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Antisemitismus bei Migranten darf nicht als Ausrede für eigene Fehler herhalten

Der Wissenschaftler Julius Schoeps beschrieb bei „Anne Will” die Lage in Deutschland mit die­sen Worten: „Ich hal­te den Antisemitismus für eine kol­lek­ti­ve Bewusstseinskrankheit. 15 bis 20 Prozent der deut­schen Bevölkerung haben anti­se­mi­ti­sche Einstellungen.”

Als ich vor kur­zem (nicht in die­sem Blog) zum Thema Antisemitismus gebloggt habe, ist wie­der das pas­siert, was ich schon aus der Vergangenheit kann­te. Vielleicht war der Text miss­ver­ständ­lich, oder von mei­nem Bewusstsein hat – wie auch immer das funk­tio­niert – Antisemitismus Besitz ergrif­fen. Dass Menschen auch dann nicht davor gefeit sind, wenn sie ihn (öffent­lich) von Herzen ableh­nen, soll schon vor­ge­kom­men sein.

Wie kann das sein?

Meine per­sön­li­chen Lebenserfahrungen sind doch gänz­lich ande­re als die der Menschen, die aus dem ara­bi­schen Raum zu uns gekom­men sind und die, wie es heißt, mit ihrem kul­tu­rell gepräg­ten Antisemitismus für eine star­ke Zunahme anti­se­mi­ti­scher Übergriffe auf Juden und jüdi­sche Einrichtungen gesorgt haben sollen.

Mehr Munition für die AfD

Ist es Zufall, dass die AfD einer­seits per­ma­nent Ressentiments gegen Geflüchtete schürt und in ihren Reihen kras­se anti­se­mi­ti­sche Ausfälle zu beob­ach­ten sind? Ausfälle, die par­tei­in­tern zwar manch­mal kri­ti­siert wer­den, die jedoch nie zu dis­zi­pli­na­ri­schen Maßnahmen füh­ren. Björn (Bernd) Höcke ist mit sei­nen unsäg­li­chen Aussagen kein Einzelfall. Es gibt Mitglieder die­ser Partei, die ihre anti­se­mi­ti­schen Parolen viel deut­li­cher „vor­ge­tra­gen” haben.

Wie gesagt, ich bin auch schon mehr­mals als Antisemit bezeich­net wor­den, weil ich mich für Palästinenser und gegen israe­li­sche Politik posi­tio­niert habe oder ein­fach auch nur, weil ich für Xavier Naidoo Position bezo­gen habe.

Ich hal­te mei­ne Vergehen selbst natur­ge­mäß für harm­los. Aber ande­re sehen das ganz anders. Für mei­nen Teil habe ich den Kopf ein­ge­zo­gen und den Mund gehal­ten. Außerdem bin ich aus der einen oder ande­ren Facebook – Gruppe aus­ge­tre­ten, weil es mir zu „auf­re­gend” wur­de. Für mich ist die Tatsache, mit Antisemiten der AfD in einen Topf gewor­fen zu wer­den, schwe­re Kost. Zumal ich gegen sol­che Gesinnungen nach Kräften ankämp­fe (und zwar nicht nur am Bildschirm!).

Die Statistik ken­ne ich, nach der in Deutschland 15 bis 20% der Bevölkerung eine anti­se­mi­ti­sche Einstellung haben soll. Das ist seit lan­gen Jahren ein Wert, der sich schein­bar kaum ver­än­dert hat.

Bis jetzt.

Inzwischen ist die AfD mit knapp 13% im Deutschen Bundestag ver­tre­ten, und wir hören von denen, die Andersdenkenden nur zu gern Beschwichtungsabsichten vor­hal­ten, dass die­ses Faktum unse­rer Demokratie gut tun wür­de. Das Hauptargument ist, dass die­se von der AfD ver­tre­te­nen poli­ti­schen Positionen jetzt auch im Parlament reprä­sen­tiert wären.

Ehrlich: Für mich hät­te die AfD ruhig eine außer­par­la­men­ta­ri­sche Opposition blei­ben können.

In Österreich gibt es mit der FPÖ schon lan­ge am rech­ten Rand eine Partei. Sie war vor Jahren ein­mal an der Regierung betei­ligt und ist es seit den letz­ten Wahl in deut­li­che­rem Umfang.

Ich höre häu­fig, dass dies auf die Großen Koalitionen zurück­zu­füh­ren gewe­sen sei, die es im Nachbarland in Serie gege­ben hat. Ich glau­be zwar, dass die­se Theorie nicht grund­sätz­lich falsch ist. Die Tatsache, dass wir in ganz Europa und auch in Übersee (USA) einen wach­sen­den Nationalismus beob­ach­ten, deu­tet eher dar­auf als mög­li­che Ursache hin.

In der Schweiz konn­te die rechts­na­tio­na­le SVP erst Ende der 1990er im Parlament eine grö­ße­re Repräsentanz erlan­gen. Heute ist sie die größ­te Partei bei den Nationalratswahlen (ca. 29%). Der Boom der SVP dürf­te ver­schie­de­ne Ursachen haben. Sie ist nicht nur natio­na­lis­tisch und frem­den­feind­lich ori­en­tiert, son­dern nimmt auch eine sehr kri­ti­sche Position zur EU ein. Dies wie­der­um dürf­te nicht nur die aus­ge­präg­te Vorliebe für wirt­schaft­li­che Unabhängigkeit sein. Die EU-​kritische Haltung der SVP ist für mei­ne Begriffe weni­ger durch wirt­schaft­li­che Grundüberzeugungen als vom vor­herr­schen­den Nationalismus geprägt.


