Merkel lobt den Erfolg ihrer Regierung und Gerhard Schröder für Hartz IV. Viele applaudieren und gefühlt mindestens ebenso viele finden, sie ruhe sich auf den Erfolgen der Agenda – Politik Schröders aus. Merkel habe keine politischen Visionen, die das Land zukunftssicher machten und nach vorn entwickeln würden.
Es ist alter Wein in neuen Schläuchen. Haben die Reformen des aktuell wegen seiner Russland-Connections kritisierten Altkanzlers die stillstehende Republik zum Ende der Ära Kohl Ende der 1990 Jahre überhaupt gerettet, und ist es richtig, dass wir noch davon von ihnen profitieren? Nebenbei sei gefragt, ob Macron gut beraten ist, wenn er zumindest Teile der Agenda-Reformen für Frankreich übernehmen will?
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Viele Leute, vornehmlich Politiker, bewerten Schröders Agenda positiv. Zustimmung findet sich in fast allen Parteien. Es heißt, sie habe maßgeblich dazu beigetragen, die Agonie im Staat, die zum Ende der Kohl-Ära mit Händen zu greifen war, zu überwinden und Deutschland zurück an die Weltspitze zu bringen.
Nun ist seit dem Sturz Schröders bei den von ihm selbst herbeigeführten vorzeitigen Neuwahlen im Jahr 2005 viel passiert. Das Land hat sich wahnsinnig verändert. Ich verstehe gut, wenn der Merkels – Slogan „Deutschland geht es gut“ für manche wie Hohn klingt.
Die SPD hat es förmlich zerrissen, sie hat ihren Status als Volkspartei eingebüßt und müsste eigentlich dringend in die Opposition, um sich dort personell wie inhaltlich ganz neu zu finden und aufzustellen. Genau diesen Schritt werden die Verantwortlichen der Partei jedoch nicht tun, weil sie, wie ich stark annehme, wie eh und je an der Macht kleben.
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Die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen ist positiv. Die Grafik (siehe unten) ist wirklich beeindruckend!
Die Frage ist halt nur, welchen Preis Teile unsere Gesellschaft für diese Entwicklung gezahlt hat und ob der starke Rückgang der Arbeitslosigkeit überhaupt auf die Hartz IV – Reformen zurückzuführen war.
Professor Peter Bofinger (62) ist einer der so genannten Wirtschaftsweisen. Er gehört dem Gremium von Ökonomie-Experten an, das die Bundesregierung seit Jahrzehnten in wechselnden Besetzungen in Wirtschaftsfragen berät. Der offizielle Name dieses erlauchten Expertengremiums ist „Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.“
Eben dieser Peter Bofinger hat schon vor einer Weile die Wirkung der Agenda – Reformen auf den wirtschaftlichen Aufschwung unseres Landes bezweifelt. Ihre Bedeutung, so Bofinger, werde massiv überschätzt.
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Da Angela Merkel in 2005 die Regierung übernommen hat, kann sie sich und ihrer Regierung den Erfolg anrechnen lassen. Deutschland zählt in diesem Jahr ca. 44 Mio. Erwerbstätige, ein Rekordwert.
Hartz IV wird als Verrat der SPD an ihren Wählern verstanden
Die gesellschaftliche Zurechnung und Bewertung läuft allerdings, nicht erst am Ende dieser GroKo, ein wenig unorthodox ab. Während die CDU für ihre Arbeit Anerkennung findet und um die 40% bei der kommenden Bundestagswahl erwarten darf, zittert die SPD vor einer immerhin im Bereich des Möglichen liegenden Unterschreitung der 20% Marke. Der Kommunisten-Slogan „Wer hat uns verraten…“ wird heutzutage sogar sehr gern von den Neurechten benutzt, um ihren „Sympathien“ für die Sozialdemokraten Ausdruck zu verleihen. Schröders Agenda wirkt halt – nur an der verkehrten Stelle.
Wenn die Merkel-Union auf die Pauke haut und mithilfe der Statistik darlegen kann, dass seit 2005 die Arbeitslosenquote um ungefähr 50% zurückgegangen ist, wird ihr dies nicht verübelt. Ich möchte wetten, dass selbst Wähler, die früher SPD-Wähler waren und mit einem gewissen Gerechtigkeitsempfinden ausgestattet sind, heute Merkel wählen und die Auswirkungen der ach so segensreichen Schröder – Agenda allein der SPD in die Schuhe schieben.
Ich bekomme immer noch Magengrimmen, wenn Unionspolitiker ihren SPD-Kollegen in süffisantem Ton, möglichst natürlich vor den Mikrophonen stecken, dass sie ja gar nicht verstehen können, dass die SPD-Kollegen sich nicht mit Hurra-Rufen hinter Schröders Agenda stellen wollen.
