Thema: Deutschland

296 Artikel

Energiekosten: Merkels Vermächtnis und unsere Zukunft

Merkels Buch hat ungefähr 720 Seiten. Die erste Auflage (400.000 Exemplare) ist verkauft. Die 2. wird gerade gedruckt (200.000). Die Springer-Leute (Welt) freuten sich kurz nach der Veröffentlichung darüber, dass (zunächst) nur 30.000 Exemplare verkauft wurden. Die “Junge Freiheit” (Rechtsextrem) saugte Nektar, als Amazon die Rezensionen für das Buch abstellte. Ganz nach dem Motto: So geht man heute in Deutschland mit der Meinungsfreiheit um…

So hat eben jeder sein Vergnügen, allerdings mit durchaus wechselnden Vorzeichen.

Talkshow Gästin Angela Merkel

Einsicht in die Angela Merkel insbesondere von Nationalisten und Konservativen vorgeworfenen Fehler (Atomausstieg, Flüchtlingskrise, Corona, Russland, Nord Stream 2) war nicht zu erwarten. So viel wussten wir vorher.

Ich fand toll, wie sie die Talkshows der Republik bereichert hat. Und dann noch der Besuch bei Obama. Das nenne ich mal gelungene PR. Der Kanzler könnte sich eine Scheibe abschneiden!

Ein Thema will ich kurz herauspicken und beleuchten:

Es geht um den Niedergang Deutschlands und den Anteil, den Merkels Politik daran haben könnte. Es sind Milliarden an Steuereinnahmen hinzugekommen. Inzwischen liegen die Einnahmen fast bei 1 Billion EUR. Vor ungefähr 15 Jahren war es ungefähr die Hälfte. Trotzdem behaupten manche unserer Gegenwartspolitiker, wir müssten die Schuldenbremse lockern. Ich würde mich diesem Wunsch anschließen, weil es nun einmal so ist, dass die Infrastruktur und einige weitere nicht billige Kleinigkeiten in schlechtem Zustand sind.

Öffentliche Meinung antizipiert

Merkel hat gern Volkes Stimme antizipiert. Und das doch mit einigem Erfolg. Jedenfalls legt das ihre lange Amtszeit nahe. Eigentlich nennt man dieses Verhalten ja Populismus. Aber das ist nicht das Thema.

Vielmehr frage ich mich in diesen Tagen, wie die Alternativen hinsichtlich des Energiehungers unserer Wirtschaft wohl hätten aussehen können. Deutschland ist ein rohstoffarmes Land. Das weiß ich schon seit meiner Schulzeit. Während Bildung und Wissen unserer Bevölkerung als Konterpart dazu gehandelt wurden, haben wir an dieser Voraussetzung kaum etwas zu ändern vermocht.

Altpolitiker und die deutschen Interessen

Deshalb haben unsere Altpolitiker schon im Kalten Krieg die Idee entwickelt, Erdöl aus der damaligen Sowjetunion zu beziehen. Das hat erstaunlich geräusch- und problemlos funktioniert, selbst in nicht gerade seltenen Krisenzeiten dieser Ära.

Dass sich Deutschland mehr und mehr in eine Abhängigkeit von Russland begeben hat, ist eine Binse. Das kann nachgelesen werden und ja – vermutlich sind unsere Politiker zu sorglos mit den Risiken umgegangen. Die Grünen wussten das schon immer besser. Darauf reiten sie seit Jahren herum. Geschenkt!

Billige Energie auch aus politischen Gründen beibehalten

Dass Merkel in ihrem Buch erklärt, dass es nicht nur die Wirtschaft gewesen ist, die billige Energie gefordert hat, sondern dass sie auch aus politischen Gründen nichts an dieser komfortablen Lage (in Deutschland haben alle profitiert!) ändern wollte, gibt sie frank und frei zu. Sie wollte die Verbindung zu Russland und Putin nicht aufs Spiel setzen.

Ich verstehe das und die Kritiker sollten sich fairerweise vergegenwärtigen, aus welchem Grund unsere Wirtschaft (und damit wir alle) gerade unter die Räder zu geraten droht.

Stromkosten sind es nicht allein

Es sind nicht die von grüner Politik verursachten zu hohen Stromkosten, sondern die Energiekosten insgesamt, die unserer Wirtschaft massiv zusetzen. Dass auch Managementfehler (VW, Ford etc.) eine Rolle spielen, sei ebenfalls erwähnt.

Wie kann es sein, dass wir allen Ernstes Merkel für ihre Versäumnisse zur Verantwortung ziehen möchten (die AfD und ihre Banausen drohen ihr gar mit Gefängnis), auf der anderen Seite jedoch diesen einfachen Zusammenhang zwischen der heutigen Politik mit ihren hohen (vorrangig) moralischen Ansprüchen zwar Genüge tut, unsere ureigensten Interessen jedoch dabei völlig außer Acht lässt?

Wir haben unsere industrielle Basis und noch weitaus mehr aus Solidarität mit der Ukraine aufgegeben.

Ein bleibendes Problem, trotz erneuerbarer Energie

Für mich steht fest, die Energiekosten werden für deutsche Unternehmen ein Problem bleiben und somit den Ausgangspunkt für den Niedergang unserer wirtschaftlichen Prosperität bilden. Ich glaube, dass die anderen Kriterien (wie Steuern, Bürokratie, Fachkräftemangel) nicht den gleichen Rang haben wie die Energiekosten.

Als Putin den wahnsinnigen Krieg gegen die Ukraine begonnen hat, konnte es vielen im Land nicht schnell genug gehen, die Energielieferungen aus Russland zu unterbinden. Es gab vereinzelt Warner, die u.a. die Frage stellten, was geschehen würde, wenn sich herausstellte, dass die Sanktionen unserem Land mehr schaden als Putins Russland. Wenn sich die Lage weiter verschlechtert, würde ich mich nicht wundern, wenn von diesen Folgen wieder keiner etwas geahnt haben will. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Umfragen vor Angela Merkels Atomausstieg. Aber das ist ein anderes Thema.

