorgerufenes Unwohlsein, das bei näherer Betrachtung nicht standhält?

Ich verstehe von dem, was in den USA geschieht zu wenig, um mir darüber ein Urteil erlauben zu können. Dass mich so mancher Bericht (nicht nur die ein bisschen übertrieben scheinenden von Elmar Theveßen) über die Vorgänge in den USA erschüttert hat, werden viele nachvollziehen können. Dass es in Europa und Deutschland viele Menschen gibt, die Trump und sein Wirken gut finden, überrascht und provoziert mich immer noch, obwohl ich mich inzwischen an verquere Sichtweisen gerade auch während der Corona-Pandemie gewöhnt habe.

Jetzt auch in Europa und Deutschland

Ich sehe gegenüber der amerikanischen Demokratie ein paar Vorteile in Deutschland, die trotz meiner begrenzten Kenntnisse über US-Verhältnisse ins Auge stechen. Da wäre zunächst einmal das Mehrparteiensystem, das auch nicht nur positive Seiten aufweist, das trotz der bei Republikanern und Demokraten existierenden breiten politischen Strömungen vielleicht weniger zu polarisierenden Effekten tendiert.

Ich finde es nicht gut, dass US-Präsidenten in der Regel aus Familien stammen, die nicht nur Einfluss, sondern auch wahnsinnig viel Geld besitzen. Man kann sagen, in den USA wird niemand Präsident, der nicht sehr reich und dessen Familie nicht über großen Einfluss verfügt. Vielleicht war Präsident Obama eine Ausnahme? In den letzten Jahrzehnten gibt es jedenfalls genug Beispiele, die meine Behauptung stützen können.

Dass Präsident Reagan mithilfe der Mafia ins Amt kam, ist nicht weniger erschütternd als manch andere Personalie. Dass Leute, die an der Spitze der Nahrungskette stehen, für normale Bürger wenig tun, klingt doch nur auf den ersten Blick nach boshafter Unterstellung eines Antikapitalisten. Warum konnte Trump Präsident werden? Doch nur deshalb, weil bestimmte Bevölkerungsgruppen in den USA von allen demokratischen Parteien seit Jahrzehnten grob vernachlässigt wurden.

Für solche Dramen ist das politische System in Deutschland nicht gemacht. Der Vorteil der auf zwei Amtsperioden begrenzten Präsidentschaften in den Vereinigten Staaten dagegen, fällt positiv ins Gewicht. Angela Merkel ist immer noch Bundeskanzlerin. Es gibt nicht wenige im Land – auch mit Einfluss – die sich sogar heute noch eine weitere Amtszeit Merkels vorstellen können. Ich fände es gut, wenn die Amtszeiten der deutschen Regierungschefs ebenfalls auf zwei Legislaturperioden begrenzt wären.

Nur zwei Legislaturperioden für Spitzenpersonal

Dass wir in den letzten Jahren beinahe durchgängig von einer Großen Koalition regiert wurden, ist nicht nur aus demokratietheoretischen Gründen ein Problem. Wir haben bei wichtigen Fragestellungen der letzten Jahre (Finanzkrise, Flüchtlingskrise, Pandemie) schmerzhafte Erfahrungen gemacht. Der Einfluss der Opposition und der Parlamente war zwischendurch sogar derart reduziert, dass man die Unterstützung der GroKo-Parteien brauchte, um die zahlenmäßige Unwucht etwas zu reduzieren. Wie schlecht das funktioniert, sehen wir am Verhalten der GroKo, wenn es um die Arbeit in Untersuchungsausschüssen geht – wenn diese denn überhaupt konstituiert wurden.

Wer geglaubt hat, dass die GroKo immer die richtigen Antworten geben wird und deshalb zum Wohle unseres Landes arbeiten würde, der dürfte inzwischen eines Besseren belehrt worden sein. Es ist, glaube ich, schon etwas daran, dass wir Bürgerinnen und Bürger in Deutschland ein bisschen zu viel darauf vertrauen, dass der Staat es schon richten wird.

Wir überdehnen den Sozialstaat, in dem wir immer mehr Geld hineinstecken, auf der anderen Seite aber nur wenig darauf achten, wie effizient das viele Geld wirkt. Es dauert oft endlos lange, bis auf Fehlentwicklungen reagiert wird. Inzwischen liegt die Größenordnung für den Sozialausgaben pro Jahr in Deutschland bei über einer Billion Euro! Diese Zahl stammt noch aus der Vor-Corona-Zeit! Jetzt scheint das Koordinatensystem (Schwarze Null) vollständig aufgehoben.

Das Land, in dem Milch und Honig fließen

Für die Maßnahmen der Regierung habe ich Verständnis, ich finde es mitunter jedoch befremdlich, mit welcher Selbstverständlichkeit und Anspruchshaltung manche Gruppen unserer Gesellschaft Forderungen an den Staat richten. Kann das auf Dauer funktionieren? Was passiert, wenn die hohe Verschuldung trotz des noch “billigen” Geldes dazu führt, dass Sozialleistungen massiv gekürzt werden?

Ich finde, von Roger Köppel (schweizerische Weltwoche) kommt gewöhnlich nicht allzu viel Kluges. Aber er hat den Vorteil der direkten Demokratie in einem Beitrag einmal sehr schön zusammengefasst.

Im Vergleich mit Ländern wie Frankreich oder Deutschland brauchte es keine starken Führungspersönlichkeiten (Macron, Kurz), die zuerst einmal in ihre jeweilige Position gebracht werden mussten, nachdem das stetige anschwellende Missfallen und Rumoren der Gesellschaft nicht mehr überhört werden konnte. In der Schweiz werden systembedingt politische und gesellschaftliche Wünsche nach Veränderungen behutsam und interessanterweise auch schneller nach vorn entwickelt.

Ein großer Vorteil der direkten gegenüber der parlamentarischen Demokratie · Horst Schulte

Etwas mehr von der Schweiz

Das ist mein Traum. Nicht die politischen Parteien würden nach ihrem Gusto regieren, sondern sie hielten sich daran, was der Souverän verlangt. Dass es in Deutschland anders ist und die Wahlen – auch ganz unabhängig von niedrigen oder hohen Wahlbeteiligungen – nicht wirklich viel bewirken, sollten wir an der Zusammensetzung unseres Parlaments erkennen. Damit meine ich nicht das Auftauchen der AfD, sondern die Zustände, die durch die GroKo fast zementiert wirken.

