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Ist Trump vielleicht doch nicht so blöd?

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Ich schicke voraus, dass die Frage für mich rhetorischer Natur ist. Es irritiert mich, dass mancher – auch Journalisten aus Europa –  Trump geradezu anhimmeln. Mit denen stimme ich gewöhnlich aber auch bei anderen Themen nie überein.

In Köln gibt’s den über die Stadtgrenze hinaus bekannten Spruch:

Jede Jeck is anders. 

Der Satz hat meine Sympathie, weil er impliziert, dass Menschen ein gewisses Maß an Toleranz verdienen. Selbst dann, wenn sie uns vielleicht auf den ersten oder zweiten Blick zutiefst unsympathisch sind.

Keine Ahnung, woran es liegt, dass mir das bei Donald Trump und in diesen Zeiten auch bei manch anderem, einfach nicht mehr gelingen will. Ich war mal anders!

Warum?

Donald Trump braucht diesen Handelskrieg vermutlich nur aus einem Grund: Er will seinen Wähler*Innen damit vorführen, dass er es anders macht und sein Amerika an die erste Stelle stellt. Was soll an dieser simplen aber vielen Menschen auch sympathischen Aussage eigentlich so verkehrt sein? Nicht nur bei AfD – Wählern kommen nationalistische Töne in diesen Zeiten gut an. America first klingt egoistisch, aber was ist schon dagegen zu sagen, wenn ein Regierungschef zuerst an sein Land denkt und seine Politik nach seinen Interessen ausrichtet?

Allen bisherigen Skandalen und Vorbehalten zum Trotz: der Mann kann Erfolge vorweisen. Viele fragen allerdings danach, wie lange diese nachhalten werden. Die Vereinbarung mit Kim – so gut und richtig ich sie persönlich auch finde – ist ein Beispiel. Zunächst einmal hat Trump hier eine Vereinbarung getroffen, die hoffentlich noch ausgestaltet und verbindlich gemacht wird. Ansonsten könnte man Trump das vorhalten, was er am Iran-Abkommen -vielleicht zu Recht- kritisiert hatte.

Misere

Spätestens nach dem letzten, so besonderen US-Wahlkampf, haben viele in Europa durch die intensive Berichterstattung erst erfahren, wie schlecht es vielen Amerikanern wirtschaftlich geht und wie verbreitet auch dort der Hass auf das politische Establishment ist.

Ihre letzte Hoffnung heißt: Donald Trump. Ich finde es albern und unverständlich. Aber die Amis wollten es so.

Nur er könne und wolle etwas an ihrer Misere ändern. So lautete der Tenor. Alternativen wie Clinton oder andere Kandidaten trau(t)en sie nichts mehr zu. Das erinnerte an die Verhältnisse in Europa – auch in Deutschland.

Die Arbeitslosigkeit hat in den USA einen rekordverdächtigen Tiefststand erreicht, die Börsen jubeln, Kim und er sind jetzt Freunde und den Europäern hat er es mal richtig gezeigt. Warum ist er trotzdem so unbeliebt, wie kaum ein anderer Präsident in seinem ersten Amtsjahr? Ich höre die Trump-Freunde, die solche Erkenntnisse aus Umfragen als Fake News verdammen. Wer glaubt schon, dass Trump nur bei vierzig Prozent der Amerikaner beliebt ist? Und die Zahl hört sich doch nicht so schlimm an, obwohl sie angeblich der schlechteste Wert ist, den ein Präsident im ersten Amtsjahr je erreicht hat. Schlechte Presse halt.

Spaltung im Land

Trump arbeitet nicht daran, die innere Spaltung in den Vereinigten Staaten zu überwinden. Er gießt lieber weiter Öl ins Feuer und bringt die Gruppen gegeneinander auf. Populisten machen das. Wir in Europa haben diese Erfahrungen ebenfalls gemacht.