Reformbereitschaft nicht nur im Bereich der Sozialleistungen

Wenn Markus Lanz in seiner gestrigen Sendung mindestens zweimal behauptet, Deutschland sei in seiner Wirtschaftsstruktur im 19. Jahrhundert stehen geblieben, und keiner der anderen Talkgäste diesen Irrtum korrigiert, könnte dies bei den Zuschauern Zweifel an deren Kompetenz wecken. Es offenbart sich, dass Lanz den Sprung ins 21. Jahrhundert auch bis jetzt nicht geschafft hat.

Es kann auf Dauer nicht gutgehen, wenn jede Frage nach einer höheren Effizienz des Sozialstaates tabuisiert wird.

Peer Steinbrück

Steinbrück und die Reform des Sozialstaates

Der ehemalige Finanzminister Steinbrück (SPD) steuerte zur allgemeinen Klage der Runde über Deutschlands Status quo ein paar Anekdoten bei. Dabei ließ ihn mMn seine Erinnerung gelegentlich im Stich. Im Kern lag er allerdings richtig.

Die “Initiative für einen handlungsfähigen Staat” geht aus von den ehemaligen Bundesministern Peer Steinbrück und Thomas de Maizière, dem Staatsrechtler und langjährigen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, und der Managerin und Aufsichtsrätin Julia Jäkel. Sie wollen insbesondere der Frage nachgehen, warum viele notwendige Reformen bereits im Ansatz scheitern und wie unser Staat strukturell handlungsfähiger und effektiver gemacht werden kann. Wie also Reformen besser gelingen können. Dazu wollen sie konkrete Vorschläge erarbeiten lassen. Unterstützt werden die Initiatoren bei ihrer Arbeit von vier renommierten Stiftungen: der Hertie Stiftung, der Fritz-Thyssen-Stiftung, der Stiftung Mercator und der Zeit Stiftung Bucerius.


Quelle

Die Leistungen des Sozialstaats sind nicht zielsicher und lassen auch bei Zeitgenossen, die auf gar keinen Fall an den Sozialleistungen etwas geändert sehen wollen, eine leise Skepsis aufkommen. Das Beispiel Bürgergeld mit seinen vielen Facetten und Negativbeispielen lässt viel Raum für Kritik.

Steinbrück beschrieb ein prickelndes Beispiel, das der Normenkontrollrat des Bundes im März in einem Gutachten ans Licht der Öffentlichkeit gebracht hatte.

Hier die Beschreibung des Falles aus dem Gutachten vom März 2024:

Familie 2 – „Der alleinerziehende Vater mit pflegebedürftiger Mutter“

Der alleinerziehende Vater einer fünfjährigen Tochter, die vor dem Übertritt vom Kindergarten in die Grundschule steht, ist nach der Insolvenz seines Arbeitgebers arbeitssuchend. Aktuell besucht er eine von der BA finanzierte Umschulung in Teilzeit. Die Mutter der Tochter zahlt keinen Unterhalt. Die Mutter des Vaters ist pflegebedürftig und lebt im gemeinsamen Haushalt.

Die Familie bezieht als Bedarfsgemeinschaft bedürftigkeitsabhängige Leistungen, Versicherungsleistungen und Leistungen aus dem Familienleistungs- und Familienlastenausgleich:

Bewertung der Komplexität

Insgesamt hat die Familie Anspruch auf zwölf unterschiedliche Leistungen, die von acht verschiedenen Stellen administriert werden (s. Abbildung 9). Dabei sind insgesamt mindestens vier verschiedene Einkommensbegriffe und drei verschiedene Begriffe der häuslichen Lebensgemeinschaft anzulegen. Inwieweit bei den kommunalen Stellen für die Beitragsfreistellung eine eigene Berechnung des Einkommens erfolgen muss, hängt von der Regelung der Kommune ab.

Aufgrund der Verknüpfung der Leistungen bedarf es einer umfangreichen Einzelfallberechnung in den einzelnen Behörden.

Diese schon tragisch anmutende Komplexität ist nur ein Beispiel.

Die Komplexität muss reduziert werden

Wer ein solches System seinen Kritikern gegenüber verteidigen möchte (selbst Minister Heil, SPD), dürfte einigermaßen überfordert sein. Wir sehen das an der nicht verstummen wollenden Kritik am Bürgergeld. Die Addition verschiedenster Sozialleistungen für Betroffene lässt sich klein- und ebenso großrechnen. Transparenz würde auch hier helfen.

Wenn von einzelnen Politikern (aus CDU/FDP u.a.) geschimpft wird, dass ein Dachdecker einkommensmäßig summa summarum unter den Bezügen eines arbeitslosen Familienvaters läge, möchte ich diejenigen sehen, die erfolgreich für oder gegen das Bürgergeld argumentieren.

Wer blickt noch durch?

An einer Stelle habe ich gelesen, dass es gut wäre, wenn die Leistungen von einer Stelle koordiniert würden. Das könnte man so interpretieren, dass nun noch eine Stelle hinzukäme, die sich darum kümmern sollte. Für mich klingt das so, als würde man nicht weniger, sondern eher mehr Bürokratie einführen wollen. Ich mag mir nicht vorstellen, wie dieses Tohuwabohu aus Gesetzen und Vorschriften, die in diesen Paketen verwoben sind, reformiert werden könnte.

Dass es andererseits Menschen gibt, die aus politischer Überzeugung solche Fehlentwicklungen zu nutzen versuchen, um den Sozialstaat zu schleifen, scheint mir naheliegend.

Wenn ich König wäre, würde ich alle Reformen auf morgen verschieben.