Die Agenda war ein Fehler, an dem die SPD am Ende noch zugrunde gehen könnte. Ein schwacher Trost könnte gewesen sein, wenn sich die Auswirkungen wirklich als so positiv darstellen ließen, wie wirtschaftsliberale Kreise behaupten. Schröder ist ihnen auf den Leim gegangen. Die Milchmädchenrechnung mit der Durchsetzung der komplett zulasten der Arbeitnehmerschaft gehenden Reformen im Gegenzug von der Arbeitgeberseite Jobs geschaffen würden, ist so nicht aufgegangen. Der entstandene Druck auf die Arbeitnehmer führte dazu, dass sich Deutschland zum Billiglohnland entwickelt hat. Daran hat sich seither auch nichts mehr geändert.
Statistiken fälschen
Ich vermute, dass sich an der Zählweise der Arbeitslosenquote seit 2005 nichts mehr verändert hat (die Souffleure des rechten, defätistischen Lagers, behaupten trotz besseren Wissens immer wieder, die monatlichen Meldungen der AA seien gefakt), so dass sich in meinen Augen nichts gegen die von Merkel vorgetragenen Erfolgsgeschichte sagen lässt, wenn ihre Leute den Zeitraum ihrer Amtsübernahme bis dato (2005 – 2016) wählten.
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Das ARD-Magazin „Monitor“ sieht Merkels Erfolgsgeschichte der Entwicklung der Arbeitslosenquote im Hinblick auf diesen Zeitraum anders und bezieht sich hierbei auf den Wirtschaftsweisen Peter Bofinger.
https://www.facebook.com/monitor.wdr/posts/1508702565835345
Monitor behauptet „ehrlich gerechnet“ zu haben, während der Chef des Magazins, Herr Restle, behauptet, die Regierung (CDU/SPD) sage ihren Wählern nicht die Wahrheit. Man könne schließlich für diesen Vergleich nicht unpassende Zeiträume heranziehen? Statt das Krisenjahr 2005 (Einführung der letzten Hartz-Gesetze) als Startpunkt für den Vergleich zu benutzen, wäre es laut Monitor korrekt gewesen, das Jahr 2001 für heranzuziehen.
Die richtigen Zeiträume wählen
Dazu zwei Anmerkungen:
1.) Die Wirkung der Hartz IV-Gesetze trat, wie Bofinger selbst sagt, erst mit dem letzten Hartz – IV – Gesetz in Kraft – eigentlich noch etwas später, weil logisch ist, dass Gesetze erst mit einem gewissen zeitlichen Versatz Wirkung entfalten können. Die Wahl des Jahres 2001 wäre für den Vergleich also eher unangebracht – jedenfalls wenn es darum geht, die Wirkung der Hartz-Gesetze zu belegen.
2.) Merkel ist seit 2005 verantwortlich. Weshalb sollte sie also für ihre Bilanz einen anderen Zeitraum benutzen? Wer würde das tun?
Peter Bofinger hatte zu einem früheren Zeitpunkt (übrigens in einer Diskussion mit dem Präsidenten des Instituts der deutschen Wirtschaft, Hüther) schon ausgeführt, dass der durch die Agenda – Politik Schröders entstandene Druck auf das Lohnniveau in Deutschland für den wirtschaftlichen Aufschwung viel entscheidender gewesen ist als die Agenda 2010.
Jeder, der diese Zeit als Arbeitnehmer miterlebt hat, dürfte die Sichtweise Peter Bofingers nachvollziehen können.
Die gesellschaftlichen Verwerfungen, von denen merkwürdigerweise in der Regierung niemand etwas hören möchte („Deutschland geht es gut“❓), fordern bis heute ihren Tribut.
Die Entstehung des Wutbürger-Phänomens und letztlich auch der Boom der Rechtspopulisten findet seine Begründung meines Erachtens auch in dieser Entwicklung.
Der Versuch von „Monitor“ die Regierung mit dem Vorwurf der Zahlenspielerei in die Bredouille zu bringen, hat keine Überzeugungskraft! Die deutsche Linke (damit ist nicht die Partei gemeint!) bringt es nicht fertig, den Menschen hinreichend klarzumachen, dass es zwar wahr ist, dass es vielen Menschen in Deutschland gut geht, dass es aber leider viel zu viele und vor allem immer mehr Menschen gibt, bei denen es leider anders aussieht. Damit sind nicht einmal die 14,5 Millionen Menschen, die direkt und indirekt unter der Knute des Hartz IV – Regimes stehen.
Noch schlimmer ist aber, dass durch die wachsende Zahl prekäre Arbeitsverhältnisse (Zeitarbeit, Befristungen und die besonders verwerfliche Bedarfsarbeit) der Druck auf die Menschen weiter erhöht wird – zugunsten der Arbeitgeber und des Kapitals.
Weg mit Hartz IV
Mein Wunsch für den 24. September 2017 ist, dass es keine Wiederholung der GroKo gibt. Sie ist nicht nur ausgesprochen schädlich für die Demokratie, sie verlängert den Prozess des Dahinsiechens der SPD. Was die Partei braucht ist eine personelle und programmatische Neuausrichtung. Das aktive Personal muss jungen, unverbrauchten Kräften weichen, sozialdemokratische Positionen müssen wieder erkennbar werden. Dann kann man diese auch wieder vermitteln. Solange wird das nichts.
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