Ich bin erstaunt, wie glatt der Durchmarsch von Kramp-Karrenbauer zur neuen CDU-Vorsitzenden gelaufen ist. Es war so knapp wie viele es vorausgesagt hatten. Mein persönlicher Tipp, dass Friedrich Merz in der momentanen Lage der CDU und bei dieser Stimmung geradezu zwangslĂ€ufig Merkels Nachfolger werden wĂŒrde, war falsch.
Obwohl manche Feministin die CDU fĂŒr so stock â konservativ hĂ€lt, dass die dort angeblich vorherrschende Schaar alter, weiĂer MĂ€nner den 18 Jahre lang andauernden âBetriebsunfallâ bei diesen Wahlen ein fĂŒr allemal âausbĂŒgelnâ wollte, passierte glatt das Gegenteil.
Es gibt eine fĂŒr viele ĂŒberraschende KontinuitĂ€t, ĂŒber die wir uns freuen dĂŒrfen. Frauen an die Macht!
Jens Spahn schlug sich respektabel. Friedrich Merz unterlag Annegret Kamp-Karrenbauer dann doch ĂŒberraschend deutlich. Dies fand ich vor der Stichwahl nicht unbedingt vorhersehbar. SchlieĂlich steht Jens Spahn fĂŒr einen noch konservativeren Kurs als Merz. Nur â Friedrich Merz hĂ€tte 3/4 von Spahns 157 Stimmen erhalten mĂŒssen. Das war nicht zu erwarten.
Ăber meine Sorge hinaus, dass sich die AfD jetzt beruhigt zurĂŒcklehnen und weiter Stimmen hinzugewinnen dĂŒrfte, ist Kramp-Karrenbauers Wahl fĂŒr unser Land nicht unbedingt eine gute Botschaft. Wir mĂŒssen abwarten. Vielleicht unterscheidet sie sich doch mehr von Merkel als viele glauben.
Trotz der Sympathie, die ich als Linker Merkels Regierungsstil zum Teil entgegengebracht habe, unserer Demokratie hat ihr moderierender FĂŒhrungsstil, der strategisch in einer asymmetrischen Demobilisierung einige Jahre zu lang nutzbar gemacht wurde, der Debattenkultur im Land geschadet. Er hat IMHO eine SchwĂ€chung aller demokratischen Institutionen verursacht.
Merkels Regierungsstil hat unserer Demokratie in mancher Hinsicht geschadet. Dem Land, besser gesagt, bestimmten Gruppen im Land, hat er genutzt. Das Aufkommen der AfD ist dafĂŒr leider ein unĂŒbersehbares Zeichen.
Wie geht es weiter?
Ich wĂŒnschte, dass ich mich in Annegret Kramp-Karrenbauer getĂ€uscht habe und sie eine gröĂere integrative Kraft entfaltet, als ich es ihr bisher zutraue. Vielleicht macht sie ihre AnkĂŒndigung wahr und sorgt dafĂŒr, dass ihre beiden Mitkandidaten in den engeren Zirkel aufgenommen werden. Ob es darĂŒber ĂŒberhaupt ausgemacht ist, dass auch kĂŒnftig die Parteivorsitzende automatisch Kanzlerin wird? Vielleicht ergeben sich andere Perspektiven und Konstrukte, an die wir heute noch nicht denken. Paul Zimiak als neuen GeneralsekretĂ€r zu bringen, könnte ein kluger Schritt sein. Das GerĂŒcht, den derzeitigen Chef der Jungen Union dazu zu machen, gibt es ja. Dagegen sprechen die Meldungen, dass er betont hat, AKK nicht unterstĂŒtzen zu wollen.
Den Prozess der Kandidatensuche, einschlieĂlich der Regionalkonferenzen, kann die CDU als Erfolg fĂŒr sich verbuchen. Wenn es gelingt, diese Diskussionsfreudigkeit als Element moderner Parteiarbeit dauerhaft zu etablieren, könnte das Verfahren so etwas wie ein Weckruf fĂŒr eine der beiden so genannten Volkspartei sein. Alles, was unsere Demokratie, auch innerhalb unserer Parteien, belebt, ist willkommen.