Oliver Cromwell (1599-1658)

Generell fällt mir der scheele Blick auf, der die Bereitschaft zu Veränderungen (Reformen) bremst. Man gönnt sich gegenseitig nichts. Die Jungen schimpfen über die Alten und umgekehrt. Da geht es um die einst sicher geglaubten Renten. Diese Hoffnung droht sich aufgrund der Demografie zu pulverisieren. Ich glaube, dass die mangelnde Reformfreudigkeit der Deutschen vor allem damit zu tun hat, dass diese Gesellschaft zusehends altert. Ältere Menschen neigen zur Besitzstandswahrung. In der Mehrheit mögen sie keine Veränderungen.

Umgekehrt ist es für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Wie soll sich die erkennbare Neigung der jüngeren Generationen zu weniger Arbeit mit dem in Einklang bringen lassen, was in dieser Phase des wirtschaftlichen Absturzes, der keine konjunkturellen, sondern strukturelle Ursachen hat, dringend nötig wäre?

Wird jetzt die Herrschaft der Siebengescheiten beginnen?

Es gibt sie, diese Siebengescheiten, die schon immer gewarnt haben, dass das nicht gut gehen wird. Das sind jene Universalgelehrten – auch gern mit Doktor- oder Professorentiteln, die sich allerdings, wenn es eng wird und Mitmachen gefragt wäre, sehr zügig aus der Verantwortung stehlen.

Hochkonjunktur hatten solche Muster intellektueller Redlichkeit nach der Immobilienkrise Ende der 2000-er Jahre und natürlich nachfolgenden Euro-Krise. Seitdem wird vor dem Absturz gewarnt. Mal ist es der Euro, mal die Weltwirtschaft. Jetzt ist es die deutsche Wirtschaft. Nun, irgendwas ist ja immer. Man muss nur warten können. Dann ergibt sich schon eine Gelegenheit, in weisen Worten und gern im Überschwang einer augenscheinlich angeborenen Überheblichkeit, ein echtes Fass aufzumachen.

Das erleben wir bei Twitter, Facebook und Co., eigentlich auf allen Social-Media-Kanälen. Was dort an mieser Stimmung “vorbeischaut” ist kaum zu ertragen. Es geht dort meist nicht darum, irgendetwas zu erfahren oder womöglich seinen Horizont zu erweitern. Den meisten geht es darum, ihren Frust möglichst blau-braun gefärbt in diese übel riechende und längst überlaufenden Jauchegruben zu kippen. Ob es Zufall ist, dass manche von denen Blautöne als Basis ihrer Corporate Identity gewählt haben?

Wie auch immer: Leute wie Dr. Markus Krall sind willkommene Stichwortgeber für all die frustrierten, notleidenden deutschen Mitbürger, deren Frust ja doch kaum mehr in Worte zu fassen ist.

In einer Veranstaltung, deren Anfang ich mir bei YouTube zugemutet habe, äußerte sich dieser Herr erneut über diejenigen, die wir alle (Nichtwähler halten sich die Ohren zu!) irgendwann einmal gewählt haben. Sogar die FDP kam über 5 %. Warum eigentlich?

Markus Krall: Ökonom, Publizist und Gründungsvorstand der Atlas-Initiative – ist wieder im Goldgeschäft tätig. War da nicht mal was? “Capital” brachte es schon damals auf den Punkt.

Markus Krall ist wieder im Goldgeschäft aktiv – „Goldkleber-Stimmung“, wie man so sagt.

Doch wie steht er zu Deutschland? Ich glaube persönlich: gar nicht.

Die Hiobsbotschaften überschlagen sich derzeit, und die jüngste ifo-Konjunkturprognose für Herbst 2024 eröffnet mit der Schlagzeile: „Die deutsche Wirtschaft steckt in der Krise fest.“ Das ist zumindest eine klare Einsicht. Weiter heißt es, dass wir es mit einer strukturellen Krise zu tun haben.

Hier also ein kleiner Auszug aus dem Video, das ich mir zum Teil zugemutet habe:

Herr Krall, handelt es sich um Turbulenzen oder befinden wir uns schon im Sinkflug? Wie steht es um den Wirtschaftsstandort Deutschland?

„Alles, wovor diejenigen gewarnt haben, die die Folgen dieser falschen Politik frühzeitig erkannt haben, ist eingetreten. Falsche Politik führt zu schlechten Ergebnissen. Und da wir derzeit von der schlechtesten Politikergeneration regiert werden, die Deutschland je hatte, erleben wir die Herrschaft der Kakistokratie – die Auswahl der schlechtesten einer Gesellschaft. Besonders dramatisch ist, dass diese Politiker sich auch noch für besonders klug halten. Die Auswahl der Schlechtesten einer Gesellschaft, die sich auch noch für besonders schlau halten. Ja, das sind die, deren Selbstbewusstsein in reziproker Relation zum Können steht.

Krall erläutert weiter:

Das Selbstbewusstsein der politischen Akteure steht in umgekehrter Relation zu ihrem Können. Je lauter und selbstbewusster sie auftreten, desto weniger Kompetenz steckt dahinter. Die wirklich intelligenten Personen werden bewusst ausgegrenzt, da sie zu Recht als Gefahr wahrgenommen werden.

Herr Krall und seine Freunde im Geiste zählen sich selbstredend zu denen, die es immer schon wussten. Solche Leute waren mir mein Leben lang unheimlich. Meistens sind es diese wie Krall gestrickten Charaktere, die ich als furchtbar narzisstische Versionen all derjenigen betrachte, die es am Ende vielleicht sogar gut meinen, aber anhand mangelnder Möglichkeiten ein ums andere Mal scheitern. Jedenfalls bekommen solche Leute selten ein Mandat. Und wenn, scheitern sie (s. die ebenfalls anwesende Frauke Petry).

Diese Leute irritieren, in dem sie behaupten, die intellektuelle Elite habe sich inzwischen auf den Weg gemacht, Deutschland zu verlassen. Es gehen nicht die Friseure oder die Lidl-Verkäuferinnen, erläutert Professor Ulrike Guérot. Dabei möchte sie doch so gern bürgerliches Verantwortungsbewusstsein ins Land zurückholen.