Finanzkrise

Auch wenn dieser Text einen anderen Schluss nahelegt, es ist nicht so, dass ich persönlich ein Problem mit Merkels Regierung hätte. Ich war für die Maßnahmen der Regierung während der Finanzkrise. Allerdings bin ich sehr enttäuscht davon, dass über Akutmaßnahmen hinaus, nichts von einer zukunftsweisenden Politik innerhalb der Eurogruppe und der EU insgesamt zu sehen ist. Deutschland spielt dabei keine gute Rolle. Man wollte mit den getroffenen Maßnahmen Zeit gewinnen. Die hat man bekommen, zielführende Lösungsmodelle jedoch nicht. So wird das irgendwann eintreten, was die mir sehr unliebsamen Kassandras der Szene seit Jahr und Tag an die Wand malen.

Energiepreise

Als Merkel die Energiewende mit dem Ausstieg aus der Kernenergie eingeleitet hat, gab es keinen politischen Widerstand. Man könnte behaupten, Merkel habe das Momentum für die Entscheidung genutzt. Die Umfragen waren nach Fukushima ja völlig eindeutig. Nur, dass sich daran kaum einer erinnern will.

Dass wir heute in Deutschland die höchsten Strompreise weltweit zahlen und die Regierungen manch anderer Länder die deutsche Entscheidung mit Kopfschütteln quittieren, interessiert den siegesgewissen Mainstream nicht.

Mit einer milliardenteuren Deckelung der EEG-Umlage hat die Bundesregierung deutlich höhere Strompreise im nächsten Jahr verhindert – dauerhaft spürbare Entlastungen für Verbraucher und Firmen aber sind nicht in Sicht.

Dauerhafte Entlastung bei Strompreis nicht in Sicht – Wirtschaft weltweit – Pforzheimer-Zeitung

Welche Implikationen mit dieser Tatsache verbunden sind, steht bei alldem nicht im Fokus. Es wird nicht darüber diskutiert, weil ja immer noch davon ausgegangen wird (sowas wie eine Staatsdoktrin), dass Deutschland als Vorbild bei den erneuerbaren Energien gilt.

Wie die Chinesen und Inder mit ihren Kohlekraftwerken, die schon allein deshalb nicht stillgelegt werden, weil in dieser Industrie Millionen von Menschen ihren Lebensunterhalt verdienen.

Flüchtlingskrise

Auch in der Flüchtlingskrise bilden wir uns ein, Vorbild sein zu müssen. Ich bin ganz ehrlich. Ich hätte alle Flüchtlinge von Moria aufgenommen. Ich halte diese Hilfe für unsere Pflicht als Menschen. Mein Wille scheitert aber schon am Widerstand meiner Frau. Sie sagt: “Wir können nicht alle aufnehmen”. Was soll ich darauf erwidern? Wir hätten es bei den 15.000 bewenden lassen und uns dann geweigert, Flüchtlinge – sagen wir von Samos – aufzunehmen? So ist das mit meinem gutmenschlichen Gehabe. Einerseits würde ich (das ist mein Ernst) jedem Menschen in Not helfen, andererseits gibt es viele – nicht nur gute – Argumente gegen meine Haltung.

Das wäre auch ein klarer Fall für die direkte Demokratie. Einem Votum würde ich mich unterwerfen. Aber dazu kommt es nicht, weil wir mit unseren etwas über 82 Millionen Einwohnern dafür angeblich ja nicht gestrickt sind. Ein paar andere ernstzunehmende Gründe gegen direkte Demokratie gibt’s sicher. Selbst dann, wenn sie von der falschen Seite kommen.

Corona

Während der Pandemiebekämpfung erwarb sich unsere Regierung einen guten Ruf. Inzwischen scheinen doch leider viele eine Möglichkeit für sich entdeckt zu haben, sich durch Fundamentalopposition ins “rechte Licht” zu rücken. Zum Glück gibt es Meinungsumfragen. Sie zeigen ein immer noch überraschend klares Bild, das die Maßnahmen der Regierung insgesamt trägt. Vielen scheint die Striktheit der Maßnahmen sogar noch nicht weit genug zu gehen. Vielleicht ist das typisch für eine Gesellschaft mit hohem Durchschnittsalter? In anderen europäischen Ländern (Frankreich, Italien und Spanien) ist das scheinbar auch so.

Es gibt die Ebene der Politik und die des Volkes. Oppositionsparteien und regional Zuständige offenbaren in diesen Zeiten nicht unbedingt Geschlossenheit.

Premier Johnson glaubt übrigens, dass die Corona-Lage in seinem Land deshalb so unterschiedlich im Vergleich zu anderen europäischen Staaten wäre, weil die Briten besonders freiheitsliebend seien. Wahr ist, dass in Großbritannien sehr unterschiedliche Maßnahmen gegen Corona praktiziert werden. Die Londoner Zentralregierung hat in vielen Regionen des Landes keinen Einfluss mehr. Auch in Spanien versuchen konservative Parteien der linken Regierung am Zeug zu flicken – allerdings ziemlich erfolglos.

Eine alternde Bevölkerung im Land bedeutet nicht, dass sie weniger kritisch im Umgang mit den Anti-Corona-Maßnahmen wäre, sie ist nur definitiv umsichtiger und vorsichtiger. Der ältere Teil der Bevölkerung steht den Maßnahmen ihrer Regierung eher positiv gegenüber, während viele jüngere Leute eher kritisch dazu stehen. Daraus abzuleiten, dass die einen Ja-Sager oder die anderen unverantwortliche Idioten wären, spiegelt leider ein typisches Beispiel für unsere Zeit.

Austausch von Meinungen, freie Meinungsäußerung

Die Demokratie lebt vom Austausch unterschiedlichen Meinungen, von der Balance zwischen Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkeit. Vor allem aber lebt sie von Demokraten. Nun könnte man fragen, ob die Leute, die sich so für die “strengen” Maßnahmen der Regierung im Kampf gegen die Ausbreitung der Pandemie ins Zeug legen, Demokraten sind. Ich meine, angesichts der staatlichen Eingriffe könnte man auf die Idee kommen, dass vielen dieser Leute ihre persönliche Sicherheit weitaus wichtig ist als ein paar demokratische Grundrechte. Ich denke, sie alle handeln auf der Basis eines großen Verantwortungsgefühls.

Es sind viele, zuletzt über 30%, denen die Maßnahmen der Regierung noch nicht weit genug gehen. Vielleicht nimmt angesichts der zweiten Welle die Zahl derer ab, die weiter gegen die Maßnahmen sind und die deshalb das Gegenteil fordern. Nämlich, dass sich der Staat gefälligst nicht in dieser bevormundenden Art und Weise einmischen soll. Wenn man den Umfragen glaubt, kann die Zahl derer, die eher für Freiheit und gegen staatliche Fürsorge sind, nicht so groß sein. Aber die sagen was ganz anderes.