Die neuen Umfragen (Wahlrecht.de) zeigen interessante AusschlĂ€ge, die nicht zwangslĂ€ufig nur damit zu tun haben mĂŒssen, dass viele mit einem Friedrich Merz als neuem HoffnungstrĂ€ger gerechnet hatten. Andersherum könnte sich die unter Beweis gestellte neue Offenheit innerhalb der CDU dabei als ursĂ€chlich herausstellen.
Es bleibt spannend.
Ich denke auch: Warten wir einfach mal ab, wie es sich mit der neuen Vorsitzenden entwickelt.
Es ist auf jeden Fall interessanter als diese bleierne Ădnis zu verfolgen, die sich in Sachen Personal und Erneuerung z.Zt. in der SPD abspielt.
„Bleierne Ădnis.“ Genau das ist es. Ich hĂ€tte nie fĂŒr möglich gehalten, dass die Partei sich einmal so darstellen könnte. Ehrlich nicht. Dagegen ist das, was bei der CDU passiert, geradezu vorbildlich. Hoffentlich sehen die Mitglieder das angesichts des knappen Ergebnisses nicht anders.
Es steht ja nun fest wer die CDU fĂŒhren wird – welche Politik das bedeutet werden wir erst im weiteren Verlauf sehen …. sicher hingegen ist, dass auch die von Frau Kramp-Karrenbauer gefĂŒhrte CDU nicht vorrangig die Interessen der arbeitenden Bevölkerung vertreten wird. Sondern – wie stets in der Vergangenheit zu beobachten war – entgegen der Stimmung und der WĂŒnsche der Mehrheit im Lande, die Interessen der Geldgeber fĂŒr Partei und einzelne Abgeordnete.
Wie die schöne Volksweisheit zusammenfasst:
„Wes Brot ich ess‘ des Lied ich sing‘!“
[Allenfalls wird sich in Zukunft der EinfluĂ der katholischen Kirche mehren, was das „demokratisch“ im Parteinamen noch lĂ€cherlicher erscheinen lassen wird als es schon seit jeher war]
Die „Partei der FleiĂigen“ ist in den Augen vieler ein mehr oder weniger ungeschickten Synonyms fĂŒr eine neoliberale Politik. Dabei redet doch alle Welt davon, dass die „alten ideologischen GegensĂ€tze“ lĂ€ngst obsolet seien. So ganz, wĂŒrde ich meinen, stimmt das immer noch nicht. Umso seltsamer finde ich, dass immer so getan wird, als sei unser Land von einer links-grĂŒnen Gesinnung dominiert.
Ich glaube nicht, dass der Einfluss der Kirche wieder zurĂŒckkehrt – weder scheibchenweise noch ĂŒberhaupt. Der Indikator ĂŒber die Kirchenaustritte oder auch die Entweihung von ewig existierenden Kirchen sprechen nicht fĂŒr einen zurĂŒckkehrenden Einfluss der Kirchen.
Was allerdings kĂŒnftig wieder eine gröĂere Rolle spielen könnte, sind Diskussionen ĂŒber die gleichgeschlechtliche Ehe, Abtreibungen, die geschlechtliche Gleichstellung und so weiter. Damit wird die CDU versuchen, ihr konservatives Profil zu schĂ€rfen. Ob das etwas bringen wird, bleibt abzuwarten.
Die Kirchen kĂ€mpfen mit immer hĂ€rteren Bandagen, was beweist, dass sie jetzt erkannt haben: „Es geht um die Wurst!“
Als nĂ€chstes werden sie nach Möglichkeiten suchen sich unentbehrlich darzustellen. NatĂŒrlich im Schafspelz, so wie bei ihrer Schwangerenberatung die vor Abtreibungen zwangsweise stattfinden muss.