Die Tweets des Präsidenten

5 Minute/n


Merken

2

Man­cher wird die­ser Tage mit Blick auf die Fluk­tua­ti­on im Wei­ßen Haus an den belieb­ten Weih­nachts­klas­si­ker „Kevin – Allein zu Haus“ erin­nert. Don­nie ver­grault auch die letz­ten Gefolgs­leu­te mit Niveau. Das ist die Zeit der Mit­läu­fer wie Bol­ton und Pompeo.

Es ist was dran, wenn Kri­ti­ker sagen, die deut­sche Öffent­lich­keit wür­de von unse­ren Medi­en ein­sei­tig und über­trie­ben hoher Dich­te „infor­miert“. Ich per­sön­lich schal­te oft auf Durch­zug, wenn von Trump die Rede ist, denn es wird mir doch zuviel, wel­che Tor­hei­ten mög­lich gewor­den sind, wenn man nur „die rich­ti­gen“ Bür­ge­rIn­nen hin­ter sich hat.

Dass die­se Form der Abnei­gung gegen das Estab­lish­ment nicht nur in den USA und Euro­pa exis­tiert, son­dern ande­re Tei­le der Welt erreicht hat (zum Bei­spiel Bra­si­li­en), soll­te mehr Anlass zum Nach­den­ken als zur Häme sein. 

Ande­rer­seits ist nicht viel Neu­es dar­an, unse­ren über­kri­ti­schen Blick auf die dum­men Amis zu wer­fen. Wir kön­nen damit von dem ablen­ken, was bei uns alles schief läuft. Es war schließ­lich schon immer ein pro­ba­tes Mit­tel der Poli­tik, durch außen­po­li­ti­sche Akti­vi­tä­ten von der Innen­po­li­tik abzu­len­ken. War­um soll­ten wir das nicht auch anwen­den – zum Zwe­cke der Selbsttäuschung.

Kei­ne Ban­ge, mei­ne Kri­tik an die­sem Prä­si­den­ten exis­tiert noch. Unse­re Welt und nicht ein­mal die Amis, die uns die­sen Mann beschert haben, haben einen sol­chen „Lea­der“ verdient.

Aktu­ell wird Trump dafür kri­ti­siert, dass er der Welt und den Ver­bün­de­ten via Tweet mit­teil­te, dass sich die Ame­ri­ka­ner aus Syri­en und Afgha­ni­stan zurück­zie­hen wer­den. Nicht, dass das unbe­dingt viel hei­ßen muss. Mor­gen kann alles schon wie­der ganz anders aus­se­hen. Denn: mehr als einen Tweet braucht es bei Trump nicht, um alles auf Anfang zu stel­len. Dass das auch mal schief gehen könnte…

Den Rück­tritt sei­nes Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ters müs­sen wir aber als Alarm­si­gnal ver­ste­hen. James Mat­tis kri­ti­sier­te in sei­ner schrift­li­chen Begrün­dung sei­nes Rück­tritts vor allem Trumps Syri­en- und Afgha­ni­stan – Plä­ne. Er sprach auch die Aus­wir­kun­gen der Poli­tik Trumps auf das Ver­hält­nis zu den Ver­bün­de­ten an.

Vie­le Men­schen welt­weit wer­den die Hal­tung des US-Prä­si­den­ten im Hin­blick auf den also kon­kret bevor­ste­hen­den Trup­pen­ab­zug aus Syri­en und die Redu­zie­rung der US-Prä­senz in Afgha­ni­stan aller­dings rich­tig finden!

Die deut­sche Pres­se kri­ti­siert Trump für sei­ne Plä­ne. Im Mit­tel­punkt der Kri­tik ste­hen deren Aus­wir­kun­gen auf die Bünd­nis­fä­hig­keit und die ande­ren Nato-Part­ner. Das sind wich­ti­ge Aspek­te, die für Russ­land, die Tür­kei und ande­re Natio­nen jedoch Anlass zur Freu­de und Genug­tu­ung sein wer­den.

