Die Tweets des Präsidenten

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Mancher wird dieser Tage mit Blick auf die Fluktuation im Weißen Haus an den beliebten Weihnachtsklassiker „Kevin – Allein zu Haus“ erinnert. Donnie vergrault auch die letzten Gefolgsleute mit Niveau. Das ist die Zeit der Mitläufer wie Bolton und Pompeo.

Es ist was dran, wenn Kritiker sagen, die deutsche Öffentlichkeit würde von unseren Medien einseitig und übertrieben hoher Dichte „informiert“. Ich persönlich schalte oft auf Durchzug, wenn von Trump die Rede ist, denn es wird mir doch zuviel, welche Torheiten möglich geworden sind, wenn man nur „die richtigen“ BürgerInnen hinter sich hat.

Dass diese Form der Abneigung gegen das Establishment nicht nur in den USA und Europa existiert, sondern andere Teile der Welt erreicht hat (zum Beispiel Brasilien), sollte mehr Anlass zum Nachdenken als zur Häme sein.

Andererseits ist nicht viel Neues daran, unseren überkritischen Blick auf die dummen Amis zu werfen. Wir können damit von dem ablenken, was bei uns alles schief läuft. Es war schließlich schon immer ein probates Mittel der Politik, durch außenpolitische Aktivitäten von der Innenpolitik abzulenken. Warum sollten wir das nicht auch anwenden – zum Zwecke der Selbsttäuschung.

Keine Bange, meine Kritik an diesem Präsidenten existiert noch. Unsere Welt und nicht einmal die Amis, die uns diesen Mann beschert haben, haben einen solchen „Leader“ verdient.

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Aktuell wird Trump dafür kritisiert, dass er der Welt und den Verbündeten via Tweet mitteilte, dass sich die Amerikaner aus Syrien und Afghanistan zurückziehen werden. Nicht, dass das unbedingt viel heißen muss. Morgen kann alles schon wieder ganz anders aussehen. Denn: mehr als einen Tweet braucht es bei Trump nicht, um alles auf Anfang zu stellen. Dass das auch mal schief gehen könnte…

Den Rücktritt seines Verteidigungsministers müssen wir aber als Alarmsignal verstehen. James Mattis kritisierte in seiner schriftlichen Begründung seines Rücktritts vor allem Trumps Syrien- und Afghanistan – Pläne. Er sprach auch die Auswirkungen der Politik Trumps auf das Verhältnis zu den Verbündeten an.

Viele Menschen weltweit werden die Haltung des US-Präsidenten im Hinblick auf den also konkret bevorstehenden Truppenabzug aus Syrien und die Reduzierung der US-Präsenz in Afghanistan allerdings richtig finden!

Die deutsche Presse kritisiert Trump für seine Pläne. Im Mittelpunkt der Kritik stehen deren Auswirkungen auf die Bündnisfähigkeit und die anderen Nato-Partner. Das sind wichtige Aspekte, die für Russland, die Türkei und andere Nationen jedoch Anlass zur Freude und Genugtuung sein werden.

Die Meinungsbildung in Deutschland reflektiert die zu Beginn des Syrienkrieges geführten Diskussionen kaum. War es nicht so, dass wir mehrheitlich großes Verständnis für die Unentschlossenheit des damaligen US-Präsidenten Obama hatten, der sich trotz mehrfach beschworener „roter Linien“ nicht dazu durchringen konnte, in den Krieg einzugreifen?

Spielte dabei nicht der wahnsinnige 2. Irak-Krieg die dominierende Rolle, der wesentlich von den Vereinigten Staaten und den Briten mit Lug und Trug angefangen wurde und in seiner Folge die Barbarei des Islamischen Staates hervorbrachte? Sein Regime führte dann dazu, dass die Amerikaner sich endlich engagierten! Wir erinnern uns, wie kritisch hier viele auch diesem Schritt gegenüberstanden?

Uneingeschränkte Solidarität

Als wir unsere „uneingeschränkte Solidarität“ mit den Amerikanern nach dem 11. September 2001 bekundet haben, dachten wir noch nicht an ein militärisches Engagement, das über mehrere Jahrzehnte gehen könnte.

Die Amerikaner wollen ihre Truppenstärke in Afghanistan nochmals reduzieren. Es ist von 7000 Soldatinnen und Soldaten die Rede. Das ist die Hälfte des aktuellen US-Truppenkontingents. Die Sicherheitslage für die verbleibenden Nato-Streitkräfte verschärft sich damit absehbar.