Dass viele Juristen sich zur Sache kritisch äußern, also zum Beispiel sagen, dass die “Regelungen” des Infektionsschutzgesetzes unzureichend sind, hilft all denen aufs Pferd, die aus dieser Krise ihre ideologischen Vorteile ziehen wollen. Der Frage, ob wir Bürgerinnen und Bürger dem Staat gegenüber “Gefolgsamkeit” schuldig sind, lässt sich höchstens mit Umfragen begegnen. Außerdem haben der Staat und seine Vertreter, unterstützt durch viele Sachverständige eine Lage erzeugt, über die sich trefflich streiten lässt. Der Historiker, Professor Nolte, sagt zum Beispiel:

Das Verhältnis zwischen Bedrohung, Angst und dem Sicherheitsversprechen des Staates ist heikel. Vor allem dann, wenn die Bedrohungsdiagnose auch politisch befördert wird.

Corona-Krise: Gefahr für die Demokratie? Interview mit Historiker Paul Nolte | Politik

Da hat er sicher einen Punkt. Im Interview erwähnt Nolte mit keinem Wort die Tatsache, dass überall auf der Welt ähnliche Verhältnisse gelten – jedenfalls in den demokratisch verfassten Staaten. Aber das scheint für Juristen und Historiker offenbar bedeutungslos. Auch die Ärzte, die Gegenpositionen einnehmen – wie zuletzt der Ärztepräsident höchst selbst – scheinen sich an einem Spezialwissen zu orientieren, das dem Otto-Normalbürger nicht zur Verfügung steht. Oft ist es allerdings so, dass sich alle Empfehlungen darauf beschränken, alle Maßnahmen der Regierung einfach fallen zu lassen. Das mag jeder bewerten wie sie oder er möchte. Für mich ist dieses Meckern ohne Alternativen zu nennen, einfach bloß daneben!

Asoziale Medien verändern die Demokratie

All diese Herausforderungen finden in einer Umgebung statt, die sich durch die brutale Wettbewerbssituation zwischen herkömmlichen und digitalen Medien stark verändert hat.

Entweder werden wie in den USA, Ungarn, Polen und der Türkei Demagogen ins Amt gewählt, die die Rechte von Minderheiten mit Füßen treten, oder eine Regierung verschanzt sich, freiheitliche Rechte garantierend, hinter technokratischen Entscheidungen – und verliert wie in Deutschland, Großbritannien und Frankreich zunehmend an Volksnähe.

Yascha Mounk, deutsch-amerikanischer Politologe

Politische und gesellschaftliche Gewissheiten zerbröseln. Das fördern die asozialen Netzwerke nach Kräften.

Facebook nutzt die Profilbildung, um sie als Instrument zur Steuerung von Meinung seiner Nutzer zu nutzen.

Dem Wahlkampfteam von Donald Trump standen 2016 bis zu 60.000 Datensätze pro Wähler (Quelle: Julius van de Laar, Strategieberater) zur Verfügung. Bei Obama waren es 2012 ca. 20.000 Datensätze je Wähler. Mit solchen Datenmengen lassen sich in der Vorbereitung zu Wahlen sicher einige Dinge über die potenzielle Wähler herausfiltern und für erfolgreiche Kampagnen zu nutzen. ¯\_(ツ)_/¯

Wir wissen darüber inzwischen genug, um die Gefahren richtig abschätzen zu können. Konsequenzen aus diesem Wissen ziehen wir aber nicht. Es ist den meisten egal, wie der manipulative Charakter der SN-Systeme auf die Demokratie wirkt. Das ist ein krasser und unlösbarer Widerspruch zu der Diskussion um den Datenschutz bei der Corona-Warn-App.

Das Politiker versuchen, der Entwicklung durch die Bekämpfung von Symptomen (Hass) Einhalt zu gebieten, ist rührend. Leider kann das aus meiner Sicht schon allein deshalb nicht gelingen, weil die Zahl der Nutzer und damit automatisch auch derjenigen, die diesen Hass predigen, schlicht und einfach zu hoch ist. Bei solchen Zahlen, mit denen wir es in den asozialen Medien zu tun haben, finden sich keine adäquaten Mitteln, um das Phänomen wirksam zu bekämpfen. Diesen Kampf wahlweise dem asozialen Netzwerk oder dem Staat zu überlassen ist wahnwitzig und ist aussichtslos. Es besteht längst die Gewissheit, dass die Technik definitiv zur Beeinflussung demokratischer Prozesse genutzt werden.

Auch dann, wenn es Radikalen in den genutzten asozialen Netzwerken zu viel Restriktionen werden sollten, haben sie natürlich Ausweichmöglichkeiten. Auch dann, wenn die Reichweite vorerst geringer ist als in Netzwerken wie Twitter und Facebook sind die unbotmäßigen, menschenverachtenden Botschaften unbehelligt dort zu platzieren. Die Betreiber schert das einen feuchten Kehricht. Sie entfalten auch bei Telegram, Tik Tok oder wie sie alle heißen mögen ihre unheilvolle Wirkung.

Neben den Problembereichen, die ich hier aufgelistet und aus meiner Sicht kommentiert habe, gibt es eine Vielzahl weiterer Dinge, die die Menschen im Land sehr unterschiedlich sehen und bewerten. Vielleicht ist es so, dass allein die Menge von Herausforderungen mit ihren daraus entstehenden Unsicherheiten dazu führt, dass wir ganz anders darüber diskutieren als das früher ™ der Fall gewesen ist. Wir sind unduldsam und hören uns gegenseitig nicht mehr in dem Maße zu, wie es in einem Diskurs vonnöten wäre.

Poltische Magazine erklären nicht, vorzugsweise prangern sie an

Eine Voraussetzung dafür, dass die Gesellschaft wieder zusammenrückt, wäre zum einen die Reduktion einer immer nur wachsenden Komplexität. Das sagt sich so leicht. Außerdem könnte man mir vorhalten, dass die dabei irrtümlich davon ausgehe, dass viele Menschen Ursachen und Zusammenhänge der vielen Probleme nicht verstehen würden. Ist es so anmaßend, das zu behaupten? Oder trifft es nicht einen wichtigen Punkt?

Nehmen wir das Beispiel Klimawandel. In Bedburg Rhein-Erft-Kreis gibt es für die Grünen keine Schnitte zu gewinnen. Der Grund ist vielleicht der, dass die Partei sich nicht an Beschlüsse voriger Regierungen gebunden fühlte und sich aus opportunistisch wirkenden Gründen auf die Seite von Friday for Future schlug. Wir sehen, dass direkte Betroffenheit von politischen Maßnahmen Rückwirkungen aufs Wählerverhalten haben kann. In den vom Kohleausstieg betroffenen Gebieten in Ost-Deutschland (Lausitz) ist dieser Zusammenhang noch viel deutlicher.

