Bayern als demokratisches Modell

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Auf die Dummheit der Menschen ist Verlass. Vor allem dann, wenn es um Politik geht. Und das ist, wenn wir uns umschau­en, tröst­li­cher­wei­se kein deut­sches Phänomen. 

Dabei gilt: Nichts gegen Pluralität, gegen unter­schied­li­che poli­ti­sche Überzeugungen und Meinungen – solan­ge sie demo­kra­ti­sche Regeln beachten.

Wie sich lei­der zeigt, sind wir trotz unse­rer Vergangenheit nicht gefeit davor, rechts­ra­di­ka­len Parteien auf den Leim zu gehen. Vorzugsweise lässt sich dies im Osten Deutschlands bestau­nen. Nach Umfragen ist die AfD dort die größ­te Partei.

Das wirft die Frage auf, ob unse­re Demokratie nach Lage der Dinge stark genug sein wird, die von der AfD her­bei­ge­schwätz­te „Konterrevolution” aus eige­ner Kraft zu unter­bin­den. Ein paar Demonstrationen rei­chen dazu nicht aus!

Die aktu­el­le Politik der Großen Koalition gibt kei­ne befrie­di­gen­den Antworten. Nach Meinung vie­ler wer­den die wirk­lich wich­ti­gen Fragen gar nicht oder nicht über­zeu­gend beant­wor­tet. Aber reicht die­se Tatbestandsbeschreibung aus, um alles auf den Kopf zu stel­len und ein bewähr­tes Gesellschaftssystem, die Demokratie, kom­plett infra­ge zu stellen?

Wir leben in einer wirt­schaft­li­chen Hochzeit, die irgend­wann ganz sicher ihr Ende fin­det. Die Wachstumsprognosen sind zwar immer noch gut, aber sie wur­den zuletzt reduziert. 

Grund zur Klage

Deutschland scheint nicht das Land zu sein, in dem alle gut und ger­ne leben. Es gibt vie­le Klagen. Einerseits gibt es posi­ti­ve Zahlen, die die Stabilität und Prosperität des Landes aus­drü­cken. Andererseits gibt es immer mehr Menschen, die nicht davon pro­fi­tie­ren. Der Gegensatz zwi­schen arm und reich wächst immer schnel­ler und die Menschen betrach­ten dies nicht aus Neid und Missgunst kri­tisch, son­dern weil sie spü­ren, dass die Entwicklung die gesam­te Gesellschaft zer­stört. Viele sind mit dem Staat im Unreinen, weil sie die in vie­ler­lei Hinsicht ver­trau­te Sicherheit vermissen.

Ob die­se Wahrnehmungen gefühlt oder real sind, spielt dabei kei­ne Rolle. Solche Gefühle schla­gen sich poli­tisch nie­der. Das wis­sen wir. Aber der Politik fal­len Antworten schwer. Die Unzufriedenheit nimmt zu. Dass die AfD in den ost­deut­schen Ländern inzwi­schen die größ­te Partei wur­de, ist ein ver­stö­ren­der Ausdruck die­ser Lage.

Die These muss aller­dings nicht stim­men, wie die Umfragen kurz vor den Wahlen in Bayern zeigt. Die Forschungsgruppe Wahlen sieht die AfD am 11.10. immer noch bei 10%. Diese Marke ent­spricht den meis­ten Umfragewerten. Nur INSA mel­det zuletzt am 9.10. die AfD bei 14%. INSA wird gern eine gewis­se Nähe zur AfD nach­ge­sagt. Das tut dem Einfluss des Instituts kei­nen Abbruch. Wer gute Werte für die AfD ver­mel­den möch­te, wird dort zuver­läs­sig mit bes­ten Umfragewerten für die Partei ver­sorgt. Die SPD erhält von INSA rei­hen­wei­se die schlech­tes­ten Ergebnisse aller Institute. Als in der letz­ten Woche die Rede dar­auf kam, dass die SPD in Bayern nur noch an Rang vier liegt, kamen die Zahlen von die­sem Institut.


Die ande­re Seite der Medaille ist, dass INSA mit ihren Umfragen den tat­säch­li­chen Wahlergebnissen bei der Bundestagswahl im September 2017 am nächs­ten gekom­men ist. Diese häu­fig gehör­te Bewertung wird aber auch nicht über­all geteilt.

Und die Bayern?

Die Umfrageergebnisse von Bayern machen mich opti­mis­tisch. Jedenfalls, was die beschei­de­nen Werte der AfD anlangt. Die 10 %, die im Oktober sta­bil gemel­det wur­den, sind sogar ein wenig schlech­ter als das Ergebnis der Bundestagswahl vom September 2017 in Bayern. Unter den Instituten, die im Oktober Umfragen ver­öf­fent­licht haben, mel­det nur INSA ein deut­lich bes­se­res Ergebnis für die AfD (14%!).

Ich hof­fe, INSA möge falsch liegen.