Trump hat nicht ein Gesetzesvorhaben durchbekommen! Dabei haben seine Republikaner die Mehrheit im Kongress. Er will partout Obamas Erbe zerstören. Leider gelingt ihm das Stück um Stück. Ich denke an die Aufkündigung des Iran-Abkommens, den us-amerikanischen Rückzug aus dem Klimaschutz und natürlich seine vergeblichen Versuche Obamacare zu Fall zu bringen. Menschlich als besonders brutal empfand ich die Abschaffung des Vertrauensschutzes für die Kinder illegaler Migranten.

Die Leute, die auf Rabatz stehen, werden sich an Trump vermutlich erfreuen. Noch kein amerikanischer Präsident, den ich erlebt habe, hat sich so penetrant daneben benommen wie dieser Mann. Manche wollen sein Verhalten als Ausdruck einer bestimmten Haltung interpretiert wissen. Nein, der Mann ist ein ungehobelter Narzisst, der eine große Gefahr für den Frieden auf der Welt darstellt. Nicht zuletzt an den permanenten Personalwechseln in seinem unmittelbaren Dunstkreis ist das wunderbar deutlich abzulesen.

Er schimpft über das riesige US-Leistungsbilanzdefizit mit den Europäern und unterschlägt laut Ifo-Institut, dass in seinen Zahlen wichtige Werte gar nicht enthalten sind!

Leistungsbilanz – Fälschung?

Wenn wir schauen, welche US-Firmen bei dem, was wir so unter Digitalisierung verstehen, schon jetzt die führende Rolle einnehmen, wundert es doch ein wenig, dass angesichts der Umsätze und Gewinne solcher Giganten ein Defizit in der Leistungsbilanz überhaupt zu Buche steht. Wenn Trump das Leistungsbilanzdefizit von über 811 Mrd. US$ gegen Europa beklagt, so hat er laut Ifo nur den reinen Warenverkehr (Im- und Export) berücksichtigt, nicht jedoch den Austausch von Dienstleistungen. Und da kommen die Firmen ins Spiel, die ich vorher erwähnt habe (Google, Facebook, Amazon, Microsoft, Apple u.s.w.). Unter Einbezug allein dieser Größe verringert sich das Leistungsbilanzdefizit auf 100 Mrd. $. Außerdem hat Trump die Gewinne europäischer Töchter all dieser Giganten nicht eingerechnet. Sie werden in die USA transferiert. Dass die Unternehmen immer noch kaum Steuern in Europa und Deutschland zahlen sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Es lohnte sich, den Artikel der SZ (Link unten) zu lesen.

Die Lage vieler US-Amerikaner hat mit der über lange Jahrzehnte stattgefundenen Deindustrialisierung zu tun. So, wie wir unsere Industriearbeitsplätze nach Osteuropa und China verlagert haben, wurde auch in den Vereinigten Staaten verfahren. Woran es liegt, dass insbesondere Deutschland halbwegs die Balance in diesem Prozess behalten hat, können Wirtschaftswissenschaftler sicher erklären. In den USA ist das jedenfalls viel schlechter gelaufen. Ob die Ostdeutschen meine Bewertung auch so sehen?

Die von Arbeitslosig- und Mutlosigkeit betroffenen Menschen in den USA setzen darauf, dass Trump mit seinen „Maßnahmen“ alte Bedingungen wiederherstellt (Stichwort: Stahl). Wir haben uns daran gewöhnt, dass Trump penetrant Fake News liefert.

Vielleicht führt das dazu, dass manche Publizisten versuchen, uns Trump zum Helden hochzujubeln?

Ich denke da vor allem an Journalisten wie Roger Köppel, den Herausgeber der schweizerischen Weltwoche, der in seiner Eigenschaft als SVP – Abgeordneter nicht zufällig AfD und FPÖ nahesteht.

Gnade uns Gott, wenn Donald Trump mit seiner rücksichtslosen und auf Fake News basierenden Politik dauerhafte Erfolge erzielt.


siehe auch:

Quelle: Die USA haben gar kein Defizit mit der EU – Wirtschaft – Süddeutsche.de

Die Weltwoche | Weltwoche Online – Amerika:Trumps Wirtschaftswunder | Die Weltwoche, Ausgabe 24/2018

VOR
Artikelinformationen:

Medien, Politik

Köppel

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