Mainstream ist das Leid der anderen

Bei den Kommunalwahlen lagen die Ergebnisse der Grünen zwischen 5 und 8%. Die Zahlen sind auch, aber nicht allein, damit zu begründen, dass die Grünen es im Osten grundsätzlich schwerer hätten als hier im Westen.

Es gibt den Zusammenhang zwischen dem Wahlverhalten der Menschen in den betroffenen Regionen und der Politik der Grünen. Es ist klar, dass das auch genauso sein sollte. So funktioniert Demokratie. Da die Arbeitsplatzverluste in den Regionen nicht überall gleichermaßen wirken, sind die Ergebnisse der Grünen in umliegenden Gebieten oft viel besser.

Grüne

Die Grünen stehen mit ihrem Thema im Licht, also in der Gunst der Zuschauer. Vielleicht ist das so, weil sie es verstanden haben. Die Volksparteien (angeblich ja ein Auslaufmodell) haben es von jeher als ihre Aufgabe gesehen, die großen gesellschaftlichen Themen unseres Landes “abzudecken”. Inzwischen sind diese Themen aber so komplex und undurchdringlich geworden, dass selbst Bundestagsabgeordnete zugeben, dass sie nicht wissen, worüber sie eigentlich abgestimmt haben. Die Grünen haben sich nicht verzettelt. Sie bearbeiten vor allem Umweltthemen. Wie weit das allerdings trägt, bleibt abzuwarten. Spätestens, wenn sie als Teil der nächsten Bundesregierung Verantwortung tragen, wird sich zeigen, wie es um ihre Substanz bestellt ist.

Veränderungen wecken Skepsis

Die Angst um Arbeitsplätze allein ist es jedoch nicht, die die Polarisierung auch bei diesem Themenfeld so stark antreibt. Die Stimmen derjenigen werden lauter, die die Energiewende insgesamt für eine grundfalsche Entscheidung halten. Wir erleben, wie sich die Energiepreise entwickeln. Wir nehmen in Europa längst die Spitzenposition ein. Diejenigen, die in dem aus sicherheits- und klimapolitischen Gründen betriebenen Projekt ihre ideologische Basis haben (also vor allem die Grünen) nutzen die große Verunsicherung der Menschen in Sachen Klimawandel, um den kostenträchtigen Umbau, von dem nicht ausgemacht ist, welche Auswirkungen er auf lange Sicht für unsere wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit haben wird, durchzusetzen.

Da die Umfragen und Wahlergebnisse der Grünen beachtlich sind, ziehen andere Parteien nach, weil sie von diesem Trend profitieren wollen. Verfolgt man nun die Social-Media-Diskussionen, so bekommt man leicht den Eindruck, dass es mit dieser großen Zustimmung zum energiepolitischen Projekt der Grünen vielleicht doch nicht so weit her ist.

Ich bin gespannt, wie die deutsche Autoindustrie, deren Krise lange vor Corona begonnen hat, sich behaupten wird. Wer vermag wirklich zu sagen, welcher Teil diese Krise verursacht hat? Lag es am allgemeinen Schlechtreden der rückständigen deutschen Autoindustrie (vor allem in unseren Medien) oder dem hysterischen Vorwurf, dass der Umbau zu anderen Antriebsformen politisch nicht hinreichend gefördert wurde. Wer auch immer zu verantworten hat, dass wir vielleicht die rund 800.000 Arbeitsplätze plus x durch die Auswirkungen irgendwelcher Fehler ausgleichen müssen, der Änderungsprozess ist im Gange.

Stabil genug?

Ob sich die Politik in den umstrittenen Sektoren als falsch erweist oder nicht, ist für die Frage nach der Stabilität unserer Demokratie nicht so relevant. Wir wissen, wie unterschiedlich die Leute über die großen Linien der Politik denken. Wir neigen nicht wirklich dazu, unseren Standpunkte durch das Wirkenlassen anderer Argumente zu ändern. Wir streiten uns auf allen Social-Netzwerk-Kanälen; ich wünschte, es gäbe noch den Disput am Stammtisch. Der war oft nicht weniger boshaft, dafür aber weitaus geringerer Durchschlagskraft. Akute Anfälle individueller Dummheit blieben gewissermaßen isoliert.

Für sich genommen werden die unterschiedlichen Sichtweisen und die reaktiven Wirkungen des Staates oder seiner Institutionen, egal wie restriktiv sie unter den jeweiligen zeitlichen Gegebenheiten auch sein mögen, nicht so wirken, dass die Demokratie ins Wanken gerät. Aber machen wir uns nichts vor: Sie gehören zu den Elementen, die das Klima zwischen den am Diskurs beteiligten Gruppen nachhaltig negativ beeinflussen.

Ich behaupte, eine Demokratie bedingt einen funktionierenden Sozialstaat.

Wer kann beweisen, ob die USA deshalb keine Demokratie ist, nur weil dort ein Sozialstaat in unserem Sinne NICHT existiert? Viele europäische Länder haben einen Sozialstaat. Dass diese Sozialstaaten sehr unterschiedlich ausgeprägt sind und wirken, liegt wohl vor allem daran, wie die jeweiligen Bevölkerungen ihn begreifen. Bürger in anderen europäischen Staaten mögen staatliche Bevormundung nicht. Allein dieser Tatsache werden die Unterschiede geschuldet sein.

Ich habe Schweden immer als besonders sozialstaatlich organisiertes Land wahrgenommen. Während der Corona-Krise habe ich gelesen, dass dort über 80jährige keine Chance mehr haben, im Notfall auf die Intensivstation zu kommen. In Großbritannien werden Menschen über 65 keine neue Hüfte mehr bekommen. Dort wird über diese Besonderheiten überhaupt nicht diskutiert. Die Bevölkerung betrachtet die bestehenden Regeln als völlig normal. Was bei uns in Deutschland los ist, wenn etwas in dieser Art auch nur angesprochen wurde, haben Philipp Mißfelder oder Boris Palmer erlebt.

Mit Druck und Haltung andere Meinungen unterdrücken

Wenn davon gesprochen wird, dass die Basis unserer Demokratie erodiert, weil große Gruppen unserer Gesellschaft nicht mehr miteinander diskutieren wollen, stößt man aktuell auf den Begriff “Cancel Culture”. Spätestens an diesem Punkte sollten alle hellhörig geworden sein. Dass vor allem Rechte sich darüber beklagen, heißt nicht zwangsläufig, dass der Vorwurf als solcher unberechtigt ist. Ich werde die Beispiele der letzten Zeit nicht aufführen. Aber es sind zu viele davon, als dass man dieses Phänomen einfach ignorieren oder bestreiten sollte. Grüne und Linke tun das aber.