Die Mei­nungs­bil­dung in Deutsch­land reflek­tiert die zu Beginn des Syri­en­krie­ges geführ­ten Dis­kus­sio­nen kaum. War es nicht so, dass wir mehr­heit­lich gro­ßes Ver­ständ­nis für die Unent­schlos­sen­heit des dama­li­gen US-Prä­si­den­ten Oba­ma hat­ten, der sich trotz mehr­fach beschwo­re­ner „roter Lini­en“ nicht dazu durch­rin­gen konn­te, in den Krieg einzugreifen? 

Spiel­te dabei nicht der wahn­sin­ni­ge 2. Irak-Krieg die domi­nie­ren­de Rol­le, der wesent­lich von den Ver­ei­nig­ten Staa­ten und den Bri­ten mit Lug und Trug ange­fan­gen wur­de und in sei­ner Fol­ge die Bar­ba­rei des Isla­mi­schen Staa­tes her­vor­brach­te? Sein Regime führ­te dann dazu, dass die Ame­ri­ka­ner sich end­lich enga­gier­ten! Wir erin­nern uns, wie kri­tisch hier vie­le auch die­sem Schritt gegenüberstanden?

Uneingeschränkte Solidarität

Als wir unse­re „unein­ge­schränk­te Soli­da­ri­tät“ mit den Ame­ri­ka­nern nach dem 11. Sep­tem­ber 2001 bekun­det haben, dach­ten wir noch nicht an ein mili­tä­ri­sches Enga­ge­ment, das über meh­re­re Jahr­zehn­te gehen könnte. 

Die Ame­ri­ka­ner wol­len ihre Trup­pen­stär­ke in Afgha­ni­stan noch­mals redu­zie­ren. Es ist von 7000 Sol­da­tin­nen und Sol­da­ten die Rede. Das ist die Hälf­te des aktu­el­len US-Trup­pen­kon­tin­gents. Die Sicher­heits­la­ge für die ver­blei­ben­den Nato-Streit­kräf­te ver­schärft sich damit absehbar. 

Deutsch­land stellt der­zeit nach der Redu­zie­rung der US-Streit­kräf­te mit ca. 3400 Sol­da­tin­nen und Sol­da­ten das dritt­größ­te Kon­tin­gent inner­halb der Nato. Allein in Afgha­ni­stan sind über 1100 Sol­da­ten und Sol­da­tin­nen im Ein­satz. Dass sich die Sicher­heits­la­ge dort ver­schlech­tern wird, erklärt die Unru­he, die Trumps Ent­schei­dung bei der deut­schen Regie­rung aus­ge­löst hat.

Die Lage in Syri­en ist grund­sätz­lich zwar eine ande­re als in Afgha­ni­stan. Wahr­schein­lich trifft es zu, was Mili­tär­stra­te­gen über den zu frü­hen Rück­zug aus Syri­en sagen; der IS soll danach noch kei­nes­wegs besiegt sein. Sind die Tali­ban in Afgha­ni­stan über­haupt zu besie­gen und ist die­se Fra­ge nicht auch für Syri­en zu stel­len? Den dort ent­stan­de­nen Ter­ror wird nie­mand mehr ein­ge­fan­gen kön­nen. Auch nicht die Rus­sen. Was nach der Umset­zung von Trumps Absich­ten mit den kur­di­schen Mili­zen wird, hat Erdo­gan schon beant­wor­tet. Er wird sie bis aufs Blut bekämp­fen. Auch dort ist des­halb mit der Zunah­me ter­ro­ris­ti­scher Aktio­nen zu rechnen.


