Ungeheuerliches Wahlverhalten der Deutschtürken

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Erdo­gan hat sein Wahl­ziel erreicht. Er bleibt Prä­si­dent und die AKP behält die abso­lu­te Mehr­heit. Die Oppo­si­ti­on rede­te zunächst von Wahl­be­trug. Erdo­gan hin­der­te das nicht dar­an, sich vor dem Ende der Aus­zäh­lung als Sie­ger zu pro­du­zie­ren. So ken­nen wir den Mann!

Oppo­si­ti­ons­füh­rer Ince hat inzwi­schen Erdo­gans Wahl­sieg eingeräumt. 

Die Tür­ken geben sich ihrem Prä­si­den­ten gegen­über treu wie gold. Etwas mehr als die Hälf­te jedenfalls.

Die tür­ki­sche Regie­rung mach­te vor den Wah­len klar, wer für den wirt­schaft­li­chen Nie­der­gang des nach der Macht­über­nah­me durch Erdo­gans AKP Anfang des Jahr­tau­sends so auf­ge­blüh­ten Lan­des ver­ant­wort­lich ist.

Es sind die bösen, aus­län­di­schen Mäch­te, die die nie­der­ge­hen­de Wirt­schaft des Lan­des geschwächt haben und geheim­nis­vol­le inter­na­tio­na­le Kon­glo­me­ra­te von Finanz­ma­gna­ten, die gegen die tür­ki­sche Lira spe­ku­liert haben (Ozan Ceyhun in der Phoe­nix-Run­de). Erdo­gans Poli­tik hat nach Mei­nung sei­ner Anhän­ger damit nichts zu tun. Die­se Ablehn­kungs­ma­nö­ver kennt man auch aus ande­ren auto­kra­ti­schen Län­dern, die öko­no­misch mit dem Rücken zur Wand stehen.

Für mich ist Ceyhun, der frü­her ein­mal bei den Grü­nen und auch Mit­glied der SPD gewe­sen ist und übri­gens Euro­pa­ab­ge­ord­ne­ter war, einer der her­aus­ste­chends­ten tür­ki­schen AKP-Agi­ta­to­ren unter denen, die im deut­schen TV häu­fi­ger zu Wort kommen.

Was Ceyhun aus­führt, ist nicht ori­gi­nell aber offen­sicht­lich wirkt das auf die tür­ki­sche Gemein­de in unse­rem Land. Und wir, lie­be deut­sche Lands­leu­te, sind vor sol­chen Din­gen auch nicht gefeit!

Die Tür­ken glau­ben ihrem Staats­prä­si­den­ten mehr als der deut­schen bzw. der inter­na­tio­na­len Pres­se. So etwas beson­de­res ist das in die­sen Zei­ten ja nicht. Die Tür­ken haben eine demo­kra­ti­sche Ent­schei­dung getrof­fen, die wir alle – auch die Rech­ten – zu respek­tie­ren haben. Jeder, der sich an Trump abar­bei­tet, kriegt zu hören, der Mann sei demo­kra­tisch gewählt, und wir hät­ten des­halb nicht das Recht, stän­dig an den Amis her­um­zu­nör­geln. Da ist wohl etwas dran. Aber das gilt dann auch für Erdo­gan, lie­be Rechtsnationalisten?!

Mit den Fol­gen müs­sen die Tür­ken klar­kom­men. Das Blö­de dar­an ist nur, dass gera­de die Tür­ken, die ganz beson­ders auf Erdo­gan ste­hen, hier mit uns in Deutsch­land leben.

Wel­che nega­ti­ven Wir­kun­gen für das Zusam­men­le­ben ent­fal­ten sich da in einer Nati­on, die sich beim Umgang mit Frem­den immer stär­ker pola­ri­siert? Die jüngs­ten Reak­tio­nen auf Özil und Gün­do­gan hat­ten mit Fuß­ball nichts oder höchs­tens ganz am Ran­de zu tun. Das ist geleb­te Tür­ken­feind­lich­keit. Und dafür soll­ten wir uns schä­men. Übri­gens ging mein ers­ter Reflex nach den Fotos mit Erdo­gan auch in die Hose.

Gera­de in einer Zeit, in der sich in Deutsch­land offe­ne Frem­den­feind­lich­keit aus­brei­tet, ist Selbst­re­fle­xi­on wich­tig. Kei­ner ist frei von Vor­ur­tei­len. Aber wir kön­nen uns zusam­men­rei­ßen und nicht irgend­wel­chen nie­de­ren Impul­sen fol­gen, wie das vie­le angeb­li­che schwe­di­sche Fans nach dem in letz­ter Minu­te ver­lo­re­nen Fuß­ball­län­der­spiel gegen Deutsch­land zu Las­ten des tür­kisch­stäm­mi­gen Natio­nal­spie­lers, Jim­my Dur­maz, getan haben!

Vie­le Tür­ken leben hier seit Jahr­zehn­ten und doch gehö­ren sie nicht dazu. Sie emp­fin­den das nicht so, es ist ein­fach eine Tat­sa­che. Vie­le Deut­sche zie­hen dar­aus ihre Rück­schlüs­se auf das Wahl­ver­hal­ten der wahl­be­rech­tig­ten Tür­ken. Und kri­tisch ist das allemal. 

Die Grü­nen sind mit ihrer Kri­tik am deut­lichs­ten. Robert Habeck zu Deutsch­tür­ken: „Erfolgs­ge­schich­te für gelun­ge­ne Inte­gra­ti­on ist das nicht“. 