Sie anerkennen nicht, dass – egal wer – für seine Äußerungen in Wort oder Bild nicht aus dem öffentlichen Angebot entfernt werden darf. Jedenfalls dann nicht, wenn man sich selbst als Demokrat bezeichnet. Mich erinnern die Maßnahmen (über den Streit sind wir schon hinaus) an die Bücherverbrennungen im dritten Reich. Nur, dass dieses Sakrileg in unseren Zeiten nicht von der SA exekutiert wird, sondern von virtuellen Trupps in den sozialen Netzwerken. Und zwar, das kann ich mir nicht verkneifen, meistens von denen, von denen ich es am wenigsten erwartet hatte. Von Linken!

Ich möchte wetten, dass es die gleichen Leute sind, die damals unter lautstarken “Je suis Charlie”-Rufen die Solidarität mit Charlie Hebdo bekundet haben, nun unliebsame Bücher mit gewissen Tendenzen zu unterdrücken suchen. Das ist indiskutabel!

All diese Scharmützel stecken wir weg. Aber, wie ich schon schrieb, die Entwicklung unserer Diskursverhinderungskultur kann ein Klima bereiten, das keiner von uns wollen kann.

Wenn es in Deutschland aufgrund von Corona und der wachsenden Digitalisierung zu Massenarbeitslosigkeit kommt, dürfte eine intakte Diskussionskultur von größtem Nutzen sein. Wenn die Sozialsysteme (Arbeitslosengeld, Hartz IV, Renten) kollabieren, weil nicht mehr genügend Menschen sozialversicherungspflichtiger Arbeit nachgehen, ist der Weg für Feinde der Demokratie frei. In diesem Fall werden uns auch all die furchtbaren Erfahrungen unserer Vorfahren nicht mehr davor schützen und die Institutionen (Verfassung, EU), in die wir (teilweise) heute unser Vertrauen setzen, werden es ebenfalls nicht richten.

Böswillig und unbegründet

An die Hochzeitsgesellschaften, die unsere Autobahnen nach Belieben blockieren und dabei gern auch schon mal ein Schießeisen benutzen, haben wir uns fast gewöhnt. Gerade in dieser Woche war es wieder so weit.

Einfluss auf den Lehrplan?

Davon, dass es in unseren Schulen nicht ganz ungefährlich zugeht, lesen wir wir ab und an was oder bekommen sogar vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen ganze Dokus geboten, die die Lage an unseren Schulen verdeutlichen sollte. Passiert ist dennoch nichts.

Nach dem grausamen Mord an einem französischen Lehrer traut sich der Lehrerverband in Deutschland auch mal ein Wort zu sagen. Dass wir von Menschen mit Migrationshintergrund sozusagen mit unserer Corona-Solidarität im Regen stehen gelassen werden, weil sie sich einen Scheiß um unsere Regeln kümmern, mussten wir in den letzten Wochen durch das Verhalten bei Hochzeitsfeierlichkeiten erfahren. Ein zwar sympathischer Anlass, der uns in seiner speziellen Ausprägung jedoch einigermaßen fremd blieb.

Wie solche Events einer natürlich auch nicht homogenen Community in unserer Öffentlichkeit aufgenommen werden, zeugt ein Beitrag des WDR. Tenor war wie so oft: wir können den Türken doch nicht verbieten, ihre Traditionen auszuleben.

Was mich zu der Behauptung treibt, dass wir uns nicht trauen, im Sinne unserer ureigensten Interessen, für uns selbst einzutreten. Und zwar vor allem deshalb, weil wir für den linken Mainstream ja dann als ausländerfeindlich gelten würden. Nein, ich finde nicht, dass das übertrieben wäre.

Die, die das kritisch finden, finden sich nicht bloß im Lager der politischen Extreme. Aber es ist zu offensichtlich, dass wir uns den Einsichten, die wir längst gewonnen haben sollten, nicht in nachhaltiger Art und Weise stellen. Wir geben uns lieber weiterhin unserer Gleichgültigkeit hin und wundern uns später. Wir zeigen uns irgendwann vielleicht zerknirscht darüber, dass so vieles aus dem Ruder gelaufen ist. In Frankreich ist es viel schlimmer. Dort hat man diesen Punkt längst erreicht und scheinbar sieht man langsam ein, dass es so nicht weitergeht. Und Marine Le Pen freut sich derweil, weil diese Entwicklung ihr und dem Rassemblement National dies in die Hände spielt.

Ihr könnt mir gar nix

Ich denke, es wird unter den hier wohnenden Türken viele geben, die die Anordnungen deutscher Behörden befolgen. Schließlich wird die Normalverteilung derer, denen zum Beispiel die Corona-Nachrichten ein Unbehagen bereiten, in der türkischen Community nicht anders aussehen. Dabei setze ich voraus, dass unsere Nachrichten überhaupt sehen.

Es ist schwer zu glauben, dass vor allem die Erdogan-Propaganda bei den Deutschtürken gut verfängt. Und zwar hauptsächlich deshalb, weil diese hauptsächlich türkisches Fernsehen schauen, türkische Zeitungen lesen oder türkische Online-Medien nutzen. So viel zum Thema Integration im Jahre 2020. Ich habe hier bewusst die größte migrantische Community herausgepickt. Ob vor allem die Migranten aus muslimischen Ländern in ihrer Einstellung zu Staatsmacht soviel anders ticken, weiß ich nicht. Da machen sich die kulturellen Unterschiede eben auch bemerkbar und zwar (aus unserer Sicht) eben nicht positiv.

Mich wundert, dass das alles so vergleichsweise still vonstatten geht, obwohl der Ärger (Hamm ist kein Einzelfall) angesichts der angespannten Lage wegen Corona doch mit Händen zu greifen ist. Vielleicht kommt da auch zugute, dass mir die asozialen Medien nicht mehr als Quell der Freude zur Verfügung stehen.

Dass die deutschtürkische Staatssekretärin Serap Güler klarstellt, dass die hohen Infektionszahlen kein Migrantenproblem seien, war wohl unvermeidlich. Wenn auch nur ein Hauch von Kritik an Migranten, egal welcher Herkunft, geäußert wird, wird dem unverzüglich ein Riegel vorgeschoben. Das gehört sich nämlich nicht.

Polizeischutz

Dass wir seit Jahren vor jüdischen Einrichtungen Polizeischutz aufbieten müssen, weil diese Einrichtungen durch deutsche Rechtsextreme bedroht werden, gehört zu den schrecklichen Wahrheiten unseres Landes. Wenn jüdische Menschen die Entwicklung kritisieren, werden sie für ihre angebliche “Opferanspruchsideologie” attackiert. Daran merkt man wie die Saat (Fliegenschiss) der AfD (Gauland) aufgeht.