Wachsender Antisemitismus in Deutschland

Ich wie­der wie­der mal ein wenig vom Thema abgekommen. ?

Es soll­te hier um den wie­der wach­sen­den Antisemitismus in Deutschland gehen.

Die Auftritte zwei­er Zeitzeuginnen ges­tern Abend bei Anne Will und eini­ge Tage davor bei der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen rüt­teln auf.

Ja, sie müs­sen uns auf­hor­chen las­sen – nicht nur wegen des in der Anne-​Will – Sendung ange­spro­che­nen Hinweises auf Parallelen zu 1933/​34.

Gerade bei „Anne Will” wur­de deut­lich, wie sehr anti­se­mi­ti­sche Übergriffe zuge­nom­men haben. Dass die­se Tatsache der Aufnahme der hohen Zahl von Geflüchteten aus mus­li­misch gepräg­ten Ländern geschul­det ist, liegt auf der Hand.

AfD-​Futter

Dass die AfD mit die­sem Faktum hau­sie­ren geht, ist zwar einer­seits ein ziem­lich mie­ser Witz. Aber ande­rer­seits ist es kei­ne Überraschung! Während sich vie­le im Land damit abmü­hen, den Geflüchteten die deut­sche Sprache und ihnen kul­tu­rell Eigenarten der deut­schen Mitteleuropäer bei­zu­brin­gen, haben die Rechten es recht ein­fach. Wenn sie mit Antisemitismusvorwürfen kon­fron­tiert wer­den, ver­wei­sen sie auf die schlim­men Erfahrungen, von denen jüdi­sche Bürger heut­zu­ta­ge berich­ten kön­nen. Siehe da, das funk­tio­niert auch. Nicht die AfD und ihre Abteilung für moder­nen Antisemitismus krie­gen den Fokus der Öffentlichkeit, son­dern die Problematiken, die mit der Migrationsarbeit ein­her gehen.

Wie hilf­los sind ange­sichts die­ses Zustandes die Versuche unse­rer Politiker, wenigs­tens halb­wegs über­zeu­gen­de Lösungen zu präsentieren?

Glauben wir allen Ernstes, dass der Antisemitismus, den wir Deutschen in über 70 Jahren seit dem Ende Hitlers immer noch nicht abge­ar­bei­tet, geschwei­ge denn bewäl­tigt haben, durch Besichtigungstouren in KZ-​Gedenkstätten (ob frei­wil­lig oder nicht) an Geflüchtete und x ande­re sicher nur gut gemein­te Maßnahmen sich in Luft auf­lö­sen könnte?

Zu schnell und zu viel

Wir reden über Hunderttausende von Menschen mit eben­so vie­len per­sön­li­chen Geschichten, mit gesell­schaft­li­chen und kul­tu­rel­len Prägungen, die voll­kom­men ande­re sind als unse­re eige­nen. Wir ver­ste­hen sie nicht nur nicht, weil sie eine ande­re Sprache spre­chen. Und bis sich das ein wenig geän­dert hat, ver­ge­hen Jahre, wahr­schein­lich Jahrzehnte.

Es ist nicht mög­lich, all die­se Menschen inner­halb kur­zer Zeit „umzu­er­zie­hen”. Es wäre töricht, wenn Politiker die­sen Eindruck erwe­cken wür­den. Und wir kön­nen ange­sichts sol­cher Erkenntnisse nicht dar­auf war­ten, dass sich alles von selbst löst und die Rechten wie­der auf unter 5% bei den Wahlen zurück­ge­fal­len sind.

Ich weiß, dass eine Menge Leute nach Kräften an der Lösung für die­se Probleme arbei­ten. Auf mich wir­ken die Projekte von denen ich gehört und gele­sen habe einer­seits sinn­voll und man­che Maßnahmen wirk­lich über­zeu­gend, ande­rer­seits aber auch wie Nussschalen auf einem Weltmeer.

Einmal mehr ist der Staat gefragt. Jener Staat, den die von uns gewähl­ten Politiker reprä­sen­tie­ren. Aber die mur­meln sich in Berlin immer noch eine neue Regierung zurecht. Wenn das dane­ben geht – wovon ich immer noch aus­ge­he – wer­den wir auf kon­kre­te Maßnahmen wei­ter war­ten. Aber eigent­lich haben wir dafür kei­ne Zeit.

Liebe SPD: Die hier auf­ge­wor­fe­ne Frage befin­det sich nicht unter den drei nach­zu­ver­han­deln­den Punkten. Klar, das ist nur eine Facette der Herausforderungen, die die mas­sen­haf­te Migration von Menschen mit sich gebracht hat. Wie soll es einen Rückhalt für den Familiennachzug von sub­si­di­är Geschützen in der Bevölkerung geben, wenn wir im Zusammenleben der ver­schie­de­nen Religionen die­se dra­ma­ti­schen Entwicklungen kon­sta­tie­ren müssen?


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