Deutschland stellt derzeit nach der Reduzierung der US-Streitkräfte mit ca. 3400 Soldatinnen und Soldaten das drittgrößte Kontingent innerhalb der Nato. Allein in Afghanistan sind über 1100 Soldaten und Soldatinnen im Einsatz. Dass sich die Sicherheitslage dort verschlechtern wird, erklärt die Unruhe, die Trumps Entscheidung bei der deutschen Regierung ausgelöst hat.

Die Lage in Syrien ist grundsätzlich zwar eine andere als in Afghanistan. Wahrscheinlich trifft es zu, was Militärstrategen über den zu frühen Rückzug aus Syrien sagen; der IS soll danach noch keineswegs besiegt sein. Sind die Taliban in Afghanistan überhaupt zu besiegen und ist diese Frage nicht auch für Syrien zu stellen? Den dort entstandenen Terror wird niemand mehr eingefangen können. Auch nicht die Russen. Was nach der Umsetzung von Trumps Absichten mit den kurdischen Milizen wird, hat Erdogan schon beantwortet. Er wird sie bis aufs Blut bekämpfen. Auch dort ist deshalb mit der Zunahme terroristischer Aktionen zu rechnen.


„Man muss sich nicht allzu sehr über diese Nachrichten wundern. Wenn die US-Außenpolitik schon früher in den Kompetenzbereich Trumps gefallen wäre, würden die USA überhaupt nicht in Syrien sein. Wenn Sie die Archive sichten, können Sie sehen, dass sich Trump bereits vor seiner Wahl zum Präsidenten gegen eine Truppenpräsenz in Syrien ausgesprochen hat. … Zwischen damals und heute hat Trump zudem gelernt, dass die Oppositionskräfte, mit denen er in Syrien kollaboriert, Terroristen der [kurdischen Parteien] PKK und der PYD sind. Präsident Erdoğan hat Trump in diesem Punkt mehrmals informiert und gewarnt.“


Link: Welche Folgen hat der US-Rückzug aus Syrien? | eurotopics.net

Was bedeutet es für Deutschland, wenn wir aus angeblich moralischen Gründen in Afghanistan einen unbefristeten Einsatz unserer Bundeswehr durchführen? Was, wenn auch die anderen, verbliebenen Länder diese Optionen einlösen? Ist das politisch auf Dauer vermittelbar?

Abgesehen davon, dass sich die Dankbarkeit der Bevölkerung für unsere Engagement doch eher in engen Grenzen zu halten scheint, dürften Reaktionen aus terroristischen Kreisen auf unserem Territorium zu erwarten sein. Und zwar auf Dauer!

Aber was zählen solche (egoistischen) Überlegungen angesichts der moralisch überladenen Selbstverpflichtungen unserer Politiker, die von den meisten Journalisten durchaus wohlwollend kommentiert werden?

Dass Trump ihnen die Grenzwertigkeit ihres Handelns durch seine Tweets so klar unter diese Nase gerieben hat, ist vielleicht gar nicht mal so schlecht.

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Horst Schulte
Herausgeber, Blogger, Autor und Hobby-Fotograf
Seit 2004 blogge ich über Politik und Gesellschaft – also seit die meisten noch SMS statt Tweets geschrieben haben. Mit 70 Jahren lebe ich immer noch im schönen Bedburg, direkt vor den Toren Kölns, und schreibe über alles, was die Welt bewegt (oder mich zumindest vom Sofa aufstehen lässt).

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Artikelinformationen:

Politik

Syrien, Terror, Trump

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2 Gedanken zu „Die Tweets des Präsidenten“

  1. Aus US Medien geht hervor, dass der Entschluss Trumps offenbar wesentlich von zwei längeren Telefonaten mit Erdogan in der Vorwoche herrührt, der unter „Terrorist“ bestimmt etwas anderes versteht als wir und wohl auch die Syrer. Es wäre ja nicht einmal so schlecht, wenn nicht gerade in diesem Fall lt. Informationen des Pentagon nur eine kleinere Zahl von Soldaten (die Angaben schwanken um 2- bis 3.000) betroffen ist, von denen die Mehrzahl ausbildete und nicht direkt in Kämpfe verwickelt war.

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