Es wäre wichtig, klarzustellen, welche Rolle die stark gewachsene Anzahl von Muslimen seit 2015 in Deutschland in diesem Zusammenhang spielt. Dies aber passiert kaum. Jeder bekommt gleich eins auf die Mütze, wer dieses Fass aufmacht.

Es reicht nicht, nur in Richtung der Nazis zu schauen, denn Muslime spielen leider bei der wachsenden Bedrohung für jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger eine Rolle. Und bitte, jetzt komme mir keiner mit den üblichen Binse, dass es im Nahen Osten nun einmal üblich sei, auf die Juden böse zu sein — oder so ähnlich. Wie war das mit den kulturellen Eigenarten bestimmter Völker?

Clans herrschen nach ihrem Gusto

Was viele Linke und Grüne nicht wahrhaben wollen, ist, dass wir immer stärker aufbrechende strukturelle Probleme im Land haben, derer wir nicht mehr so leicht Herr werden. Diesen rechne ich übrigens natürlich auch die zunehmend sichtbare finanzielle Überforderung unseres Landes hinzu. Nicht auszudenken, was hier los sein wird, wenn die nicht mehr gegebenen Spielräume so offensichtlich werden, dass Kürzungen in allen Sozialetats unausweichlich werden. Man möchte dann kein Politiker sein!

Herr Reul, Innenminister in NRW, kann davon ein Lied singen, wie arabische Clans in den letzten Jahrzehnten im Land kriminelle Imperien errichtet haben. Sie schließen tausende von Personen ein Dass er sich endlich erkennbar – nicht nur mit Worten – darum bemüht, dagegen anzukämpfen und das Gesicht eines wehrhaften Staates zu zeigen, war lange überfällig.

Es ist wohl so, dass die verfahrene Entwicklung auch staatlichen Versäumnissen anzulasten sind. Nicht zuletzt wir (das gesamte Volk) war nicht bereit sich umeinander zu kümmern. Insofern behaupte ich, wir alle haben uns um die Menschen seit sie zu uns kamen, nie so gekümmert, wie es für eine gelungene Integration erforderlich gewesen wäre.

Allein von der Alimentierung des Staates lebt es sich nicht. Berufliche Perspektiven waren vielen verbaut, so dass sich kriminelle Perspektiven geradezu aufdrängten. Dass viele sich in unserem Staat mit diesem Hintergrund eingerichtet haben und sich von unseren dafür zuständigen Instanzen nichts sagen lassen, ist insofern selbst verschuldet.

Respekt und Ehre als egoistisches Konzept

In muslimischen Kreisen wird viel von Ehre und von Respekt geredet. Merkwürdig, ja provozierend, finde ich, dass das für die eigene Klientel zu gelten scheint, nicht jedoch für deutsche Mitbürgerinnen und Mitbürger. Und schon gar nicht für diejenigen, die für uns alle einen schweren Job machen – die Polizistinnen und Polizisten überall im Land.

Dass sich viele Migranten als wenig integrationswillig erweisen, erleben wir verstärkt in diesen Zeiten.

Ja mehr noch, sie demonstrieren durch ihr Verhalten, dass sie vor unseren Gesetzen und von denjenigen, die sie repräsentieren, keine Achtung und schon gar keinen Respekt haben. Die Gesetze Allahs stehen an erster Stelle, gefolgt von ein paar Dosen Erdogan. Und dann erst – vielleicht – folgt die deutschen Gesellschaft, der viele sich aus kaum nachvollziehbaren Gründen gar nicht zurechnen lassen will. Diese Gesellschaft hat sich aus meiner Sicht viel zu lange zu nachsichtig gezeigt und war, was all diese Menschen anlangt, zu wenig interessiert. Was wir bei unserer gegenseitigen Ignoranz allerdings kaum bedacht haben dürften, ist, dass man so keinen Staat machen kann.

Corona: Wer übernimmt das Ruder?

Dass Jens Spahn positiv auf Corona getestet wurde, soll ein besonderes Zeichen sein. Ganz nach dem Motto: Jetzt seht ihr, dass auch Vertreter der Regierung, Quatsch!: sogar der höchste Seuchenbekämpfer der Nation vom Virus erwischt wurde. Davon – so Medienvertreter und Offizielle – soll ein Signal ausgehen.

Glaubt einer, auch nur einer von den Leuten, die ganz “genau” wissen, dass das Virus gar nicht existiert, lässt sich von Spahns Infektion beeindrucken? Wenn sie’s mit ihrer Sicht auf die Dinge ehrlich meinen, dürften sie nicht mal mit dem Auge zucken, sondern ohne Unterlass auch weiterhin ihre Meinung in die Welt hinausposaunen und die anderen nerven — und gefährden!

Ob die Regierung schon mit Trumps Ärzten telefoniert hat? Remdesivir sollte ja kein Problem sein, aber eine Antikörper-Behandlung wird vermutlich von US-Gnaden abhängen. So unter Kollegen sollte das selbst in dieser Phase des US-Wahlkampfes doch hoffentlich kein Problem sein!

Heute spielt für unsere Medien eine magische Zahl fast die größere Rolle. In Spanien wurde die Millionen-Marke geknackt. Inzwischen weisen die Statistiken sogar schon 1.046.000 Infizierte aus. Was in keiner Meldung dazu erwähnt wurde, ist, dass diese Zahl natürlich nicht in den letzten Wochen (2. Welle) aufgelaufen ist, sondern dass es sich um die Gesamtzahl der Infizierten seit Beginn der Pandemie handelt. Ich finde das nicht ok, weil viele Leute das vermutlich nicht gleich realisieren werden. Aber das ist wieder so ein Fakt, der immer wieder zu bösen Diskussionen führt. Für die einen sind diese Unzulänglichkeiten in den Berichten über Corona schlicht ein Ärgernis, für andere grenzen solche auf Wirkung getrimmten Meldungen der Medien (vor allem der Deutschen?) wie ein Dorn im eigenen Fleisch. Das kann ich verstehen, unsere Medien verstehe ich allerdings längst nicht mehr!