Dieses ekelhafte Übermaß an Selbstüberschätzung muss man als einfacher Mann erst einmal verdauen.

Wutbürger in Wartestellung: Ein neues Hobby für alte Reflexe?

Wie viele von diesen sonderbaren Zeitgenossen, die tagtäglich nichts Besseres zu tun haben, als mit viel Eifer und wenig Substanz Politiker ihrer „Feinde“ (also alles, was jetzt nicht CDU/CSU, AfD, BSW und FDP wählt) zu beschimpfen, müssen sich wohl bald ein neues Hobby suchen? Die Ampel ist schließlich bald Geschichte, ihre Parteien auf dem Abstellgleis. Der Spielplatz der Empörungsprofis wird damit übersichtlicher – aber ruhiger? Wohl kaum.

Die Möglichkeiten sind begrenzt, aber nicht minder vorhersehbar:

1. Das gekonnte Ignorieren der Realität. Warum sich von Fakten oder politischen Machtwechseln beirren lassen? Dieselben abgedroschenen Vorwürfe gegen SPD, Grüne und FDP lassen sich sicher noch ein Weilchen recyceln, auch wenn ihre Zeit an der Regierung längst vorbei ist. Diese Leute halten sich schließlich für die wahren Bewahrer der politischen Moral, wirtschaftlichen Klugheit und so weiter – egal, wer regiert.

2. Der nahtlose Übergang in die nächste Empörungswelle. Blitzschnell werden sie sich an die neue Koalition aus Union und einem ungewissen Partner gewöhnen. Dabei ist egal, ob es sich um eine Jamaika-Variation oder Schwarz-Grün handelt – Hauptsache, das Ziel bleibt klar: Jede Entscheidung muss schlechtgeredet, jede politische Figur moralisch demontiert werden.

Eines ist sicher: Die Beschwerde-Industrie dieser Kreise wird nicht ins Stocken geraten. Egal, wer regiert, das Narrativ bleibt dasselbe: Deutschland sei auf dem falschen Weg, die Politik korrupt, die Demokratie in Gefahr. Ironischerweise tragen gerade diese unermüdlichen Kritiker selbst wenig bis gar nichts zur Verbesserung der Lage bei – außer vielleicht, das gesellschaftliche Klima weiter zu vergiften.

Aber vielleicht – und das ist reine Spekulation – könnten einige von ihnen diese Gelegenheit nutzen, um ihre Dauerempörung in etwas Produktiveres zu verwandeln. Ein Ehrenamt? Ein Hobby, das tatsächlich Mehrwert für die Gesellschaft bietet? Träumen darf man ja.

Bis dahin bleibt uns nur, den immer gleichen Schmähungen zuzuhören und uns daran zu erinnern: Die größte Macht hat nicht die Regierung, sondern der ewige Widerspruch, der jede Hoffnung auf Fortschritt im Keim ersticken will. Das ist der eigentliche Feind. Ich denke, in dieser Disziplin sind wir Deutschen Weltmeister – und wir bleiben es auch noch eine Weile.

Ob die Schuldenbremse noch reformiert wird? Es liegt jetzt bei der Union.

Gestern bei “Illner” hatte ich, nicht zum ersten Mal in jüngster Zeit, dass Gefühl, dass beim Generalsekretär der CDU, Carsten Linnemann, die Erkenntnis durchscheint, dass er und die seinen es schon sehr bald mit den echten und vor allem gleichen Problemen zu tun bekommt, für deren Nichtauflösung sie so massiv gegen die Ampel gewettert haben.

Davon, wie den Unions-Protagonisten potenzielle Wähler auf den Leim gegangen sind, möchte ich gar nicht erst anfangen.

Die haben sich von Leuten wie Merz, Frey und Linnemann weismachen lassen, dass die Neuwahlen nun aber ganz zügig vonstattengehen sollen. Wahrscheinlich dachten sie, je schneller der Spuck vorbei ist, desto fixer wird ihre liebgewonnene, ambitionslose Vergangenheit, als Zukunft, zurückkehren.

Jetzt merken die Leute im Land (vielleicht), was tatsächlich alles vorbereitet werden muss und wie knapp der nun stehende Zeitplan in Wirklichkeit ist. Außerdem müsste man zugeben, dass die Bundeswahlleiterin mit den angesprochenen Bedenken absolut richtig gelegen hat. Aber dafür haben diese Leute nicht die Größe.

Ich habe hier darauf gewettet, dass die erste Amtshandlung der neuen Regierung Merz darin bestehen wird, die Schuldenbremse zu ändern. Merz hatte vorgestern in einer Forumsdiskussion und m.E. auch schon ein, zwei Tage vorher, genau das bereits einmal angesprochen.

Es wird zu einer solchen Änderung kommen, weil nicht jeder neuen Regierung zum einen die 60 Mrd. EUR fehlen, die das Bundesverfassungsgericht der Politik aus der Hand genommen hat, sondern die Spielräume selbst für solche Allesbesserkönner schlicht nicht ausreichen, um eine nach vorn gerichtete Politik zu gewährleisten. Mal sehen, wie oft die Union noch dafür gehänselt wird, dass sie im Nachgang des Karlsruher Urteils applaudiert und die Ampel lächerlich gemacht hat.

Dass die Schuldenbremse reformiert werden muss, sickert langsam durch. Das Problem könnte nur sein, dass auch diese Entscheidung, wenn sie nicht noch bis zu den Wahlen getroffen wird, an der danach wahrscheinlich nicht mehr existierenden 2/3 Mehrheit der – wie es immer so schön heißt – demokratischen Mitte scheitern wird. Wir laufen auf turbulente Zeiten zu. Nee, wir sind längst drin.