„Man muss sich nicht all­zu sehr über die­se Nach­rich­ten wun­dern. Wenn die US-Außen­po­li­tik schon frü­her in den Kom­pe­tenz­be­reich Trumps gefal­len wäre, wür­den die USA über­haupt nicht in Syri­en sein. Wenn Sie die Archi­ve sich­ten, kön­nen Sie sehen, dass sich Trump bereits vor sei­ner Wahl zum Prä­si­den­ten gegen eine Trup­pen­prä­senz in Syri­en aus­ge­spro­chen hat. … Zwi­schen damals und heu­te hat Trump zudem gelernt, dass die Oppo­si­ti­ons­kräf­te, mit denen er in Syri­en kol­la­bo­riert, Ter­ro­ris­ten der [kur­di­schen Par­tei­en] PKK und der PYD sind. Prä­si­dent Erdoğan hat Trump in die­sem Punkt mehr­mals infor­miert und gewarnt.“ 


Link: Wel­che Fol­gen hat der US-Rück­zug aus Syri­en? | euro​to​pics​.net

Was bedeu­tet es für Deutsch­land, wenn wir aus angeb­lich mora­li­schen Grün­den in Afgha­ni­stan einen unbe­fris­te­ten Ein­satz unse­rer Bun­des­wehr durch­füh­ren? Was, wenn auch die ande­ren, ver­blie­be­nen Län­der die­se Optio­nen ein­lö­sen? Ist das poli­tisch auf Dau­er vermittelbar?

Abge­se­hen davon, dass sich die Dank­bar­keit der Bevöl­ke­rung für unse­re Enga­ge­ment doch eher in engen Gren­zen zu hal­ten scheint, dürf­ten Reak­tio­nen aus ter­ro­ris­ti­schen Krei­sen auf unse­rem Ter­ri­to­ri­um zu erwar­ten sein. Und zwar auf Dauer!

Aber was zäh­len sol­che (ego­is­ti­schen) Über­le­gun­gen ange­sichts der mora­lisch über­la­de­nen Selbst­ver­pflich­tun­gen unse­rer Poli­ti­ker, die von den meis­ten Jour­na­lis­ten durch­aus wohl­wol­lend kom­men­tiert werden? 

Dass Trump ihnen die Grenz­wer­tig­keit ihres Han­delns durch sei­ne Tweets so klar unter die­se Nase gerie­ben hat, ist viel­leicht gar nicht mal so schlecht.

Diesen Beitrag teilen:
0CDD5CFF 182F 485A 82C6 412F91E492D0
Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Russland Syrien Terror Trump

Quelle Featured-Image: Standardbild...

Letztes Update:

Anzahl Wörter im Beitrag: 994
Aufgerufen gesamt: 33 mal
Aufgerufen letzte 7 Tage: 3 mal
Aufgerufen heute: 1 mal

2 Gedanken zu „Die Tweets des Präsidenten“

  1. wvs 10 23. Dezember 2018 um 14:04

    Aus US Medi­en geht her­vor, dass der Ent­schluss Trumps offen­bar wesent­lich von zwei län­ge­ren Tele­fo­na­ten mit Erdo­gan in der Vor­wo­che her­rührt, der unter „Ter­ro­rist“ bestimmt etwas ande­res ver­steht als wir und wohl auch die Syrer. Es wäre ja nicht ein­mal so schlecht, wenn nicht gera­de in die­sem Fall lt. Infor­ma­tio­nen des Pen­ta­gon nur eine klei­ne­re Zahl von Sol­da­ten (die Anga­ben schwan­ken um 2- bis 3.000) betrof­fen ist, von denen die Mehr­zahl aus­bil­de­te und nicht direkt in Kämp­fe ver­wi­ckelt war.

Lass deinen Gedanken freien Lauf


Hier im Blog werden bei Abgabe von Kommentaren keine IP-Adressen gespeichert! Deine E-Mail-Adresse wird NIE veröffentlicht! Du kannst anonym kommentieren. Dein Name und Deine E-Mail-Adresse müssen nicht eingegeben werden.


✅ Beitrag gemerkt! Favoriten anzeigen
0
Share to...
Your Mastodon Instance