Neben den abendlichen Nachrichten (WDR Aktuell, Heute, Heute Journal – manchmal alle, manchmal nur eine dieser Sendungen) lese ich über den Status der Pandemie viel im Internet. Was einem dort begegnet an Gegenpositionen, Lügen und dümmlichen Behauptungen, macht mich allerdings noch nervöser als die ja wirklich total übertriebenen Medienberichte. Claus Kleber hatte gestern oder vorgestern einen Auftritt, der – nun ja – echt schon Karl-Lauterbach – Niveau erreichte. Und das will doch etwas heißen. Ja – und dennoch. Wie es im Moment ausschaut, hatte der Professor mit seinen Warnungen schlicht und einfach Recht. Von Prof. Drosten hört man in Talkshows gar nichts mehr. Er dürfte von unserer Öffentlichkeit – vor allem von unseren Medien – den Hals wohl gestrichen voll haben. Zum Glück nimmt Lauterbach seine Rolle als Warner, als Kassandra, für die vielen Verunsicherten in unserer Bevölkerung wahr. Über all das geriet der andere Virenexperte, Streeck sein Name, zum Medienstar. Ich glaube, er hat wohl nicht ein Angebot ausgeschlagen, wenn es um öffentliche Auftritte ging.

Kein absichtliches Husten ins Gesicht von Polizeibeamten?

Dass viele Politiker in dieser Krise ihre Chance sehen, persönliche Profilierung zu betreiben und damit einhergehend Kritik an den Entscheidungen der Regierung üben, ist in meinen Augen ekelhaft. Vor allem, weil es den Aufgaben, die Politiker in diesen schweren Zeiten hätten, überhaupt nicht gerecht wird. Seltsames Demokratieverständnis, nicht wahr?!

Tja, andere mögen dies für ihr gutes Recht halten und in diesem Kontext demokratische Spielregeln für ihre Positionen reklamieren.

Aber in diesem Stadium der Pandemie wäre aus meiner Sicht vor allem so etwas wie Verantwortungsbewusstsein mehr als angemessen.

Ob Wolfgang Kubicki als Bundestagsvize, AfD-Brandner oder die Grünen Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Katrin Göring-Eckart, sie alle haben die Patentrezepte.

Dass Deutschland in dieser Pandemie falsch aufgestellt sei, sagen alle Oppositionsparteien. Sie alle erbringen, notfalls ungefragt, ihre Beiträge zur allgemeinen Kakophonie. Dabei wäre es genau das, was wir gerade nicht brauchen. Stattdessen sollten alle verantwortungsbewussten Parteien in dieser Phase an einem Strang ziehen und die Maßnahmen der Regierung weiterhin unterstützen. Der Tag einer “Abrechnung” wird schon irgendwann kommen.

Was uns bevorsteht, wenn bald die Grünen in eine Regierung mit der Union eintreten, wird durch Aussagen deutlich, die Göring-Eckhardt heute im “Berlin direkt” getätigt hat. Oh, mein Gott…

Ob ein Pandemierat oder die Einbeziehung der Parlamente an der “Akzeptanz der Bevölkerung” etwas an der momentanen Lage geändert hätten? Gäbe es zum Beispiel die Arschlöcher nicht, die sich einen Dreck um Befindlichkeiten anderer Menschen scheren und Polizisten, die ihre Arbeit machen, frech ins Gesicht husten und spucken?

Es wäre doch eine lohnende Aufgabe für so vernunftbegabte Verantwortungsträger wie Frau Göring-Eckardt, solchen Menschen im direkten Kontakt zu begegnen und ihnen Manieren beizubringen. Vielleicht könnte sie sich zuvor vom gerade konstituierten Pandemierat erfolgversprechende Maßnahmen vorschlagen lassen? Die Damen und Herren Querdenker und ihre Gesinnungsgenossen werden gewiss volles Verständnis für ihr Ansinnen aufbringen.

Frau Göring-Eckardt kritisierte auch, dass die paar zehntausend Schulen im Bundesgebiet in der Zeit von Mai bis jetzt noch nicht mit Lüftungsanlagen ausgestattet wurden. Das sagt sie in einem Land, in dem der Bau eines Flughafens länger als ein Jahrzehnt dauert. Von den Kosten gar nicht zu reden.

Juhu, die Angst ist weg

Nun lassen wir es so richtig krachen! Wollen wir es doch einfach mal drauf ankommen lassen. Das ist eine Devise, lebensbejahend. Für all diejenigen, die – lebensnah, aufgeschlossen und risikofreudig ihr Leben ganz unbehelligt von diesem blöden Virus leben wollen.

Es geht nicht nur um die belastende, freiheitsbeschränkende Maske, aktuell gehts viel mehr um die heißersehnte Reise in die Herbstferien. Raus aus diesem coronatriefenden Alltag.

Der Massentourismus muss endlich befreit werden von diesen durch Kinder initiierten Selbstvorwürfen. Das ist alles so schädlich für unser Verständnis von Freiheit und Abenteuer.


In den meisten Städten liegt der ersehnte Inzidenzwert endlich bei über 50. War ja sowieso nur ne Frage der Zeit. Jetzt wird sich erweisen, wie falsch all die Verantwortungsträger in Deutschland und fast überall auf der Welt lagen, als sie Hysterie und konsequenterweise existenzielle Not über uns brachten.

Was soll denn schon passieren? Warum sollten Beatmungsbetten ausgehen, wenn die Intensivstationen der Krankenhäuser doch heute krass unterfordert sind?

Das alles, nur um dem Anstieg schwer erkrankter Corona-Patienten aus dem vulnerablen Milieu, also weit, weit weg von den Unbesiegbaren, gerecht zu werden? Haben wir nicht sowieso ein Problem mit unserer total überalterten Gesellschaft?


Bald – vielleicht schon sehr bald – werden all die Schwätzer, die ständig und sehr lautstark Seit an Seit mit Nazis und Verschwörungstheoretikern der dümmsten Sorte, dafür plädiert haben, dass wir alle unsere Angst vergessen sollen, verstummen.

Was, wenn sich also erweist, dass die Mainstreammedien nicht (im Einklang mit der Politik) “ständig übertrieben” und die “Hysterie” angestachelt haben, sondern sich stattdessen redlich darum bemüht haben, uns alle vorsichtig und wach zu halten?

Wenn wir es bald schaffen werden, auch in Deutschland eine Übersterblichkeit zu generieren, werden all die Jubelperser einer dann nur noch fade schmeckenden Freiheit (vielleicht) endlich ihre Gosche halten.

Corona: Lockern oder verschärfen?

Die schrecklichste Sendung zu Corona, diesem medial ausgelutschtesten Thema aller Zeiten, lief gestern im WDR. “Markus Lanz” setzte einen persönlichen Erfahrungsbericht dagegen. Doch dazu später mehr.

Die starke Dominanz der Menschen (es waren 38 da, die – wie betont wurde – nicht vom WDR ausgesucht wurden), die die Maßnahmen der Regierung total lästig, völlig überflüssig und übertrieben, in Teilen verfassungswidrig und krankmachend für Kinder und Erwachsene finden, haben mich überrascht und ja – wirklich entsetzt und abgestoßen. So viel Dummheit und Ignoranz sind schwer zu ertragen. Meine Frau und ich sind jedenfalls dieser Meinung.