Ein fröhliches “Fuck You” nach Washington

Möglicherweise bin ich schlecht oder einseitig informiert. Jedenfalls fühlt sich das im Moment so an. Die Propaganda der deutschen Politik und ihrer bereitwilligen Helfer in Journalistenkreisen lässt einem ja fast keine andere Wahl, als Trump nicht nur als Präsidenten, sondern auch als Menschen rundweg abzulehnen. Einen persönlichen Bezug zur Person gibt es nicht. Ein latenter Antiamerikanismus soll im Lande vorherrschen, bei mir zweifellos auch. Wie soll man heutzutage noch neutral oder halbwegs objektiv bleiben?

Ein fröhliches “Fuck You” schallt an diesem Mittwochmorgen dem neuen und alten US-Präsidenten aus Deutschland entgegen. Man möchte nicht in der Haut derjenigen Politiker oder Journalisten stecken, die jetzt auf “professioneller Ebene” mit ihm klarkommen sollen.

Der orangene Mann wird in Deutschland nicht von einer Sympathiewelle ins Amt getragen. In Europa sind wohl die meisten auch eher abgetörnt vom Wahlergebnis. Was wir von ihm gehört und gesehen haben, irritiert die meisten Leute. Die AfD-Fritzen jubeln. Allen voran Alice Weidel, die ihr Glück kaum fassen kann. Ihr scheint sicher: Auch Deutschland befindet sich nicht nur in einem faschistischen Sog, er lässt sich durchaus vergrößern und beschleunigen.

Ich kann immer noch kein Englisch. Die Übersetzungen, die mir KI oder gute Übersetzer liefern, vertraue ich allemal mehr als Trump-Sympathisanten. Und das, obwohl die mir immer wieder klarzumachen versuchen, dass auch die gelogen wären. Leute, es gibt genug Quellen, die man zurate ziehen kann. Es überzeugt niemanden, die krassen Lügen zu glauben, nur um dem Wunschkandidaten Trump den Rücken freizuhalten. Aufseiten der Trump-Gegner sind alte Gewissheiten in Rauch aufgegangen. Checks and Balances scheinen jetzt – wo es darauf ankäme – nicht mehr wirklich zu funktionieren. Ein Blick zum Supreme Court, dazu die ebenfalls neuen Mehrheiten der Republikaner in den Kongresskammern, belegen das.

Es steht zu befürchten, dass Trump einen großen Teil seiner Versprechungen an die US-Amerikaner wahr machen wird. Das klingt erst einmal abwegig. Es wäre doch eine tolle Sache, wenn Politiker sich an ihre Versprechungen hielten. Es klingt für deutsche Ohren unglaublich. Wenn Trump also davon redet, im großen Stil abschieben zu wollen, ist das zum Beispiel nichts, was wir nicht auch schon gehört hätten. Übrigens sind 62 % der Abschiebeversuche in Deutschland in diesem Jahr gescheitert. Die Effizienzsteigerung im Vergleich zum Vorjahr ist, wenn man die Brisanz solcher Versprechen berücksichtigt, einfach katastrophal. “Ampel”-Standard eben.

Das Thema Migration ist auch für die US-Amerikaner wichtig. Wie Trump über die Menschen redet, klingt für viele befremdlich. Ich war überzeugt, dass Trumps Sprache, seine Lügen und sein mieser Charakter normale Menschen abtörnen würden. Falsch gedacht!

Trumps Wähler empfinden seine Tiraden gegen Menschen nicht als Zumutung, sondern scheinen seine Sprache gut zu finden – auch die Millionen Hispanics, die selbst einen Migrationshintergrund besitzen. Denen war offenbar wichtiger, dass keine Frau in dieses Amt kommt. Dieses Machismo-Gehabe offenbarten leider auch viele Afroamerikaner.

Dabei stand das Thema Migration nach Umfragen erst an 3. Position. Das wichtigste Thema ist die Wirtschaft. Auch da bringt die Unterstützung der Republikaner ein Störgefühl, wenn sie ihre Lage betrachten. Oder müsste man eher davon sprechen, dass sie Zukunftsängste haben, weil vieles nicht mehr so läuft, wie es früher einmal war? Nun, wir kennen das in Deutschland nur zu gut, nicht wahr?

Ein zentraler Faktor für Trumps Wahlerfolg war die wirtschaftliche Lage. Viele Wähler waren besorgt über die steigenden Lebenshaltungskosten, insbesondere die Inflation und hohe Mieten. Trotz der Verbesserung einiger wirtschaftlicher Indikatoren unter der Biden-Harris-Regierung trauten viele Amerikaner Trump mehr Kompetenz in der Wirtschaftspolitik zu. Er versprach, die Wirtschaft wiederzubeleben und die finanziellen Sorgen der Menschen zu lindern, was bei vielen Wählern Anklang fand. Es scheint so, dass Trump besonders in den Swing States durch diese Botschaften punkten konnte.

Auch bei diesem wichtigsten Thema spielen offenbar Emotionen (Angst vor der Zukunft) eine größere Rolle als die Fakten. Schließlich hat die Biden-Administration mit ihrem Inflation Reduction Act derart große Finanzmittel in die US-Wirtschaft investiert (891 Mrd. $), dass auch sie dem trumpschen “Make America Great again” inhaltlich voll entsprochen haben. Hunderte von Milliarden wurden davon allein in Energie- und Klimaschutzmaßnahmen investiert. Die Aussagen Trumps zu diesem Thema sind grotesk widersprüchlich. Er will solche Projekte zurückfahren und dafür verstärkt wieder in Öl- und Gasförderung investieren.

Dem von Trump gesetzten Motto: “America First” können viele Menschen, auch in unserem Land, grundsätzlich viel abgewinnen. Es ist naheliegend, dass angesichts der Spaltung der Gesellschaften ökonomische Sachverhalte und ihre sozialen Auswirkungen die Leute bewegen. Denken wir an die Milliarden, die wir zur Verteidigung der Ukraine ausgeben, einschließlich der Unterstützung aller Flüchtlinge und Asylsuchenden. Selbst die früher als so selbstverständlich geltende Entwicklungshilfe wird heute unter Bezug auf rechte, demokratiefeindliche Narrative hinterfragt (Stichwort: Fahrradwege in Peru).