Cem Özd­emir sieht im Ver­hal­ten tür­ki­scher Wäh­ler sogar eine Par­al­le­le zur AfD.

Was lei­der über­haupt nicht mehr the­ma­ti­siert wird, ist die immer deut­li­cher zuta­ge tre­ten­de Ableh­nung der deut­schen Mehr­heits­be­völ­ke­rung, die Türken*Innen schon ewig in meis­tens ver­steck­ter, eher sel­ten offe­ner Art und Wei­se ent­ge­gen­ge­bracht wird. Es gibt lan­ge schon Stu­di­en dar­über, wel­che Nach­tei­le eine tür­ki­sche Abstam­mung in der Schu­le, im Berufs­le­ben und mit sich brin­gen. Das ist einer offe­nen Gesell­schaft nicht würdig!

Ich bin auch einer von denen, die Inte­gra­ti­ons­wil­lig­keit- und Bereit­schaft erwar­ten. Ich habe aller­dings Zwei­fel, ob unse­re Gesell­schaft (auch schon vor dem Auf­er­ste­hen des Natio­na­lis­mus in Deutsch­land und Euro­pa) wirk­lich dazu bereit war, Tür­ken so offen zu begeg­nen, dass die unse­rer­seits gefor­der­te Inte­gra­ti­on, die eigent­lich Assi­mi­la­ti­on hei­ßen müss­te, in die­se sich zuneh­mend abwei­send zei­gen­de Gesell­schaft gelin­gen kann.

Was bei Ita­lie­nern, Spa­ni­ern, Por­tu­gie­sen, dem ehe­ma­li­gen Jugo­sla­wi­en kein Pro­blem zu sein schien (was auch nur bedingt rich­tig ist!), ist bei Tür­ken ganz anders.

Sicher spielt der Islam dabei eine Rol­le. Die kri­ti­sche Distanz zu die­ser Reli­gi­on hat sich seit Beginn des Jahr­tau­sends stark ver­grö­ßert. So man­che fin­den, dass die Inte­gra­ti­on von Mus­li­men schwie­ri­ger ist, als die von Men­schen mit ande­ren Reli­gio­nen. Wie aus der Hüf­te geschos­sen kom­men die Bei­spie­le: Ungleich­be­hand­lung von Frau­en und Gewalt gegen sie oder all­ge­mein die Pfle­ge der Machokultur.

Es han­delt sich den­noch um sehr all­ge­mei­ne Zuschrei­bun­gen, die unse­rem pau­scha­len Bild von Tür­ken oder Mus­li­men ent­spricht. Wie wir über­haupt dazu nei­gen, pau­scha­le Urtei­le über Migran­ten zu fäl­len. Dabei hat uns die AfD nach Kräf­ten „gehol­fen“.

Was tun Men­schen, wenn sie spü­ren, dass sie, vor­sich­tig aus­ge­drückt, in der Mehr­heits­be­völ­ke­rung kei­nen Rück­halt haben und oft genug auf offe­ne Ableh­nung stoßen?

Sie inte­grie­ren sich nicht, son­dern sie schot­ten sich ab. Die einen mehr, die ande­ren weniger.

Über­all auf der Welt gibt es Bei­spie­le für gute und für miss­lun­ge­ne Inte­gra­ti­on. War­um rücken die posi­ti­ven Bei­spie­le nicht in den Fokus, son­dern immer nur schlechte?

Aus­län­der­vier­tel gibt es über­all in den Metro­po­len der Welt. Es gibt über­all tür­ki­sche, ara­bi­sche, chi­ne­si­sche, indi­sche und vie­le ande­re Wohn­ge­bie­te. Vor allem natür­lich in Groß­städ­ten. Chi­na­town hört sich in mei­nen Ohren aus­ge­spro­chen posi­tiv an. Aber wie kam die­ser Name, der heu­te den Klang einer Sehens­wür­dig­keit hat, über­haupt zustande?

In der Ver­gan­gen­heit besaß der Begriff einen nega­ti­ven Klang, weil in Chi­na­tow­ns oft hygie­ni­sche und struk­tu­rel­le Miss­stän­de herrsch­ten. Chi­na­tow­ns sind seit län­ge­rem einem Wand­lungs­pro­zess unter­wor­fen. Die Assi­mi­la­ti­on der asia­ti­schen Bevöl­ke­rung in vie­len Län­dern führt zur Gen­tri­fi­zie­rung der ehe­mals ein­heit­li­chen Stadt­vier­tel. Eini­ge Chi­na­tow­ns sind heu­te belieb­te Tou­ris­ten­zie­le. Link: Chi­na­town – Wikipedia

Link: Chi­na­town – Wikipedia

Ich kann hören, wie man­che beim Lesen mei­ner Zei­len sagen, dass die Chi­ne­sen ja auch weit­aus inte­gra­ti­ons­be­rei­ter sei­en als die Tür­ken. Ist es so? Oder ver­hal­ten sich Chi­ne­sen gemäß ihrem Natu­rell ledig­lich unau­fäl­li­ger als die Tür­ken, die hier die Wahl „ihres“ Prä­si­den­ten mit einem Auto­kor­so feiern?

Manch­mal habe ich das Gefühl, dass wir „den Tür­ken“ gar kei­ne ande­re Wahl las­sen, als sich Pro-Erdo­gan und gegen Deutsch­land zu posi­tio­nie­ren. Jeden­falls sind wir aus mei­ner Sicht an der Zer­rüt­tung unse­rer Bezie­hun­gen nicht ein Gramm weni­ger schuld als die Tür­ken, die Erdo­gan gewählt haben.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Deutschland Erdogan Integration Türken

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