Maskenpflicht und mediale Übertreibung

Bei alldem, also dem Ärger der meisten, schien es vor allem um die Maskenpflicht zu gehen. Die Übertreibungen, die vor allem von den Medien zu verantworten wären, spielten ebenfalls häufig eine Rolle. Der Kritik an Letzterem könnte ich mich anschließen. Aber nicht in dieser Art und Weise!

Es waren zwei, drei Leute darunter, die sich nicht in die Reihe der massiven Kritiker stellten. Darunter ein Mediziner, der Chefarzt Pneumologie an der Köln Merheimer Lungenklinik, Prof. Dr. Wolfram Windisch, der sich mit allerlei Vorhaltungen auseinanderzusetzen hatte. Er blieb gelassen und sachbezogen. Eine Teilnehmerin erwiderte ihm beim Thema Maskenpflicht für Kinder, dass sie sich nicht vorstellen könne, dass er wirklich Vater sei und behauptete, dass er seine Meinung nur deshalb vertrete, weil er seinen Job nicht verlieren wolle. Dass die Frau während ihres Vortrages hysterisch wirkte und den Tränen nahe war, weil sie es, wie sie sagte, nicht mit ansehen könne, wie die Kinder unter den Masken leiden würden, sagt für mich einiges über die geistige Verfassung der Dame aus.

Ein Professor für Staatsrecht, dessen Name ich vergessen habe, stellte in den Raum, die Corona – Maßnahmen der Regierung seien zum Teil “verfassungswidrig“. Ein Satz wie ein Hammerschlag, auf den die Covidioten und AfD-Trolle nur zu gern Bezug nehmen werden.

Diese Sendung war aus meiner Sicht ein absoluter Graus.

Der Erkenntnisgewinn aus diesen 1 1/2 Stunden war gleich Null. Mitgenommen habe ich bloß die für mich überraschende Erkenntnis, wie groß die Zahl derer zu sein scheint, die in der Statistik offenbar nicht aufgegangen sind. Hiernach sollte doch die Zustimmung für die Maßnahmen der Regierung so überwältigend groß sein – und das auch, nachdem sie insgesamt, verglichen mit den Anfangszeiten der Epidemie, inzwischen etwas zurückgegangen ist.

Dass die meisten Teilnehmer der Sendung nicht aus den derzeit besonders von Neuinfektionen betroffenen Großstädten, sondern aus der ländlichen Region um Lindlar gekommen sein werden, ist zudem irritierend. Hier bei uns halten sich die Leute sehr strikt an die Vorgaben und die Meckerei hält sich doch in Grenzen.

Der WDR hat sich und der Bevölkerung mit dieser Art von Diskussion keinen Gefallen getan. Von sachlicher Diskussion über ein so wichtiges Thema kann jedenfalls keine Rede sein! Bettina Böttinger hat – ganz im Gegensatz zu ihrer Talkshow “Kölner Treff” – hier auch nicht gerade geglänzt.


Ganz anders: “Markus Lanz”

Gestern Abend stand bei Schultes ganz im Zeichen der Corona – Pandemie. Nach der WDR – Sendung haben wir uns “Maybrit Illner” angesehen. Auch diese Sendung war belanglos und blieb für uns ohne jeden Erkenntnisgewinn.

Dagegen war die Sendung “Markus Lanz” hochinteressant. Der Tagesspiegel-Journalist Dr. Joachim Huber war Mitte März schwer an Covid-19 erkrankt. Er befand sich 5 Wochen im Koma und hatte währenddessen Nierenversagen, eine Lungenembolie und einen Herzinfarkt. Der Mann hatte viel zu erzählen. Er schilderte diese dramatische Erfahrung ruhig und so abgeklärt, dass seine Geschichte ganz bestimmt zu den prägendsten Erfahrungsberichten zählt, von der ich im Zusammenhang mit dieser schrecklichen Erkrankung je gehört habe.

Der Teil der Sendung mit Sarah Wagenknecht und Thomas Middelhoff war übrigens ebenfalls interessant.

Donald Trump und die, die sich selbst als “Querdenker” bezeichnen, haben eine Covid-Behandlung gar nicht verdient!

So quer wie Trump denken ja viele. Es ist so, als würden die hiesigen Querdenker Anleihen bei diesem blonden Hünen machen. Von Trump lernen heißt Siegen lernen.

Ich bin sicher, dass die Corona-Leugner, Covidioten, Nazis, Demokratieverächter, Todesmasken-Feinde und Fencheltee-Trinker von Trumps triumphaler Rückkehr begeistert waren. Die monumentale Musik – ich hätte, schon wegen des Hubschraubers, Wagners Walküre für passender gehalten – wird diesen Leuten bestimmt gefallen haben. Pathetisches liegt nicht nur dem amerikanischen Präsidenten. Auch seine deutschen Bewunderer, von denen ich unter den Covidioten nicht wenige vermute, wissen total bescheuerte Auftritte zu schätzen. qed

Trump wusste, was Querdenker bestreiten

Es mag denkende Menschen verwirren, dass Trump im Interview mit Journalistenlegende Bob Woodward die Gefährlichkeit des Virus eingestanden hatte.

Den anderen, also denen, die sich selbst gern als Querdenker bezeichnen und in meinen Augen und denen der anderen als gefährliche, unverantwortliche Sektierer gelten, wird seine vorläufige “Auferstehung” Wasser auf die Mühlen sein. Trump ist dumm und abgrundtief schlecht. Toll, wenn man so einen Menschen zu seinem Vorbild macht.

Covidioten und die Zukunft

Hoffentlich stellt sich nicht schon bald die Frage, ob man all diesen Leuten – ich meine den deutschen Covidioten – die sich ihrerseits so grauenhaft dumm verhalten, die medizinische Behandlung nicht verweigern sollte. Schaut man auf die aktuellen Zahlen und die berechtigte Sorge der Fachleute, müssen wir damit rechnen, dass viele der lächerlichen “Rebellen” irgendwann in den nächsten Monaten an Corona erkranken und – je nach statistischer Wahrscheinlichkeit – sogar hospitalisiert werden müssen.

Gerecht

Das wäre aus meiner Sicht eine gerechte Strafe für ein Verhalten, das keinerlei Verantwortungsgefühl für die Mitmenschen zeigt. Aber he, wir wissen, dass es vielen dieser Leute gar nicht um den Widerstand gegen die Maßnahmen der Behörden geht, sondern darum, unserer Demokratie schweren Schaden zuzufügen. Sonst hätten sie nicht ignoriert, welche Leute ihre Reihen bei ihren ach so demokratisch legitimierten Demos geschlossen haben!

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