Hintergrundinformationen dazu sind unnötig (/ironie)! Man lehnt solche Leistungen rundweg ab und verweist auf den armen Rentner, der zur Sicherung seiner Existenz Flaschen sammeln geht. Die Kritik mag in Einzelfällen schon begründet sein, allerdings fehlt bei vielen Kritikern ein Mindestmaß an Vorinformationen. Bei X erkennt man die umstrittensten Themen auch daran, dass die sich daraus ergebenden Threads mit abscheulichen, allerdings grundsätzlich sehr kurzen Hassnachrichten gefüllt sind. Mehr als einen Satz bekommen die meisten nicht zusammen. Armselig und doch gefährlich. Die selbstreferenzielle Hassbrut brütet vor sich hin.

Tendenziell sind wir in Deutschland voll auf Linie. Die USA geben den Takt vor. Was dort geschieht, passiert ein paar Jahre später auch bei uns. An vielen Stellen konnte man sich darauf jedenfalls stets verlassen.

Populistischen Botschaften sind alle Demokratien der Welt ausgesetzt. Putin und Konsorten haben es leicht, damit umzugehen. Politische Widersacher werden buchstäblich aus dem Weg geräumt, eliminiert. Der Kampf um gute Argumente hat auch in den Demokratien bereits an Akzeptanz eingebüßt. Emotionen schlagen Argumente. Was das für die Zukunft bedeutet, weiß noch niemand. Eine gewisse Vorstellung, was daraus werden könnte, haben wir allerdings schon. Und das schürt auch die Angst – auf allen Seiten.

In den USA wurde ein verurteilter Straftäter und fragwürdigem Charakter mit überwältigenden Ergebnissen zum Präsidenten gewählt. Das klingt verrückt und unheimlich. Der Mann kann uns in Europa noch viel “Freude” bereiten. Wir hätten gut daran getan, uns auf diese Möglichkeit vorzubereiten. Leider ist das nicht geschehen. Die europäische Politik hat wieder einmal versagt, die deutsche ohnehin.

Bei uns wurde Spahn übel dafür kritisiert, dass er den Parteitag der Republikaner in den USA besucht hat. Dass unsere Politiker jetzt zwangsläufig mit dem Kerl reden müssen, dürfte für Nachtschweiß und Unbehagen sorgen. Das will ich nicht in den Nachrichten sehen.

Unsere Regierungsmitglieder und natürlich auch unsere Opposition sollten nicht weiter moralisieren und über andere herziehen, sondern besser ihre Hausaufgaben machen und mit allen reden, mit denen es etwas zu reden gibt. So, Frau Baerbock. Auf den Januar muss nicht gewartet werden. Setzen Sie sich schon mal in Ihren Flieger und reden Sie mit Trump. Aber vielleicht löst sich diese Regierung ja in diesen Tagen auf. Dann bleibt uns dieses Dilemma wenigstens erspart.

Ich fotografiere sehr gern, nur keine Menschen

Fliege
Fliege

Seit ich meine erste digitale Kamera gekauft habe, sind Jahrzehnte vergangen. Seitdem habe ich einiges dazugelernt. Zum Beispiel, dass ich viel lieber durch die freie Natur wandere und es genieße, wenigen, besser noch, gar keinen Menschen zu begegnen. Lieber ein Stück Landschaft, eine Blüte, ein Insekt oder einen Vogel zu oft als irgendwelche Menschen abzulichten.

Innerhalb der Familie oder unter Freunden stellt auch das kein Problem dar. Sobald man jedoch den öffentlichen Raum betritt und einen erwägenswerten Shot vor dem geistigen Auge sieht, verwerfe ich den Gedanken. Sicher! Ich könnte fragen. Ich mag das nicht. Lieber suche ich mir andere Motive. Mit Menschen gibt es schnell Ärger. Viele, sogar Kinder, haben die informelle Selbstbestimmung mit der Muttermilch aufgesogen. Der Wikipedia-Eintrag dazu ist lang. Und doch hat man nach der Lektüre nicht das Gefühl, auf alle juristischen Fallstricke vorbereitet zu sein. Sobald man die Website eines Anwaltes zum Thema aufruft, kommt man auf den Gedanken, sich vielleicht doch ein anderes Hobby zu suchen. Gut, ich übertreibe etwas. Schließlich kann man auf Menschen beim Fotografieren verzichten. Jedenfalls, wenn man Kniefälle vor irgendwelchen fremden Personen möglichst vermeiden möchte.

Wenn Kinder auf eine Ruine klettern und diese Ruine (Burgmauer) samt den Kindern fotografiert wird, bekommt der Fotograf Frechheiten zu hören – von den Kindern. Mir ist das schon passiert. Ich fotografiere die Auslage einer Bude mit Weihnachtsschmuck (ohne Menschen). Das passte der Besitzerin überhaupt nicht. Ein Riesentheater! Ich fotografiere in einen Garten hinein. Der Eigentümer macht mir zur Schnecke, wie ich dazu käme, seinen Garten zu fotografieren. Der und sein Scheißgarten. Soll er ihn sich doch sonst wohin stecken!

Ich gehe mit meinem Fotoapparat durch die Straße eines Dorfes. Ich wollte dort einen hübschen Laubengang fotografieren. Eine Anwohnerin gefiel meine Anwesenheit nicht und blaffte mich an, weshalb ich dort fotografiere. Und das, obwohl das Motiv auf der ihrem Haus gegenüberliegenden Seite lag und ich keinerlei Anstalten machte, ihr bescheuertes Haus zu fotografieren. Sie fand den Laubengang überhaupt nicht so interessant und wollte mir – wohl auch deshalb – etwas anderes unterstellen.