Jedenfalls das alte Strauß – Motto, dass es rechts von der CSU kei­ne Partei geben dür­fe, hat sich offen­bar über­holt. Angesichts der gewal­ti­gen Verluste, die für die CSU gemel­det wer­den, wer­den sich wahr­schein­lich vie­le dar­über wun­dern, dass sich die Stimmen bei den Grünen und nicht bei der AfD nie­der­ge­schla­gen haben. Die Institute sehen die Grünen im Oktober zwi­schen 17 und 18%, die Forschungsgruppe Wahlen gar bei 19%. 

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Gegenüber der letz­ten Landtagswahl in Bayern (2013) wür­den die Grünen dem­nach mehr als 10% hinzugewinnen. 

Ex-Ministerpräsident Stoibers klei­ne Theorie, dass die Binnen-Zuwanderungen (die Preißn kom­ma) nach Bayern die­se Verschiebung maß­geb­lich beein­flusst haben könn­te, ist mit den Zahlen der baye­ri­schen Landesregierung nicht klar zu bele­gen. Demnach sind von 1991 bis 2015 etwa 734.000 Menschen aus ande­ren Bundesländern nach Bayern gezo­gen. Wir spre­chen bei die­sem Erhebungszeitraum immer­hin über 24 Jahre.

Bei ca. 9,5 Millionen Wahlberechtigten in Bayern wären laut Stoiber unge­fähr 10% Zugereiste. Aber Stoibers Angabe deckt sich nicht mit den Zahlen von der baye­ri­schen Landesregierung (sie­he oben). Allein der viel län­ge­re Zeitraum von über 24 Jahren (nicht 10, wie Stoiber behaup­tet!), über den sich die Zuwanderung hin­zog hat, hät­te sich schon bei ande­ren Wahlen aus­ge­wirkt. Das war jedoch nicht der Fall. Die Grünen kamen bei der letz­ten Landtagswahl nur auf etwa 8%. 

Die in den Medien zum Teil als ori­gi­nell bezeich­ne­te These Stoibers ist nicht haltbar. 

Die AfD hat bei den Bundestagswahlen im September deut­lich bes­ser abge­schnit­ten als die Umfragen es erken­nen lie­ßen. Jedenfalls, wenn man von den Ergebnissen in der Woche vor der Wahl ein­mal absieht. Ich hal­te es für mög­lich, dass die Feinde der Demokratie in Bayern bes­ser abschnei­den und die Grünen dafür deut­lich schlech­ter. Die CSU ver­liert zwar auf jeden Fall. Aber mich wür­de es nicht über­ra­schen, wenn sie trotz­dem noch 36–37% der Wählerstimmen errei­chen könnte.

Warum gewinnen die Grünen und nicht die AfD?

Mein Bild vom baye­ri­schen Wähler ist in Gefahr. Ich hät­te wet­ten kön­nen, dass das Theater, das von Seehofer und Söder ver­an­stal­tet wur­de und das die Union mas­siv geschwächt hat, auf das Stimmenkonto der AfD einzahlt.

Stattdessen schei­nen die Grünen die Königsmacher zu wer­den. Ich wür­de mir wün­schen, dass demo­kra­ti­sche Vernunft dafür sorgt, dass die AfD nicht vom Tohuwabohu der Parteien in Berlin pro­fi­tiert. Ausgemacht ist das zwar nicht. Aber es muss ja Gründe geben, wes­halb die Grünen in den Umfragen so präch­tig dastehen. 

Die SPD konn­te nicht pro­fi­tie­ren, nichts hin­zu­ge­win­nen, son­dern ver­liert im Gegenteil immer mehr an Zustimmung. Der Partei, auch der Filiale in Bayern, ist jedes Gespür für rich­ti­ge Themen ver­lo­ren gegangen. 

In Bayern spielt das kon­ser­va­ti­ve Element natur­ge­mäß eine gro­ße Rolle. Dass die WählerInnen dem Anschein nach die rück­wärts­ge­wand­te, reak­tio­nä­re Politik der AfD nicht als Sachwalter eines Konservativismus nach ihrem Verständnis betrach­ten, hat für mich etwas Tröstliches. Ich hät­te dar­auf gesetzt, dass die AfD von dem pro­fi­tie­ren wür­de, was die CSU-Spitze in Berlin und im Land ver­an­stal­tet hatte.

Vielleicht trifft ja zu, was das Feuilleton sinn­ge­mäß sagt: Die Grünen ver­kör­pern heu­te kei­ne pro­gres­si­ve lin­ke Bewegung mehr, son­dern ste­hen in vie­ler­lei Hinsicht für die kon­ser­va­ti­ve Werte, für die ehe­dem die CSU ein­ge­stan­den ist. Damit ist aller­dings nicht nur die Haltung zur Flüchtlingskrise gemeint. Nehmen wir zum Beispiel das unsäg­li­che Verhalten der CSU-Verkehrsminister im Berliner Kabinett in aktu­el­len Fragen.

Ich bin gespannt, was die ers­te Hochrechnung mor­gen brin­gen wird. 

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2 Gedanken zu „Bayern als demokratisches Modell“

  1. Darauf schlies­send haben wir hier in den Staaten eine AfD auf Steroiden namens Trump.
    Und die Demokraten bestel­len sich bei der SPD staen­dig ueber­gros­se Hosen zum reinscheissen.

    Gruss
    Jake 

    Antworten

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