An anderer Stelle habe ich ein Stativ aufgebaut, um ein altes, etwas verwittertes Haus zu fotografieren. Das Ganze sollte in ein Milieu eingepasst sein. Außerdem hatte ich kein richtig passendes Objektiv dabei. Deshalb hatte ich das Stativ ca. einhundert Meter entfernt aufgebaut. Außer diesem Haus war nur der dazugehörige Garten zu sehen. Trotzdem nahm irgendein Mann aus der Nachbarschaft Anstoß an meinem Vorhaben.

Was soll man dazu sagen? Ich habe kürzlich einen Mann fotografiert (von hinten). Das Motiv war so reizvoll, dass ich dachte, es riskieren zu müssen. Sein Gesicht war abgewandt. Ich weiß nicht, wer ihn auf einem Foto so trotzdem erkannt hätte. Ich war letztlich so verunsichert, dass ich das Foto zunächst gar nicht zeigen wollte. Dann habe ich mich entschieden, den Kopf des Mannes mit KI so zu verändern, dass ein Risiko nahezu ausgeschlossen werden konnte.

Das ist Deutschland mit seinem Datenschutz, der von vielen auch nur solange für gut und richtig gehalten wird, bis die nächste Sitzung bei TikTok, Facebook, Instagram oder so passiert und das eigene Frühstück (gern auch beim Verzehr) gepostet wird. Die Leute, die dir auf dem Dorfplatz den Fotografen-Polizei-Blick zuwerfen, sind oft dieselben, die dann abends ihre Bilder auf Facebook hochladen: “Hier bin ich auf der Kirmes!” Natürlich mit zwanzig Fremden im Hintergrund.

Ich bleibe also bei Landschaft, Tier und Pflanzenwelt. Die sind friedlicher und nicht so verkopft wie irgendwelche Leute, die Angst vor ihrem eigenen Schatten haben.

Alles eine Frage der Quantität. Selbstverständnis ist es das.

In Deutschland gibt es nicht allzu viele Städte mit rund 500.000 Einwohnern. Im letzten Jahr haben wir ungefähr so viele neue Einwohner hinzubekommen.

Addiert man die Zahl der Erstanträge auf Asyl (ca. 351.000) mit der Zahl aus dem Familiennachzug im gleichen Jahr (ca. 130.000) liegen wir in der Nähe der Einwohnerzahl solcher Größenordnungen. Aber wir schaffen das…

a photo of a crowd of people trying to climb over zzgSnw4pTOy3IgImqGn64Q 9mbhHY 4RYSkKWLUdgqpJw
a photo of a crowd of people trying to climb over zzgSnw4pTOy3IgImqGn64Q 9mbhHY 4RYSkKWLUdgqpJw

Wenn Außenministerin Annalena Baerbock kürzlich sinngemäß den Satz raus haut (die Rechten machen schon was daraus! X ist randvoll damit), dass es an manchen Stellen im Land eng geworden sei, dass es aber an anderen Stellen noch Platz gebe, ist das – na ja.

Die Migrationsgegner toben jedenfalls und die paar anderen reiben sich verwundert die Augen über so viel Ignoranz einer Bundesministerin. Aber sie ist ja nicht allein.

Manchmal mag ich es nicht glauben, wie abgeklärt die Sicht eines Außenstehenden angesichts solcher Dummheiten wirken kann. Journalist Bojan Pancevski vom Wall Street Journal erzählt bei “Markus Lanz” in mageren Worten das Desaster Deutschlands. Ultragelassen. Eine Gelassenheit, die ich gern auch bei führenden hiesigen Oppositionspolitikern gern ein-, zweimal im Jahr sähe.

Transkript des Beitrages von Bojan Pancevski in der Lanz-Sendung (Dialog mit Markus Lanz)

Aber ich glaube, die Diskussion alleine ist verfehlt, weil es geht um die Menge.

Es geht um die Quantität letztes Jahr. Wir haben 350.000 Erstanträge von Asylbewerbern in Deutschland. Und dazu kamen, glaube ich, um die 150.000 Menschen, die mit dem Familiennachzug nach… Also halbe Million Menschen. Ungefähr. Das kann Deutschland nicht absorbieren.

Es gibt keine Kita-Plätze, es gibt keine Schulplätze. Es gibt beim Arztkrieg, man kann keine Termin, Wohnungen, wir können es auch nicht geben. Es geht um die Menge. Also das ist relativ einfach zu verstehen. Ob die arbeiten oder nicht, ist das auch relativ egal. Die Infrastruktur ist nicht vorhanden. Und kulturell werden sie sicherlich nicht integriert werden können. Und die 500.000 sind nur die Menschen, die über die Asylschiene gekommen sind.

Es gibt ja insgesamt über 2 Millionen Menschen, die dann gekommen sind, um hier zu arbeiten. Eheburger und andere. Und was für ein Kapazität hat das Land, um Menschen irgendwie zu assimilieren oder zu absorbieren? Oder einfach… Also das glaube ich nicht, das hat man überall gesehen. Und man muss sich auch fragen, warum kommen ja 350.000 Erstanträge in Deutschland oder nicht in Frankreich oder in Spanien? Warum kommen die Leute nach Deutschland? Wir sind ja das Land in Europa, das insbesondere das große Asyl- und Migrationsthema hat. Die große Migration hat. Es gibt mehrere sogenannten Pull-Factoren.

Also zu meinem gibt es hier schon Communities. Es gibt um 500.000 Afghans zum Beispiel, vielleicht auch noch mehr in Deutschland. Ungefähr eine halbe Million ist richtig. Ja, eine halbe Million. Und dann wenn man aus Afghanistan nach Europa kommen will, dann schaut man sich im Internet herum und findet man Freunde oder Bekannte und so weiter. Und so vor allem. Syrer gibt es über eine Million und so weiter. Nordafrikaner, Afrikaner und was weiß ich. Das ist das eine. Das andere ist, es ist einfach hierher zu kommen.

Man bekommt das Bürgegeld ist quasi bedienungslos. Ich glaube, von Oberwestern Gerichtshof ist das bestätigt worden. Dann bekommt man eine gratis Wohnung. Man bekommt die Regiekosten bezahlt. Das ist nicht viel Geld. Da kann man ja keine Luxusleben rausmachen. Aber das ist schon auch mehr, als man sonst wo bekommen kann. Und es gibt mehrere Faktoren. Man muss sich das systematisch angehen. Aber die Debatte ist immer ein bisschen, wie Sie ganz richtig gesagt haben, die ist immer so, das ist ein Mix von Fachkräften, Migrationen und Asylmigrationen. Das sind doch ja völlig verschiedene Dinge. Weil Asyl etwas ist, das Leute beantragen. Wenn wiederum Fachkräfte etwas ist, wo wir doch als Land klar definieren müssen, wen wir eigentlich wollen. Eben, ja. Also das sind zwar grundsätzlich unterschiedliche Dinge.


Aber hier ist alles ganz anders. Der Streit bei Illner von gestern Abend war selbst diese bekloppte Woche ein neuer Kulminationspunkt.

Die Uneinsichtigkeit der Grünen auf der einen und die totale Hysterie auf der anderen. Allein, dass Frau Lang (Grüne) wenigstens einmal kurz ansprach, dass doch schließlich in all diesen Diskussionen von Menschen die Rede wäre, war mir ein Trost. Die anderen zuckten angesichts solcher gelassen ausgesprochenen und für hiesige Verhältnisse unglaublichen Wahrheit von vielen wohl unbemerkt förmlich zusammen. Sogar Christdemokrat Linnemann.

Ich hoffe, dass in Deutschland bald gesunde Verhältnisse eintreten werden…

Von einer Reise in die USA im Dezember 1932 kehrte er erst gar nicht mehr zurück, der Pazifist war den Nazis bekanntermaßen verhasst, seine Bücher lässt Propagandaminister Goebbels verbrennen. Einstein erklärt im Februar 1933, nicht mehr nach Deutschland zurückzukehren, dabei beschwört er die große kulturelle Vergangenheit des Landes: “Ich hoffe, dass in Deutschland bald gesunde Verhältnisse eintreten werden und dass dort in Zukunft die großen Männer wie Kant und Goethe nicht nur von Zeit zu Zeit gefeiert werden, sondern dass sich auch die von ihnen gelehrten Grundsätze im öffentlichen Leben und im allgemeinen Bewusstsein durchsetzen.”

Quelle

Es schien nur so, als hätte es geklappt.

Wer ihm zu einem anderen Thema gern lauschen möchte: Das habe ich via Sascha Pallenbergs Bericht über die diesjährige Internationale Funkausstellung (IFA) entdeckt:

Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen.
Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.

Merz ist besorgt und macht dem Kanzler ein wahrhaft vergiftetes Angebot

Man kann Merz ehrliche Sorge über die Lage im Land unterstellen. Er klang bei der gestrigen Pressekonferenz nach seinem 70-minütigen Gespräch mit dem Kanzler wild entschlossen und trug (aus meiner Sicht) nachvollziehbare Begründungen vor.

Ob die SPD auch mit Rücksicht auf ihre Koalitionspartner auf die Merz-Vorschläge eingehen sollte? Ehrlich, ich weiß es nicht. Jedenfalls wäre das eine Sollbruchstelle für diese Koalition, die ihren Zweck ziemlich bald erfüllen würde. Das werden Grüne und FDP sicher nicht mitmachen.

Was mich wirklich erheitert hat, war Merz’ Chuzpe, mit der er (ich glaube mehrfach in der Pressekonferenz) darauf hinwies, dass es nicht um die bevorstehenden Landtagswahlen ginge. Ich habe herzlich gelacht. Mein Vertrauen in handelnde bzw. nicht handelnde Politiker in unserem Land geht allmählich gegen null.

Nun, die Rechten und das BSW wird diese Konfusion sicher erfreuen. Und Sonntag um 18.00 Uhr, da bin ich mir sicher, erlebt die Ampel ihr Waterloo. Was all das für unser Land bedeutet? Keine Ahnung.

Ja, Herr Linnemann, das ist platt.

Der Generalsekretär der CDU, Linnemann, beklagt in diesem Video, dass es inzwischen sehr viele Lehrstühle an deutschen Universitäten für Genderwissenschaft gebe, aber nur noch sehr wenige für Atomforschung. Nun, unter welcher Regierungsverantwortung wurde die Atomenergie gecancelt? Welche “Ahnungen” hinsichtlich der Auswirkungen der Maßnahme wurden bereits damals geäußert?

Ich habe dazu mal Folgendes recherchieren lassen: In Deutschland gibt es derzeit noch acht Lehrstühle für Kernforschung, aber 173 Lehrstühle für Genderforschung. Da fehlt jedes Maß. Deutschland ist auf einem völlig falschen Weg unterwegs.

Quelle – Connemann, CDU

Vermutlich war das auch den Springer-Leuten klar, die über dieses von Linnemann aufgenommene “Problem” auf Zuruf der CDU-Frau Connemann berichteten. Der Begriff Gendern ist, wie wir alle wissen, auch für die Populisten aus der Union ein willkommener Trigger.

Der Vergleich zwischen Genderforschung und Atomtechnik ist entsprechend oft polemisch und dient dazu, die eine oder andere Disziplin zu diskreditieren. Linnemann und Connemann haben das drauf. So etwas beruht auf vereinfachenden Stereotypen und vernachlässigt die Komplexität beider Forschungsbereiche.

Die Behauptung, dass es in Deutschland 8 Professuren für Atomtechnik und 173 für Genderwissenschaft gibt, ist eine stark vereinfachte Darstellung einer komplexen Situation. Es ist nicht einfach, genaue Zahlen zu nennen, da sich die Anzahl der Professuren ständig ändert und die Zuordnung zu bestimmten Fachbereichen nicht immer eindeutig ist. Ein Blick in die Daten des Statistischen Bundesamtes belegen diese Aussage.

✅ Beitrag gemerkt! Favoriten anzeigen
0